VwGH 2007/05/0087

VwGH2007/05/008727.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der T Errichtungs- und FinanzierungsgesmbH in X, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. Februar 2007, Zl. BauR-P-391181/8-2007-Stö/Vi, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

BauRallg;
ROG OÖ 1994 §23 Abs3;
ROG OÖ 1994 §24 Abs1;
ROG OÖ 1994 §24 Abs2;
ROG OÖ 1994 §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
BauRallg;
ROG OÖ 1994 §23 Abs3;
ROG OÖ 1994 §24 Abs1;
ROG OÖ 1994 §24 Abs2;
ROG OÖ 1994 §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 (für Bau 11+12), vom 28. Februar 2006 (für eine Tiefgarage) und jeweils vom 15. November 2005 (für die restlichen Bauten) suchte die bauwerbende Beschwerdeführerin um die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung von Verkaufs-, Dienstleistungs-, Büro- und Lagergebäuden (Einkaufszentrum) auf näher bezeichneten Grundstücken in der Marktgemeinde T (im Folgenden: Gemeinde) an. Die projektierten Geschäftsbauten (Bau 1, Bau 2, Bau 3, Bau 3A, Bau 4, Bau 5+6, Bau 8, Bau 9, Bau 10 und Bau 11+12 sowie eine Tiefgarage) wurden in den den Bauansuchen beigelegten Bauplänen dargestellt und näher beschrieben. Die Grundstücke, auf denen die Geschäftsbauten errichtet werden sollen, sind im Flächenwidmungsplan Nr. 4, Änderung Nr. 2 der Gemeinde als Kerngebiet ausgewiesen.

In Anbetracht der hier erfolgten aufsichtsbehördlichen Behebung sind die Projektsbestandteile Bau 1, Bau 3A, Bau 5+6 und Bau 11+12 gegenständlich.

Dem Grundrissplan Bau 1 ist unter Top 1 ein Kosmetikstudio, unter Top 2 eine mit "Verkauf + Ausstellungsfläche" bezeichnete Fläche, als Top 3 eine mit "Änderungsschneiderei + Ausstellung" bezeichnete Fläche und als Top 4 eine mit "Gastro" bezeichnete Fläche zu entnehmen. Anlässlich der Verhandlung vom 10. Jänner 2006 wurde erörtert, dass zwei Teilflächen als Verkaufs- und Ausstellungsflächen, ein Teilbereich als Dienstleistungsbetrieb und ein Teilbereich als Gastronomie vorgesehen sei. Mit Bescheid vom 12. Jänner 2006 wurde unter Bezugnahme auf den gekennzeichneten Bauplan die Baubewilligung für den Bau 1 (Errichtung eines Büro-, Dienstleistungs-, Lager- und Verkaufsgebäudes) erteilt.

Der Bau 3A weist im Obergeschoß ein Fitnessstudio (Top 5) mit zwei getrennten Bereichen auf. Im Erdgeschoß sind Flächen für Top 1 (Verkauf), Top 2 (Verkauf), Top 3 (Verkauf) und Top 4 (Verkauf) ausgewiesen. Weiters findet sich im Erdgeschoß eine Top 5 mit der Bezeichnung "Gastro". Bei der Verhandlung vom 10. Jänner 2006 wurde dazu ausgeführt, dass im Erdgeschoß Verkaufsflächen und ein Gastronomiebereich, im Obergeschoß ein Fitnessstudio vorgesehen seien. Mit Bescheid vom 16. Jänner 2006 wurde unter Bezugnahme auf den gekennzeichneten Plan die begehrte Baubewilligung für die Errichtung eines multifunktionalen Zentrums mit Gastronomie (Objekt 3A) erteilt.

