VwGH 2008/05/0277

VwGH2008/05/027724.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der WIENSTROM GmbH in Wien, vertreten durch DDr. Hans Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6- 8/47, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 7. Dezember 2006, Zl. BMWA-555.300/0184-IV/5/2006, betreffend Unterstützungstarif nach dem Ökostromgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

32001Y020101 VerfahrensO EuGH 2001 Art104 §6;
32001Y020101 VerfahrensO EuGH 2001 Art69 §1;
AufwandersatzV VwGH 2008;
B-VG Art140 Abs1;
EURallg;
ÖkostromG 2002 §13 Abs1;
ÖkostromG 2002 §13 Abs7;
VwGG §47;
VwGG §48 Abs1;
VwGGNov 2008;
32001Y020101 VerfahrensO EuGH 2001 Art104 §6;
32001Y020101 VerfahrensO EuGH 2001 Art69 §1;
AufwandersatzV VwGH 2008;
B-VG Art140 Abs1;
EURallg;
ÖkostromG 2002 §13 Abs1;
ÖkostromG 2002 §13 Abs7;
VwGG §47;
VwGG §48 Abs1;
VwGGNov 2008;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.

Begründung

Gemäß § 13 Abs. 1 Ökostromgesetz (in der im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides geltenden Fassung der Ökostromgesetz-Novelle BGBl. Nr. 105/2006) wurden Betreibern von bestehenden und modernisierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen die für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten in einem jährlich durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu ermittelnden Betrag in Cent pro kWh Stromerzeugung (Unterstützungstarif für KWK-Strom) durch die Energie Control GmbH abgegolten. Bei modernisierten KWK-Anlagen wurden die Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt.

Außer Streit steht im Beschwerdefall, dass es sich bei der hier gegenständlichen Anlage Wien-Donaustadt um eine modernisierte Anlage im Sinne der zitierten Bestimmung handelt; unstrittig ist weiters, dass die geltend gemachten Anschaffungskosten der modernisierten Anlage (Inbetriebnahme Dezember 2001) EUR 117,480.000,-- betragen haben.

Mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte die belangte Behörde die Unterstützung für das Jahr 2005. Im Spruchpunkt II. setzte sie die Kosten für die angemessene Verzinsung in der Höhe von EUR 5,688.703,47 fest. Dabei ging sie von einem um die Abschreibung (Nutzungsdauer 20 Jahre) reduzierten Anschaffungsbetrag in Höhe von EUR 96,092.986,55 als Bemessungsgrundlage aus und nahm einen Zinssatz in Höhe von 5,92 % an. Strittig ist im Beschwerdefall der Abzug für die Abschreibung einerseits und die Höhe des Zinssatzes andererseits.

Eingeleitet wurde das Verfahren durch den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 2004. Nach einer mündlichen Verhandlung führte die belangte Behörde mit Bescheid vom 8. Mai 2006 zunächst eine vorläufige Festsetzung durch; darin ging sie von derselben Basis und derselben Zinshöhe wie im angefochtenen Bescheid aus. Zur Entscheidungsfindung zog die belangte Behörde folgende Gutachten heran:

 

Deloitte I

angefochtener Bescheid

Risikoloser Zins

4,20%

3,39%

Marktrisikoprämie

5,00%

5,00%

Risikozuschlag für Fremdkapital

0,80%

0,70%

Eigenkapital

75,00%

40,00%

Fremdkapital (verzinslich)

 

45,00%

Fremdkapital (unverzinslich)

 

15,00%

Betafaktor (verschuldet)

0.57

0,85

Eigenkapitalzinssatz (vor Steuer)

9,42%

10,19%

Fremdkapitalzinssatz (vor Steuer)

5,00%

4,09%

WACC (vor Steuer)

8,31%

5,92%

Im Gutachten Deloitte I wurde in einer weiteren Tabelle ein "Small Cap Zuschlag" von 1 % veranschlagt, sodass ein Zinssatz von 9,31 % ermittelt wurde; davon ausgehend nahm die Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 26. September 2006 einen Mittelwert, also einen Zinssatz von 8,81 % an.

