VwGH 2008/18/0703

VwGH2008/18/070319.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie die Hofräte Dr. Enzenhofer, Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des R S in W, geboren am 8. April 1960, vertreten durch Dr. Gunther Weichselbaum, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Juni 2008, Zl. E1/498.819/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z9;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Juni 2008 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer seit Februar 2002 im Bundesgebiet gemeldet sei. Er sei im Jahr 2002 mit einem deutschen Touristenvisum nach Österreich eingereist. Die im Reisepass des Beschwerdeführers angebrachte deutsche Visumsvignette sei ein Stück einer Serie in Deutschland gestohlener Blankovignetten gewesen.

Der Beschwerdeführer habe sich damit gerechtfertigt, dass ihn - als er vor der österreichischen Botschaft gewartet habe, um ein Visum beantragen zu können - ein Mann angesprochen und ihm gesagt habe, dass er ihm das Visum besorgen könne. Deshalb habe er diesem Mann seinen Reisepass gegeben und ihn fünf Tage später wieder getroffen. Der Mann habe für das Visum EUR 1.200,-- verlangt, die der Beschwerdeführer auch bezahlt habe.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - hätte unter den von ihm dargelegten Umständen wissen oder damit rechnen müssen, dass es sich dabei angesichts eines Preises von EUR 1.200,-

- an eine Mittelsperson, die offenbar und offensichtlich kein Bediensteter einer Botschaft sei, um kein ordnungsgemäß ausgestelltes Visum handeln könne.

Nachdem der Beschwerdeführer am 30. März 2005 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet habe, habe er erstmals am 5. April 2005 die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung beantragt. Mit jener Eheschließung sei der Beschwerdeführer eine Scheinehe eingegangen, um einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet zu erwirken.

Abgesehen von jener Eheschließung habe der Beschwerdeführer familiäre Bindungen zu zwei Söhnen aus erster Ehe, die mit ihren Familien in einem eigenen Haushalt wohnten.

Anlässlich einer Hauserhebung am 9. Mai 2007 sei an der angeblichen ehelichen Wohnanschrift des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau niemand angetroffen worden. Die Hausbesorgerin habe dem erhebenden Beamten gegenüber jedoch angegeben, dass die Ehefrau dort alleine wohne und nur manchmal von einem älteren schmächtigen Mann Besuch bekomme; dass die Ehefrau verheiratet sei, sei ihr unbekannt und unwahrscheinlich.

Für den 20. Juni 2007 - so die belangte Behörde weiter - seien sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Ehefrau geladen worden. Während der Beschwerdeführer der Ladung nachgekommen sei, habe sich die Ehefrau wegen einer angeblich schweren Lungenerkrankung entschuldigt; sie könne das Haus nicht verlassen. Nach der Befragung des Beschwerdeführers habe sich der erhebende Beamte an die Wohnanschrift der Ehefrau begeben, dort aber niemanden antreffen können. Erneut sei ihm von einer unmittelbaren Wohnungsnachbarin mitgeteilt worden, dass die Ehefrau geschieden sei und allein in ihrer Wohnung wohne. Während der Befragung sei die angeblich schwer kranke Ehefrau vom Einkaufen nach Hause gekommen, wenig später der Beschwerdeführer. Letzterer sei der Nachbarin gegenübergestellt worden, wobei beide mit Sicherheit davon überzeugt gewesen seien, einander nie gesehen zu haben.

Bei einer Befragung der Ehefrau vor Ort habe diese angegeben, dass bei der Hochzeit nur vier Personen anwesend gewesen seien. Die Eheringe hätte der Beschwerdeführer auf einem Markt gekauft;

sie wisse daher nicht, wieviel diese gekostet hätten. Das letzte Wochenende hätte sie gemeinsam mit dem Beschwerdeführer verbracht;

sie seien nie außer Haus gegangen und hätten sich nur unterhalten. Die ganze Zeit hätten sie nur Bohnensuppe gegessen, die sie von ihrem Urlaub aus Bosnien mitgebracht habe.