Zu Bau 5+6 liegt ein Einreichplan Grundriss Erdgeschoß vor, in dem einerseits unter "Bau 5-Top 1" eine Fläche "Verkauf" und andererseits unter der Bezeichnung "Bau 6-Top 1" eine Fläche mit der Bezeichnung "Verkauf" ausgewiesen ist. In der Verhandlung vom 10. Jänner 2006 wurde dazu einleitend dargestellt, dass Antragsgegenstand zwei selbstständige Gebäude mit der Bezeichnung 5 und 6 bildeten. Andererseits wird unter der Überschrift "Baubeschreibung" ausgeführt, es sei geplant, ein Geschäftshaus mit den maximalen Abmessungen von 86,13 x 66,90 m (das ist das Gesamtausmaß der aneinander gebauten Objekte Bau 5 und Bau 6) in Massivbauweise zu errichten. Das Erdgeschoß solle in drei Brandabschnitte getrennt werden, in dieser Ebene seien Verkaufs- und Lagerflächen vorgesehen. Mit Bescheid vom 31. Jänner 2006 wurde antragsgemäß die Baubewilligung für Objekt 5 und 6 (Errichtung eines Büro-, Dienstleistungs-, Verkaufs- und Lagergebäudes) entsprechend dem gekennzeichneten Bauplan erteilt.

Dem Einreichplan zu Bau 11+12 lässt sich nur im Grundriss Erdgeschoß eine Trennung zwischen Bau 11 und Bau 12 entnehmen; das Obergeschoß bildet eine durchgehende Fläche. Im Erdgeschoß ist unter "Bau 11-Top 1" eine Fläche "Verkauf" und unter "Bau 11- Top 2" eine mit "Dienst" bezeichnete Fläche ausgewiesen. Unter "Bau 12-Top 1" findet sich eine mit "Verkauf" bezeichnete Fläche. Im Obergeschoß finden sich Eintragungen für Verkauf, Messe, und Ausstellungsfläche. Anlässlich der Verhandlung vom 17. November 2005 wurde festgehalten, dass ein Geschäftshaus mit den maximalen Abmessungen von 53,59 x 36,90 m in Massivbauweise geplant sei. Das Erdgeschoß solle in zwei Brandabschnitte getrennt werden, wobei in dieser Ebene Verkaufsflächen und ein Teilbereich von ca. 100 m2 für einen Dienstleistungsbetrieb vorgesehen seien. Im Obergeschoß solle ein zur Gänze offener Bereich über den gesamten Gebäudegrundriss eingebaut werden. Mit Bescheid vom 12. Jänner 2006 wurde antragsgemäß die Baubewilligung "(Objekt 11+12)" für die Errichtung eines multifunktionalen Zentrums entsprechend dem gekennzeichneten Bauplan erteilt.

Diese Baubewilligungsbescheide (wie auch die anderen hier nicht gegenständlichen Bewilligungen) erwuchsen in Rechtskraft.

Die belangte Behörde forderte im Rahmen ihres Aufsichtsrechtes unter Hinweis auf § 100 O.ö. Gemeindeordnung 1990 mit Schreiben vom 5. Mai 2006 von der Gemeinde die Akten der Bauverfahren des gegenständlichen Einkaufszentrums an. Unter den von der Gemeinde mit Schreiben vom 12. Juli 2006 übermittelten Unterlagen befindet sich eine Liste "Gesamtverkaufsfläche Handel - und Dienstleistung in m2", die für die hier gegenständlichen Gebäude folgende Flächen ausweist:

 

Gesamtverkaufsfläche

Handel und Dienstleistung

davonHandel

davonDienstleistung

Bau 1

1.366,66

1.366,66

 

Bau 3A

1.359,84

1.359,84

 

Bau 5

1.483,25

1.483,25

 

Bau 6

1.398,53

1.398,53

 

Bau 11

610,13

509,67

100,46

Bau 12

889,00

889,00

 

Darauf holte die belangte Behörde das bautechnische Gutachten ihrer Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik vom 10. Oktober 2006 ein. In diesem Gutachten wurden die einzelnen projektierten Geschäftslokale und Büros unter Angabe der betreffenden m2 angeführt und sodann die m2 der einzelnen Flächen je Bau addiert. Der Sachverständige ermittelte folgende Ausmaße (wobei handschriftliche Korrekturen, die auch nicht in den angefochtenen Bescheid übernommen wurden, unberücksichtigt bleiben):

