VwGH 2006/07/0104

VwGH2006/07/010420.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Jantschgi, über die Beschwerde 1. des F S und 2. der M S, beide in K und vertreten durch Mag. Gernot Faber und Mag. Christian Kühteubl, Rechtsanwälte in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 34, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 2006, Zl. WA1- W-42169/001-2005, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: E M, K, U), zu Recht erkannt:

Normen

AllgGAG 1930 §3;
AVG §38 Abs1;
VermG 1968 §8 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §9;
AllgGAG 1930 §3;
AVG §38 Abs1;
VermG 1968 §8 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §32;
WRG 1959 §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W (BH) vom 1. April 1960 wurde der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung für die auf ihrem Grundstück Nr. 462, KG A., vorzunehmende Errichtung eines Fischteiches im Ausmaß von 30 x 20 m samt den notwendigen Ein- und Auslaufbauwerken am vorbeiführenden Tbach erteilt. Dieses Wasserrecht ist im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes W unter der Postzahl WB-2946 eingetragen.

Bereits damals hatte der Tbach sein ursprüngliches Gewässerbett, das sich auf im Eigentum der Republik Österreich stehenden Grundstücken befunden hatte, verlassen und seinen Lauf geändert. In dem hier maßgeblichen Bereich fließt er - den in den Verwaltungsakten befindlichen Plänen zufolge - über das im Eigentum der Mitbeteiligten stehende Grundstück Nr. 1022, KG K.

Die BH stellte mit Bescheid vom 27. Juni 1961 gemäß § 121 WRG 1959 fest, dass die Fischteichanlage projektsgemäß errichtet worden sei.

In der Folge wurde eine konsenslose Erweiterung dieser Anlage vorgenommen. Diese umfasst nunmehr vier nebeneinanderliegende, durch Dämme getrennte und mit Aus- und Überlaufbauwerken verbundene Teiche (im Ausmaß von 4,0 x 18,5 m, 13,0 x 15,0 m, 12,5 x 15,5 m und 19,5 x 15,5 m), die von der bestehenden Zuleitung aus dem Tbach gespeist werden. Von dem in Fließrichtung dieses Baches gesehenen letzten und als Schlammsammelbecken genutzten Teich 4 führt nun von dem den Beschwerdeführern eigentümlichen Grundstück Nr. 360 eine Ablauf- bzw. Ablassleitung in den Tbach, deren Auslauf sich an der linken Bachböschung befindet. Teile der erweiterten Anlage befinden sich auch auf den erwähnten, im Eigentum der Republik Österreich stehenden, das ehemalige Gewässerbett des Tbaches bildenden Grundstücken.

Ein erstes Ansuchen der Beschwerdeführer um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung vom 12. November 1997 wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 11. November 2002 mangels Vorliegens einer Zustimmung der Republik Österreich zur Nutzung ihrer Grundstücke rechtskräftig abgewiesen.

Hierauf stellten die Beschwerdeführer am 28. November 2002 ein zweites Ansuchen auf (nachträgliche) wasserrechtliche Bewilligung ihrer erweiterten Fischteichanlage, wobei nunmehr von Seiten der Republik Österreich der Inanspruchnahme ihrer von dem Projekt betroffenen Grundstücke mit Schreiben vom 18. März 2003 zugestimmt wurde.

Aus einem von der Abteilung "Vermessung" des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung erstellten und der BH im April 2004 übermittelten Plan ging hervor, dass sich laut eingereichtem Projekt ein Teil des Ablaufs der Fischteichanlage auf dem im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstück Nr. 1022 befindet. Die BH forderte die Beschwerdeführer daher unter Androhung der sonstigen Antragsabweisung mit Schreiben vom 28. Juni 2004 auf, binnen vier Wochen eine Zustimmungserklärung der Mitbeteiligten vorzulegen.

Da die Beschwerdeführer diesem Auftrag trotz Gewährung einer Nachfrist nicht nachgekommen waren, wies die BH den Antrag der Beschwerdeführer vom 28. November 2002 mit Bescheid vom 29. März 2005 gemäß § 12 WRG 1959 ab.

