VwGH 2007/08/0316

VwGH2007/08/031614.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der MN in Wien, vertreten durch Mag. Sonja Scheed, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Brachelligasse 16, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 27. Juli 2007, Zl. BMSG- 321847/0001-II/A/3/2006, betreffend 1. Zurückweisung einer Berufung als unzulässig, 2. Festsetzung von Beitragsgrundlagen und Beiträgen nach dem BSVG sowie 3. Abweisung einer Berufung gegen einen Berichtigungsbescheid (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1030 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:

Normen

BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §23;
BSVG §30 Abs2;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §23;
BSVG §30 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm eine Berufung als unzulässig zurückgewiesen wurde (Spruchpunkt 1.), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, soweit mit ihm Beitragsgrundlagen und Beiträge nach dem BSVG festgesetzt wurden (Spruchpunkt 2.), wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Schreiben vom 17. Februar 2003 stellten die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann L. N., die gemeinsam eine Landwirtschaft betrieben haben (L. N. ist am 28. Juli 2006 verstorben, eingeantwortete Erbin ist seine Tochter Mag. E. N.), einen Antrag an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt auf bescheidmäßige Absprache über die offenen Beitragsforderungen.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 23. Juni 2003, gerichtet an die Beschwerdeführerin, wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin "auch" vom 1. September 2002 bis laufend in der Pensions- und Unfallversicherung der Bauern sowie nach dem Betriebshilfegesetz beitragspflichtig sei. Ferner wurden monatliche Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträge für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 festgesetzt. Hinsichtlich der Zeit vom 1. Jänner 2004 bis "laufend" wurde ausgesprochen, dass die Werte "noch nicht bekannt" seien. Ferner wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin als gemeinsamer Betriebsführer für die Beiträge hafte, die L. N. für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 schulde. Die derzeit aushaftende Beitragsschuld für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 betrage EUR 2.623,04. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 24. Juni 2003, gerichtet an L. N., sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, dass L. N. "auch" für die Zeit vom 1. September 2002 bis laufend in der Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern beitragspflichtig sei. Ferner wurden für den Zeitraum vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträge festgesetzt. Für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis "laufend" wurde ausgesprochen, dass die Werte "noch nicht bekannt" seien. Ferner wurde ausgesprochen, dass L. N. als gemeinsamer Betriebsführer für die Beiträge zur Pensions- und Unfallversicherung sowie für die Beiträge nach dem Betriebshilfegesetz, die die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 schulde, hafte. Die derzeit aushaftende Beitragsschuld für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 betrage EUR 2.623,04. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

2.1. Mit Schreiben der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 5. Februar 2004 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sich die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge nach dem BSVG geändert hätten. Grund der Änderung sei der Zukauf von 0,1676 ha (Parzelle 1875/1) von B. und Berücksichtigung dieser Fläche als Brache.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2004 teilte die Beschwerdeführerin der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt mit, dass näher genannte Flächen, darunter auch die von B. erworbene, Brache-Flächen seien. Sie ersuche um berichtigte Beitragsvorschreibung.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2004 teilte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin und L. N. unter anderem mit, dass die von B. zugekaufte Parzelle Nummer 1875/1 ab dem Zukauf als Brache anerkannt worden sei, was auch mit Mitteilung vom 5. Februar 2004 bereits bekannt gegeben worden sei.

2.2. Im Akt befindet sich weiters ein Rückstandsausweis der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 18. Juni 2004, wonach die Beschwerdeführerin und L. N. als Solidarschuldner gemäß § 33 Abs. 2 BSVG für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2004 für Kranken-, Pensions- und Unfallversicherungsbeiträge, Betriebshilfebeiträge, sonstige Kosten, Beitragszuschläge und Verwaltungskosten in Summe von EUR 8.511,83 hafteten, die nach wie vor unberichtigt seien.

