VwGH 2008/13/0174

VwGH2008/13/017430.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der EK, der UK und des GP, alle in W, alle vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 4. Juli 2008, GZ. RV/2284-W/07, miterledigt RV/2283-W/07, betreffend u.a. Umsatzsteuer 1997, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §12 Abs10;
UStG 1994 §12 Abs10;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, soweit er die Umsatzsteuer 1997 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien sind Miteigentümer einer bebauten Liegenschaft in Wien, R.-Gasse 33. Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, mit dem die belangte Behörde über eine Berufung betreffend Umsatzsteuer sowie "Nichtfeststellung" der Einkünfte für den Zeitraum 1996 bis 2004 absprach, seien die in diesem Haus enthaltenen Wohnungen sowohl an die Miteigentümer als auch an deren nahe Angehörige vermietet. Das Finanzamt habe die Vermietung der privaten Lebensführung zugerechnet, "so dass seit 1996 keine steuerliche Einkunftsquelle vorliege". Da die Vermietung nicht dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sei, unterlägen die Erlöse nicht der Umsatzsteuer und sei auch der Vorsteuerabzug zu versagen. Durch den Wechsel in den "nichtunternehmerischen Bereich sei im Jahr 1996 eine Vorsteuerberichtigung der im Jahr 1995 erfolgten Großreparatur vorzunehmen".

In der Berufung sei zur Umsatzsteuer vorgebracht worden, dass nach Ansicht der beschwerdeführenden Parteien keine Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn vorliege und es sich bei der Vermietung auch nicht um die bloße Befriedigung der persönlichen Wohnbedürfnisse der Vermieter handle.

Zur "Einkommensteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 1996" sei zudem vorgebracht worden, dass für dieses Jahr bereits die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren gemäß § 209 Abs. 3 BAO abgelaufen sei. Der Bescheid sei erst am 30. März 2007, somit nach Ablauf der Verjährungsfrist, die gemäß § 209 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 2 lit. a Z 2 BAO bereits mit 31. Dezember 1996 zu laufen begonnen habe, zugestellt worden.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde zur Verjährung aus, dass das Recht, einen Feststellungsbescheid zu erlassen, der Verjährung nicht unterliege. Anderes gelte allerdings für die Umsatzsteuer. Der Umsatzsteuerbescheid 1996 sei zu einem Zeitpunkt erlassen worden, als die absolute Verjährung schon eingetreten gewesen sei. Da der Abgabenanspruch betreffend Umsatzsteuer 1996 im Jahr 1996 entstanden sei, hätte der Umsatzsteuerbescheid 1996 spätestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2006 erlassen werden müssen. Der erst im Jahr 2007 erlassene Umsatzsteuerbescheid 1996 sei somit außerhalb der absoluten Verjährungsfrist ergangen und deshalb aufzuheben.

Im Übrigen hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (mit dem sie u.a. die Berufung betreffend "Nichtfeststellung" von Einkünften für die Jahre 1996 bis 2004 als unbegründet abwies) fest, dass die Wohnungen ausschließlich an Miteigentümer und deren Angehörige vermietet worden seien, wobei die Mietverträge auch einem Fremdvergleich nicht standhielten. Da somit schon die Vermietung an sich keine Einkunftsquelle darstelle, brauche nicht überprüft zu werden, ob ein Gesamtüberschuss erzielbar sei oder ob Liebhaberei vorliege.

Unter "Berichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994" führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nach einem Zitat dieser Gesetzesstelle schließlich aus, hinsichtlich "der Umsatzsteuer erfolgte der Wechsel vom unternehmerischen in den nichtunternehmerischen Bereich im Jahr 1997 und ist die Vorsteuer für die im Jahr 1995 vorgenommene Großreparatur im Umsatzsteuerbescheid 1997 zu berichtigen". Die Vorsteuer für die im Jahr 1995 vorgenommene Großreparatur betrage 120.348,80 S. Die Liegenschaft habe sich somit zwei Jahre im unternehmerischen Bereich befunden und "sind somit 8/10 der Vorsteuer d.s. ATS 96.279,04 zu berichtigen".

