Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
MRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, reiste gemeinsam mit ihren Schwestern A. und G. am 13. November 2001 illegal nach Österreich ein und beantragte die Gewährung von Asyl. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. Juni 2003 wurden die Asylanträge der Beschwerdeführerin sowie ihrer Schwestern A. und G. gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Türkei gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Die Behandlung dagegen erhobener Beschwerden wurde mit hg. Beschluss vom 1. September 2005, Zl. 2003/20/0354, abgelehnt.
Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 13. Juni 2006 wies die belangte Behörde A. und G. gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, aus dem Bundesgebiet aus. Ihre dagegen erhobenen Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof wurden mit hg. Erkenntnis vom 13. September 2006, Zlen. 2006/18/0251 und 0252, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, als unbegründet abgewiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. Mai 2007 wies die belangte Behörde auch die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 FPG aus dem Bundesgebiet aus.
Dies begründete sie damit, dass sich auch die Beschwerdeführerin seit dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens ohne fremden- bzw. asylrechtliche Bewilligung und daher nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, (seit 1998 oder 1999) an epileptischen Anfällen zu leiden und behandlungsbedürftig zu sein. Im Jahr 2004 habe sie sich in Österreich auf Grund einer Gehirnblutung einer Operation unterzogen. Ihr Zustand habe sich in der Folge verschlechtert. Sie werde von ihren Schwestern sowie von der Volkshilfe unterstützt. Sie sei im Bundesgebiet - so habe sie weiter vorgebracht - sehr gut integriert, spreche "ausreichend deutsch" und habe einen großen Freundeskreis gewonnen. Neben ihren Schwestern A. und G. sowie einer Cousine hielten sich noch vier Brüder in Österreich auf, die sie versorgten und für ihren gesamten Lebensunterhalt sowie die ärztliche Betreuung aufkämen. In ihrem Heimatland hätte sie dagegen niemanden, der sie finanziell versorgen könnte. Auch sei sie auf Grund ihrer Krankheit nicht in der Lage, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Zwei ihrer Brüder seien bereits österreichische Staatsbürger, einer habe einen Niederlassungsnachweis, einer sei anerkannter Flüchtling. Insgesamt sei ihre Ausweisung auf Grund ihres Gesundheitszustandes "nicht tragbar".
Dem geltend gemachten Eingriff in das Privat- und Familienleben sei - so führte die belangte Behörde zu diesem Vorbringen aus - zu entgegnen, dass eine Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung schwerer wöge als die von der Beschwerdeführerin geschilderten Auswirkungen auf ihre Lebenssituation. Es bestehe keine unabdingbare Notwendigkeit für einen Verbleib in Österreich, die erforderlichen Behandlungen wären auch in ihrem Heimatland möglich. Dazu komme, dass ihre Schwestern A. und G. ebenfalls aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden seien.
Die öffentliche Ordnung würde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich kämen, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dasselbe gelte dann, wenn Fremde nach Abschluss ihres Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund sei die Ausweisung im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Auch seien keine Gründe ersichtlich, von dem der belangten Behörde in § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin Gebrauch zu machen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 5. Dezember 2007, B 1161/07-8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass das Asylverfahren der Beschwerdeführerin rechtskräftig beendet ist. Auch sind ihr keine Behauptungen zu entnehmen, dass eine der Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 31 Abs. 1 FPG - insbesondere die Erteilung eines Aufenthaltstitels - bei der Beschwerdeführerin vorläge. Dafür gibt es nach der Aktenlage auch keine Anhaltspunkte, sodass keine Bedenken gegen die behördliche Annahme bestehen, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei im vorliegenden Fall verwirklicht.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt.
Darauf Bezug nehmend vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, ihre Ausweisung sei unzulässig, weil die Gesichtspunkte, die für ihren weiteren Verbleib in Österreich sprächen, deutlich jene Umstände überwögen, die von der belangten Behörde für eine Aufenthaltsbeendigung ins Treffen geführt worden seien. Sie verweist auf den Aufenthalt im Bundesgebiet seit November 2001, den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache, einen Freundes- und Bekanntenkreis sowie familiäre Bindungen an ihre Cousine und die im Bundesgebiet wohnenden Brüder. Auf Grund ihrer langjährigen Erkrankung, deretwegen sie sich im März 2004 einer Operation habe unterziehen müssen, stehe sie laufend in neurologischer und psychiatrischer Behandlung. Dabei hätten "pathologische Veränderungen" festgestellt werden können, die mit hoher Wahrscheinlichkeit Auslöser ihrer epileptischen Anfälle seien. Zudem leide sie an chronischen Kopf- und Rückenschmerzen, Lähmungserscheinungen der Arme und Beine und unter massiven Schlafstörungen.
Dem Vorbringen zur Integration der Beschwerdeführerin in Österreich während ihres (bis zum Bescheiderlassungszeitpunkt) etwa fünfeinhalb Jahre dauernden Aufenthaltes hielt die belangte Behörde aber zu Recht entgegen, dass dieser auf einem letztlich unbegründeten Asylantrag zurückzuführen und seit Beendigung des diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (im September 2005) unrechtmäßig gewesen sei. Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sie im Verhalten der Beschwerdeführerin (illegale Einreise und unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich trotz negativen Abschlusses des Asylverfahrens) eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen gesehen hat. Es trifft auch zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Ebenso entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das aus einer sozialen Integration erworbene Interesse an einem Verbleib in Österreich in seinem Gewicht dadurch gemindert ist, wenn der Fremde - wie im Beschwerdefall nach rechtskräftiger Abweisung des Asylantrages - keine genügende Veranlassung hatte, von einer Erlaubnis zu einem dauernden Aufenthalt in Österreich auszugehen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0090, und Zl. 2008/21/0220).
Vor diesem Hintergrund ist es fallbezogen nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die Ausweisung der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt ihrer Integration nicht als unzulässigen Eingriff in ihr Privatleben angesehen hat.
Mit der oben wiedergegebenen Argumentation betreffend ihren Krankheitsverlauf ist die Beschwerdeführerin zunächst auf die - nicht substantiiert bekämpfte - Feststellung der belangten Behörde zu verweisen, dass die erforderliche Behandlung auch in ihrem Heimatstaat möglich sei. Aus der ständigen Judikatur des EGMR ergibt sich, dass im Allgemeinem kein Fremder ein Recht hat, in seinem aktuellen Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder etwa selbstmordgefährdet ist (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 27. Mai 2008, Bsw Nr. 26.565/05, N. gegen das Vereinigte Königreich, mwN).
Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang nunmehr geltend macht, dass sich ihre Verwandten aus finanziellen Gründen ihre Behandlung nicht leisten könnten, liegt zudem eine unzulässige Neuerung vor. Ihrem Vorbringen in der Berufungsschrift vom 30. Jänner 2006 (... ihre in Österreich lebenden Brüder versorgten sie hier; sie kämen für ihren gesamten Lebensunterhalt und die ärztliche Betreuung auf) folgend hat die belangte Behörde nämlich eine gegenteilige - auch von der Beschwerde unbekämpft gebliebene - Feststellung getroffen. Dass die Kosten der notwendigen medizinischen Behandlung in der Türkei über denen in Österreich lägen, macht im Übrigen auch die Beschwerde nicht geltend.
In der Beschwerdeschrift werden - unter Berücksichtigung der zuletzt zitierten Judikatur - schließlich auch keine ausreichenden Gründe aufgezeigt, wonach die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. März 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)