Normen
ARB1/80 Art6 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. September 2008 wurde - soweit noch beschwerdegegenständlich - gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm § 60 Abs. 2 Z. 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer habe am 15. Juni 1999 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" gestellt, dem stattgegeben worden sei. Er sei am 15. September 1999 in das Bundesgebiet eingereist und habe in Wien an der Technischen Universität Elektrotechnik studieren wollen. Mehreren Verlängerungsanträgen sei stattgegeben worden.
Am 18. Dezember 2002 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt, der ab 8. Jänner 2003 für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger - § 49 Abs. 1 FrG" genehmigt worden sei. Von einem Studium sei keine Rede mehr gewesen. Ab April 2003 habe der Beschwerdeführer begonnen, sporadisch zu arbeiten, wobei er bisher niemals länger als ein Jahr beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei.
Am 22. März 2005 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127, § 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 2 und § 130 vierter Fall StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt worden. Er habe in W am 14. März und am 16. April 2004 Spielautomaten zum Nachteil der Firma A. aufgebrochen und Bargeld in der Höhe von insgesamt EUR 2.625,-- erbeutet. Am 1. Mai und am 25. Mai 2004 habe er mit einem namentlich bekannten und ebenfalls verurteilten Mittäter Spielautomaten aufgebrochen und Bargeld in der Höhe von insgesamt EUR 5.205,-- erbeutet. Als Motiv für diese Taten habe das Gericht eine Spielsucht des Beschwerdeführers festgestellt, die im Jahr 2002 zu einer Kontoüberziehung von ca. EUR 5.000,-- geführt habe. Der Beschwerdeführer habe durch die Straftaten seine Schulden abdecken wollen.
Die Erstbehörde habe dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. November 2005 die beabsichtigte Erlassung des Aufenthaltsverbotes angekündigt. Ein Organwalter der Erstbehörde habe am 9. Februar 2006 eine aufenthaltsbeendende Maßnahme angeordnet, die aber erst mit Bescheid vom 8. Februar 2007 gesetzt worden sei. In der Berufung habe der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, spielsüchtig gewesen zu sein, weshalb er die seiner gerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegenden Straftaten gesetzt habe. Seit seiner Verurteilung habe er aber nicht mehr gespielt und sei von der Spielsucht geheilt. Seine Familie lebe in Österreich. Der Vater sei sogar österreichischer Staatsbürger. Im Übrigen sei er mit einer Türkin verheiratet, die Ende Oktober 2008 von ihm ein Kind erwarte.
Durch die genannte Verurteilung sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Das der Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers lasse annehmen, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde und anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen, nämlich insbesondere an der Verteidigung der Ordnung, an der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie am Eigentumsschutz anderer, zuwiderlaufe. Selbst angesichts des bereits ca. neunjährigen rechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich und seiner starken familiären Bindungen im Bundesgebiet, die einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben annehmen ließen, sei die Zulässigkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Grund des § 66 FPG zu bejahen. Im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Eigentums- bzw. Einbruchskriminalität sei die Erlassung des "Rückkehrverbotes" zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (u.a. zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen) dringend geboten. Eine positive Verhaltensprognose für den Beschwerdeführer sei im Hinblick auf die viermaligen eigenständigen, d.h. auf jeweils selbstständigen Entschlüssen beruhenden Tathandlungen, den beachtlichen Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz und den mit den Taten verbundenen, erheblichen Unrechtsgehalt zurzeit nicht möglich. Der seit der Verurteilung verstrichene Zeitraum von ca. dreieinhalb Jahren sei hiefür noch zu kurz.
Hinsichtlich der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass den dargestellten familiären Bindungen in Österreich und der Tatsache des neunjährigen Aufenthalts sehr starkes Gewicht zukomme. Allerdings hätten diese starken persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich trotzdem noch hinter dem erwähnten hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesse an der Außerlandschaffung des Beschwerdeführers in den Hintergrund zu treten. Er halte sich noch nicht zehn Jahre lang im Bundesgebiet auf, habe wiederholt schwere Angriffe gegen fremdes Eigentum gesetzt und dabei gewerbsmäßig agiert. Gegen ihn sei wegen der Schwere des Delikts eine "um mehr als ein Drittel längere (wenngleich ebenfalls bedingte)" Freiheitsstrafe verhängt worden. Die belangte Behörde sei daher der Ansicht, dass der Beschwerdeführer damit jene Grenze überschritten habe, die das öffentliche Interesse von einer Gleich- oder Stärkergewichtung der persönlichen Interessen des Fremden trenne.
Eine für den Beschwerdeführer günstige Ermessensentscheidung komme nicht in Betracht, weil eine rechtskräftige Verurteilung iSd § 55 Abs. 3 Z. 1 FPG vorliege. Eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes würde nicht im Sinne des Gesetzes erfolgen.
Das Aufenthaltsverbot sei nur auf fünf Jahre zu befristen, weil auf Grund der Bewertung des strafbaren Verhaltens des Beschwerdeführers, das bereits dreieinhalb Jahre zurückliege, davon ausgegangen werden könne, dass der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nach Ablauf dieser Befristung - weiteres Wohlverhalten vorausgesetzt - weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, dass er ab April 2003 begonnen habe, sporadisch zu arbeiten, wobei er bisher niemals länger als ein Jahr beim selben Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei.