Bau

Handel

m2

Dienstleister

m2

Summe je Bau

Bau 1

Verkauf + Ausstellung

1.366,62

Kosmetikstudio

222,31

 
  

Gastro

44,00

 
  

Änderungs-

schneiderei - Ausstellung

393,44

 

Summe

 

1.366,62

 

659,75

2.026,37

      

Bau 3 AEG

Verkauf 1

103,02

Gastro

262,65

 

Verkauf 2

505,32

   

Verkauf 3

191,69

   

Verkauf 4

559,81

   

OG

  

Fitnessstudio 1

354,10

 
  

Fitnessstudio 2

206,00

 

Summe

 

1.359,84

 

822,75

2.182,59

      

Bau 5+6

Verkauf 1

1.398,53

   
 

Verkauf 2

505,32

   

Summe

 

1.903,85

  

1.903,85

      

Bau

11+12 EG

Verkauf 1

889,00

nicht definiert

100,46

 
 

Verkauf 2

507,67

   

Bau

11+12 OG

Messe

250,00

   
 

Messe

234,50

   
 

Ausstellung

1.146,00

   
 

Verkauf

100,00

   

Summe

 

3.129,17

 

100,46

3.229,63

Dazu führte der Sachverständige aus, jedenfalls bei den Bauabschnitten 1, 3A, 5+6 und 11+12 (wobei bei den letztgenannten Bauabschnitten je von einem einheitlichen Gebäude auszugehen sei) werde aus rein bautechnischer Sicht die Gesamtverkaufsfläche von jeweils 1.500 m2 überschritten.

Die Gemeinde verwies in ihrer Stellungnahme zunächst darauf, dass eine Gemeinde bei der Widmung eines Geschäftsgebietes mit einer vorgesehenen Gesamtverkaufsfläche bis 1.500 m2 autonom agiere und es keines Raumordnungsprogrammes für die Widmungszulässigkeit bedürfe. Die Frage der Betriebsgröße sei nicht auf den Bauplatz, sondern auf den Geschäftsbau zu beziehen, zumal auf einem Bauplatz mehrere selbstständige Hauptgebäude situiert werden dürften. Eine Zusammenrechnung der Verkaufsflächen der mehreren, selbstständigen Geschäftsbauten als Handelsbetriebe habe im Kerngebiet nicht stattzufinden. Bei sämtlichen von der Aufsichtsbehörde angesprochenen Baubewilligungen werde die Auslösegrenze von 1.500 m2 Verkaufsfläche nicht erreicht; dementsprechend seien auch die im räumlichen, aber ansonsten unabhängigen Verband angesiedelten Dienstleistungsflächen nicht dazuzuzählen.

Die Beschwerdeführerin führte in ihrer Stellungnahme aus, jedes der hier fraglichen Gebäude mit den einzelnen Nummern Bau 1 bis Bau 12 stellte bautechnisch und baurechtlich ein selbstständiges Objekt dar. So seien Bau 5 und Bau 6 selbstständige Baukörper, wobei die Geschäftsflächen jedes Gebäudes unter der Auslösegrenze von 1.500 m2 lägen. Auch wenn beide Bauten in einem gemeinsamen Bauakt abgehandelt worden seien, ändere dies nichts an deren bautechnischer und baurechtlicher Selbstständigkeit. Bau 11+12 seien durch Brandwände voneinander getrennt, lediglich im Obergeschoß gebe es eine Verbindung. Unbeschadet dessen werde die Grenze von 1.500 m2 deshalb nicht überschritten, weil die drei Verkaufsflächen im Erd- und Obergeschoß insgesamt nur 1.498,67 m2 ausmachten. Jedenfalls werde bei keinem der beanstandeten Bauten die Grenze von 1.500 m2 Verkaufsfläche überschritten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde gemäß § 103 Oö. Gemeindeordnung 1990 die Baubewilligungsbescheide betreffend Bau 1, Bau 3A, Bau 5+6 und Bau 11+12 auf. Ausgehend von der im Bescheid wiedergegebenen (oben auszugsweise dargestellten) Flächenberechnung durch den Sachverständigen werde die in §§ 23 Abs. 3 iVm 24 O.ö. Raumordnungsgesetz angeführte zulässige Gesamtverkaufsfläche von 1.500 m2 massiv überschritten.

