VwGH 2007/10/0082

VwGH2007/10/008229.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstalten GmbH in Graz, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. März 2007, Zl. FA11A-32-1222/07-3, betreffend Ersatz der Verpflegskosten für einen Krankenhausaufenthalt aus Sozialhilfemitteln, zu Recht erkannt:

Normen

SHG Stmk 1998 §1 Abs1;
SHG Stmk 1998 §10;
SHG Stmk 1998 §3 Abs1;
SHG Stmk 1998 §3 Abs3;
SHG Stmk 1998 §31 Abs1;
SHG Stmk 1998 §31 Abs3;
SHG Stmk 1998 §4 Abs1;
SHG Stmk 1998 §7 Abs1 litc;
SHG Stmk 1998 §1 Abs1;
SHG Stmk 1998 §10;
SHG Stmk 1998 §3 Abs1;
SHG Stmk 1998 §3 Abs3;
SHG Stmk 1998 §31 Abs1;
SHG Stmk 1998 §31 Abs3;
SHG Stmk 1998 §4 Abs1;
SHG Stmk 1998 §7 Abs1 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. März 2007 wurde dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Übernahme der durch den stationären Aufenthalt des Helmut M. in der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz erwachsenen Verpflegskosten vom 6. Dezember 2005 bis 12. Dezember 2005 und vom 8. März 2006 bis 7. April 2006 stattgegeben, für den Zeitraum vom 13. Dezember 2005 bis 7. März 2006 jedoch abgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, Helmut M. habe sich vom 5. August 2005 bis 7. April 2006 in der Landesnervenklinik in stationärer Behandlung befunden. Ab 6. Dezember 2005 sei er als "Asylierungsfall" betrachtet worden. Ab diesem Zeitpunkt seien die Verpflegskosten von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse nicht mehr übernommen worden.

Auf Grund des Antrages der beschwerdeführenden Partei auf Rückersatz der für den Spitalsaufenthalt des Helmut M. ab 6. Dezember 2005 aufgewendeten Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe sei ein Gutachten des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. K. eingeholt worden, demzufolge der Spitalsaufenthalt vom 13. Dezember 2005 bis 7. März 2006 - im Gegensatz zur Darstellung des Prof. Dr. R. von der Sigmund Freud Klinik Graz - medizinisch indiziert gewesen sei. Lediglich in der Zeit vom 6. Dezember bis 12. Dezember 2005 und vom 8. März bis 7. April 2006 habe ein Gebrechen iSd § 154 ASVG bzw. ein so genannter "Asylierungsfall" iSd § 144 Abs. 3 ASVG vorgelegen: Die in diesen Zeiträumen angefallenen Verpflegskosten könnten aus den dem Helmut M. zur Verfügung stehenden Mitteln nicht gedeckt werden, Hilfe des Sozialhilfeträgers habe weiters nicht rechtzeitig gewährt werden können und die beschwerdeführende Partei habe diese Kosten auch nicht selbst zu tragen. Insoweit sei der beschwerdeführenden Partei ein Rückersatz der ihr aus der Hilfeleistung erwachsenen Kosten aus Sozialhilfemitteln zuzusprechen gewesen. Im Übrigen sei die Anstaltspflege des Helmut M. jedoch durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt gewesen, sodass von der Leistungspflicht der Krankenversicherung auszugehen sei; eine Hilfsbedürftigkeit des Helmut M. und damit ein Rückersatz der aufgelaufenen Kosten aus Sozialhilfemitteln sei insoweit zu verneinen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah im Übrigen aber von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Stmk. Sozialhilfegesetz (Stmk SHG) soll durch die Sozialhilfe jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

Die Sozialhilfe umfasst gemäß § 1 Abs. 2 Stmk SHG

  1. a) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes,
  2. b) Hilfe in besonderen Lebenslagen,
  3. c) Soziale Dienste.

    Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht gemäß § 4 Abs. 1 Stmk SHG für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes II ein Rechtsanspruch.

    Zum Lebensbedarf gehört u.a. gemäß § 7 Abs. 1 lit. c Stmk SHG die Krankenhilfe gemäß § 10.

    Die Krankenhilfe umfasst gemäß § 10 Abs. 1 Stmk SHG

  1. a) Heilbehandlung einschließlich Zahnbehandlung;
  2. b) Versorgung mit Heilmitteln, Heilbehelfen, Körperersatzstücken und Zahnersatz;
  3. c) Untersuchung, Behandlung und Pflege in Krankenanstalten;
  4. d) Krankentransport.