Gegen den Rückstandsausweis vom 18. Juni 2004 erhob L. N. "Oppositionseinwendung" mit Schreiben vom 30. Juni 2004 und beantragte, dass über die Zahlungsverpflichtung von EUR 8.511,83 bescheidmäßig abgesprochen werden möge.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2004 stellte L. N. an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt den ausdrücklichen Antrag, sie wolle als zuständige Titelbehörde den Antrag vom 30. Juni 2004 erledigen.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2005 stellte L. N. einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Wien betreffend die Entscheidung über seine Anträge vom 30. Juni 2004 und vom 28. Juli 2004. 2.3. Mit Rückstandsausweis vom 3. Juni 2005 sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt betreffend L. N. und die Beschwerdeführerin als Solidarschuldner gemäß § 33 Abs. 2 BSVG aus, dass Kranken-, Pensions- und Unfallversicherungsbeiträge, Betriebshilfebeiträge, sonstige Kosten, Beitragszuschläge, Behandlungsbeiträge und Verwaltungskosten in der Höhe von EUR 6.380,-- unberichtigt aushafteten.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2005 erhob L. N. auch gegen den Rückstandsausweis vom 3. Juni 2005 "Oppositionseinwendung". Er stellte den Antrag an die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt, dass über die Zahlungsverpflichtung von EUR 6.380,42 bescheidmäßig entschieden werden möge.

3.1. Mit Bescheid vom 16. November 2005 entschied der Landeshauptmann von Wien dahingehend, dass der Devolutionsantrag des L. N. hinsichtlich der Vorschreibung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen für L. N. im Zeitraum vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 und der Vorschreibung von Pensions-, Unfallversicherungs- und Betriebshilfebeiträgen für die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2003 als unzulässig zurückgewiesen werde. Ferner wurde entschieden, L. N. sei verpflichtet, an die Sozialversicherungsanstalt "der gewerblichen Wirtschaft" für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 Beiträge in der Höhe von EUR 1.369,11 sowie Postaufgabegebühren in der Höhe von EUR 7,90, Beitragszuschläge in der Höhe von EUR 590,08 und Verwaltungskosten in der Höhe von EUR 42,35 zu entrichten.

Begründend wurde zur Zurückweisung des Devolutionsantrages im Wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe mit "Bescheid vom 24. Juni 2005" die Beitragspflicht des L. N. in der Kranken- und Pensionsversicherung für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 festgestellt. Sie habe in diesem Bescheid außerdem festgestellt, dass L. N. auch für die Beiträge zur Pensions- und Unfallversicherung sowie jene nach dem Betriebshilfegesetz für die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 in der Gesamthöhe von EUR 2.623,04 hafte. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen.

Ferner wurde in der Bescheidbegründung dargelegt, der Rückstandsausweis vom 18. Juni 2005 enthalte aber noch weitere Positionen, nämlich die Beitragsvorschreibungen für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 in der Höhe von EUR 1.369,11, ferner sonstige Kosten in der Höhe von EUR 7,90, Beitragszuschläge in der Höhe von EUR 590,08 und Verwaltungskosten in der Höhe von EUR 42,35. Diesbezüglich sei dem Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch in der Sache stattzugeben. Doch habe sich der gesamte bekämpfte Rückstandsausweis als rechtmäßig erwiesen und dem Antrag auf Aufhebung dessen Vollstreckbarkeit nicht stattgegeben werden können.

3.2. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2005 erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005. Soweit der Landeshauptmann von Wien den Antrag für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 als unzulässig zurückgewiesen habe, berief sich die Beschwerdeführerin auf die fälschliche Nennung der Sozialversicherungsanstalt der "gewerblichen Wirtschaft" sowie darauf, dass in dem bekämpften Bescheid ein nichtexistierender rechtskräftiger Bescheid vom 24. Juni 2005 angeführt werde. Hinsichtlich der Beitragsvorschreibung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 sei ebenfalls fälschlich ausgesprochen worden, dass dieser Beitrag an die Sozialversicherungsanstalt "der gewerblichen Wirtschaft" zu leisten sei. Zudem lägen der Beitragsberechnung nicht bewirtschaftete Bracheflächen zu Grunde, für die auch keine Förderung bezogen worden sei, sodass die vorgeschriebenen Beiträge zu hoch seien. Auf das diesbezügliche Vorbringen sei die Behörde im bekämpften Bescheid nicht eingegangen.

3.3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005 wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 dahingehend berichtigt, dass L. N. verpflichtet sei, die Zahlungen an die "Sozialversicherungsanstalt der Bauern" zu leisten. Ferner wurde die Bescheidbegründung dahingehend geändert, dass anstelle der "Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft" die "Sozialversicherungsanstalt der Bauern" genannt und die Daten insofern richtiggestellt wurden, als der Rückstandsausweis vom 18. Juni 2004 (nicht: 2005) auf dem rechtskräftigen Bescheid vom 24. Juni 2003 (nicht: 2005) beruhe. Begründend wurde ausgeführt, es lägen offenkundige Schreibfehler vor, die gemäß § 62 Abs. 4 AVG zu berichtigen gewesen seien.