Aus dem im Akt erliegenden Versicherungsdatenauszug ergibt sich, dass die längste Beschäftigungszeit, die der Beschwerdeführer bei einem Arbeitgeber aufzuweisen hat, vom 21. Mai 2003 bis zum 3. März 2004 dauerte. Der Beschwerdeführer kann sich daher nicht auf Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) berufen, weil bei einem Wechsel des Arbeitgebers die einjährige Anwartschaftsdauer von neuem zu laufen beginnt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008, Zl. 2007/21/0394).
2.1. Im Hinblick auf die unstrittig feststehende Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren begegnet die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG verwirklicht sei, keinen Bedenken.
2.2. Der Beschwerdeführer hat, wie oben (I.1.) dargestellt, am 14. März, 16. April, 1. Mai und 25. Mai 2004 Einbruchsdiebstähle verübt. Er erbeutete gemeinsam mit seinem ebenfalls verurteilten Mittäter insgesamt über EUR 7.000,--. Das Motiv für diese Taten war die im Zuge der Spielsucht des Beschwerdeführers eingetretene Kontoüberziehung im Ausmaß von ca. EUR 5.000,--. In Anbetracht des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers und des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand. Dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer sei von seiner Spielsucht vollkommen geheilt, ist zu erwidern, dass der seit der Begehung der letzten Straftat verstrichene Zeitraum noch zu kurz ist, um von einem Wohlverhalten oder einer entscheidungswesentlichen Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung mit Sicherheit ausgehen zu können.
3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch im Grund des § 66 FPG. Wie schon in seiner Berufung verweist der Beschwerdeführer darauf, dass er seit 1999 in Österreich lebe und über Aufenthaltstitel bis 2013 verfüge. Seine Familie lebe in Österreich. Sein Vater sei österreichischer Staatsbürger. Er sei in Österreich berufstätig und hier verheiratet. Seine Frau, eine türkische Staatsangehörige, lebe ebenfalls in Österreich. Sie habe zwischenzeitig ein Kind geboren (in der Berufungsschrift vom 2. Mai 2008 hatte der Beschwerdeführer den voraussichtlichen Geburtstermin mit 30. Oktober 2008 angegeben). Er sei in Österreich vollkommen integriert. Die dem genannten Strafurteil zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen würden eine einmalige Fehlleistung darstellen. Er sei von seiner Spielsucht geheilt und habe nach der Verurteilung bewiesen, dass er nicht nur gewillt, sondern auch in der Lage sei, einen ordentlichen Lebenswandel zu führen, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass er nunmehr für ein neugeborenes Kind und für seine Frau sorgepflichtig sei und dieser Sorgepflicht auch nachkomme, indem er regelmäßig arbeite und ein entsprechendes Einkommen erziele.
3.2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit 1999, die Bindung zu seiner schwangeren Frau (die zwischenzeitig ein Kind geboren hat) und zu seiner sonstigen Familie zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Wenn sie dennoch angesichts der wiederholten Straftaten des Beschwerdeführers (vgl. I.1.) die Erlassung dieser Maßnahme im Licht dieser Gesetzesbestimmung für zulässig, weil dringend geboten, erachtet hat, so ist dies in Ansehung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der Rechte anderer nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Unter Zugrundelegung dieses großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Die Integration des Beschwerdeführers hat in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch seine Einbruchsdelikte eine ganz erhebliche Beeinträchtigung erfahren. Von daher gesehen hat die belangte Behörde zu Recht der durch die Straftaten des Beschwerdeführers in Österreich bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und die seiner Angehörigen.
An diesem Ergebnis vermag das - nicht näher substanziierte - Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, er würde regelmäßig arbeiten und ein entsprechendes Einkommen erzielen, nichts zu ändern. Er brachte in seiner Berufung vom 2. Mai 2008 vor, dass er in Österreich arbeiten würde. Den im Verwaltungsakt erliegenden Versicherungsdatenauszügen ist indes lediglich zu entnehmen, dass er - abgesehen von dem bereits erwähnten längeren Beschäftigungsabschnitt vom 21. Mai 2003 bis 12. März 2004 - nur vom 5. September 2005 bis zum 19. Juli 2006 über einen längeren Zeitraum gearbeitet hat, danach jedoch - abgesehen von den Zeiträumen vom 16. Oktober bis 27. November 2006, 2. April bis 3. April 2007 und 7. August bis 2. November 2007 - durchgehend arbeitssuchend gemeldet war, wobei diese Versicherungsdatenauszüge die Zeit der Arbeitssuche bis zum 21. Mai 2008 dokumentieren. Selbst wenn der Beschwerdeführer nach diesem Zeitpunkt wieder zu arbeiten begonnen haben sollte, würde dies nichts daran ändern, dass er sich bisher in Österreich nicht nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren vermochte.
Im Übrigen ist dem Beschwerdevorbringen zu erwidern, dass der Beschwerdeführer seinen Unterhaltspflichten auch vom Ausland aus nachkommen kann.
4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 11. Mai 2009
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