    Gemäß § 31 Abs. 1 Stmk SHG hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfebedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:

  1. a) eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war,
  2. b) die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte,

    c) der Dritte nicht selbst die Kosten der Hilfe zu tragen hatte.

    Gemäß § 31 Abs. 3 Stmk SHG hat der Sozialhilfeträger dem Dritten nicht mehr zu ersetzen, als er selbst nach diesem Gesetz aufzuwenden gehabt hätte.

    Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht das Erfordernis der Anstaltspflege des Helmut M. in der Landsnervenklinik Sigmund Freud vom 6. Dezember 2005 bis 7. April 2006 unbestritten fest. Umstritten ist lediglich die Frage, ob Helmut M. in Ansehung der erforderlichen Anstaltspflege im Sinne des Stmk SHG hilfebedürftig war. Im angefochtenen Bescheid wird diese Frage - auf der Grundlage des eingeholten Gutachtens eines medizinischen Sachverständigen - für den Zeitraum vom 13. Dezember 2005 bis 7. März 2006 verneint: Der Krankenhausaufenthalt während dieses Zeitraumes sei iSd § 144 Abs. 3 ASVG durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt gewesen, die Anstaltspflege während dieses Zeitraumes daher durch den Krankenversicherungsträger zu gewähren. Ein Kostentragung durch die Sozialhilfe komme insoweit nicht in Betracht.

    Nun schließt § 4 Abs. 1 Stmk SHG einen Anspruch auf Sicherung des Lebensbedarfes - nur im Umfang dieses Anspruches besteht gemäß § 31 Abs. 3 Stmk SHG eine Rückersatzpflicht des Sozialhilfeträgers - dann aus, wenn der Hilfe Suchende seinen Lebensbedarf (Behandlung und Pflege im Krankenhaus) entweder selbst ausreichend beschaffen kann oder von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

    Wie der angefochtene Bescheid selbst einräumt, war Helmut M. nicht in der Lage, die erforderliche Behandlung und Pflege im Krankenhaus aus seinen eigenen Mitteln ausreichend zu beschaffen. Auch hat ihn der Krankenversicherungsträger ab dem 6. Dezember 2005 als "Asylierungsfall" betrachtet und ihm Anstaltspflege nicht (mehr) gewährt. Ob es Helmut M. möglich gewesen wäre, einen allfälligen Leistungsanspruch gegenüber dem Krankenversicherungsträger rechtzeitig - bezogen auf die erforderliche Anstaltspflege - durchzusetzen, hat die belangte Behörde unerörtert gelassen. Vielmehr hat sie eine Gefährdung seines Lebensbedarfes (Krankenhilfe) ausschließlich aus der Erwägung verneint, es bestehe ihres Erachtens eine Leistungspflicht des Krankenversicherungsträgers.

    Die belangte Behörde hat dabei übersehen, dass nach der hg. Judikatur die Hilfebedürftigkeit eines Hilfe Suchenden iSd sozialhilferechtlichen Regelungen nicht bereits mit dem Hinweis verneint werden kann, dieser habe gegenüber einem Dritten einen Anspruch auf die erforderliche Leistung. Entscheidend ist vielmehr, ob der Hilfe Suchende die erforderliche Leistung auf Grund dieses Anspruches auch so rechtzeitig erhalten kann, dass er in seinem Bedarf nicht gefährdet wird. Andernfalls hat der Sozialhilfeträger - mit der allfälligen Möglichkeit eines Ersatzanspruches gegenüber dem primär Leistungspflichtigen - in Vorlage zu treten (vgl. z.B. das zum Sbg. SHG ergangene hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2005, Zl. 2003/10/0213, und das zum Vlbg. SHG ergangene hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 96/08/0061, und die jeweils zitierte Vorjudikatur).

    Indem die belangte Behörde dies verkannte und trotz des Umstandes, dass die Stmk. Gebietskrankenkasse Helmut M. als "Asylierungsfall" betrachtete und ihm Anstaltspflege nicht gewährte, eine Gefährdung seines Lebensbedarfes (als Voraussetzung des Rückersatzes iSd § 31 Abs. 1 lit. a Stmk SHG) mit dem bloßen Hinweis auf die ihres Erachtens bestehende Leistungspflicht der Stmk. Gebietskrankenkasse verneinte, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war daher - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 29. Jänner 2009

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