Bau 1 weise eine Verkaufs- und Ausstellungsfläche von

1.366 m2, einen Dienstleistungsbereich von 659,75 m2 auf. Die Summe ergäbe eine für Kunden zugängliche und anrechenbare Verkaufs- und Dienstleistungsfläche von 2.026,37 m2.

Der zweigeschossige Bau 3A weise im Erdgeschoss vier Verkaufslokale mit einer Gesamtfläche von 1.359,84 m2 auf. Zusätzlich bestehe im Erdgeschoss ein Gastronomielokal; unter Einschluss des Fitnessstudios im Obergeschoss bestehe eine Gesamtverkaufsfläche von 2.182,59 m2.

Das als Bau 5+6 bezeichnete Bauvorhaben stelle ein einheitliches Gebäude dar. Das Obergeschoss weise zwei, durch Feuermauern getrennte Verkaufslokale neben Lagerflächen und sonstigen, nicht als Verkaufsflächen deklarierte Funktionsräumlichkeiten auf. Das bautechnisch und optisch als einheitlicher Bau in Erscheinung tretende Gebäude befinde sich auf einem gemeinsamen Bauplatz. Die Summe der beiden Verkaufsflächen (für Bau 5 der von der Gemeinde angegebene Wert) ergäbe eine Gesamtverkaufsfläche von 2.881,75 m2.

Der zweigeschossige Bau 11+12 weise eine Verkaufsfläche von 1.498,67 m2 und eine als Dienstleistungsfläche bezeichnete Räumlichkeit von 107,46 m2 auf. Die Gesamtverkaufsfläche betrage, auch wenn man Messe- und Ausstellungsflächen unberücksichtigt lasse, 1599,13 m2. Schon auf Grund des gemeinsamen Obergeschosses liege ein einheitlicher Geschäftsbau vor.

Da die von der Baubehörde bewilligte Agglomeration von Geschäftsbauten eine Gesamtverkaufsfläche von 17.338,24 m2 aufweise, seien selbst unter Bedachtnahme auf die Eigenverantwortlichkeit der Gemeinde und unter Schonung der erworbenen Rechte Dritter die angeführten Baubewilligungsbescheide aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit welcher die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin führt aus, dass betreffend der aufgehobenen Bewilligungsbescheide keine Überschreitung der Flächen von 1.500 m2 je Geschäftsbau vorliege; darüber hinaus vorhandene Dienstleistungsflächen seien mangels Überschreiten der Grenze nicht dazu zu zählen.

Bau 5+6 stellten unbeschadet eines gemeinsamen Bewilligungsbescheides zwei getrennte Bauten dar. Diese seien bautechnisch und baurechtlich selbstständige Bauten, jeweils selbstständig standsicher und durch Feuermauern abgeschlossen. Jedes Gebäude habe eigene Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Ob der Bau als einheitlicher Bau in Erscheinung trete sei unerheblich, das optische Erscheinungsbild sei für die Beurteilung eines einheitlichen bzw. getrennten Baues nicht von Bedeutung. Auch Bau 11+12 seien unbeschadet des gemeinsamen Bewilligungsbescheides getrennte Baulichkeiten. Selbst bei Zusammenrechnung dieser Bauten würde nur eine Gesamtverkaufsfläche von 1.498,67 m2 bestehen.

