VwGH 2006/08/0226

VwGH2006/08/022613.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in V, vertreten durch Kerres & Diwok Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 7. Juni 2006, Zl. GS8-SV-301/001-2004, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei:

Niederösterreichische Gebietskrankenkasse, 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:

Normen

ARG 1984 §9 Abs2;
EFZG §3 Abs2;
EFZG §3 Abs3;
UrlaubsG 1976 §6 Abs3;
ARG 1984 §9 Abs2;
EFZG §3 Abs2;
EFZG §3 Abs3;
UrlaubsG 1976 §6 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit fünf Bescheiden vom 22. März 2004 schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich des Zeitraumes 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 2002 näher genannte Beiträge zur Nachentrichtung vor.

Die dagegen erhobenen Einsprüche wurden mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG ist bei den pflichtverischerten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage). Nach § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Demnach ist für die Bemessung der allgemeinen Beiträge nicht lediglich das im Beitragszeitraum an den pflichtversicherten Dienstnehmer tatsächlich gezahlte Entgelt (die Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch des pflichtversicherten Dienstnehmers bestand. Ob ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zl. 2001/08/0048, mwN).

Im vorliegenden Fall wurden zwischen den Dienstnehmern, hinsichtlich deren Entgeltbezug eine Beitragsnachverrechnung erfolgte, und der beschwerdeführenden Partei, wie auch in der Beschwerde ausgeführt wird und wovon auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeht, jeweils einzelvertragliche Regelungen dahingehend abgeschlossen, dass sich die Dienstnehmer anlässlich des Eintrittes in die Dienste der beschwerdeführenden Partei bereit erklärten anzuerkennen, dass der Anspruch auf Einrechnung der regelmäßig geleisteten Überstunden in Nichtleistungszeiten (§ 6 Urlaubsgesetz, § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz und § 3 Feiertagsruhegesetz) mit der Überzahlung, welche über den Kollektivvertragslohn gewährt wird, abgegolten ist. Es sei somit klargestellt, dass ein Teil der Überzahlung der Abgeltung des Überstundenentgeltes für Nichtleistungszeiten (Urlaub, Krankenstand und Feiertag) diene. Ein separater Ausweis in der Lohnabrechnung werde nicht vorgenommen. Diese pauschale Vorgangsweise erachte die Geschäftsleitung aus Vereinfachungsgründen als notwendig, da bei detaillierter Abrechnung des Zuschlages für Nichtleistungszeiten ein unverhältnismäßig hoher administrativer Aufwand entstünde.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob diese Vereinbarungen rechtswirksam getroffen wurden bzw. ob den Bediensteten unbeschadet dieser Vereinbarungen auch während der "Nichtleistungszeiten" ein Entgelt zusteht, in welches zuvor geleistete Überstunden einzurechnen sind.

§ 6 Urlaubsgesetz hat folgenden Wortlaut:

"Urlaubsentgelt

§ 6. (1) Während des Urlaubes behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Entgelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

(2) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf für die Urlaubsdauer nicht gemindert werden.

(3) In allen anderen Fällen ist für die Urlaubsdauer das regelmäßige Entgelt zu zahlen. Regelmäßiges Entgelt ist jenes Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre.

(4) Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten ist das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten dreizehn voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten zu berechnen.

(5) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfasungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Urlaubsentgelt anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Regelung der Höhe des Urlaubsentgeltes kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 3 und 4 geregelt werden.

(6) Das Urlaubsentgelt ist bei Antritt des Urlaubes für die ganze Urlaubsdauer im voraus zu zahlen."

§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz lautet:

"Höhe des fortzuzahlenden Entgelts

§ 3. (1) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf wegen einer Arbeitsverhinderung für die Anspruchsdauer gemäß § 2 nicht gemindert werden.

(2) In allen anderen Fällen bemisst sich der Anspruch gemäß § 2 nach dem regelmäßigen Entgelt.

(3) Als regelmäßiges Entgelt im Sinne des Abs. 2 gilt das Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre.