Zu den strittigen Komponenten bei Ermittlung des Zinssatzes führte die belangte Behörde aus:

Zum Verhältnis Eigenkapital/Fremdkapital seien die Kapitalstrukturen, wie sie in der Bilanz ausgewiesen sind, als Basis für die Berechnungen herangezogen worden. Im Gegensatz zu diesen realen Gegebenheiten würde das Gutachten Deloitte rein fiktive Werte gemäß einer Marktwertbetrachtung als einzig richtige Methode bezeichnen. Die Forderung der Beschwerdeführerin über die Verwendung einer Eigenkapitalquote von 75 bis 100 % sei nicht nachvollziehbar, da sich dies aus der Unbundling-Berichterstattung des Geschäftsjahres 2004 gemäß § 8 Abs. 3 ElWOG nicht ableiten lasse. Der Gesetzgeber gehe ja von einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals aus und nicht von einer fiktiven Hochrechnung auf Marktwertbasis, welche vielen subjektiven Bewertungsansätzen unterliege.

Bei der Komponente "risikoloser Zins" habe die belangte Behörde einen Durchschnittszinssatz unter Bezugnahme auf das Gutachten Riess/Koch II und nicht den in den Gutachten Deloitte geforderten Stichtagszins angenommen. Die Betrachtung über ein Jahr ergebe eine Mischung der Durchschnittsmethode und der Stichtagsmethode und sei daher repräsentativ für den risikolosen Basiszinssatz. Die Heranziehung einer Staatsanleihe mit einer 10-jährigen Laufzeit sei angemessen, weil sie langfristig sei und dem landesüblichen Zinssatz entspreche. Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit, wie von der Beschwerdeführerin vorgeschlagen, würden auf Grund ihrer geringen Handelbarkeit keine große Liquidität aufweisen und als Vergleichsmaßstab keinen objektiven Wert darstellen.

Bei Bemessung des Risikozuschlages habe die belangte Behörde einen Mittelwert zwischen dem Gutachten Deloitte und dem Gutachten Haider angenommen, weil für den Fremdkapitalgeber die gleiche Risikobeurteilung wie für den Eigenkapitalgeber gelte. Die Annahme eines "Small-Cap-Zuschlages" werde abgelehnt, weil der Markt in Österreich zu klein sei, um einen solchen Zuschlag zu rechtfertigen; auch führe das Gutachten Deloitte I die Berücksichtigung nur als Option an. Es sei nicht nachvollziehbar, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um ein derart kleines Unternehmen handle, dass es als solches am Kapitalmarkt deshalb höhere Zinsen zahle müsse. Integrierte Unternehmen träfen ihre Finanzierungsentscheidungen aus Gesamtunternehmenssicht, sodass aus Sicht der belangten Behörde bei der Beschwerdeführerin nicht von einem kleinen Unternehmen für den österreichischen Kapitalmarkt auszugehen sei.

Ausdrücklich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich (u.a.) in ihrem Recht auf Ersatz der Kosten für eine angemessene Verzinsung für das eingesetzte Kapital verletzt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, worauf die Beschwerdeführerin replizierte.

Der vom Verwaltungsgerichtshof angerufene Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften war mit Urteil vom 18. Dezember 2008, Rs C-384/07 , mit der hier gegenständlichen Beihilfe befasst, die für einen Zeitraum vor Erlass einer Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, mit der die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem gemeinsamen Markt festgestellt worden war, begehrt wurde. Er erkannte, dass die nationalen Gerichte einen Antrag eines Empfängers staatlicher Beihilfen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht auf Grund des in Art. 88 Abs. 3 letzter Satz EG vorgesehenen Verbotes der Durchführung staatlicher Beihilfen ablehnen müssen.

Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof legte die belangte Behörde noch fehlende Unterlagen vor, und zwar den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 2004, das Gutachten Haider und die beiden Gutachten Riess/Koch.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 ÖkostromG lautet auszugsweise:

"Kostenersatz für KWK-Energie

§ 13. (1) Betreibern von bestehenden und modernisierten Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen werden unter Berücksichtigung der Strom- und Fernwärmeerlöse die für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten in einem jährlich durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu ermittelnden Betrag in Cent pro kWh Stromerzeugung (Unterstützungstarif für KWK-Strom) durch die Energie-Control GmbH abgegolten. Diese Kosten bestehen aus den Kostenkomponenten Brennstoffkosten, Kosten der Instandhaltung und Betriebskosten; ausgenommen sind bei bestehenden KWK-Anlagen die Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals, Pensionszahlungen, Verwaltungskosten und Steuern. Bei modernisierten KWK-Anlagen werden die Kosten für eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals berücksichtigt. Für die Strommengen, die nicht unmittelbar und effizienzmaximiert als Koppelprodukt bei der Erzeugung von Fernwärme hergestellt werden, werden keine Kostenabgeltungen gewährt. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit kann zur Feststellung des für die Bestimmung des Unterstützungstarifes maßgeblichen Sachverhaltes unabhängige Sachverständige beiziehen.

(2) ...

(3) Den Betreibern von bestehenden oder modernisierten KWK-Anlagen, die mehr als 10% des Heizwertes des eingesetzten Brennstoffs als Fernwärmeenergie zur öffentlichen Fernwärmeversorgung nutzen, wird für die Jahre 2003 und 2004 ein Unterstützungstarif von 1,5 Cent/kWh KWK-Strom in jenem Umfang gewährt, als deren Anlagen die im Abs. 2 bestimmte Relation erfüllen. Die Förderung ab dem Jahre 2005 wird unter Anwendung der Bestimmungen gemäß Abs. 1 und 2 bestimmt.

(4) ...

(5) Die Förderung von bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen ist bis 31. Dezember 2008 begrenzt. Für modernisierte Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen endet diese Frist mit Ablauf des 31. Dezember 2010.

(6) ...

(7) Der abzugeltende Mehraufwand (KWK-Unterstützungstarif) pro kWh für den gleichzeitig mit Fernwärme erzeugten Strom wird vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für jeweils ein Kalenderjahr im Voraus für die jeweilige Anlage bestimmt. Die Betreiber von KWK-Anlagen haben ihre Anlagen so einzusetzen, dass ein möglichst effizienter Betrieb sichergestellt wird.

(8) ..."

1. Zum "eingesetzten Kapital":

Dazu führt die Beschwerdeführerin aus, dass die Verzinsung jedenfalls auf Basis des tatsächlich eingesetzten Kapitals erfolgen müsse. Das tatsächlich eingesetzte Kapital, wie es gemäß § 13 Abs. 1 ÖkostromG der Verzinsung zu Grunde zu legen sei, bestehe nicht aus einem durch kumulierte buchhalterische Abschreibungen reduzierten Wert, sondern entsprechend dem klaren Gesetzeswortlaut den tatsächlichen Anschaffungskosten und dürfe um buchhalterische oder kalkulatorische Abschreibungen nicht gekürzt werden. Die Normierung einer Verzinsung in § 13 Abs. 1 ÖkostromG impliziere eine Alternativveranlagung mit ähnlichem Risikoprofil. Auch die aus einer solchen Alternativveranlagung gewonnene Verzinsung würde hinsichtlich der Verzinsungsbasis keinesfalls jährlich abnehmen, sondern immer auf die ursprüngliche Investitionssumme bezogen werden.

§ 13 Abs. 1 ÖkostromG sieht die Abgeltung der für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlichen Kosten in einem jährlich zu ermittelnden Betrag vor; nach Abs. 7 leg. cit. wird der Mehraufwand für jeweils ein Kalenderjahr bestimmt. Diese Förderung erfolgt somit nicht in Form eines einmaligen Beitrages zu einer einmaligen Investition, sondern jährlich, den aktuellen Gegebenheiten angepasst. Daher muss auch das "eingesetzte Kapital" unter der Prämisse der Erforderlichkeit für die Aufrechterhaltung des Betriebes auf die jeweilige Förderperiode bezogen werden; es ist also zu fragen, wie hoch das eingesetzte Kapital gerade in der Förderperiode gewesen ist.