Gemäß § 97 Abs. 1 O.ö. Gemeindeordung 1990 (zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 5/2005; GemO) übt das Land das Aufsichtsrecht über die Gemeinde dahin aus, dass diese bei Besorgen des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze und Verordnungen nicht verletzt, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt. Gemäß § 103 Abs. 1 GemO können rechtskräftige Bescheide der Gemeindeorgane, die Gesetze oder Verordnungen verletzen, von der Aufsichtsbehörde von Amts wegen oder über Antrag aufgehoben werden.

Eine solche Rechtsverletzung nahm die belangte Behörde bezüglich der hier gegenständlichen Baubewilligungen deshalb an, weil Grenzwerte für Geschäftsbauten im Kerngebiet nicht eingehalten worden wären.

Gemäß § 35 Abs. 1 Z. 2 O.ö. BauO 1994 ist die beantragte Baubewilligung zu versagen, wenn das Bauvorhaben den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes widerspricht. Bei den hier bewilligten Vorhaben handelt es sich um "Geschäftsbauten"; rechtswidrig wären die Baubewilligungen dann, wenn die Vorhaben im Kerngebiet nicht zulässig sind.

§ 23 O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 idF LGBl. Nr. 115/2005 (ROG) betrifft Sonderwidmungen im Bauland. Abs. 3 dieser Bestimmung lautet:

"(3) Als Gebiete für Geschäftsbauten sind solche Flächen vorzusehen, die für Geschäftsbauten (§ 24) bestimmt sind. Solche Geschäftsbauten dürfen - ausgenommen in Kerngebieten bis 1.500 m2 -

ausschließlich in diesen Gebieten errichtet werden; ihre Gesamtverkaufsfläche darf das im Flächenwidmungsplan festgelegte Höchstausmaß nicht übersteigen. Gleiches gilt für die Verwendung eines bisher anderweitig verwendeten Gebäudes als Geschäftsbau sowie für die Vergrößerung der Gesamtverkaufsfläche eines bereits bestehenden Geschäftsbaus. Andere Bauten und Anlagen dürfen nicht errichtet werden."

§ 24 Abs. 1 und 2 ROG lauten:

"(1) Als Geschäftsbauten gelten Handelsbetriebe, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 300 m2 beträgt. Als Gesamtsverkaufsfläche gelten alle Flächen eines Handelsbetriebs, auf denen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, unabhängig davon, ob es sich um geschlossene Räume oder Freiflächen handelt. Die Verkaufsflächen mehrerer Handelsbetriebe, die in einem räumlichen Naheverhältnis zueinander stehen oder eine betriebsorganisatorische, funktionelle oder wirtschaftsstrukturelle Einheit bilden, insbesondere gemeinsam genutzte Einrichtungen, z.B. Gänge, Parkplätze, Garagen, interne Infrastruktur haben (so genannte Einkaufs- oder Fachmarktzentren) sind - ausgenommen in Kerngebieten - zur Ermittlung der Gesamtverkaufsfläche zusammenzuzählen.

(2) Übersteigt die nach Abs. 1 zu ermittelnde Gesamtverkaufsfläche eines oder mehrerer Handelsbetriebe 1.500 m2, dürfen die zur Bebauung vorgesehenen Flächen nur insoweit als Gebiet für Geschäftsbauten gewidmet werden, als in einem Raumordnungsprogramm (§ 11 Abs. 3) die Widmung für zulässig erklärt wird. In diesem Raumordnungsprogramm sind nähere Festlegungen insbesondere darüber zu treffen, welche Arten von Märkten (z.B. Lebensmittelmärkte, Bau-, Möbel-, Textil-, Fliesenfachmärkte, etc.) bis zu welcher Gesamtverkaufsfläche zulässig sind. Die Beschränkung oder der Ausschluss eines bestimmten Warenangebots (z.B. Lebensmittel der Grundversorgung) ist zulässig."

