Normen
AsylG 1997 §19 Abs1;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §34b;
AsylG 1997 §44 Abs2;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AVG §72 Abs1;
FrPolG 2005 §124 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §19 Abs1;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §34b;
AsylG 1997 §44 Abs2;
AsylG 2005 §75 Abs1;
AVG §72 Abs1;
FrPolG 2005 §124 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde eine Schubhaftbeschwerde des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) als unbegründet ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 4. Oktober 2005 wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er habe sich bis 22. September 2006 in Strafhaft befunden. Unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft sei er "in den Schubhaftvollzug" übernommen worden. Bereits am 20. März 2006 habe die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gegen den Beschwerdeführer ein auf zehn Jahre befristetes Rückkehrverbot verhängt. Ein von der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg angefordertes Heimreisezertifikat sei bei der Fremdenpolizeibehörde am 16. August 2006 eingelangt. Zwar sei früher (am 8. November 2004) vom unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) eine Ausweisung "gemäß §§ 7 und 8 AsylG ausgesprochen" worden und es sei der diesbezügliche Bescheid am 26. November 2004 in Rechtskraft erwachsen, jedoch sei einem vom Beschwerdeführer gestellten Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben worden. Einer Information des UBAS zufolge sei allerdings "in Kürze mit einer abweisenden Entscheidung" zu rechnen.
In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, es sei "im Hinblick auf die in § 76 (1 und 2) FPG 2005 umschriebenen Schubhaftzwecke im Zeitpunkt der Haftverhängung durch die Behörde nicht abschließend zu beurteilen", ob die im Gesetz durch die Haft zu sichernden Maßnahmen wie Aufenthaltsverbot, Ausweisung oder Abschiebung auch tatsächlich erlassen oder verhängt würden. Es genüge vielmehr, wenn die Behörde auf Grund der ihr bis zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände miteinander logisch verknüpften Sachverhaltselemente berechtigten Grund zur Annahme haben könne, dass diese Maßnahmen, Verfahrensschritte oder Vollzugshandlungen möglich sein würden. Weiters verneinte die belangte Behörde auf Grund der von ihr angenommenen fehlenden beruflichen und sozialen Verankerung des Beschwerdeführers im Inland, dass mit einem gelinderen Mittel im Sinne des § 77 FPG das Auslangen hätte gefunden werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer ist - im Ergebnis - mit seiner Rüge, die von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen wären auf ihn nicht anwendbar, im Recht.
Die belangte Behörde ging bei ihrer Entscheidung davon aus, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Bewilligung eines im Asylverfahren gestellten Wiedereinsetzungsantrages im hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Anhaltung (wieder) Asylwerber gewesen sei. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich - unstrittig und unzweifelhaft -, dass der Asylantrag vom Beschwerdeführer am 20. Juli 2004 gestellt wurde und das Asylverfahren am 31. Dezember 2005 anhängig war (dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 20. Dezember 2004, dem Beschwerdeführer zugestellt am 22. Dezember 2004, stattgegeben worden).
Nach der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 1 des (am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen) Asylgesetzes 2005 - AsylG 2005 (welches in der hier maßgeblichen Stammfassung BGBl. I Nr. 100/2005 anzuwenden ist) sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen (Asyl-)Verfahren nach den Bestimmungen des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Asylgesetzes 1997 - AsylG zu Ende zu führen. Der § 44 Abs. 2 AsylG bestimmte hinsichtlich der Änderungen durch die (am 1. Mai 2004 in Kraft getretene) AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, dass Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt werden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der jeweils geltenden Fassung geführt werden.
Demzufolge war das Verfahren über den vom Beschwerdeführer am 20. Juli 2004 gestellten Asylantrag nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 zu Ende zu führen.
Das Asylgesetz 1997 sah in der genannten Fassung die Zulässigkeit einer Schubhaft grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen seines § 34b vor. Hingegen fanden gemäß § 21 Abs. 1 AsylG auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz iSd § 19 Abs. 1 AsylG genießen oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde, u.a. die Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 - FrG über die Schubhaft keine Anwendung. In diesen asylrechtlichen "Altfällen" kommt die Verweisungsnorm des § 124 Abs. 2 FPG zum Tragen, der zufolge an die Stelle der von der Anwendung auf Asylwerber ausgenommenen Bestimmungen des FrG diejenigen des FPG treten. Somit sind die Bestimmungen des FPG über die Schubhaft auf Asylwerber, deren Verfahren nach dem Asylgesetz 1997 in der Fassung der Novelle 2003 zu Ende zu führen sind - vorbehaltlich des hier nicht in Betracht kommenden § 75 Abs. 1 vierter Satz AsylG 2005 (weder den Feststellungen der belangten Behörde noch den Verwaltungsakten ist die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens zu entnehmen) - dann nicht anwendbar, wenn sie faktischen Abschiebeschutz genießen oder ihnen eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt wurde (vgl. aus jüngster Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009, Zl. 2006/21/0105, mwH).
Dem Beschwerdeführer war im Asylverfahren eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgestellt worden. Durch die Bewilligung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist trat das Verfahren in jene Lage zurück, in der er sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat (§ 72 Abs. 1 AVG). Somit verfügte der Beschwerdeführer auch im hier relevanten Zeitraum, in dem das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen war, über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG. Es kam ihm somit die Stellung eines Asylwerbers zu, dessen Anhaltung in Schubhaft nach der dargestellten Rechtslage nur unter den Voraussetzungen des § 34b AsylG erfolgen hätte dürfen. Demnach erweist sich die Heranziehung des FPG als Grundlage für die Schubhaft für den hier relevanten Zeitraum als rechtswidrig (vgl. neuerlich das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2009).
Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. März 2009
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