Davon ausgehend wird aber im Jahr 2005 nicht mehr der Anschaffungspreis des Jahres 2001, sondern ein um die Abschreibung verminderter Betrag "eingesetzt", vergleichbar der Anschaffung einer gebrauchten, vier Jahre alten Produktionsstätte.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf Alternativveranlagungen überzeugt nicht: So wie sich bei einer Kreditaufnahme mit jährlicher Kapitalrückzahlung die Zinsenbelastung mindert, ist bei einer wirtschaftlich vertretbaren Veranlagung mit laufenden Rückführungen und damit einer Minderung der Zinserträge zu rechnen.

Da die Beschwerdeführerin dem von der belangten Behörde aus den Buchwerten zum 31. Dezember 2004 und zum 31. Dezember 2005 ermittelten Abschreibungsbetrag nicht entgegen getreten ist, ist eine Rechtswidrigkeit des Bescheides dadurch, dass das eingesetzte Kapital im Sinne des § 13 Abs. 1 ÖkostromG für das Jahr 2005 mit EUR 96,092.986,55 angenommen wurde, nicht erkennbar.

2. Zum Verhältnis Eigenkapital/Fremdkapital:

Die Beschwerdeführerin bekämpft die Verzinsungsannahme im angefochtenen Bescheid von "Zielkapitalstruktur mit 40 % Eigenkapital, 45 % verzinsliches Fremdkapital und 15 % unverzinsliches Fremdkapital". Dabei sei die belangte Behörde von Buchwertrelationen ausgegangen, wobei die Beschwerdeführerin festhält, dass aus der Unbundling-Berichterstattung des Geschäftsjahres 2004 keinerlei Aussagen über die Zusammensetzung des Fremdkapitals in verzinsliches und unverzinsliches Fremdkapital getroffen werden könnten. Die von Deloitte für Stromerzeuger durchgeführte Analyse, welche 2003 vom Gutachter Haider auch für Stromnetzbetreiber als für die Verzinsung maßgeblich erachtet worden sei, zeige eine Eigenkapitalquote von 75 % auf Grundlage konkreter, also nicht fiktiv hochgerechneter Jahresabschlussdaten und Börsewerte. Sowohl im Gutachten Deloitte als auch im Gutachten Haider seien europäische Vergleichsunternehmen herangezogen worden. In ihrer Äußerung zur Gegenschrift ergänzte die Beschwerdeführerin, der Terminus "angemessene Verzinsung" erfordere eine typisierende, normative Betrachtung. Eine unter 75 % liegende Eigenkapitalquote komme ohnedies weder auf objektivierter Marktwertbasis noch auf konkreter, die Investition betreffender Grundlage in Betracht, da der Abschlussprüfer auf Aufforderung der belangten Behörde explizit bestätigt habe, dass die real durchgeführte Finanzierung allein, also zu 100 % aus Eigenkapital stamme und sich die vielfach zitierte Unbundling-Bilanz notwendigerweise auf das gesamte Unternehmen beziehe.

Für die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Schlüssigkeitskontrolle können diese Ausführungen der Beschwerdeführerin, soweit der Eigenmittelanteil von 40 % bekämpft wird, nicht überzeugen. Zunächst kann es für die hier zu lösende Frage der "angemessenen" Verzinsung keine Rolle spielen, ob die hier getätigten Investitionen zu 100 % aus Eigenmitteln finanziert wurden. Der von der Beschwerdeführerin postulierte Eigenkapitalanteil von 75 % lässt sich anhand der übrigen vorliegenden Beweisergebnisse nicht nachvollziehen:

Die Gutachter Riess/Koch begründen ihre Annahme von 40 % Eigenkapital damit, dass die Festlegung der Kapitalstruktur nicht aus der Sicht der Unternehmensbewertung zu treffen sei, bei der auch nicht monetäre (qualitative) Elemente bei der Bewertung des Eigenkapitals eine Rolle spielten, sondern dass es sich um eine Investitionsentscheidung handle, bei welcher die tatsächlichen Kosten des eingesetzten Kapitals abgegolten werden sollen. In dem auch von der Beschwerdeführerin (wie auch in den Gutachten Deloitte) mehrfach zitierten Gutachten Haider werden zwar auch höhere Ansätze genannt, zusammenfassend kommt dieser Gutachter aber zum Ergebnis, dass auf Basis aktueller Daten der durchschnittliche Fremdkapitalanteil zu Marktwerten bei etwa 56 % liege und dass langfristig der Verschuldensgrad österreichischer Stromnetzbetreiber zu Marktwerten vom Gutachter auf 50 bis 60 % geschätzt werde.

Überzeugend ist schließlich für den Verwaltungsgerichtshof, der ja lediglich die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der behördlichen Feststellungen überprüfen kann, dass in den oben genannten Erläuterungen der ECK, in welchen auf die zuletzt zitierte Bandbreite von 50 bis 60 % im Gutachten Haider (wie auch auf andere Gutachten) eingegangen wird, schlussendlich ein Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital von 40 % zu 60 % festgelegt wird.

Nicht schlüssig begründet erscheint hingegen die Heranziehung von bloß 45 % Fremdkapitalanteil durch die belangte Behörde. Dass die erforderliche Gewichtung (WACC) aus einem 40 %-Anteil und einem 45 %-Anteil unter Außerachtlassung der restlichen 15 % erfolgen kann, wird nicht ausreichend begründet. Auch die zitierten Erläuterungen lehnen eine Einteilung des Fremdkapitals in verzinsliches und unverzinsliches Fremdkapital ab; der pauschale Abzug von 15 % unverzinsliches Fremdkapital finde bei der Berechnung des WACC keine Anwendung mehr. Wenn die belangte Behörde einen Fremdkapitalanteil von 60 % angenommen hätte, hätte sich dies bei Ermittlung des Zinssatzes erhöhend ausgewirkt:

(10,19 x 40 % = 4,08) + (4,09 x 60 % = 2,45) = 6,53. Die Relevanz dieses Verfahrensmangels ist daher gegeben.

3. Zum Basiszinssatz:

Dieser "risikolose" Zins als additive Komponente der hier gegenständlichen Zinsermittlung wird im Gutachten Deloitte I mit 4,2 %, im angefochtenen Bescheid mit 3,39 % angegeben. Der von der belangten Behörde erfolgten Heranziehung eines Jahresdurchschnitts kann deshalb nicht entgegengetreten werden, weil es hier ja um die Zinsen für ein Jahr geht; eine stichtagsbezogene Ermittlung (laut Gutachten Deloitte II, S. 10: Beginn der Periode, also Jänner 2005) würde zu nicht sachgerechten Zufallsergebnissen führen.

Zutreffend unbestritten ist es, dass langfristige Staatsanleihen Maßstab für die Bestimmung des Basiszinses sein können; die Beschwerdeführerin will eine (höher verzinsliche) 30jährige Staatsanleihe heranziehen, während sich die belangte Behörde auf österreichische Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren bezieht.

Das Argument der Beschwerdeführerin, dass wegen der 20jährigen Lebensdauer der gegenständlichen Anlage die Rendite der 30jährigen österreichischen Staatsanleihe herangezogen werden müsse, überzeugt nicht, weil ein diesbezüglicher Sachzusammenhang nicht erkennbar ist. Das Gutachten Haider sieht die Heranziehung einer österreichischen Staatsanleihe mit 10jähriger Restlaufzeit als angemessen an; dem folgen auch die genannten Erläuterungen. Zu Recht hat die Gegenschrift auf das Gutachten Deloitte I hingewiesen, wonach in Österreich derzeit nur eine 30jährige Bundesanleihe auf dem Anleihemarkt gehandelt werde, sodass von einer geringen Liquidität auszugehen sei. Es kann daher auch aus diesem Grund den Bedenken der Beschwerdeführerin nicht Rechnung getragen werden; die Heranziehung des Basiszinssatzes von 3,39 % ist schlüssig und nachvollziehbar begründet.