Aus diesen Bestimmungen folgt zunächst, dass Geschäftsbauten, also Handelsbetriebe mit einer Gesamtverkaufsfläche von mehr als 300 m2, einer Sonderwidmung im Bauland bedürfen; übersteigt die Gesamtverkaufsfläche 1.500 m2 nicht, dann sind sie auch im Kerngebiet zulässig.

Im Beschwerdefall ist die Frage zu lösen, wie diese Gesamtverkaufsfläche zu ermitteln ist; dabei geht es einerseits darum, ob Flächen für Verkauf und Dienstleistung zusammenzurechnen sind, andererseits darum, inwieweit die baulichen Gegebenheiten eine Beurteilung als "ein Handelsbetrieb" oder "mehrere Handelsbetriebe" zulassen.

Zur zweiten Frage lässt sich aus § 24 ROG eine Bezugnahme auf bauliche Gegebenheiten nicht entnehmen; die Definition in dessen Abs. 1 stellt auf "Handelsbetriebe" ab, unabhängig davon, ob sich dieser Betrieb in einem Gebäude oder auf Freiflächen befindet oder auf mehrere Gebäude pavillonartig verteilt ist. Dass die baulichen Gegebenheiten nicht im Vordergrund stehen, ergibt sich auch aus der Zusammenrechnungsbestimmung im dritten Satz des § 24 Abs. 1 ROG: Die Zusammenrechnung wird sowohl durch das räumliche Nahverhältnis einerseits, als auch durch die betriebsorganisatorische, funktionelle und wirtschaftliche Einheit andererseits bewirkt. Selbst das Merkmal des räumlichen Nahverhältnisses wird nicht auf ein einzelnes Gebäude beschränkt, spricht doch auch der bei Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht6, 862 f, wiedergegebene Ausschussbericht zur ROG-Novelle 1999 von "Bauten", die in einem räumlichen Naheverhältnis stehen (siehe auch das zur Rechtslage vor der ROG-Novelle 1999 ergangene hg. Erkenntnis vom 21. November 2000, Zl. 99/05/0248, welches in diesem Zusammenhang die Definitionen in § 2 Bautechnikgesetz unangewendet lässt).

Daraus folgt, dass beim Bau 5+6, unabhängig davon, ob man von einem Gebäude oder von zwei gekuppelt aneinander gebauten Gebäuden ausgeht, das räumliche Nahverhältnis jedenfalls vorliegt; beim Bau 11 und 12 kann wegen des gemeinsamen Obergeschoßes kein Zweifel daran bestehen, dass hier nur ein Gebäude vorliegt.

Keine der einzelnen in der obigen Tabelle angeführten Verkaufs-, aber auch Dienstleistungsflächen übersteigt den für die Zulässigkeit im Kerngebiet maßgeblichen Schwellenwert von

1.500 m2. § 24 Abs. 1 dritter Satz ROG nimmt aber Geschäftsbauten in Kerngebieten von der Zusammenrechnung der Verkaufsflächen mehrerer Handelsbetriebe aus. Dem angefochtenen Bescheid kann nicht entnommen werden, dass die belangte Behörde das Vorliegen "mehrerer" Handelsbetriebe angezweifelt hätte. In keinem der vier Fälle geht sie davon aus, dass die von ihr ermittelten Gesamtverkaufsflächen einem einzigen Handelsbetrieb zuzuordnen wäre.

Beim Bau 5+6 hätte im Sinne der nach § 24 Abs. 1 dritter Satz ROG festgelegten Ausnahme für Kerngebiete eine Zusammenrechnung nur erfolgen dürfen, wenn beide Verkaufsflächen einem Handelsbetrieb zuzuordnen sind; diesbezüglich liegen aber keine Feststellungen vor.

Auch wenn beim Bau 11+12 die drei Verkaufsflächen (die Messe- und Ausstellungsflächen hat die belangte Behörde zur Begründung der Aufhebung der Baubewilligung nicht herangezogen) einem Handelsbetrieb zuzuordnen wären, wäre der Schwellenwert nicht überschritten (1.496,67 m2 laut obiger Tabelle). Die Überschreitung nimmt die belangte Behörde hier wie auch beim Bau 1 und beim Bau 3A durch die Heranziehung von Dienstleistungsflächen (Kosmetikstudio, "Gastro", Änderungsschneiderei, sowie, bei Bau 11+12, "nicht definiert") an.