Zur Bekräftigung der aufrechten Ehe habe die Ehefrau dem Beamten unbedingt Kleider des Beschwerdeführers zeigen wollen, die im vollgerammelten, fast unzugänglichen hinteren Teil des Kabinetts untergebracht gewesen seien. Der Beamte habe jedoch nur tägliche Brauchwäsche (Unterwäsche) sehen wollen. Die Ehefrau habe dazu angegeben, "wegen ihrer Krankheit" wisse sie nicht, wo diese verstaut sei, und habe auch keine Unterwäsche finden können. Im Wohnschlafraum der Wohnung habe sich nur ein schmales Bett mit Bettbezug befunden, sonst - bis auf die verstaubten Männerbekleidungsstücke im Kasten - habe der Beamte keinerlei Hinweise auf einen gemeinsamen Haushalt feststellen können. Dazu befragt habe die Ehefrau angegeben, dass wegen der Hitze ein gemeinsames Schlafen nicht möglich sei, der Beschwerdeführer würde deshalb auf der Couch schlafen. Auf die Frage, warum dort kein Bettzeug sei, habe sie angegeben, dieses bereits weggeräumt zu haben. Sie habe diesbezüglich jedoch nur eine Wolldecke zeigen können, mit der sich der Beschwerdeführer während der Nacht zudecke. Polster habe sie jedoch ebenso wenig wie ein weiteres Bettzeug finden können.

Bei seiner Befragung am 20. Juni 2007 habe der Beschwerdeführer angegeben, dass etwa acht Personen bei der Hochzeit anwesend gewesen seien und dass er die Eheringe gemeinsam mit seiner Ehefrau in einem Geschäft gekauft habe; die beiden trügen die Ringe auch ständig. Auf die Frage, warum dann keine Merkmale von einem Ring an seinem Ringfinger seien, habe er angegeben, der Ring sei zu groß; beim Kauf habe er ihm noch gepasst. Im Gegensatz zu seiner Ehefrau habe der Beschwerdeführer angegeben, den Sonntag des vorangegangenen Wochenendes bei seiner Schwiegertochter und dem Enkelkind verbracht zu haben. Seine Ehefrau habe am Wochenende Bohnensuppe gekocht. Auf Vorhalt, dass bei einer Überprüfung der Wohnung seiner Schwester ein Nachbar ausgesagt habe, dass der Beschwerdeführer dort zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr anzutreffen und dort wohnhaft sei, habe der Beschwerdeführer angegeben, er schaue nur manchmal in der Wohnung vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Manchmal dusche er auch dort; es handle sich um den Zweitwohnsitz seiner Schwester, die Wohnung stehe meist leer.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass zunächst die Erhebungen an der angeblichen ehelichen Wohnanschrift bestätigt hätten, dass der Beschwerdeführer dort offenbar nicht wohne. Die dargestellten Widersprüche in den Angaben der Ehefrau und des Beschwerdeführers und die Aussage eines Nachbarn, dass der Beschwerdeführer bei seiner Schwester wohnhaft sei, ließen es als erwiesen ansehen, dass der Beschwerdeführer "eine gemeinsame Wohnungsnahme" mit seiner Ehefrau nur vortäusche und ein tatsächliches Ehe- und Familienleben nicht gegeben sei. Daran könnten auch teilweise übereinstimmende Aussagen nichts ändern, liege es doch gerade im Wesen einer Scheinehe, diese der Behörde gegenüber wahrheitswidrig als echte Ehe darzustellen.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer unter anderem geltend gemacht, dass er seine Ehefrau erst einen Monat vor der Eheschließung kennen gelernt habe und sie an einer schweren psychiatrischen Krankheit, nämlich an paranoider Schizophrenie, leide. Mit dieser Erkrankung sei eine umfassende psychiatrische und medikamentöse medizinische Behandlung verbunden; mit der Erkrankung gingen ein periodisch aufkommender Verfolgungswahn und starke Vergesslichkeit einher.