3.3. Mit Schreiben vom 7. Februar 2006 erhob die Beschwerdeführerin auch Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005. Sie brachte vor, dass die Beiträge zu hoch festgesetzt worden seien.

4. Für das hier gegenständliche Verfahren ist auch noch folgendes Verwaltungsgeschehen von Bedeutung:

4.1. Mit Bescheid vom 30. Jänner 2006, gerichtet an die Beschwerdeführerin, stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, dass die Beschwerdeführerin "auch" vom 1. Jänner 2004 bis laufend in der Pensions- und Unfallversicherung, ab 1. Oktober 2004 bis laufend in der Krankenversicherung sowie in der Zeit von 1. Jänner 2004 bis 30. September 2004 nach dem Betriebshilfegesetz beitragspflichtig sei. Für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis laufend wurden näher genannte Beitragsgrundlagen festgesetzt und Monatsbeiträge vorgeschrieben. Ferner wurde ausgesprochen, die Beschwerdeführerin hafte als gemeinsamer Betriebsführer für die Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung, die L. N. für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2005 schulde. In der Bescheidbegründung wurde das für Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Flächenausmaß für verschiedene Zeiträume näher dargestellt, nicht aber aufgeschlüsselt nach Grundstücken. Begründend wurde ferner dargelegt, der Betriebsbeitrag zur Unfallversicherung, der gemäß § 30 BSVG bei gemeinsamer Betriebsführung von nur einer Person zu leisten sei, werde der Beschwerdeführerin vorgeschrieben. In der Krankenversicherung sei die Beschwerdeführerin gemäß § 262 Abs. 3 BSVG bis 30. September 2004 von der Pflichtversicherung ausgenommen, weshalb für die Beschwerdeführerin bis zu diesem Zeitpunkt Beitragspflicht nach dem Betriebshilfegesetz bestehe. Durch den Wegfall der Ausnahme in der Krankenversicherung gemäß § 294 Abs. 4 BSVG unterliege sie ab 1. Oktober 2004 auch der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung (mit halber Beitragsgrundlage). Gleichzeitig ende daher die Beitragspflicht nach dem Betriebshilfegesetz. Gemäß § 23 Abs. 6 BSVG sei für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung sowie ab 1. Oktober 2004 auch für jene in der Krankenversicherung nur die halbe Betriebsbeitragsgrundlage maßgeblich, da auch L. N., der Ehemann der Beschwerdeführerin, der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung bzw. Krankenversicherung unterliege. Bei den offenen Beitragsforderungen von EUR 10.000,46 handle es sich um Beiträge zur Pflichtversicherung betreffend den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2005, einen offenen Behandlungsbeitrag für einen Krankenschein vom 1. Quartal 2005 sowie Beitragszuschläge und Postauftragsgebühren für den Zeitraum vom 1. Jänner 2005 bis 30. September 2005 für den gesamten Betrieb, also auch die offene Beitragsforderung des Ehegatten aus der gemeinsamen Betriebsführung (wechselseitige Solidarhaftung gemäß § 33 Abs. 2 BSVG). Von den zu den jeweiligen Berechnungszeitpunkten angeführten Einheitswerten sei die spruchgemäße Beitragsgrundlage zu errechnen gewesen.

4.2. Mit einem weiteren Bescheid vom 30. Jänner 2006, gerichtet an L. N., sprach die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt aus, dass L. N. "auch" für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis laufend in der Kranken- und Pensionsversicherung der Bauern beitragspflichtig sei. Ferner wurden monatliche Beitragsgrundlagen und Monatsbeiträge festgesetzt. Darüber hinaus wurde ausgesprochen, L. N. hafte als gemeinsamer Betriebsführer für die noch offenen Beiträge zur Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung sowie für die Beiträge nach dem Betriebshilfegesetz, die die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2005 schulde. Außerdem wurden Beitragszuschläge in der Höhe von EUR 1.350,62 sowie Postauftragsgebühren in der Höhe von EUR 28,90 vorgeschrieben. In der Bescheidbegründung findet sich wiederum das zum Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Flächenausmaß und der daraus resultierende Einheitswert im Sinne des § 23 GSVG, aber nicht aufgeschlüsselt nach Grundstücken.

4.3. Mit Schreiben vom 4. März 2006 erhoben die Beschwerdeführerin und L. N. Einspruch gegen die beiden Bescheide vom 30. Jänner 2006. Begründend legten sie dar, nicht bewirtschaftete Bracheflächen seien den Beitragsberechnungen zu Grunde gelegt worden, sodass die vorgeschriebenen Beiträge zu hoch seien. Die Behörde sei auf das diesbezügliche Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht eingegangen.