Dabei ist der belangten Behörde grundsätzlich zu folgen, dass solche Dienstleistungsflächen dann, wenn eine Zusammenrechnung geboten ist, jedenfalls bei einem Überwiegen der reinen Verkaufsflächen in die Ermittlung der Gesamtverkaufsfläche einzubeziehen sind. Durch die ROG-Novelle 1999 wurde der Tatbestand des damaligen § 24 Abs. 2 um Dienstleistungen ergänzt und gleichzeitig die Ausnahme für Kerngebiete eingefügt (siehe die Darstellung bei Grabenwarter, Was ist ein Geschäftsbau für den überörtlichen Bedarf nach dem Oö ROG?, bbl 2001, 59). Der dort und auch bei Neuhofer, aaO, wiedergegebene Ausschussbericht zeigt auf, dass der geschäftliche Schwerpunkt des Handelsbetriebes im Verkauf von Waren gelegen ist, dass dort aber auch Dienstleistungs- oder Gastronomiebetriebe oder ähnliche Betriebssparten untergebracht sind. Die ROG-Novelle 2005 hat den Abs. 1 des § 24 ROG alter Fassung ("Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf sind: ...") und die dort enthalten Auflistung von Handelsbetrieben ohne jegliche Dienstleistungskomponente beseitigt. Der klare Wortlaut des nunmehrigen Abs. 1 des § 24 ROG erlaubt eine Unterscheidung zwischen Flächen eines Handelsbetriebes, auf denen Waren angeboten werden, und solchen, auf denen Dienstleistungen angeboten werden, keinesfalls.

In Anbetracht des Zusammenrechnungsverbotes für Kerngebiete ist auch in diesem Zusammenhang allein entscheidend, ob ein einziger oder mehrere Handelsbetriebe vorliegen. Die belangte Behörde hat aber nicht festgestellt, dass die aufgezählten Dienstleistungsbereiche und Verkaufsflächen gemeinsam einem Handelsbetrieb zuzuordnen wären.

In ihrer Gegenschrift führt die belangte Behörde zwar aus, sie hätte die Privilegierung des Kerngebietes, wonach die Verkaufsflächen verschiedener selbstständiger Geschäftsbauten nicht zusammen zu zählen seien, im angefochtenen Bescheid genauestens beachtet. Dabei wurde offenbar der Begriff "Handelsbetrieb" mit dem eines Gebäudes gleichgesetzt. Dieses Abstellen ausschließlich auf bauliche Gegebenheiten ist aber, wie oben ausgeführt, mit den in § 24 Abs. 1 dritter Satz ROG formulierten Zusammenrechnungskriterien nicht in Einklang zu bringen; gerade von dieser Zusammenrechnung sind Vorhaben im Kerngebiet aber ausgenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass sich die Frage, ob ein oder mehrere Handelsbetriebe vorliegen, in einem Fall, bei dem nicht der (oder die) zukünftigen Betreiber, sondern eine Errichtungsgesellschaft Bauwerber ist, allein anhand der Pläne und Beschreibungen nicht lösen lässt. Die Erforderlichkeit einer derartigen Feststellung wird durch die Zusammenrechnung vermieden; dieser Effekt wird aber zunichte gemacht, wenn die Privilegierung des Kerngebietes nicht durch eine gesonderte Regelung, sondern durch bloße Ausnahme vom Zusammenrechnungsgebot erfolgt.

Dadurch, dass die belangte Behörde schon auf Grund der von ihr getroffenen Feststellungen für die vier hier bewilligten Vorhaben das Erfordernis einer Sonderwidmung in Bauland und damit einen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan annahm, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. Mai 2009

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