Auch diesem Berufungsvorbringen sei keine Glaubwürdigkeit beizumessen. Wenn der Beschwerdeführer die paranoide Schizophrenie seiner Ehefrau einwende und weiters, dass er sie im Rahmen seiner ehelichen Beistandspflicht regelmäßig zu medizinischen Heilbehandlungen begleite, so stelle dies eine völlig unbewiesene Behauptung dar. Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 sei der Beschwerdeführer nämlich aufgefordert worden, sämtliche Befunde und Behandlungskarten vorzulegen, welche die regelmäßigen Behandlungen seiner Ehefrau bestätigten. Da der Beschwerdeführer dies jedoch unterlassen habe, sei weder die Krankheit seiner Ehefrau noch die von ihm behauptete Betreuung "dem gegenständlichen Verfahren zugrunde zu legen".

Daran ändere auch nichts, dass der Beschwerdeführer den ärztlichen Leiter eines Wiener Krankenhauses als Zeugen geltend mache; dessen Einvernahme habe "in Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht" unterbleiben müssen, weil nicht erkennbar gewesen sei, was der Zeuge aussagen hätte sollen, ohne diese Schweigepflicht zu verletzen.

Darüber hinaus könne der Beschwerdeführer nicht ernsthaft geltend machen, bis zur Eheschließung von einer derartigen Krankheit seiner Ehefrau nichts gewusst zu haben, weil Derartiges mit jeder Lebenserfahrung in unlösbarem Widerspruch stehe. Da die behauptete Erkrankung der Ehefrau nicht erweislich gewesen sei, scheine diese als reine Ausrede aufgeboten worden zu sein; auch der erhebende Beamte habe festgestellt, dass die Ehefrau immer dann, wenn sie Fragen nicht schlüssig beantworten habe können, auf die Krankheit hingewiesen habe. Dass die Ehefrau offenbar zu Ausflüchten neige, scheine der Umstand zu belegen, dass sie sich von einer Vernehmung mit einer angeblich schweren Lungenerkrankung entschuldige, kurz darauf jedoch bei der Heimkehr vom Einkaufen und offenbar gar nicht krank betreten worden sei.

Dem Beschwerdeführer sei zweifelsfrei zuzustimmen, dass der österreichischen Rechtsordnung eine "Sippenhaftung" fremd sei; im gegebenen Zusammenhang runde es jedoch das sich für die belangte Behörde ergebende Bild ab, dass die Schwester des Beschwerdeführers ebenfalls eine Scheinehe eingegangen sei.

Aufgrund der dargelegten Umstände sei dem Beschwerdeführer und auch seiner Ehefrau jegliche Glaubwürdigkeit abzusprechen. Gleichzeitig sei zu berücksichtigen gewesen, dass das Eingehen einer Scheinehe zum damaligen Zeitpunkt der nahezu einzige Weg für den Beschwerdeführer gewesen sei, einen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet zu erlangen. Auch habe der Beschwerdeführer in Hinblick auf das anhängige Verfahren ein hohes Interesse daran, den Sachverhalt in einem für ihn günstigen Licht darzustellen. Angesichts aller dieser Umstände habe es die belangte Behörde als erwiesen angesehen, dass der Beschwerdeführer eine Scheinehe eingegangen sei, um einen Aufenthaltstitel für Österreich zu erwirken.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass durch das Verhalten des Beschwerdeführers sowohl der in § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG als auch der in § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG normierte Sachverhalt verwirklicht sei. Das dargestellte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers gefährde maßgebliche öffentliche Interessen gegenwärtig, tatsächlich und erheblich und berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, weshalb die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 61 und 66 FPG - im Grunde des § 87 FPG gegeben seien.

Angesichts der festgestellten familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu zwei Söhnen sei zwar von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen, dieser sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße jedoch gravierend, wer einerseits mit einem gefälschten Visum die Einreise "in das Gebiet der Schengener Staaten" erwirke und andererseits eine Scheinehe schließe, um einen Aufenthaltstitel zu erwirken. Die solcherart vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr für die öffentliche Ordnung sei von solchem Gewicht, dass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes als dringend geboten und daher zulässig im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG erweise.

Bei der gemäß § 66 Abs. 2 FPG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Diese erweise sich jedoch als keinesfalls gewichtig, sei doch der Beschwerdeführer unter den dargestellten Umständen eingereist, habe sich offenbar mehrjährig illegal im Bundesgebiet aufgehalten und seinen anschließenden Aufenthalt auf eine Scheinehe gestützt. Auch der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt sei dem Beschwerdeführer erst aufgrund der Scheinehe möglich gewesen. Seine familiären Bindungen würden dadurch relativiert, dass seine beiden Söhne längst volljährig seien, eigene Familien hätten und mit dem Beschwerdeführer nicht im gemeinsamen Haushalt lebten. Das dem Beschwerdeführer solcherart insgesamt zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet erweise sich daher als keinesfalls ausgeprägt. Dem stehe jedoch das hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber.

