VwGH 2007/18/0214

VwGH2007/18/021426.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des E K, geboren am 25. November 1973, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 2007, Zl. SD 1448/04, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §47;
NAG 2005 §82 Abs1;
VwRallg;
FrPolG 2005 §2 Abs4 Z11;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §47;
NAG 2005 §82 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 2007 wurde der Beschwerdeführer, ein mazedonischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei am 1. Oktober 2001 mit einem Visum "C", gültig bis 31. März 2002, nach Österreich eingereist und habe am 15. Dezember 2003 eine namentlich genannte österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Am 6. Februar 2004 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf (Erst-)Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger eines Österreichers, § 49 Abs. 1 FrG" bei der Erstbehörde eingebracht. Erhebungen hätten jedoch den Verdacht ergeben, dass es sich bei der Ehe des Beschwerdeführers um eine sogenannte Scheinehe handeln würde, weshalb der Antrag von der Erstbehörde abgewiesen worden sei. Dieser Bescheid sei von der belangten Behörde im Instanzenzug mit der Begründung behoben worden, dass seit dem Inkrafttreten des "Fremdenrechtspakets" am 1. Jänner 2006 weder den Fremdenpolizeibehörden noch den Sicherheitsdirektionen (als Berufungsbehörden) bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln Kompetenzen zukämen.

Nach der Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG sei ein Verfahren auf Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsberechtigung, das bei Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 anhängig sei, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien jedoch Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Eine Entscheidung sei auch im Ausland abzuwarten.

Der Beschwerdeführer, der zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel oder eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe, sei auch nach Ablauf seines Visums in Österreich geblieben und halte sich somit seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen. In einem solchen Fall könnten Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 66 Abs. 1 FPG entgegenstehe.

Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet nach eigenen Angaben über familiäre Bindungen zu seiner Ehefrau (das Vorliegen einer Scheinehe habe nicht mit der für ein Verwaltungsverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können). Es sei daher davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein sehr hoher Stellenwert zu.

Diese Regelungen seien vom Beschwerdeführer angesichts der Tatsache, dass er sich zumindest seit dem 1. Jänner 2006 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, in gravierender Weise missachtet worden. Dabei könne auch der Versuch, seinen Aufenthalt durch einen (Inlands-)Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu legalisieren, nicht positiv gewertet werden, weil Aufenthaltstitel gemäß § 21 Abs. 1 NAG nur vom Ausland aus erwirkt werden könnten. Diese Missachtung einer maßgeblichen fremdenrechtliche Norm bewirke eine Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet. Dem genannten öffentlichen Interesse laufe es grob zuwider, wenn ein Fremder auf Grund von Tatsachen, die von ihm selbst geschaffen worden seien (Nichtausreise trotz Ablauf des Visums) den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonderer zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne sein weiterer Aufenthalt auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass er zu keiner Zeit über einen Aufenthaltstitel und eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe und nach Ablauf seines Visums in Österreich geblieben sei. Da vorliegend kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers, eine österreichische Staatsbürgerin, von ihrem gemeinschaftlichen Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, bedurfte der Beschwerdeführer auf Grund des mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, auch nach der Eheschließung eines Aufenthaltstitels (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0277, mwH). Dass der Beschwerdeführer über eine Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 NAG verfüge, wurde nicht vorgebracht (vgl. den Zurückweisungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 2009, G 125/08). Im Hinblick darauf begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und somit der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG verwirklicht sei, keinem Einwand.

2. Mit Blick auf § 66 Abs. 1 FPG macht der Beschwerdeführer geltend, er sei mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und in Österreich berufstätig. Die belangte Behörde gehe auch offenbar nicht davon aus, dass seine Ehe als Scheinehe einzustufen sei. Er weise darauf hin, dass die Einbringung seines Antrags im Jahr 2004 zulässig gewesen sei und "die Fremdenpolizei Wien auch bei Inlandsantragstellung einen Aufenthaltstitel erteilt hat. Grund für die Abweisung bzw. Ausweisung durch die Fremdenpolizei Wien war nicht die Inlandsantragstellung sondern die Annahme einer Scheinehe, die aber von der belangten Behörde offenbar fallen gelassen wurde."

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Der Beschwerdeführer hat durch seinen jedenfalls seit dem 1. Jänner 2006 unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von etwa einem Jahr und zweieinhalb Monaten gravierend gegen das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften verstoßen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt. Die aus seinem inländischen Aufenthalt ableitbare Integration wird zudem dadurch relativiert, dass der vor seiner Eheschließung am 15. Dezember 2003 gelegene Aufenthalt von etwa zwei Jahren und zwei Monaten auf dem Boden der insofern unstrittigen Feststellungen für den Zeitraum von etwa einem Jahr und acht Monaten - damit weitaus überwiegend - unrechtmäßig war. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich verheiratet ist, wird in seinem Gewicht insofern relativiert, als er auch zum Zeitpunkt der Eheschließung über keinen Aufenthaltstitel verfügte und daher rechtens nicht mit einem dauernden Aufenthalt in Österreich rechnen durfte.

Diese persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich vermögen damit das besagte maßgebliche öffentliche Interesse - auch unter Bedachtnahme auf seine ins Treffen geführte Ehe und Berufstätigkeit - nicht zu überwiegen. Von daher kann die Auffassung der belangten Behörde, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme nach § 66 Abs. 1 FPG (i.d.F. vor der Novelle BGBl. I. Nr. 29/2009) dringend geboten sei, nicht als rechtswidrig angesehen werden.

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. November 2009

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