Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005 §87;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der im Devolutionsweg zuständigen belangten Behörde (des Bundesministers für Inneres) vom 12. März 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Gambia, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer habe am 16. Juli 2001 die österreichische Staatsbürgerin S D. geheiratet. Auf Grund der Eheschließung sei ihm eine bis zum 30. Juni 2014 verlängerte Niederlassungsbewilligung (Niederlassungsnachweis) erteilt worden.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. November 2004 sei er wegen § 28 Abs. 2 und 3 erster Fall SMG und § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen. Auf Grund seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei der Beschwerdeführer seit dem 16. Juli 2001 begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG und für ihn seien daher die Sonderbestimmungen der §§ 85 und 86 FPG maßgeblich.
Der genannten Verurteilung habe die Absicht des Beschwerdeführers zu Grunde gelegen, sich durch die wiederkehrende Inverkehrsetzung einer großer Menge von Suchtgiften fortlaufende Einnahmen zu verschaffen. Als besonders erschwerend sei zu beurteilen, dass er über einen längerer Deliktszeitraum harte Drogen in einer relativ großen Menge wiederholt in Verkehr gesetzt habe und dabei eine äußerst professionelle Vorgehensweise an den Tag gelegt habe. Ein solches Verhalten stelle eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet berühre ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und der Sicherheit. Der Umstand, dass er am 21. Jänner 2005 unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorzeitig aus der Strafhaft entlassen worden sei, ändere nichts an der von ihm ausgehenden erheblichen Gefahr. Die seit der Verurteilung des Beschwerdeführers vergangene Zeitspanne sei zu kurz, um aus dem Unterbleiben weiterer Verurteilungen auf eine Läuterung schließen zu können.
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei auszuführen, dass die erstinstanzliche Behörde fälschlicher Weise davon ausgegangen sei, dass "Sie sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalten, keinerlei legalen Beschäftigung nachgehen, weder kranken- noch sozialversichert sind und auch in Österreich über keine familiären Bindungen verfügen". Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides der Bundespolizeidirektion Wien (am 18. Juli 2005) bereits seit einigen Jahren im Bundesgebiet aufgehalten und gehe einer legalen Erwerbstätigkeit nach. Er verfüge über familiäre Bindungen zu seiner Ehefrau und zu seiner Schwester. Die öffentlichen Interessen an der Verhängung des Aufenthaltsverbotes zum Schutze des wirtschaftlichen Wohles der Republik Österreich und zur Verhinderung strafbarer Handlungen, sohin zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, und die nachteiligen Folgen eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der vom Beschwerdeführer gewerbsmäßig und professionell begangenen schweren Suchtgiftdelikte wögen unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf die konkrete Lebenssituation des Beschwerdeführers. Im Hinblick auf das Ausmaß seiner Integration und die Intensität der familiären Beziehungen im Bundesgebiet sei die Befristung des Aufenthaltsverbotes entgegen der Ansicht der Erstbehörde mit zehn Jahren festzusetzen gewesen. Die Gültigkeitsdauer entspreche jenem Zeitraum, innerhalb dessen ein allfälliger positiver Gesinnungswandel erwartet werden könne.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gegen den Beschwerdeführer als Familienangehörigen einer nicht freizügigkeitsberechtigten Österreicherin ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 erster bis vierter Satz FPG nur zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Zur Beantwortung der Frage, ob diese Annahme gerechtfertigt ist, ist demnach zu prüfen, ob sich aus dem gesamten Fehlverhalten des Fremden ableiten lässt, dass sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der Beurteilung der genannten Gefährdung kann auf den Katalog des § 60 Abs. 2 FPG als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/18/0282, mwN).
1.2. Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid, der neben der Tatsache einer Verurteilung weder die konkreten Tathandlungen noch den konkreten Tatzeitpunkt nennt, nicht gerecht. Die Ausführungen in der Gegenschrift, die wiederum auf ein im Verwaltungsakt erliegendes Strafurteil verweisen, können die erforderlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht ersetzen. Im Übrigen lässt der angefochtene Bescheid konkrete Feststellungen darüber vermissen, seit wann sich der Beschwerdeführer im Bundesgebiet aufhält, in welcher Weise er in den österreichischen Arbeitsmarkt integriert ist und welche konkreten Bindungen er zu den Angehörigen unterhält. Diese Feststellungen sind im vorliegenden Fall auch im Hinblick auf die Interessenabwägung und die Ermessensentscheidung erforderlich.
2. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Von der Durchführung einer Verhandlung wird gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen.
4. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das auf Ersatz von Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren war abzuweisen, weil diese in dem Pauschalsatz bereits enthalten ist. Wien, am 2. April 2009
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