In der von den (rechtsanwaltlich vertretenen) Beschwerdeführern mit Schriftsatz vom 12. April 2005 erhobenen Berufung machten sie geltend, sie hätten mit der Mitbeteiligten vereinbart, dass der Tbach die Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 360 und 460 einerseits und dem Grundstück Nr. 1022 andererseits bilde. Es sei einvernehmlich festgelegt worden, dass die genannten Grundstücke nicht aneinander grenzen, sondern dass sie jeweils an öffentliches Gut, nämlich an den Tbach angrenzen. Das ergebe sich einerseits aus einer Niederschrift des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1998, in deren Rahmen die Beschwerdeführer und die Mitbeteiligte dem Grenzverlauf laut Teilungsplan des Dipl. Ing. G. zugestimmt hätten. Andererseits verwiesen die Beschwerdeführer auf ein von der Mitbeteiligten bereits im April 1998 beim Bezirksgericht W eingeleitetes Verfahren auf Grenzfestsetzung. In diesem Verfahren sei von der Mitbeteiligten eine bei der Marktgemeinde K am 15. Juni 1993 aufgenommene Niederschrift vorgelegt worden, nach der sich die Beschwerdeführer und die Mitbeteiligte damit einverstanden erklärt hätten, dass die östliche Grenze des Grundstückes Nr. 1022 (auch) in dem hier relevanten Bereich "entsprechend dem derzeitigen Bachverlauf in der Natur festgelegt" werde. Demzufolge sei in der Gerichtsverhandlung vom 8. Mai 1998 festgehalten worden, "unter Hinblick auf diese am 15. Juni 1993 getroffene einvernehmliche Grenzfestsetzung stellen die Parteien nochmals klar, dass die Grenze zwischen den Grundstücken 1022 KG K. einerseits und 461 und 360 KG A. andererseits derzeit im Verlauf des Baches verläuft". Demnach sei die Mitbeteiligte nicht Eigentümerin des Grundstückes, auf dem sich laut eingereichtem Projekt ein Teil des Ablaufes von der Fischteichanlage befinde. Es werde daher nicht in das Grundeigentum der Mitbeteiligten eingegriffen und es bedürfe somit zur Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Erweiterung der Fischteichanlage nicht der Zustimmungserklärung der Mitbeteiligten.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, ohne weiteres Ermittlungsverfahren erlassenen Bescheid vom 28. Juni 2006 wies der LH die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass die Rechtsgrundlagen durch Anführung auch der §§ 9 und 32 WRG 1959 ergänzt wurden.

Begründend führte die belangte Behörde aus, "auslösend für die nun gegebenen Schwierigkeiten im gegenständlichen Bewilligungsverfahren" sei einerseits die Tatsache, dass der Tbach in der Natur seinen Lauf geändert habe und nicht mehr auf den Grundstücken des Öffentlichen Wassergutes verlaufe, und andererseits die konsenslose Erweiterung der Fischteichanlage, die zum Teil (auch mit dem einzig genehmigten Teich) nun auf Fremdgrundstücken liege. Insbesondere komme laut dem eingereichten und somit dem Bewilligungsverfahren zugrundeliegenden Projekt auch ein Teil des Ablaufes der Fischteichanlage auf dem im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstück Nr. 1022 zu liegen. Das sei auch nach dem Plan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung Vermessung, vom 17. Februar 2005 "nachvollziehbar", dessen Richtigkeit nicht angezweifelt worden sei. Für die Bewilligung der eine Einheit bildenden erweiterten Fischteichanlage sei daher die Zustimmung der Grundeigentümerin (der Mitbeteiligten) unabdingbar. Da diese nicht vorliege, sei der Antrag vom 28. November 2002 abzuweisen.

