VwGH 2007/08/0120

VwGH2007/08/012022.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der M GmbH in L, vertreten durch Brunner, Kohlbacher Advokatur GmbH in 8010 Graz, Keesgasse 11, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 18. April 2007, Zl. LGS600/SfA/0566/2007-He/Pa, betreffend Sonderbeitrag gemäß § 25 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §25 Abs2 idF 2004/I/077;
AlVG 1977 §25 Abs2 idF 2004/I/077;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Graz (in der Folge: AMS Graz) vom 20. Februar 2007 wurde die beschwerdeführende Partei zur Zahlung eines Sonderbeitrages gemäß § 25 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) in der Höhe von EUR 222,48 verpflichtet und dies damit begründet, dass C. bei einer Kontrolle durch das Finanzamt Graz-Umgebung am 18. Jänner 2007 bei im Auftrag der beschwerdeführenden Partei durchgeführten Forstarbeiten betreten worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen aus, dass es sich bei der gegenständlichen, von B. für W. durchgeführten Baumschlägerung um eine Tätigkeit von "Bauer zu Bauer" gehandelt habe, wobei sich B. des von ihm selbst dafür organisierten C. als seinen Gehilfen bedient habe. Dies sei weder durch die beschwerdeführende Partei vermittelt noch über diese abgerechnet worden. Bei einem solchen überbetrieblichen Einsatz in der Land- und Forstwirtschaft sei die Sozialversicherungsanstalt der Bauern der Versicherungsträger und dadurch die Pflichtversicherung bei der Gebietskrankenkasse nicht erforderlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei nicht statt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das AMS Graz am 14. Februar 2007 vom Finanzamt Graz-Umgebung schriftlich informiert worden sei, "dass anlässlich einer Kontrolle am 18.01.2007 im Wald des Grundstücksbesitzers Herrn W., Herr C. (SVNR ...) für Forstarbeiten von der M GmbH, (mit einer näher bezeichneten Adresse in Graz), vermittelt worden ist." C. habe beim AMS Graz am 25. Jänner 2007 zu Protokoll gegeben, dass er in der 3. Kalenderwoche an einem Tag ca. zwei Stunden bei einem Bekannten bei Holzarbeiten geholfen habe. Gemäß § 25 Abs. 2 AlVG gelte bei Betretung bei einer Tätigkeit die unwiderlegliche Vermutung, dass diese über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt sei. Da seitens der beschwerdeführenden Partei keine Meldung an die Krankenversicherung erfolgt sei, sei ein Sonderbeitrag zur Arbeitslosenversicherung vorzuschreiben gewesen. (Im Weiteren folgten Ausführungen zur Berechnung des Sonderbeitrages.)

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG gilt insbesondere nicht als arbeitslos, wer in einem Dienstverhältnis steht.

§ 25 Abs. 2 AlVG idF BGBl. I Nr. 77/2004 lautet:

"(2) Wird ein Empfänger von Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d durch öffentliche Organe, insbesondere Organe von Behörden oder Sozialversicherungsträgern oder Exekutivorgane, betreten, die er nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle angezeigt hat (§ 50), so gilt die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt ist. Das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für zumindest zwei Wochen ist rückzufordern. Erfolgte in einem solchen Fall keine zeitgerechte Meldung durch den Dienstgeber an den zuständigen Träger der Krankenversicherung, so ist dem Dienstgeber von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ein Sonderbeitrag in der doppelten Höhe des Dienstgeber- und des Dienstnehmeranteiles zur Arbeitslosenversicherung (§ 2 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes, BGBl. Nr. 315/1994) für die Dauer von sechs Wochen vorzuschreiben. Als Bemessungsgrundlage dient der jeweilige Kollektivvertragslohn bzw., falls kein Kollektivvertrag gilt, der Anspruchslohn. Die Vorschreibung gilt als vollstreckbarer Titel und ist im Wege der gerichtlichen Exekution eintreibbar."

Ungeachtet dessen, dass nach dem ersten Satz des § 25 Abs. 2 AlVG schon eine "Tätigkeit gem. § 12 Abs. 3 lit. a, b oder d", bei deren Verrichtung die im Leistungsbezug nach dem AlVG stehende Person betreten wird, dazu führt, dass die gesetzliche Vermutung des letzten Halbsatzes des ersten Satzes des § 25 Abs. 2 AlVG eintritt, dass diese Tätigkeit mit Entgelt oberhalb der Bagatellgrenze entlohnt wird, so reicht dies nach dem Gesetzeswortlaut nicht aus, um auch den Sonderbeitrag nach dem dritten Satz leg. cit. verhängen zu dürfen. Die im dritten Satz des § 25 Abs. 2 AlVG dafür normierte weitere Voraussetzung ist nämlich, dass eine "zeitgerechte" Meldung zum zuständigen Träger der Krankenversicherung unterblieben ist, d.h. eine Meldung, die auf Grund der Art der Beschäftigung gesetzlich geboten gewesen wäre. Eine Meldung ist aber nur dann gesetzlich geboten, wenn es sich um eine Tätigkeit handelte, die tatsächlich sozialversicherungspflichtig war und bei der "der Dienstgeber" zur zeitgerechten Meldung verpflichtet gewesen ist. Die Verhängung eines Sonderbeitrages kommt daher im Ergebnis nur dann in Betracht, wenn die Tätigkeit - unter Außerachtlassung der Vermutung des § 25 Abs. 2 erster Satz AlVG - eine Pflichtversicherung nach einem der Tatbestände des ASVG begründet hätte, wobei allerdings auch eine probeweise verrichtete Tätigkeit die Versicherungspflicht begründen kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 18. Februar 2004, Zl. 2000/08/0180, Slg. Nr. 16.285/A).

Gemäß § 60 AVG sind in der Bescheidbegründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Im vorliegenden Fall kommt der Beschwerde schon Berechtigung zu, soweit zum behaupteten Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 25 Abs. 2 AlVG im Wesentlichen moniert wird, dass sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen nicht auseinandergesetzt habe, und Begründungsmängel geltend gemacht werden:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei überhaupt nicht eingegangen und hat zu den aufgeworfenen Fragen, wie insbesondere, ob es sich bei der Tätigkeit des C. um eine nach dem ASVG sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelte, weder Feststellungen getroffen noch sich mit dem Berufungsvorbringen beweiswürdigend auseinandergesetzt. Des Weiteren lässt es die belangte Behörde völlig offen, ob C. zum Zeitpunkt der Tätigkeit Empfänger von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe gewesen ist, wie sich auch der Begründung nicht entnehmen lässt, aus welchen Gründen die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei (mit Sitz in Linz) als Dienstgeber von C. im Sinne von § 25 Abs. 2 AlVG ansieht, obgleich (lediglich) eine "Vermittlung" von C. durch eine anderslautende GmbH mit Sitz in Graz festgestellt wird. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei entsprechender Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen und einer ausreichenden Beweiswürdigung unter Einbeziehung desselben, allenfalls nach weiteren Ermittlungen, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. (Im Übrigen könnte dies auch für die Frage der Zuständigkeit von Bedeutung sein, welche sich gemäß § 44 Abs. 1 Z. 1 AlVG nach dem Sitz des Betriebes des Arbeitgebers richtet.)

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. Dezember 2009

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