In der Beschwerde erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten insoweit verletzt, als für den Veranlagungszeitraum 1997 zu Unrecht eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG zu ihren Lasten in Höhe von 6.996,87 EUR vorgenommen worden sei, obwohl sich der zu Grunde liegende Sachverhalt der Entnahme der Liegenschaft bereits im Jahr 1996 ereignet habe (dass es sich bei der Vermietung ab dem Jahr 1996 um keine unternehmerische Tätigkeit gehandelt habe, wird in der Beschwerde ausdrücklich zugestanden, wobei die Beschwerdeführer der belangten Behörde auch in ihrer rechtlichen Beurteilung folgen, wonach der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996 wegen Ablaufs der absoluten Verjährungsfrist aufzuheben gewesen sei).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - erkennbar somit nur gegen den Abspruch betreffend Umsatzsteuer 1997 erhobene - Beschwerde nach Erstattung einer Gegenschrift und Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Für den Vorsteuerabzug sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Leistung maßgeblich. Sind in diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen erfüllt, kann der Vorsteuerabzug in voller Höhe vorgenommen werden. Fallen die Voraussetzungen nachträglich weg, so berührt dies grundsätzlich nicht den vorgenommenen Vorsteuerabzug. Nach der Bestimmung des § 12 Abs. 10 UStG 1994 (die nach § 12 Abs. 12 leg.cit. auf Gegenstände, die nicht zu einem Betriebsvermögen gehören, sinngemäß anzuwenden ist) führt eine Änderung der Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgeblich waren, innerhalb der dort angeführten Fristen zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges. Die Berichtigung erfolgt nicht rückwirkend, sondern jeweils für das Jahr der Änderung (vgl. z.B. Ruppe, UStG 19943, § 12 Tz. 216). Der Ausgleich des Vorsteuerabzuges wird erst bei der Steuerfestsetzung für jenes Kalenderjahr berücksichtigt, in dem sich die Verhältnisse gegenüber dem Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung geändert haben (vgl. z.B. Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994, § 12 Anm. 564).

Im angefochtenen Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer 1996 nur deshalb Folge gegeben, weil nach Ansicht der belangten Behörde der Abgabenfestsetzung der Ablauf der absoluten Verjährungsfrist nach § 209 Abs. 3 BAO entgegenstand. Dass die zur Vorsteuerkorrektur nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 führende Änderung der Verhältnisse in Bezug auf das Mietobjekt anders als nach den Feststellungen des Finanzamtes nicht im Jahr 1996, sondern im Jahr 1997 eingetreten wäre, hat die belangte Behörde nicht festgestellt (vielmehr folgte hier die belangte Behörde offensichtlich der Beurteilung des Finanzamtes, wonach seit 1996 keine Einkunftsquelle mehr vorliege).

Damit erweist sich aber die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Vorsteuerkorrektur im Rahmen der Festsetzung der Umsatzsteuer für das Jahr 1997 als rechtswidrig.

Wenn in der Gegenschrift der belangten Behörde vorgebracht wird, dass hinsichtlich Umsatzsteuer der Wechsel in den nichtunternehmerischen Bereich im Jahr 1997 erfolgt sei, "da im Umsatzsteuerbescheid 1996 von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgegangen wurde", verkennt die belangte Behörde, dass für den angesprochenen Wechsel in den nichtunternehmerischen Bereich nur der Zeitpunkt der tatsächlichen Änderung der Verhältnisse iS des § 12 Abs. 10 UStG 1994 maßgeblich sein konnte, nicht jedoch, ob im Umsatzsteuerbescheid 1996 im Ergebnis wegen eingetretener Festsetzungsverjährung "von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgegangen wurde".

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 30. September 2009

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