VwGH 2008/21/0073

VwGH2008/21/007317.3.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Maria Theresia-Straße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 6. Dezember 2007, Zl. St 307/07, betreffend Erlassung eines unbefristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §63 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 62 Abs. 1 und 2 i.V.m.

§ 60 Abs. 2 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG ein unbefristetes Rückkehrverbot.

Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie darauf, dass der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 31. August 2007 wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 vierter Fall und Abs. 3 zweiter Fall SMG, des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster und zweiter Fall SMG sowie des Vergehens nach § 288 Abs. 1 StGB zu einer 14-monatigen Freiheitsstrafe (davon 10 Monate bedingt nachgesehen) verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in Linz und Wien im August und September 2006 mit einem Mittäter den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer mehrfach großen Menge als Mitglied einer kriminellen Vereinigung in Verkehr gesetzt, indem er ein Päckchen mit 150 bis 200 g Heroin im Wert von EUR 3.700,-- einem Dritten zum gewinnbringenden Verkauf übergeben habe. Zwischen September 2006 und dem 15. Februar 2007 habe er unbekannte Mengen Cannabiskraut erworben und bis zum Eigenkonsum bzw. bis zur Sicherstellung besessen. Schließlich habe er am 11. Juli 2007 in Linz in einem näher bezeichneten Strafverfahren vor Gericht als Zeuge bei seiner Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er behauptet habe, das Einvernahmeprotokoll vom 13. Februar 2007 entspreche nicht seinen Aussagen, der Dolmetsch habe dies falsch ausgelegt bzw. falsch übersetzt.

Auf Grund der wiederholten, während eines längeren Zeitraums gesetzten Straftaten, insbesondere der massiven - eine mehrfach große Menge Heroin betreffenden - Suchtgiftkriminalität, habe der Beschwerdeführer schwerwiegend gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen. Suchtmittelkriminalität bewirke nämlich Gesundheitsgefährdungen in großem Ausmaß, die vor allem auch besonders schutzwürdige jugendliche Personen beträfen, und unterliege einer hohen Wiederholungsgefahr. Der Beschwerdeführer gefährde somit massiv die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sodass die Erlassung eines Rückkehrverbotes nach § 62 Abs. 1 und 2 FPG gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer sei am 12. Juni 2004 illegal nach Österreich eingereist und habe am 30. Juni 2004 einen Asylantrag gestellt. Gegen die im Instanzenzug bestätigten "negativen Entscheidungen" nach den §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 habe er (die zur hg. Zl. 2008/23/0814, davor Zl. 2007/20/1046 protokollierte) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss vom 3. Juli 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Der Beschwerdeführer sei daher zwar zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, habe hier jedoch keine familiären oder beruflichen Bindungen. Einer zunächst ausgeübten Tätigkeit als Zeitungsausträger sei er nach eigenen Angaben nach der erwähnten strafgerichtlichen Verurteilung nicht mehr nachgegangen. Es sei ihm daher zwar eine der Dauer seines Aufenthaltes und "diesen Umständen entsprechende Integration zuzugestehen", die in ihrer sozialen Komponente jedoch angesichts der Fehlverhalten, die seiner Verurteilung zu Grunde lägen, in erheblichem Ausmaß gemindert werde. Auf Grund der besonderen Gefährlichkeit insbesondere des Suchtmittelhandels wäre die fremdenpolizeiliche Maßnahme jedoch selbst bei ansonsten völliger sozialer Integration vorzunehmen gewesen. Das Rückkehrverbot sei nämlich zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Das maßgebliche öffentliche Interesse wöge unverhältnismäßig schwerer als gegenläufige private Interessen des Beschwerdeführers. Auch seien keine besonderen Umstände ersichtlich, aus denen eine Übung des der Behörde durch § 62 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens zu Gunsten des Beschwerdeführers in Betracht käme.

Das Rückkehrverbot sei auf unbefristete Zeit zu verhängen gewesen, weil angesichts der massiven der dargelegten Verurteilung zu Grunde liegenden Fehlverhalten derzeit nicht ersehen werden könne, ob oder wann davon ausgegangen werden könne, dass sich der Beschwerdeführer wiederum an die im Bundesgebiet geltenden Normen halten werde.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die - inhaltlich unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der die Erlassung eines Rückkehrverbotes ermöglichende Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, begegnet in Anbetracht der unstrittig feststehenden Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten keinen Bedenken. Daran vermag auch seine in der Beschwerdeschrift hervorgehobene frühere Unbescholtenheit nichts zu ändern.

Der Beschwerdeführer hat zwischen August 2006 und Juli 2007 die drei dargestellten gravierenden Straftaten begangen, die zur Verhängung einer 14-monatigen Freiheitsstrafe geführt haben. Angesichts des Zusammentreffens eines Verbrechens mit zwei Vergehen fällt die vom Strafgericht eingeräumte untergeordnete Beteiligung am Suchtmittelhandel nicht entscheidend ins Gewicht. In Anbetracht des insgesamt massiven Fehlverhaltens begegnet daher auch die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand, handelt es sich doch bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität mit hoher Wiederholungsgefahr. Das bloße Vorbringen des Beschwerdeführers, künftig (vor allem während der offenen Probezeit) keine weiteren Straftaten begehen zu wollen, kann die Gefahr eines Rückfalls in die Drogenkriminalität nicht ausschließen. Dazu bedürfte es einer längeren Zeit des Wohlverhaltens nach Entlassung aus der Haft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0226), wofür die seither verstrichene Zeit jedoch bei weitem zu kurz ist. Es bestand somit kein Grund, eine für den Beschwerdeführer günstige Verhaltensprognose zu treffen.

Der Beschwerde gelingt es auch nicht, eine Rechtswidrigkeit der behördlichen Beurteilung nach § 66 i.V.m. § 62 Abs. 3 FPG aufzuzeigen. Angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Unterbindung der dargestellten Kriminalität hegt der Gerichtshof keinen Zweifel daran, dass das Rückkehrverbot dringend geboten sei. Angesichts der nicht nennenswerten Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet (dieser verweist lediglich auf einen Freundeskreis und den Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache) kann die Interessenabwägung nicht zu einem für ihn günstigen Ergebnis führen.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, über ihn wäre in jedem Fall kein unbefristetes, sondern lediglich ein befristetes Rückkehrverbot zu verhängen gewesen, ist er darauf zu verweisen, dass ein Rückkehrverbot gemäß § 63 Abs. 1 FPG u.a. in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG unbefristet erlassen werden kann. Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbotes ist gemäß § 63 Abs. 2 erster Satz FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Begehung von drei gerichtlich strafbaren Handlungen innerhalb eines Jahres sowie der dargestellten Gefährlichkeit und Sozialschädlichkeit der Weitergabe von Heroin kann der Beurteilung der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, es sei derzeit noch nicht absehbar, zu welchem Zeitpunkt die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährlichkeit weggefallen sein werde.

Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 17. März 2009

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