(4) Bei Akkord-, Stück oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten bemisst sich das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten.

(5) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Entgelt nach diesem Gesetz anzusehen sind. Die Berechnung für die Ermittlung der Höhe des Entgelts kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 3 und 4 geregelt werden."

§ 3 Feiertagsruhegesetz lautet:

"§ 3. (1) Soweit in den im § 2 Abs. 1 bezeichneten Gesetzen und Verordnungen Vorschriften über die Entlohnung der Sonntagsarbeit enthalten sind, gelten sie nicht für die Feiertagsarbeit.

(2) Für Feiertage ist das regelmäßige Entgelt zu leisten, außerdem ist für Arbeiten, die auf Grund geltender Ausnahmebestimmungen an Feiertagen geleistet werden, das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt zu zahlen. Diese Bestimmungen gelten nicht, wenn ein Feiertag auf einen Sonntag fällt.

(3) Soweit Tarif- oder Betriebsordnungen günstigere Bestimmungen über die Feiertage oder über die Entlohnung der Feiertagsarbeit enthalten, bleiben diese Bestimmungen unberührt.

(4) Die näheren Bestimmungen übe die Lohnzahlung an Feiertagen erlässt das Bundesministerium für soziale Verwaltung durch Verordnung."

§ 9 Arbeitsruhegesetz hat folgenden Wortlaut:

"Entgelt für Feiertage und Ersatzruhe

§ 9. (1) Der Arbeitnehmer behält für die infolge Feiertages

oder der Ersatzruhe (§ 6) ausgefallene Arbeit seinen Anspruch auf Entgelt.

(2) Dem Arbeitnehmer gebührt jenes Entgelt, das er erhalten hätte, wenn die Arbeit nicht aus den im Abs. 1 genannten Gründen ausgefallen wäre.

(3) Bei Akkord-, Stück oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten ist das fortzuzahlende Entgelt nach dem Durchschnitt der letzten 13 voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten zu berechnen. Hat der Arbeitnehmer nach Antritt des Arbeitsverhältnisses noch keine 13 Wochen voll gearbeitet, so ist das Entgelt nach dem Durchschnitt der seit Antritt des Arbeitsverhältnisses voll gearbeiteten Zeiten zu berechnen.

(4) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Entgelt anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Ermittlung der Höhe des Entgeltes kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 2 und 3 geregelt werden.

(5) Der Arbeitnehmer, der während der Feiertagsruhe beschäftigt wird, hat außer dem Entgelt nach Abs. 1 Anspruch auf das für die geleistete Arbeit gebührende Entgelt, es sei denn, es wird Zeitausgleich im Sinne des § 7 Abs. 6 vereinbart."

Gemäß Punkt XVI. 4. des - für die beschwerdeführende Partei maßgeblichen - Kollektivvertrages für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie in den hier maßgebenden Fassungen vom November 1998, 1999, 2000 und 2001 gelten für Ansprüche aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz und dieses Kollektivvertrages im Sinne des Generalkollektivvertrages über den Begriff des Entgeltes Überstunden dann als regelmäßig, wenn sie in den letzten 13 abgerechneten Wochen (bzw. drei Monaten oder Kalendervierteljahr) vor der Arbeitsverhinderung durch mindestens sieben Wochen geleistet wurden. Zur Berechnung des Durchschnittes des Entgeltes sowie des Krankengeldzuschusses gemäß Punkt 1. und 2. sind jene drei abgeschlossenen Beitragszeiträume vor der Erkrankung heranzuziehen, die zeitlich mit dem für die Ermittlung der Ansprüche auf Berücksichtigung der Überstunden maßgebenden Zeitraum zusammen fallen. Zeiten ohne Entgeltanspruch sind auszuscheiden.

In den Fassungen 2000 und 2001 werden darüber hinaus Festlegungen durch Betriebsvereinbarung für zulässig erklärt, die jedoch im vorliegenden Fall nicht von Relevanz sind.