In einer Niederschrift der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 30. März 2006 ist unter anderem festgehalten, dass die Parzelle 1875/1 (Zukauf von B.) seit dem Zukauf brach liege. Es seien seit dem Zukauf keinerlei Arbeiten erfolgt. (Nach einer im Akt befindlichen Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 2. April 2004 ist dieser Zukauf am 30. Mai 2001 erfolgt.)

Im Akt befindet sich ferner eine "Brachefeststellung" vom 4. April 2006, in der mehrere Bracheflächen laut Meldung vom 30. März 2006 aufgelistet sind, darunter auch die Parzelle 1875/1.

4.4. Mit zwei Einspruchsvorentscheidungen jeweils vom 20. April 2006, ergangen an L. N. bzw. die Beschwerdeführerin, wurde jeweils dem Einspruch vom 8. März 2006 gegen den Bescheid vom 30. Jänner 2006 "im Sinne des Einspruchsbegehrens" stattgegeben und der jeweils angefochtene Bescheid aufgehoben. In der Begründung wurde in beiden Einspruchsvorentscheidungen ausgeführt, auf Grund der Eingabe vom 8. März 2006 und der daraufhin erfolgten Ermittlungen sei festgestellt worden, dass näher (auch in der Brachefeststellung vom 4. April 2006) genannte Grundstücke nicht erwerbswirtschaftlich genützt würden. Die Parzelle 1875/1 findet sich in dieser Aufzählung in den Begründungen jedoch nicht. (Zum weiteren Verfahren betreffend diese Einspruchsvorentscheidungen siehe das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/08/0092).

5. Der vor dem Verwaltungsgerichtshof in diesem Verfahren belangte Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hat mit Spruchpunkt 1. des in Beschwerde gezogenen Bescheides die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 (vgl. oben 3.1.), soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Devolutionsantrages des L. N. wegen mangelnder Parteistellung richtete, gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Spruchpunkt 2. wurde, soweit sich die Berufung gegen die Beitragsvorschreibung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 richtete, der Berufung insoweit Folge gegeben, als für diesen Zeitraum die monatliche Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung mit EUR 2.016,28 und in der Pensionsversicherung mit EUR 1.008,14 sowie der Monatsbeitrag in der Krankenversicherung mit EUR 65,53 und in der Pensionsversicherung mit EUR 146,18 festgesetzt wurden.

Mit Spruchpunkt 3. wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Berichtigungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 sei L. N. am 5. Dezember 2005 zugestellt worden. Eine Zustellung an die Beschwerdeführerin sei zu Recht nicht erfolgt. Sie sei auch nicht Partei dieses Verfahrens gewesen. Die postalische Aufgabe der Berufung sei am 19. Dezember 2005 erfolgt. L. N. sei am 28. Juli 2006 verstorben. Eingeantwortete Erbin sei seine Tochter Mag. E. N. Aus dem Verwaltungsakt ergebe sich, dass der Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 24. Juni 2003 betreffend die Beitragspflicht des L. N. und die Beitragshaftung des L. N. "für die Beschwerdeführerin" rechtskräftig geworden sei. Der darauf aufbauende Rückstandsausweis habe bezüglich des Zeitraumes vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 aber auch Positionen enthalten, über die noch nicht rechtskräftig abgesprochen worden sei.

Zu Spruchpunkt 1. legte die belangte Behörde im Folgenden dar, da die Beschwerdeführerin selbst keinen Devolutionsantrag gestellt habe, sei ihre Berufung hinsichtlich dieses Spruchpunktes (Abspruch über die Zulässigkeit eines Devolutionsantrages des L. N.) wegen mangelnder Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt 2. führte die belangte Behörde aus, da auf Grund des Devolutionsantrages über Zeiträume ab dem 1. Jänner 2004 in der Sache abgesprochen worden sei, komme der Beschwerdeführerin auf Grund ihres rechtlichen Interesses als gemeinsame Betriebsführerin und somit gemäß § 33 Abs. 2 BSVG solidarisch haftende hinsichtlich dieses Spruchpunktes Parteistellung und daher das Berufungsrecht zu. Eine Berufung einer Partei sei im Mehrparteienverfahren auch gegen einen Bescheid zulässig, der dieser Partei noch nicht zugestellt worden sei, wohl aber gegenüber anderen Parteien bereits erlassen worden sei. Hinsichtlich des Begehrens, niedrigere Beiträge festzusetzen, da die der Festsetzung zu Grunde gelegten Liegenschaften weder bewirtschaftet noch dafür Förderung bezogen werde, werde auf Grund der in der Zwischenzeit erfolgten Ermittlungen der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt die Beitragspflicht wie im Spruch festgesetzt. Zur Festsetzung der Beitragsbemessung und des daraus resultierenden Einheitswertes bzw. zur Aufstellung der nichterwerbswirtschaftlichen Grundstücke werde auf die Einspruchsvorentscheidung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 20. April 2006 verwiesen.