Bei Abwägung dieser Interessenlagen sei die belangte Behörde zu der Ansicht gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und diesem fern bleibe. Dabei habe die belangte Behörde auch bedacht, dass der Beschwerdeführer den Kontakt zu seinen Familienangehörigen - wenn auch eingeschränkt - auch vom Ausland aus wahrhaben könne, eine Einschränkung, die er im öffentlichen Interesse zu tragen haben werde. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 2 FPG als zulässig.

Ein Sachverhalt gemäß § 61 FPG liege nicht vor.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so könne in Hinblick auf das dargelegte Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers einerseits auch unter Bedachtnahme auf seine Lebenssituation andererseits vor Ablauf der festgesetzten Frist von zehn Jahren nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 30. September 2008, B 1274/08, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen (§ 2 Abs. 4 Z. 12 FPG) einer nicht freizügigkeitsberechtigten Österreicherin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 FPG nur zulässig, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

Für die Beantwortung der Frage, ob die oben umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist demnach zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Bei der Beurteilung der genannten Gefährdung kann auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2006/18/0343, mwN).

2.1. Die Beschwerde lässt die oben wiedergegebenen Feststellungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2002 mit einer in seinem Reisepass angebrachten gestohlenen deutschen Visumsvignette nach Österreich eingereist sei und er angesichts der Umstände des Erwerbs jenes Visums wissen oder damit rechnen habe müssen, dass es sich um kein ordnungsgemäß ausgestelltes Visum gehandelt habe, unbekämpft.

2.2. Gemäß § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 60 Abs. 1 FPG insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen. Ausgehend von den wiedergegebenen unbekämpften Feststellungen des angefochtenen Bescheides erweist sich die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer durch dieses Verhalten den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG (als "Orientierungsmaßstab") erfüllt hat, als unbedenklich (vgl. zur Verwendung gefälschter Urkunden in diesem Zusammenhang etwa die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0317, sowie vom 3. Juli 2007, Zl. 2006/18/0458).

3.1. Die belangte Behörde stützt ihre negative Prognoseentscheidung im Sinn des § 86 Abs. 1 (erster bis vierter) Satz FPG weiters darauf, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Ehe geschlossen und sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auf diese Ehe berufen habe, ohne mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben, und damit auf den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG.

3.2. In diesem Zusammenhang wendet sich die Beschwerde gegen die den diesbezüglichen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung der belangten Behörde und releviert die Nichtbefragung des Zeugen Prim. Dr. St.L. sowie die Nichtdurchführung eines Ortsaugenscheins als Verfahrensmängel.

3.3. In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hatte der Beschwerdeführer die Befragung des Zeugen Prim. Dr. St.L. beantragt und dazu vorgebracht, dass seine Ehefrau an einer schweren psychiatrischen Krankheit, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, leide, mit der eine umfassende psychiatrische und medikamentöse medizinische Behandlung verbunden sei. Seine Ehefrau stehe deshalb in einem sozial-psychiatrischen Ambulatorium in Behandlung. Mit ihrer Erkrankung gehe ein periodisch aufkommender Verfolgungswahn ebenso einher wie eine starke Vergesslichkeit. Unter Einwirkung der verordneten Medikation verfalle seine Ehefrau regelmäßig in einen lange andauernden Schlaf auch tagsüber. Ungeachtet dieser Erkrankung "halte" der Beschwerdeführer "an der Ehe fest" und begleite die Ehefrau regelmäßig zu den medizinischen Heilbehandlungen (Blätter 90f des Verwaltungsaktes).