Gemäß Punkt XVII. 11. des genannten Kollektivvertrages in den hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassungen erfolgt die Berechnung des Urlaubsentgeltes nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die Einführung einer Pflegefreistellung und des Generalkollektivvertrages vom 22. Februar 1978 über den Begriff des Entgeltes gemäß § 6 Urlaubsgesetz. Für die Einbeziehung von Überstunden und die Durchschnittsberechnung gilt Abschnitt XVI. 4. sinngemäß. Die Berechnung des Urlaubszuschusses erfolgt nach den Bestimmungen über den Verdienstbegriff (Abschnitt X.).

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. März 1991, Zl. 88/08/0239, ausgeführt hat, wird das regelmäßige Entgelt, nach dem sich gemäß § 3 Abs. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. § 6 Abs. 3 erster Satz Urlaubsgesetz der Anspruch auf Kranken- bzw. Urlaubsentgelt in allen anderen Fällen (in denen es sich nämlich nicht um nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes handelt) bemisst, in § 3 Abs. 3 Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. § 6 Abs. 3 zweiter Satz Urlaubsgesetz nicht anders umschrieben als in § 9 Abs. 2 Arbeitsruhegesetz, nämlich mit jenem Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten bzw. der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Darin kommt das sogenannte "Ausfallsprinzip" zum Ausdruck, wonach der Arbeitnehmer während dieser Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden soll, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht, und er daher weder einen wirtschaftlichen Nachteil erleiden noch auch einen wirtschaftlichen Vorteil erringen soll (zum Ausfallsprinzip vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1984, Zl. 82/08/0248 mwN).

Im zitierten Erkenntnis vom 5. März 1991 hat der Verwaltungsgerichtshof ferner dargelegt, dass Überstunden mitzuberücksichtigen sind, wenn im jeweiligen Beobachtungszeitraum Überstunden regelmäßig geleistet worden sind.

Dagegen führt die beschwerdeführende Partei ins Treffen, auch gegenüber zwingenden arbeitsrechtlichen Normen seien abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarungen unter der Voraussetzung zulässig, dass sie für den Arbeitnehmer günstiger seien.

Dem ist entgegenzuhalten, dass günstigere Vereinbarungen nur insoweit zulässig sind, als nicht der sozialpolitische Ordnungsgedanke der zwingenden Norm dem entgegensteht.

Zu dieser Frage hat der Oberste Gerichtshof in seinem Urteil vom 8. Juli 1999, Zl. 8 ObA 256/98z, Folgendes ausgeführt:

"Bei der praktischen Anwendung des Günstigkeitsprinzips ist grundsätzlich auf den Einzelfall des betroffenen Arbeitnehmers abzustellen; die Wertung richtet sich aber nicht nach der subjektiven Einschätzung des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers, sondern nach objektiven Kriterien. Demnach können bei der Prüfung der Günstigkeit nicht einzelne Bestimmungen isoliert betrachtet, sondern nur sachlich und rechtlich zusammenhängende Bestimmungen miteinander verglichen werden. Hiebei sind auch sozialpolitische Zwecke zu berücksichtigen; Kompensationen, die konkreten sozialpolitischen Zwecken der Mindestnorm widersprechen, sind unzulässig, wie etwa eine Kompensation der kollektivvertraglich geregelten Haushalts- und Kinderzulage mit den im Einzelvertrag vereinbarten Provisionen (ZAS 1989, 87); insofern deckt sich die Revision mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung (für alle Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht6 69ff; Cerny/Haas-Laßnigg/B. Schwarz, Arbeitsverfasungsrecht II, 48 f jeweils mwN; sowie Firlei, Das Problem der Objektivierung des Günstigkeitsvergleichs im österreichischen und deutschen Arbeitsververfassungsrecht, DRdA 1981, 1 (6 ff)).

