VwGH 2006/18/0450

VwGH2006/18/04509.11.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Enzenhofer und die Hofrätin Mag. Merl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, in der Beschwerdesache des I U in Vorchdorf, geboren am 24. Februar 1959, vertreten durch die Buchberger Rechtsanwalts KEG in 4810 Gmunden, Stelzhamerstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25. Oktober 2006, Zl. VwSen-720065/31/BMa/Jo, betreffend Weiterleitung eines Anbringens gemäß § 6 Abs. 1 AVG, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit der - lediglich in Ansehung des Punktes "I." in Beschwerde gezogenen - "Verfügung" vom 25. Oktober 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (die belangte Behörde) die Berufung vom 8. Juli 2005 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 27. Juni 2005, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, mangels Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich weitergeleitet.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer könne nicht als Arbeitnehmer, dem die aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 (ARB) erfließenden Rechte zukämen, bezeichnet werden, weil er federführend im Familienbetrieb tätig und somit als selbständig erwerbstätig anzusehen sei. Da ihm die Rechtsstellung nach Art. 6 ARB nicht zukomme bzw. er die aus diesem Beschluss erworbenen Rechte verloren habe, sei § 9 Abs. 1 Z. 1 FPG für ihn nicht anzuwenden und der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht zur Behandlung der Berufung gegen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zuständig. Die Berufung sei daher gemäß § 6 Abs. 1 AVG an die zuständige Stelle, in diesem Fall die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, weiterzuleiten.

Im Anschluss an diese Begründung enthält die angefochtene

Erledigung Folgendes:

"Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel

zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten."

2. Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass der Beschwerdeführer sehr wohl Arbeitnehmer sei. § 9 Abs. 1 Z. 1 FPG sei daher anzuwenden und der Unabhängige Verwaltungssenat wäre für das Berufungsverfahren zuständig gewesen.

3. Für den Bescheidcharakter einer behördlichen Willenserklärung ist in erster Linie maßgebend, ob sie einen die zur Entscheidung stehende Rechtssache bindend regelnden Spruch enthält, der in Rechtskraft erwachsen kann. Wird eine behördliche Erledigung nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet, kommt ihr nur dann Bescheidcharakter zu, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat, wobei für die Wertung als Bescheid ein strenger Maßstab anzulegen ist. Demgegenüber kommt der Rechtsmittelbelehrung für die Wertung einer Erledigung als Bescheid keine so wesentliche Bedeutung zu. (Vgl. zum Ganzen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 E 1 ff zu § 58 AVG zitierte hg. Judikatur.)

Die vorliegende Erledigung ist ausdrücklich als "Verfügung" bezeichnet. Mit ihr wird eine Eingabe des Beschwerdeführers gemäß § 6 Abs. 1 AVG an eine andere Behörde weitergeleitet. Einen behördlichen Abspruch über diese Eingabe - etwa durch deren Zurückweisung - enthält die angefochtene behördliche Erledigung hingegen nicht. Damit kommt ihr nach der dargestellten Judikatur - ungeachtet der Verwendung des Wortes "Bescheid" in der "Rechtsmittelbelehrung" und im "Hinweis" gemäß § 61a AVG - kein Bescheidcharakter zu. Der unrichtige Hinweis nach § 61a Abs. 1 AVG vermag ein nach dem Gesetz nicht bestehendes Recht auf Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht zu begründen (vgl. die bei Walter/Thienel a.a.O. E 13 zu § 61a AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

4. Da es sich somit bei der angefochtenen Erledigung nicht um einen Bescheid handelt, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 29. November 2006, Zl. 2006/18/0385).

5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 9. November 2009

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