4. Risikozuschlag für Fremdkapital:

Der Fremdkapitalzinssatz als Bestandteil der Gewichtung ist die Summe aus dem risikolosen Zins und dem Risikozuschlag für Fremdkapital. Er wurde im Gutachten Haider mit 0,6 %, im Gutachten Deloitte mit 0,8 % und im Gutachten Riess/Koch mit 0,7 % beziffert; letzterem folgte die belangte Behörde. Dazu führte die Beschwerdeführerin aus, eine Mittelwertbildung aus zwei unterschiedlichen Gutachten sei methodisch und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar.

Im Haider-Gutachten wird auf das Rating der österreichischen Unternehmen EVN AG, KELAG AG, Energie Oberösterreich und Verbundgesellschaft durch Standard & Poor's (AAbis A) verwiesen. Bezogen auf die für branchengleiche österreichische Unternehmen heranzuziehenden Rating-Klassen hat der Gutachter in der WACC-Ableitung eine durchschnittliche Kreditrisikoprämie in Höhe von 60 Basispunkten angesetzt. Die ECK hat sich in den genannten Erläuterungen diesem Wert angeschlossen. Im Gutachten Deloitte I wird behauptet, dass der Produktionsbereich risikoreicher sei als der Netz- und Verteilbereich, weshalb auch ein "höherer" Basispunktezuschlag erforderlich sei. Es erscheine ein Zuschlag von zumindest 80 Basispunkten für das KWK-Kraftwerk Donaustadt angemessen und im Hinblick auf die Größe des Kraftwerks bzw. der Beschwerdeführerin im Vergleich zu den börsenotierten europäischen Energieunternehmen nachvollziehbar.

Einen "höheren" Basispunktezuschlag hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid gewährt, wenn sie den Wert von 0,7 % angenommen hat. Warum der "höhere" Wert aber 0,8 % sein soll, ist aus den von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Beweismitteln nicht ersichtlich. Gegenüber den vom Gutachter Haider herangezogenen Unternehmen ist eine berücksichtigungswürdige besondere "Kleinheit" der Beschwerdeführerin nicht erkennbar, sodass eine Unschlüssigkeit durch die vorgenommene Gewichtung des "höheren" Risikos nicht erkennbar ist.

5. Beta-Faktor und Small Cap-Zuschlag:

Zur Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes wird die übereinstimmend mit 5 % angenommene Marktrisikoprämie mit dem "Beta-Faktor" (verschuldet) multipliziert, was die (im Gutachten Deloitte I so genannte) "Company Rate" ergibt. Basis und "Company Rate" ergeben den Eigenmittelzinssatz (nach Steuern; dividiert durch 0,75 vor Steuern). Da die belangte Behörde den "Beta-Faktor" (verschuldet) mit 0,85 angesetzt hat, beträgt die "Company Rate" 4,25 % und ist somit um 1,4 % höher als die von Deloitte auf Grund eines "Beta-Faktors" von 0,57 % berechnete "Company Rate" von 2,86 % (richtig wohl: 5 x 0,57 = 2,85). Mit dem um 1,4 % in diesem Zusammenhang erhöhten Zuspruch durch die belangte Behörde wird aber der von der Beschwerdeführerin mit 1 % bemessene "Small-Cap-Zuschlag" abgedeckt. Auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen höheren "Beta-Faktors" (verschuldet) entfaltet die Nichtberücksichtigung eines "Small-Cap-Zuschlages" im Ergebnis keine die Beschwerdeführerin in ihren Rechten verletzende Wirkung.

Zusammenfassend ergibt sich zur Zinshöhe, dass der "angemessene Zins" mittels einer durch alle Gutachten gedeckten Berechnungs- und Gewichtungsmethode ermittelt wurde. Die strittigen Komponenten des Eigenkapitalanteils, der Höhe des risikolosen Basiszinssatzes und der Höhe des Risikozuschlages für Fremdkapital wurden von der belangten Behörde in einem das rechtliche Gehör wahrenden Verfahren auf Grund schlüssiger Beweiswürdigung ermittelt.