Die Revision zieht aus dem Gesagten im konkreten Fall den Schluss, dass eine Kompensation der kollektivrechtlich normierten Jahresremuneration und des Urlaubsentgelts mit der im Einzelvertrag vereinbarten Umsatzbeteiligung wegen deren sozialpolitischem Zweck unzulässig sei: Die Jahresremuneration trüge vor allem dem Interesse des Dienstnehmers an einer zusätzlichen Versorgung für den Urlaub und Weihnachten Rechnung. Die getroffene Regelung sei für die Klägerin nicht 'sinnvoll'; durch die von ihr gewünschte tägliche Auszahlung verstecke sie sich in der laufenden Zahlung und werde typischerweise laufend verbraucht. Dies gelte erst Recht für das Urlaubsentgelt. Die gemäß § 12 UrlG zwingende Regelung des § 6 UrlG solle sicherstellen, dass der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub auch tatsächlich konsumiere. Eine Vereinbarung, wonach das Urlaubsentgelt unabhängig vom Verbrauch des Urlaubs mit einem erhöhten laufenden Entgelt abgegolten werden solle, verstoße gegen den Zweck der am Ausfallsprinzip orientierten und damit durch die Inanspruchnahme des ihm gebührenden Urlaubs einen wirtschaftlichen Nachteil erleide, der ihn vom Verbrauch des Urlaubs abhalten könne, weil er dadurch während des Urlaubs einen 'radikalen Einkommensabfall' hinnehmen müsste.

Diese Argumentation ist nur teilweise, nämlich hinsichtlich des Urlaubsentgelts berechtigt. Eine solche Kompensation widerspricht tatsächlich den sozialpolitischen Zielen des Urlaubs. Die gemäß § 12 UrlG zwingende Regelung des Urlaubsentgelts in § 6 UrlG soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Urlaub auch tatsächlich konsumiert. Eine Vereinbarung, wonach das Urlaubsentgelt unabhängig vom Verbrauch des Urlaubs mit einer erhöhten laufenden Zahlung (oder auch mit einem Zuschlag zu diesem Entgelt) abgegolten werden soll, verstößt gegen den Zweck der am Ausfallsprinzip orientierten Regelung des § 6 UrlG, weil der Arbeitnehmer während des Urlaubs das laufende Entgelt nicht weiter bezieht und damit durch die Inanspruchnahme des ihm gebührenden Urlaubs einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, der ihn vom Verbrauch des Urlaubs abhalten könnte und ist daher unwirksam (9 ObA 172/93 = SZ 66/116 =WBl 1994, 127, 9 ObA 23/99s; Cerny, Urlaubsrecht7, 159; Kuderna, Urlaubsrecht2, 196). Der Klägerin steht daher das der Höhe nach unstrittige Urlaubsentgelt für die Jahre 1991 und 1993 noch zu; im Umfang dieses Zuspruchs ist das angefochtene Urteil abzuändern.

Hingegen ist die Einbeziehung der aliquoten Sonderzahlungsanteile in die laufende Entlohnung zulässig, so hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 ObA 121/95 = SZ 68/124 die Einbeziehung der aliquoten Anteile der Sonderzahlungen in das laufende Entgelt (dort Wochenpauschale) für zulässig erklärt; durch eine solche Vereinbarung wird lediglich die Fälligkeit der Sonderzahlungen gegenüber der kollektivvertraglichen Regelung vorverlegt; eine solche Regelung ist für den Arbeitnehmer eher günstig (DRdA 1989/18 (Csebrenyak) und kann durch Einzelvertrag gemäß § 3 Abs. 1 ArbVG zulässig vereinbart werden. Hinsichtlich der begehrten Jahresrenumerationen hat es daher bei der Abweisung des Klagebegehrens zu verbleiben."

Die beschwerdeführende Partei wendet gegen die Anwendbarkeit der soeben wiedergegebenen Revisionsentscheidung des OGH allerdings ein, der Sachverhalt sei insofern nicht vergleichbar, als hier den Arbeitnehmern während der Nichtleistungszeiten die kollektivvertragliche Überzahlung weiter geleistet werde, während nur der auf die durchschnittlichen Überstunden entfallende Teil des fortzuzahlenden Entgelts, welcher mit der kollektivvertraglichen Überzahlung abgegolten sei, nicht geleistet würde.

