VwGH 2008/19/0653

VwGH2008/19/065316.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des S, vertreten durch Kapp Rechtsanwalts GmbH in 8054 Graz-Seiersberg, Kärntnerstraße 525-527, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. Jänner 2008, Zl. 232.307/0/18E-XIV/16/02, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres),

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
VwGG §33a;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

A.) zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. (Feststellung gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B.) den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 26. März 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte am folgenden Tag Asyl.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dieser Antrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.) und es wurde "gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 50 FPG (ehemals § 57 FrG) BGBl. I Nr. 100/2005" festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei ein Tadschike; seine Familienangehörigen lebten nach wie vor in Afghanistan. Er sei im Heimatland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen und es bestünden auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er im Fall einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan einer Gefahr im Sinne des § 50 Abs. 1 oder 2 Fremdenpolizeigesetz ausgesetzt wäre. Im Folgenden traf die belangte Behörde Feststellungen zur politischen Lage in Afghanistan; die Sicherheitslage in Afghanistan blieb hingegen unerörtert.

In der Beweiswürdigung legte die belangte Behörde dar, dass sie dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben schenke. Dieser hatte zusammengefasst behauptet, eine sexuelle Beziehung zu einem Mädchen aus der Nachbarschaft gehabt zu haben, das von ihm auch schwanger geworden sei. Ihre Brüder hätten sie deshalb getötet und würden auch dem Beschwerdeführer nach dem Leben trachten. Die belangte Behörde legte im angefochtenen Bescheid im Einzelnen dar, warum sie dieses Fluchtvorbringen für unglaubwürdig erachtete.

In der rechtlichen Beurteilung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft gemacht habe.

Zur Feststellung nach § 8 Abs. 1 AsylG argumentierte die belangte Behörde, sie verkenne nicht, dass die derzeitige Situation in Afghanistan verbesserungsbedürftig sei und noch lange keine zufriedenstellende Grundversorgung der Bevölkerung vorliege. Allerdings verfüge der Beschwerdeführer in der Heimat über familiären Rückhalt, sodass für ihn - zumindest für die erste Zeit nach seiner Rückkehr bis er ebenfalls Arbeit gefunden habe - eine Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Bekleidung gewährleistet sei. Dem Beschwerdeführer fehle es bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat somit nicht an der notdürftigsten Lebensgrundlage, weshalb keinesfalls die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK indiziert wäre.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Zu A:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in der hier bereits maßgeblichen Fassung der AslyG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, hat die Asylbehörde im Falle der Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist. Die Zulässigkeit einer solchen Maßnahme ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung droht.

Im vorliegenden Fall verneinte die belangte Behörde eine solche Gefahr im Hinblick auf die nach ihren Feststellungen gesicherte Grundversorgung. Trotz der seit vielen Jahren andauernden gewalttätigen Auseinandersetzungen in Afghanistan enthält der angefochtene Bescheid aber keine Feststellungen zur (aktuellen) Sicherheitslage, weshalb eine abschließende Beurteilung eines Anspruches des Beschwerdeführers auf subsidiären Schutz nicht möglich ist.

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Spruchpunkt II. gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Zu B:

Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zur lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Beschwerde wirft keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte die - abgesehen von dem unter Punkt A. der Erwägungen Gesagten - dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abzulehnen.

Wien, am 16. April 2009

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