Lediglich bezüglich der Gewichtungskomponente Fremdkapital lässt die belangte Behörde eine nachvollziehbare Begründung vermissen, weshalb allein aus diesem Grund der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Die Beschwerdeführerin beantragt den Ersatz der ihr durch die Teilnahme an der Verhandlung vor dem EuGH vom 23. Oktober 2008 entstandenen Fahrt- und Aufenthaltskosten (zur Hälfte in Anbetracht des Beschwerdeverfahrens Zl. 2008/05/0276). Dabei beruft sie sich auf die Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 19. Juni 1991 (ABl. L 176 vom 4.7.1991 "idgF"); nach deren Artikel 69 § 2 ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Die Vorschriften über das Verfahren im Vorabentscheidungsverfahren seien Vorschriften, die das normale Verfahrensrecht modifizierten bzw. an die Besonderheiten dieses Verfahrens anpassten. Es folge aus diesen Quellen des gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrechts, dass die obsiegende Partei auch im Vorabentscheidungsverfahren Anspruch auf Ersatz der Verfahrenskosten habe. Da im Vorabentscheidungsverfahren eine obsiegende Partei im eigentlichen Sinne nicht existieren könne, sei jene Partei, die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren als obsiegend anzusehen sei, als obsiegende Partei im Sinne des Artikel 69 § 2 Verfahrensordnung anzusehen. Daraus folge weiters, dass die obsiegende Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Anspruch auf Ersatz der Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens habe. Dass die Verfahrensordnung unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht sei, könne nicht bezweifelt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt im Erkenntnis vom 26. November 2008, Zl. 2008/08/0189 (mit weiteren Nachweisen), seine Auffassung wiederholt, dass das den Ersatz der Aufwendungen auf Grund der Beteiligung am Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH betreffende Kostenbegehren abzuweisen sei, da die Normen des VwGG dafür keine Grundlage bildeten; auch die Novelle BGBl. I Nr. 4/2008 zum VwGG habe nichts daran geändert, dass der Beschwerdeführer als obsiegende Partei gemäß § 48 Abs. 1 VwGG nur Anspruch auf Ersatz des darin ausdrücklich genannten Aufwandes habe.

Die von der Beschwerdeführerin herangezogene Verfahrensordnung regelt das Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, nicht aber vor anderen Gerichten. Im fünften Kapitel werden die Prozesskosten behandelt; nach Art. 69 § 1 wird über die Kosten im Endurteil oder in dem Beschluss, der das Verfahren beendet, entschieden. Für das Vorabentscheidungsverfahren trifft allerdings Art. 104 § 6 eine besondere Regelung: Die Entscheidung über die Kosten des Vorabentscheidungsverfahrens ist Sache des nationalen Gerichts. Dem entsprechend hat der EuGH hier (RN 40) entschieden:

"Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig."

Keine innerstaatliche oder gemeinschaftsrechtliche Norm sieht nun vor, dass der Verwaltungsgerichtshof andere Rechtsquellen als die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008 bei seiner Kostenentscheidung anzuwenden hätte. Es besteht daher für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlass, von seiner Rechtsprechung abzurücken, wie sie seit dem Erkenntnis vom 20. September 1999, Zl. 99/10/0069, besteht:

"Aus der Sicht des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handelt es sich beim Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof um einen Zwischenstreit. Eine unmittelbar anwendbare gemeinschaftsrechtliche Regelung, die einen Anspruch der Parteien des Ausgangsverfahrens auf Ersatz der Kosten des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof begründet, besteht nicht. Ebenso wenig kennt das Kostenersatzrecht des VwGG, das eine abschließende Regelung darstellt, einen Anspruch der obsiegenden Partei auf Ersatz jener Kosten, die ihr auf Grund der Beteiligung an Zwischenverfahren vor anderen Gerichten und Behörden entstanden sind."

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte der Verwaltungsgerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 3 Z. 3 VwGG absehen.

Wien, am 24. Juni 2009

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