Der beschwerdeführenden Partei ist zuzugestehen, dass im vorliegenden Fall nicht das Urlaubsentgelt als solches, sondern lediglich der Anspruch auf Einrechnung der regelmäßig geleisteten Überstunden in Nichtleistungszeiten mit der Überzahlung über den Kollektivvertragslohn abgegolten werden sollte. Dennoch erweist sich die hier gegenständliche einzelvertragliche Regelung im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip bezüglich der Entgeltberechnung als unwirksam:

Auch bei der von der beschwerdeführenden Partei mit den Arbeitnehmern vereinbarten Vorgangsweise kommt es im Krankheits- und Urlaubsfall sowie in den sonstigen Entgeltfortzahlungsfällen zu einem Einkommensabfall, der Arbeitnehmer dazu verleiten kann, Urlaube und Arbeitsruhe nicht in Anspruch zu nehmen und Krankheiten nicht ausreichend auszuheilen. Dieser mit einer solchen Vereinbarung verbundene negative Anreiz ist das vom Gesetzgeber sozialpolitisch verpönte Element, wenn er teils das "Behalten" des Entgeltanspruchs angeordnet, teils sein Verringern verboten hat. Die Vereinbarung ist daher insoweit schon deshalb unwirksam, ohne dass ein Günstigkeitsvergleich anzustellen wäre. Es kann daher auch offen bleiben, ob eine Vereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger ist, wenn die für die Erbringung der Arbeitsleistung vereinbarte kollektivvertragliche Überzahlung durch eine vereinbarungsgemäß reduzierte Entgeltfortzahlung im Nichtleistungsfall wieder "aufgesaugt" werden kann, wobei das Ausmaß der "Aufsaugung" offenbar mit der Anzahl der regelmäßig geleisteten Überstunden einerseits und der Dauer z.B. krankheitsbedingter Abwesenheiten andererseits zunimmt. Der Sache nach scheint somit die Vereinbarung die Arbeitnehmer so zu stellen, als ob die durch Arbeitsleistung in Normal- und in Überstunden bereits verdiente kollektivvertragliche Überzahlung unter einem (zumindest teilweisen) Widerrufsvorbehalt im Entgeltsfortzahlungsfall (in Form der teilweisen Anrechnung der Überzahlung auf Teile der Entgeltfortzahlung) stünde.

Diese Regelung käme nämlich auch dann zum Tragen, wenn in dem gemäß Abschnitt XVI. 4. des oben zitierten Kollektivvertrages maßgebenden Beobachtungszeitraum ein größeres Maß an Überstunden geleistet worden wäre, das zu einer höheren Abgeltung geführt hätte, als sie sich aus der Überzahlung über den Kollektivvertragslohn insgesamt ergibt. Jedenfalls in derartigen Situationen träte aber die vom Obersten Gerichtshof in seinem genannten Urteil vom 8. Juli 1999 als verpönt dargestellte Situation ein, dass nämlich damit ein Anreiz geschaffen wäre, arbeitsfreie Zeiten zu vermeiden.

An der Unwirksamkeit einer solchen Einrechnungsvereinbarung bei der Entgeltfortzahlung wie der hier in Rede stehenden ändert auch nichts der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand, die Vereinbarung entspreche dem "wahren Willen" der Vertragsparteien bzw. die Arbeitnehmer hätten sich mit dieser Regelung ausdrücklich für einverstanden erklärt, da die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Vereinbarung nicht etwa an Willensmängeln scheitert, sondern an der Unwirksamkeitssanktion hinsichtlich abdingender Vereinbarungen in den §§ 12 Urlaubsgesetz, 6 EFZG, und Abs. 3 FRG bzw. an der auch für Verletzungen des § 9 Abs. 1 bis 3 und 5 ARG geltenden, als implizite Verbotsnorm zu beurteilenden Strafbestimmung des 27 Abs. 1 ARG.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 13. Mai 2009

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