3.4. Damit hat der Beschwerdeführer jedoch nicht in der erforderlichen substantiierten Weise vorgebracht, dass er mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK (bzw. eine Liebes-, Geschlechts- und Haushaltsgemeinschaft; vgl. demgegenüber das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, Zl. 2008/18/0102) geführt habe, sodass die belangte Behörde wegen Unerheblichkeit der Beweistatsachen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 2008, mwN) zur Durchführung des beantragten Zeugenbeweises nicht verhalten war.

3.5. In Hinblick auf die Nichtdurchführung des ebenfalls in der Berufung beantragten Ortsaugenscheins legt die Verfahrensrüge nicht dar, zu welchen Ergebnissen die belangte Behörde anhand eines Lokalaugenscheins hätte gelangen können, sodass die Beschwerde insoweit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dartut.

3.6. Zur Bekämpfung der beweiswürdigenden Überlegungen, auf welche die belangte Behörde die Annahme einer Schein- bzw. Aufenthaltsehe gründete, führt die Beschwerde lediglich aus, diese seien "nicht nachvollziehbar".

Damit unterlässt die Beschwerde allerdings jede Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen Ausführungen des angefochtenen Bescheides, die sich detailliert mit den Ergebnissen einer Hauserhebung am 9. Mai 2007 sowie den Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau befassten und - insbesondere auf Widersprüche der Aussagen der beiden gestützt - durchaus schlüssig zu der Annahme gelangten, dass zwischen ihnen ein "tatsächliches Ehe- und Familienleben nicht gegeben" sei. Diese Beweiswürdigung ist im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht zu beanstanden.

3.7. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vom 5. April 2005 auf die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin berufen hat.

4. Auf dem Boden der unbedenklichen Feststellungen der belangten Behörde zu jener Aufenthaltsehe und in Anbetracht des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0639, mwN), begegnet auch die weitere Ansicht der belangten Behörde, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eine Gefährdung im Sinn des - gemäß § 87 FPG anzuwendenden - § 86 Abs. 1 FPG darstelle, keinem Einwand, kann doch bei der Beurteilung nach § 86 Abs. 1 FPG auf die Tatbestände des § 60 Abs. 2 FPG als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden:

Angesichts der hinsichtlich der Scheinehe unbedenklichen und hinsichtlich der durch den Beschwerdeführer bei seiner Einreise nach Österreich verwendeten gestohlenen deutschen Visumsvignette nicht bekämpften Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer nicht nur den Tatbestand des rechtsmissbräuchlichen Eheschlusses nach § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG, sondern - wie bereits ausgeführt - auch den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG verwirklicht.

In Anbetracht des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. aus der hg. Rechtsprechung wiederum das Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2007/18/0639, mwN), kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörde vorliegend die Annahme gemäß § 86 Abs. 1 FPG für gerechtfertigt erachtet hat.

5. Die belangte Behörde hat bei der gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG vorgenommenen Interessenabwägung die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seinen zwei erwachsenen Söhnen berücksichtigt und zu Recht einen mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen.

Zutreffend hat die Behörde jedoch darauf hingewiesen, dass die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration des Beschwerdeführers und dessen persönliche Interessen in ihrer Bedeutung dadurch gemindert werden, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nur durch sein dargestelltes Fehlverhalten ermöglicht wurde.

Angesichts der diesen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers gegenüberstehenden erheblichen Gefährdung öffentlicher Interessen durch das dargestellte mehrfache rechtsmissbräuchliche Verhalten des Beschwerdeführers kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und darüber hinaus die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme davon (§ 66 Abs. 2 FPG), nicht beanstandet werden.

6. Besondere Umstände, die ein Absehen von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der Behörde gemäß § 86 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessens geboten erscheinen ließen, sind aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich und werden auch in der Beschwerde nicht dargetan.

7. Ein Aufenthaltsverbot ist - unter Bedachtnahme auf § 63 Abs. 1 FPG - für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0337, mwN).

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers die Auffassung vertrat, dass der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der von ihm ausgehenden Gefährdung öffentlicher Interessen, nicht vor Ablauf von zehn Jahren angenommen werden könne. Entgegen der Beschwerdeansicht hat die belangte Behörde die Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbots ausreichend begründet. Im Übrigen zeigt die Beschwerde nicht auf, aus welchen Gründen eine kürzere Dauer des Aufenthaltsverbots ausreichend wäre.

8. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 19. Februar 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte