Normen
FrPolG 2005 §61 Z4;
FrPolG 2005 §61 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen mit einer österreichischen Staatsbürgerin, die ihr im Gemeinschaftsrecht begründetes Freizügigkeitsrecht unstrittig nicht in Anspruch genommen hatte, verheirateten Staatsangehörigen von Mazedonien, gemäß § 87 und § 86 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie aus, dass das Bezirksgericht Klosterneuburg über ihn mit rechtskräftigem Urteil vom 11. September 2002 wegen § 88 Abs. 3 und § 89 (§ 81 Z. 2) StGB (Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung und der Gefährdung der körperlichen Sicherheit) eine Geldstrafe verhängt habe. Der Beschwerdeführer habe am 13. Jänner 2002 in Klosterneuburg mit seinem PKW BMW 316i, indem er in alkoholisiertem Zustand (Alkoholgehalt 0,6 mg/l Atemluft) ins Schleudern geraten und auf die Gegenfahrbahn abgekommen sei, einen Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden PKW verschuldet. Dessen Lenker sei dadurch leicht am Körper verletzt, seine Beifahrerin in ihrer körperlichen Sicherheit konkret gefährdet worden.
Weiters habe das Landesgericht Korneuburg über ihn mit rechtskräftigem Urteil vom 29. Jänner 2007 gemäß den §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Z. 1, 130 und 15 StGB (Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung), überdies als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB, wegen des Vergehens der Gründung einer kriminellen Vereinigung nach § 278 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß § 241e Abs. 1 und 2 zweiter Fall StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.
Er habe, nachdem er sich selbst bereits seit 26. Mai 1993 im Bundesgebiet aufgehalten habe, vier neu eingereiste Fremde dazu bestimmt, sich im Rahmen einer dadurch gegründeten kriminellen Vereinigung durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen durch Einbruch fortlaufende Einnahmen zu verschaffen. An rund 20 derartigen - zum Teil beim Versuch gebliebenen - Einbruchsdiebstählen im März und April 2006 habe er sich selbst beteiligt, indem er den Mittätern seinen PKW bzw. ihm aus Unternehmen seiner Familienangehörigen zur Verfügung stehende PKW überließ, sie zum Tatort brachte, ihnen die Tatorte, was ihm aufgrund seiner besonderen Ortskenntnis leicht möglich war, beschrieb sowie Informationen über die Tatobjekte gab. An verschiedenen Wertgegenständen, Gutscheinen und Bargeld hätten sie mehr als EUR 72.000,-- erbeutet. Am 27. März 2006 habe er zusammen mit den vier Mittätern in Klosterneuburg ein unbares Zahlungsmittel, nämlich eine mit Zahlungsfunktion versehene Routex-Karte, im Rahmen der genannten kriminellen Vereinigung mit dem Vorsatz an sich gebracht, sich durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig zu bereichern.
Aus dem gesamten Fehlverhalten schloss die belangte Behörde auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinne des § 86 Abs. 1 FPG, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Nach dem persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers sei davon auszugehen, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dies sei vor allem daraus zu folgern, dass der Beschwerdeführer die treibende Kraft zur Gründung der genannten kriminellen Vereinigung gewesen sei, in der er von Beginn an eine führende Rolle ausgeübt habe. Die Vielzahl an Straftaten gegen fremdes Vermögen mit einer Beute von mehr als EUR 72.000,--, woraus er seine Komplizen entlohnt habe, begründe einen enormen sozialen Störwert und zeige ein erhebliches Charakterdefizit des Beschwerdeführers auf. Dieser habe keine Hemmung, sich an fremdem Vermögen zu vergreifen, um sich so auf leichte Weise rasch Geld beschaffen zu können. Die Ausnützung von Ortskenntnissen, die Beschaffung von Einbruchswerkzeug sowie erforderlicher Fahrzeuge sowie die arbeitsteilige und professionelle Vorgangsweise, die unter Führung des Beschwerdeführers an den Tag gelegt worden sei, zeige klar, dass es nicht aus einem spontanen Entschluss heraus zu Straftaten gekommen sei, sondern dass die Deliktsbegehungen sorgfältig und genau geplant worden seien.
Der am 17. August 1982 geborene Beschwerdeführer sei am 26. Mai 1993 in das Bundesgebiet eingereist. Er habe, nach Abschluss der Hauptschule, im Jahr 1998 das Handwerk eines Schlossers und Werkzeugmachers erlernt. Seit Anfang des Jahres 2003 sei er in Klosterneuburg als selbständiger Unternehmer tätig geworden.
Seine "engere Familie" (Eltern, Geschwister, Onkeln und Tanten sowie Cousins und Cousinen) hielten sich im Bundesgebiet auf. Am 21. Februar 2007 habe er, während Verbüßung der genannten Strafhaft, die österreichische Staatsangehörige E., die er davor bereits mehrere Jahre gekannt habe, geheiratet. Über Gnadenerweis des Bundespräsidenten vom 26. November 2007 sei er bedingt aus der genannten Strafhaft entlassen worden.
Der Beschwerdeführer sei somit zwar nicht von klein auf im Inland aufgewachsen (§ 55 Abs. 4 FPG), ihm seien aber, erstmals ab 24. September 1993, befristete Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden. Ab 2. Mai 1996 habe er eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung, ab 13. August 2003 einen Niederlassungsnachweis erhalten.
Aus diesen Umständen schloss die belangte Behörde, wenn den Beschwerdeführer auch weder seine Angehörigen noch eine Berufstätigkeit in Österreich von der Begehung von Straftaten hätten abhalten können, auf einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen erheblichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Sie erachtete diesen Eingriff jedoch im Hinblick auf die gehäufte Delinquenz im Rahmen einer führenden Rolle in einer kriminellen Vereinigung als dringend geboten und wertete die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes als nicht schwerer wiegend als die Abstandnahme von dessen Erlassung. Einerseits sei auf die hohe Wiederholungsgefahr bei gewerbsmäßig begangenen Einbruchsdiebstählen zu verweisen, wobei das während der Strafhaft gezeigte Wohlverhalten nicht zugunsten des Beschwerdeführers gewertet werden könne. Andererseits gingen seine Beziehungen zu Geschwistern und Seitenverwandten nicht über das bei derartigen Angehörigen übliche Maß hinaus. Die Beziehung zu den Eltern sei durch die Volljährigkeit relativiert. Eltern und Geschwister könnten ihn in Mazedonien besuchen. Dies stünde auch seiner Ehefrau, ebenso wie ein Nachzug in sein Heimatland, frei, zumal ihn E. während der Haft, also zu einem Zeitpunkt geheiratet habe, als nicht mehr damit zu rechnen gewesen sei, dass er nach seiner Haftentlassung weiter in Österreich verbleiben dürfe.
Der Beschwerdeführer habe mehr als die ersten zehn Jahre seines Lebens in Mazedonien bzw. Jugoslawien verbracht, habe sich in das dortige soziale Gefüge integriert und entsprechende Sprachkenntnisse erworben. Soweit er Letzteres nunmehr in Abrede stelle, könne dies nur als unglaubwürdig gewertet werden, zumal auch die Verständigung mit den erwähnten, erst seit kurzem in Österreich aufhältigen Mittätern in der gemeinsamen Muttersprache gut funktioniert habe.
Der Beschwerdeführer habe in Österreich einen Lehrberuf erlernt und sei sowohl unselbständig als auch selbständig erwerbstätig gewesen. Es müsse ihm daher auch in Mazedonien möglich sein, einen Arbeitsplatz zu finden oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Das Gewicht der aus seinem langjährigen Aufenthalt und der Erwerbstätigkeit ableitbaren Integration werde durch die Begehung der dargestellten Verbrechen entscheidend gemindert, setze die Integration eines Fremden doch seine Bereitschaft voraus, die Rechtsordnung des Gaststaates zu akzeptieren. Auch eine Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes aufgrund von Ermessensgesichtspunkten wäre unter Berücksichtigung der massiven Delinquenz nicht mit dem Sinn des Gesetzes vereinbar.
Letztlich erachtete die belangte Behörde unter Hinweis auf den langjährigen Aufenthalt in Österreich und die familiäre Situation des Beschwerdeführers eine Befristung des Aufenthaltsverbotes auf zehn Jahre als sachgerecht und meinte, dass erst nach einem Wohlverhalten von zehn Jahren die derzeit gebotene Gefährdungsprognose entfallen könne.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer ist mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, die ihr gemeinschaftsrechtliches Freizügigkeitsrecht unstrittig nicht in Anspruch genommen hat. Die belangte Behörde ist demnach gemäß der Verfassungsbestimmung des § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG zur Entscheidung zuständig. Allerdings kann gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen einer Österreicherin gemäß § 87 FPG ein Aufenthaltsverbot nur unter den Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 (Satz 1 bis 5) FPG erlassen werden.
Die belangte Behörde hat aufgrund der oben wiedergegebenen strafgerichtlichen Verurteilung durch das Landesgericht Korneuburg vom 29. Jänner 2007 und den ihr zugrunde liegenden Straftaten des Beschwerdeführers zutreffend gefolgert, dass ihm aufgrund seiner massiven gewerbsmäßigen Eigentumskriminalität als führendes Mitglied einer Bande keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden kann. Die Auffassung der belangten Behörde, dass auch die Annahme des § 86 Abs. 1 fünfter Satz FPG gerechtfertigt sei, begegnet demnach keinen Bedenken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2008, Zl. 2008/22/0009). Die Erlassung des angefochtenen Aufenthaltsverbotes, bei dem es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine administrativrechtliche Maßnahme handelt, ist insoweit nicht zu beanstanden.
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf die Begnadigung des Beschwerdeführers durch Entschließung des Bundespräsidenten vom 26. November 2007 und die dieser zugrunde liegende positive Zukunftsprognose verweist, ist dem zu erwidern, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung - wie auch im Fall vorliegender Erwägungen des Strafgerichtes, etwa zu einer bedingten Strafnachsicht oder bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug - unabhängig davon ausschließlich aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes vorzunehmen hatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2008, Zl. 2008/18/0631 mwN).
Weiters argumentiert der Beschwerdeführer damit, dass er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen gewesen sei, sodass über ihn gemäß § 61 Z. 4 FPG kein Aufenthaltsverbot hätte verhängt werden dürfen.
Dem ist zunächst zu entgegnen, dass ein Fremder, der erstmals im Alter von mehr als zehn Jahren in das Bundesgebiet eingereist ist, keinesfalls als "von klein auf im Inland aufgewachsen" gilt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2007, Zl. 2006/18/0228 mwN). Darüber hinaus könnte der Beschwerdeführer aus dieser Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut nichts profitieren, weil er wegen gerichtlich strafbarer Handlungen rechtskräftig zu einer unbedingten (mehr als) zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.
Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.
Auch der Beurteilung der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot nach § 66 Abs. 1 FPG dringend geboten und im Sinne des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei, haftet keine Rechtswidrigkeit an. Zwar kann der Beschwerdeführer auf einen inländischen Aufenthalt seit 1993 und eine berufliche (zuletzt als selbständiger Unternehmer) und familiäre Integration verweisen. Das Verhältnis zu den Eltern und Seitenverwandten ist jedoch durch seien Volljährigkeit relativiert. Die Ehe mit der österreichischen Staatsbürgerin E. ist während der Verbüßung der Freiheitsstrafe, also zu einem Zeitpunkt zustande gekommen, zu dem beide Ehegatten nicht mehr mit einem dauernden Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet rechnen durften. Entscheidend ist jedoch vor allem, dass den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung einer derart schweren gewerbsmäßigen Eigentumskriminalität gegenübersteht, wie sie vom Beschwerdeführer verübt wurde. Der Eingriff in sein Privat- und Familienleben ist daher im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen.
In diesem Zusammenhang führt der Beschwerdeführer ins Treffen, ausschließlich die deutsche Sprache zu beherrschen. Dabei unterlässt er es jedoch, die oben wiedergegebene schlüssige Beweiswürdigung der belangten Behörde zu bekämpfen, die dieses Vorbringen als unrichtig erachtet hat.
Soweit sich der Beschwerdeführer schließlich gegen die Übung des der belangten Behörde eingeräumten Ermessens wendet, ist ihm zu entgegnen, dass aufgrund der dargestellten Verurteilung wegen eines schweren Verbrechens eine auf einer Ermessensübung beruhende Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht im Sinne des Gesetzes gelegen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2007/18/0418).
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. März 2009
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