Die in der Berufung angeführten "Vereinbarungen" - so begründete die belangte Behörde noch - würden sich auf geplante Lösungen für eine einvernehmliche Festlegung der Grenzen beziehen bzw. stellten Erklärungen im Grenzfeststellungsverfahren dar, die jedoch bisher nicht umgesetzt und widerrufen worden seien. Sie seien daher nicht geeignet, die Zustimmung zur Inanspruchnahme (fremden) Grundeigentums gemäß § 12 WRG 1959 zu ersetzen. Der Berufung sei daher nicht Folge zu geben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten samt Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und nach Einbringung einer von der Mitbeteiligten selbst verfassten Gegenschrift erwogen hat:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des WRG 1959 (§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 12 Abs. 1 und 2 sowie § 32 Abs. 1 und 2 lit. a und e) lauten:

"Öffentliche Gewässer.

§ 2. (1) Öffentliche Gewässer sind:

a) die im Anhang A zu diesem Bundesgesetze namentlich aufgezählten Ströme, Flüsse, Bäche und Seen mit allen ihren Armen, Seitenkanälen und Verzweigungen;

b) Gewässer, die schon vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anlässlich der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung als öffentliche behandelt wurden, von der betreffenden Stelle angefangen;

c) alle übrigen Gewässer, sofern sie nicht in diesem Bundesgesetze ausdrücklich als Privatgewässer bezeichnet werden.

Benutzungsberechtigung.

§ 5. (1) Die Benutzung der öffentlichen Gewässer ist innerhalb der durch die Gesetze gezogenen Schranken jedermann gestattet. Bezieht sich die Benutzung jedoch lediglich auf das Bett und geht sie hiebei über den Gemeingebrauch (§ 8) hinaus, so ist jedenfalls die Einwilligung des Grundeigentümers erforderlich.

Gemeingebrauch an öffentlichen und privaten Gewässern.

§ 8. (1) In öffentlichen Gewässern ist der gewöhnliche ohne besondere Vorrichtungen vorgenommene, die gleiche Benutzung durch andere nicht ausschließende Gebrauch des Wassers, wie insbesondere zum Baden, Waschen, Tränken, Schwemmen, Schöpfen, dann die Gewinnung von Pflanzen, Schlamm, Erde, Sand, Schotter, Steinen und Eis, schließlich die Benutzung der Eisdecke überhaupt, soweit dadurch weder der Wasserlauf, die Beschaffenheit des Wassers oder die Ufer gefährdet noch ein Recht verletzt oder ein öffentliches Interesse beeinträchtigt noch jemandem ein Schaden zugefügt wird, ohne besondere Bewilligung der Wasserrechtsbehörde unentgeltlich erlaubt.

Besondere Wasserbenutzung an öffentlichen Gewässern und privaten Tagwässern.

§ 9. (1) Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen.

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher

Interessen

und fremder Rechte.

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

Bewilligungspflichtige Maßnahmen.

§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere

a) die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

....

e) eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung."

Der Tbach, in den der Ablauf der gegenständlichen Fischteichanlage mündet, ist unstrittig ein öffentliches Gewässer iSd § 2 Abs. 1 WRG 1959. Unbestritten ist auch, dass die Erweiterung der Anlage nach den zitierten Bestimmungen des WRG 1959 (siehe §§ 9 und 32) einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf. Es kann auch nicht zweifelhaft sein, dass sich die Benutzung nach dem eingereichten Projekt jedenfalls in Bezug auf die geplante Ablauf- bzw. Ablassleitung auf das Bett des Tbaches, somit auf das Bett eines öffentlichen Gewässers, bezieht. Demnach wäre nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz WRG 1959 die Einwilligung des Grundeigentümers erforderlich, wenn sich das nunmehrige Bachbett, soweit es von den Beschwerdeführern durch die Verlegung des Ablaufrohres in Anspruch genommen wird, auf fremdem Grund befindet. Es kommt daher entscheidungswesentlich auf die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein strittige Frage an, wo sich das Bett des Tbaches in Bezug auf das Grundstück der Mitbeteiligten Nr. 1022 befindet. Zu klären war daher die zivilrechtlich zu beurteilende (Vor-)Frage, wo im hier maßgeblichen Bereich die Grenze zwischen dem im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstück Nr. 1022 einerseits und dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück Nr. 360 andererseits verläuft.