Zu Spruchpunkt 3. legte die belangte Behörde dar, hinsichtlich der fehlerhaften Bezeichnung der betroffenen Sozialversicherungsanstalt sei in der Zwischenzeit ein Berichtigungsbescheid ergangen. Die Berufung gegen diesen Berichtigungsbescheid richte sich nicht gegen die Berichtigung, sondern gegen die Höhe der Beitragsfestsetzung. Sie sei daher abzuweisen gewesen.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift ausdrücklich Abstand genommen und Ersatz für den Vorlageaufwand beantragt.

Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

7. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7.1. Zum Spruchpunkt 1. bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie habe gegen den an L. N. gerichteten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2005 Berufung erhoben. Weder sie noch L. N. seien damals rechtsfreundlich vertreten gewesen. Die belangte Behörde hätte die Beschwerdeführerin zur Vorlage einer Vollmacht auffordern müssen, in deren Folge die von L. N. an die Beschwerdeführerin zur Einbringung der Berufung erteilte Vollmacht vorgelegt worden wäre.

Zu Spruchpunkt 2. legt die Beschwerdeführerin dar, die belangte Behörde verweise in ihrer Begründung auf die Einspruchsvorentscheidung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 20. April 2006. Diese sei aber mit Vorlageantrag bekämpft worden. Die in der Einspruchsvorentscheidung herangezogenen Einheitswerte seien unrichtig. Bezüglich der Krankenversicherung sei die Beschwerdeführerin gemäß § 262 Abs. 2 BSVG zumindest bis 31. März 2004 von der Pflichtversicherung ausgenommen gewesen. Es habe bis zu diesem Zeitpunkt lediglich Beitragspflicht nach dem Betriebshilfegesetz bestanden. Auf Grund des § 23 Abs. 6 BSVG sei für die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nur die halbe Betriebsbeitragsgrundlage maßgeblich, da auch ihr Ehemann L. N. der Pflichtversicherung in der Pensions- bzw. Krankenversicherung unterlegen sei. Der Krankenversicherungsbeitrag wäre daher mit monatlich lediglich EUR 9,10 und der Pensionsversicherungsbeitrag mit monatlich EUR 45,80 festzusetzen gewesen.

Zu Spruchpunkt 3. führt die Beschwerdeführerin aus, sie habe gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 hinsichtlich der Höhe der vorgeschriebenen Beiträge Berufung erhoben. Darüber sei nicht inhaltlich entschieden worden, sondern es seien lediglich formelle Mängel mit dem Berichtigungsbescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005 behoben worden. Die wesentlichen Punkte der Berufung seien jedoch unerledigt geblieben, sodass sich ihre gegen den Berichtigungsbescheid gerichtete Berufung inhaltlich dagegen gerichtet habe, dass die von ihr gerügten inhaltlichen Mängel nicht behoben worden seien.

7.2. Das zu Spruchpunkt 3. geltend gemachte Beschwerdevorbringen geht insofern ins Leere, als über die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. November 2005 mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der Berufungsbehörde (Spruchpunkt 2.) abgesprochen wurde. Der Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005 war lediglich ein Berichtigungsbescheid. Die damit vorgenommene Berichtigung hat die Beschwerdeführerin, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, nicht bekämpft, weshalb ihre Berufung gegen diesen Berichtigungsbescheid zu Recht als unbegründet abgewiesen wurde.

Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides richtet, war sie daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7.3. Zum Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides ist zunächst zu bemerken, dass der Landeshauptmann von Wien mit seinem Bescheid vom 16. November 2005 zwar den Devolutionsantrag des L.N. hinsichtlich der Vorschreibung von Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen für L.N. im Zeitraum vom 1. September 2002 bis 31. Dezember 2003 und der Vorschreibung von Pensions-, Unfallversicherungs- und Betriebshilfebeiträgen für die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2003 als unzulässig zurückgewiesen hat. Der Sache nach hat der Landeshauptmann von Wien jedoch nicht den Devolutionsantrag als unzulässig zurückgewiesen (dies ergibt sich auch daraus, dass er für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004 in der Sache entschieden hat), sondern er hat, wie auch die Bescheidbegründung zeigt, in Erledigung des Devolutionsantrages den Antrag auf Erlassung eines Bescheides für die Zeiträume vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und dabei ausdrücklich insoweit auch den bescheidmäßigen Abspruch über Beiträge für die Beschwerdeführerin verweigert. Im Übrigen war in Bezug auf den Gegenstand des Verfahrens, wie sich auch aus dem Rückstandsausweis vom 18. Juni 2004 ergibt, eine Solidarhaftung von L.N. und der Beschwerdeführerin ausgesprochen worden.

Unter den angeführten Umständen hat der bescheidmäßige Abspruch des Landeshauptmannes vom 16. November 2005 auch in Rechte der Beschwerdeführerin und nicht nur des L.N. eingegriffen, und zwar insoweit, als ein bescheidmäßiger Abspruch über die Beitragsgrundlagen für die Zeit vom 1. September 2002 bis 31. März 2003 durch die "Zurückweisung des Devolutionsantrages" verweigert wurde.

Somit aber war die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 28. Dezember 2005 auch insoweit, als damit der Devolutionsantrag des L.N. "zurückgewiesen worden war", berufungslegitimiert. Die Zurückweisung der Berufung der Beschwerdeführerin wegen mangelnder Parteistellung war daher rechtswidrig.

Spruchpunkt 1. des in Beschwerde gezogenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

7.4.1. Hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des angefochtenen Bescheides (Beitragsgrundlage und Beiträge für den Zeitraum vom 1. Jänner 2004 bis 31. März 2004) ist festzuhalten, dass im Allgemeinen eine brachliegende Liegenschaft - wenn und soweit nicht eine Vermutung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 oder § 30 Abs. 2 BSVG eingreift - nicht zur Beitragsberechnung herangezogen werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 2001, Zl. 97/08/0643, und vom 4. April 2002, Zl. 97/08/0479).

Nach der Aktenlage unterlag die Parzelle 1875/1 keiner Bewirtschaftung. Die mitbeteiligte Partei hat diese bereits in ihrem Schreiben vom 5. Februar 2004 als Brache anerkannt. Aus der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides und insbesondere auch aus der Begründung der Einspruchsvorentscheidung, auf die sich die belangte Behörde stützt, geht jedoch nicht hervor, dass diese Fläche - zum Unterschied von anderen, ausdrücklich genannten - bei der Berechnung nicht berücksichtigt worden wäre. Es ist nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde, wenn sie sich in der Bescheidbegründung mit der Relevanz des Grundstückes 1875/1 auseinandergesetzt hätte, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.

7.4.2. Gemäß § 23 Abs. 6 Z. 3 BSVG ist im Übrigen im Falle der gemeinsamen Betriebsführung durch Ehegatten je die Hälfte der Beitragsgrundlage, die für den Land(forst)wirtschaftlichen Betrieb ermittelt wird, als Beitragsgrundlage heranzuziehen. Von der Beschwerdeführerin wird bemängelt, dass dies nicht geschehen sei.

In der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides findet sich keine nähere Darstellung, wie die monatlichen Beitragsgrundlagen gebildet worden sind. Es wird lediglich ausgeführt, dass "auf Grund der in der Zwischenzeit erfolgten Ermittlungen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern die Beitragspflicht festgesetzt" wird. Zur Beitragsbemessung und zum daraus resultierenden Einheitswert bzw. zur Aufstellung der nicht erwerbswirtschaftlich genutzten Grundstücke wird lediglich auf die Einspruchsvorentscheidung der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom 20. April 2006 verwiesen. In dieser Einspruchsvorentscheidung (in beiden Einspruchsvorentscheidungen vom 20. April 2006) wird zwar das für die Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Flächenausmaß und der daraus resultierende Einheitswert aufgelistet, eine nachvollziehbare Begründung, wie daraus die Beitragsgrundlagen gebildet wurden und dass insbesondere auch § 23 Abs. 6 BSVG Genüge getan wurde, enthält die Einspruchsvorentscheidung - und damit der angefochtene Bescheid, der auf diese verweist - jedoch nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Grund dieses Begründungsmangels daher nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in diesem Punkt nachzuprüfen.

Spruchpunkt 2. des in Beschwerde gezogenen Bescheides war aus den genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff (insbesondere § 50) VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 14. Oktober 2009

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