Normen
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §44 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs1;
FrPolG 2005 §125 Abs1;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §62;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolGDV 2005 §62 Abs1;
FrPolGDV 2005 §62 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §44 Abs1;
AsylG 2005 §75 Abs1;
FrPolG 2005 §125 Abs1;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z12;
FrPolG 2005 §62 Abs1;
FrPolG 2005 §62 Abs2;
FrPolG 2005 §62 Abs3;
FrPolG 2005 §62;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
FrPolGDV 2005 §62 Abs1;
FrPolGDV 2005 §62 Abs2 Z9;
EMRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß §§ 62 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3, 63 Abs. 1 und Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Rückkehrverbot.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 25. Oktober 2002 auf dem Luftweg über Wien-Schwechat rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Über seinen kurz darauf gestellten Asylantrag sei "in erster Instanz gem. § 7 Asylgesetz 1997 negativ entschieden und gleichzeitig festgestellt" worden, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 8 Asylgesetz 1997 (AsylG) zulässig sei. Über die von ihm dagegen eingebrachte Berufung sei bislang nicht entschieden worden.
Am 2. April 2005 habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsangehörige K geheiratet und am 14. Juni 2005 bei der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Begünstigter Drittstaatsangehöriger - Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gestellt. Das Verfahren über diesen Antrag sei von der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 gemäß § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens ausgesetzt worden.
Auf Grund der Aussage der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 30. Oktober 2005 - diese wurde im angefochtenen Bescheid zur Gänze wörtlich wiedergegeben - ging die belangte Behörde davon aus, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine Aufenthaltsehe handle. Am 4. Mai 2006 sei - so die belangte Behörde dazu ergänzend - seitens der erstinstanzlichen Behörde bei der Staatsanwaltschaft Graz ein Antrag auf Einleitung eines Ehenichtigkeitsverfahrens eingebracht worden, ein solches Verfahren sei allerdings "bis dato" noch nicht eingeleitet worden.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 62 Abs. 2 FPG aus, die in § 62 Abs. 1 FPG angeführte Annahme sei gerechtfertigt, wenn iSd § 60 Abs. 2 Z 9 FPG ein Fremder eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt habe. Ein solcher Fall liege hier vor. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Heiratsurkunde beweise lediglich die Tatsache und den Zeitpunkt der Eheschließung, jedoch entfalte sie keine Beweiskraft zu den Fragen, ob die Ehegatten tatsächlich jemals ein gemeinsames Familienleben geführt hätten und ob für die Eheschließung ein Vermögensvorteil geleistet worden sei. Weiters sei - so die belangte Behörde zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die Staatsanwaltschaft Graz habe kein Ehenichtigkeitsverfahren eingeleitet - zur Verwirklichung des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG nicht erforderlich, dass die Ehe für nichtig erklärt worden sei. Es handle sich dabei um eine Vorfrage, welche die belangte Behörde selbständig beurteilen dürfe.
Zur Interessenabwägung nach § 66 FPG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit 2. April 2005 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Sohin liege ein Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben vor. Jedoch unterliege es keinem Zweifel, dass ein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe zur Erreichung eines Aufenthaltstitels und der damit gezeigten negativen Einstellung zu den maßgeblichen Rechtsvorschriften der Republik Österreich in hohem Maß eine Störung der öffentlichen Ordnung hervorrufe. Die Erlassung des Rückkehrverbotes sei zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch im Berufungsstadium anhängige Asylverfahren des Beschwerdeführers auf Grund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen) Asylgesetzes 2005 in Verbindung mit § 44 Abs. 1 AsylG (von hier nicht maßgeblichen Ausnahmen abgesehen) nach den Bestimmungen des zuletzt genannten Gesetzes in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003 zu Ende zu führen ist und dem Beschwerdeführer weiterhin die Stellung als Asylwerber im Sinne des § 1 Z 3 AsylG zukommt. Davon ausgehend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend erkannt, dass gegen den Beschwerdeführer kein Aufenthaltsverbot, sondern nach der - gemäß der Übergangsbestimmung des § 125 Abs. 1 FPG im vorliegenden Fall anzuwendenden - geltenden Rechtslage lediglich ein Rückkehrverbot im Sinne des § 62 FPG erlassen werden durfte. Demnach hat sie zu Recht das Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen geprüft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008, Zl. 2007/21/0442).
Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein (weiterer) Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Gemäß § 62 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 5, 8 bis 10 und 12 bis 14 FPG. Hinsichtlich der Gefährdungsprognose ist im vorliegenden Fall allerdings zu beachten, dass der Beschwerdeführer als Ehemann einer österreichischen Staatsbürgerin deren Familienangehöriger (§ 2 Abs. 4 Z 12 FPG) ist. Für diese Personengruppe gelten jedenfalls - und zwar gemäß § 87 zweiter Satz FPG auch dann, wenn der österreichische Angehörige sein (gemeinschaftsrechtlich begründetes) Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen hat - die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach § 86 FPG. Die in dieser Bestimmung für ein Aufenthaltsverbot normierten Voraussetzungen müssen auch bei Erlassung eines Rückkehrverbotes gegeben sein (vgl. dazu ebenfalls das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 7. Februar 2008). Nach § 86 Abs. 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.
Der belangten Behörde ist nun im Hinblick auf diese Rechtslage vorzuwerfen, dass sie die Zulässigkeit der Erlassung des gegenständlichen Rückkehrverbotes lediglich anhand der Bestimmung des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG, nicht aber an jener des § 86 Abs. 1 FPG gemessen hat. Dies führt allerdings nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Es entspricht nämlich der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Voraussetzungen des § 86 Abs. 1 (erster und zweiter Satz) FPG dann gegeben sind, wenn der Fremde im Sinne des Tatbestandes des § 60 Abs. 2 Z 9 FPG eine Aufenthaltsehe geschlossen, also mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und sich trotzdem für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung oder eines Befreiungsscheins auf diese Ehe berufen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2008/21/0648). Auf Basis der behördlichen Feststellungen zur Schließung einer Aufenthaltsehe und zur Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung unter Berufung auf diese Ehe war letztlich die Annahme einer Gefährdung im Sinne des § 86 Abs. 1 FPG gerechtfertigt. Somit wurde im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer dadurch, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Rückkehrverbots gegeben sind, nur auf § 60 Abs. 2 Z 9 FPG und nicht auf § 86 Abs. 1 FPG abgestellt hat, nicht in Rechten verletzt.
Die Beschwerde wendet sich in erster Linie gegen die Annahme der belangten Behörde, es liege eine Aufenthaltsehe vor. Dazu verweist der Beschwerdeführer vorerst darauf, dass die Staatsanwaltschaft Graz kein Ehenichtigkeitsverfahren eingeleitet habe. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass sich daraus nicht ableiten lässt, eine Aufenthaltsehe würde nicht bestehen. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich vielmehr, dass die Staatsanwaltschaft Graz mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg mitteilte, deswegen keine Ehenichtigkeitsklage zu erheben, weil es an einem diesbezüglichen öffentlichen Interesse mangle. Dieses fehle deshalb, weil die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg "bereits im eigenen Wirkungsbereich aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet" habe.
Weiters verweist der Beschwerdeführer auf die Widersprüchlichkeit der Angaben seiner Ehefrau. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof - vom Beschwerdeführer auch nicht näher dargestellte - Widersprüche in dieser Aussage nicht zu entdecken. In der Vernehmung vom 30. Oktober 2005 schilderte die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht nur, wie es zur Anbahnung der Aufenthaltsehe durch eine Vermittlerin kam, sondern stellte auch den weiteren Verlauf der Ereignisse, insbesondere jene Schritte, die mit Hilfe eines weiteren Vermittlers, der die "Planung der Ehe" übernommen hatte, erforderlich waren, die Eheschließung zu ermöglichen (wie etwa die Beschaffung diverser Urkunden), die Vorgänge am Standesamt vor und während der Eheschließung sowie die nachfolgenden Ereignisse in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dar. Welche der Angaben zu den - von der Ehefrau des Beschwerdeführers detailliert geschilderten - Vorgängen unrichtig oder gar widersprüchlich gewesen sein sollen, ist der Beschwerde demgegenüber nicht zu entnehmen.
Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, sowohl er als auch seine Ehefrau hätten (nochmals) vernommen werden müssen. In diesen Einvernahmen hätte dargelegt werden können, dass die früher von seiner Ehefrau gemachten Angaben auf einen Streit zwischen ihr und dem Beschwerdeführer zurückzuführen wären. Dem ist entgegenzuhalten, dass diese bloß pauschale und nicht näher konkretisierte Behauptung nicht geeignet erscheint, das Beweisergebnis in ausreichendem Ausmaß zu erschüttern. Der Beschwerdeführer legt nämlich auch in diesem Zusammenhang überhaupt nicht dar, inwiefern die früheren Angaben seiner Ehefrau unrichtig gewesen sein sollen und weshalb diese den Beschwerdeführer wegen eines nicht näher konkretisierten Streites wahrheitswidrig bewusst fremdenpolizeilichen Konsequenzen ausgesetzt hätte.
Vor diesem Hintergrund gelingt es der Beschwerde letztlich nicht, die behördliche Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe zu erschüttern oder einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen.
Zur Interessenabwägung nach § 66 (iVm § 62 Abs. 3) FPG wird vom Beschwerdeführer kritisiert, die belangte Behörde habe diese gar nicht vorgenommen, auch wenn eine solche in einem Satz erwähnt werde. In diesem Zusammenhang verweist er auf das in Österreich anhängige Asylverfahren, auf seine im Bundesgebiet zahlreich aufhältigen Verwandten und auch darauf, dass zwischen ihm und seiner Ehefrau "bis zum nunmehrigen Auszug der Gattin des BF aus der gemeinsamen Ehewohnung" ein "entsprechendes" Ehe- und Familienleben bestanden habe. Letzterem ist zu entgegnen, dass nach den - wie oben dargestellt keinen Bedenken begegnenden - Feststellungen ein Familienleben tatsächlich nicht geführt wurde, weshalb der Beschwerdeführer daraus für die nach § 66 FPG geforderte Interessenabwägung nichts zu seinen Gunsten ableiten kann. Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Verletzung von Ermittlungspflichten auf zahlreich im Bundesgebiet aufhältige Verwandte hinweist, ist anzumerken, dass er über die bloße pauschale Behauptung eines engen familiären Kontaktes hinaus nicht darlegt, aus welchen konkreten Umständen sich ein in den Schutzbereich des Art. 8 EMRK fallendes Familienleben ergäbe. So werden weder der Grad der Verwandtschaft noch die Intensität der jeweils vorhandenen Bindungen noch all jene tatsächlichen Gegebenheiten, die solche begründen würden, näher dargestellt. Insofern wird vom Beschwerdeführer die Relevanz des von ihm behaupteten Verfahrensfehlers nicht dargelegt. Inwiefern letztlich die Anhängigkeit eines Asylverfahrens im Rahmen der Interessenabwägung nach § 66 FPG zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer legt dafür auch keine Gründe dar. Sollte dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden, so würde das Rückkehrverbot ohnedies von Gesetzes wegen außer Kraft treten (§ 62 Abs. 2 FPG).
Soweit der Beschwerdeführer abschließend noch darauf hinweist, dass der Behörde bei der Erlassung eines Rückkehrverbotes Ermessen eingeräumt ist, ist ihm zwar zuzustimmen; ein Grund, weshalb im vorliegenden Fall im Rahmen der Ermessensentscheidung von der Erlassung des Rückkehrverbotes Abstand zu nehmen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 8. Juli 2009
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