Dabei ist die belangte Behörde vom Grenzverlauf ausgegangen, wie er sich aus der Grundbuchsmappe und den darauf gegründeten planlichen Darstellungen ergibt. Danach liegt der in der Natur gegebene Bachlauf im hier maßgeblichen Bereich zur Gänze auf dem genannten Grundstück der Mitbeteiligten. Eine davon abweichende einvernehmliche Grenzfestsetzung sei nach Meinung der belangten Behörde bisher nicht erfolgt.

Dazu vertreten die Beschwerdeführer in der Beschwerde den Standpunkt, "der Tbach, der seinen ursprünglichen Verlauf geändert hat", bilde "seit mehr als 100 Jahren die Grundstücksgrenze". Der Tbach als Grenzbach sei bereits vorhanden gewesen, als die Mitbeteiligte das Grundstück Nr. 1022 im Jahr 1971 käuflich erworben habe. Der Katasterstand der Grundbuchsmappe, auf den sich die Mitbeteiligte und die belangte Behörde beriefen, stelle demgegenüber keinen Nachweis für die exakte Größe eines Grundstückes dar. In dem von der Mitbeteiligten angestrengten gerichtlichen Grenzfestsetzungsverfahren sei in der Verhandlung am 8. Mai 1998 zwischen den Beschwerdeführern und der Mitbeteiligten auch eine einvernehmliche Grenzfestsetzung "im Verlauf des Baches" festgehalten worden. Die Grenze zwischen den genannten Grundstücken verlaufe daher aufgrund einer zivilrechtlichen Vereinbarung in der Bachmitte. Wenn - wie im konkreten Fall - die Grundstücksgrenzen strittig seien, könne eine Erneuerung oder Berichtigung der Grenzen in einem Verfahren nach den §§ 850 ff ABGB verlangt werden. Genau ein solches Verfahren habe die Mitbeteiligte im Jahr 1998 auch eingeleitet und es sei zu dem genannten gerichtlichen Vergleich gekommen, wonach die Grundstücksgrenze im Verlauf des Baches, somit in der Bachmitte, verlaufe. Damit sei rechtsverbindlich festgehalten worden, dass das Grundeigentum der Beschwerdeführer bis zur Bachmitte reiche. Sohin rage auch der Ablauf der Fischteichanlage nicht in das benachbarte Grundstück der Mitbeteiligten (Nr. 1022) hinein. Die Frage der exakten Grundstücksgrenze bilde eine Vorfrage iSd § 38 AVG, die in einem Gerichtsverfahren bereits verbindlich geklärt worden sei. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde handle es sich dabei nicht um eine "geplante Lösung für eine einvernehmliche Festlegung der Grenze". Bei richtiger rechtlicher Beurteilung ergebe sich somit, dass das Grundeigentum der Mitbeteiligten durch die Fischteichanlage der Beschwerdeführer nicht berührt sei und dass sie der Wassernutzung somit auch nicht zustimmen müsse. Die Antragsabweisung sei aber nur mit der fehlenden Zustimmung der Mitbeteiligten begründet worden, sodass der bekämpfte Bescheid aufzuheben sei.

Zunächst ist das Vorbringen, es liege für die hier maßgebliche Vorfrage des richtigen Grenzverlaufs ein die Wasserrechtsbehörden bindender gerichtlicher Vergleich vor, einer Prüfung zu unterziehen. Dabei ist von folgender Aktenlage auszugehen:

Die mit der Berufung vorgelegte, bei der Marktgemeinde K am 15. Juni 1993 in Gegenwart des Bürgermeisters und eines geschäftsführenden Gemeinderates, von zwei Organen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Abteilung B/6, sowie der Mitbeteiligten aufgenommene und handschriftlich verfasste Niederschrift hat - soweit hier wesentlich - folgenden Inhalt:

"Betrifft:

Güterweg U, Grundabtretung im Bereich der Liegenschaft (Mitbeteiligte)

Frau (Mitbeteiligte) macht die Grundabtretung in ihrem Bereich von 4 Punkten abhängig.

1) Die östliche Grundgrenze des Grundstückes 1022, KG K., soll vom nördlichen Ende des Grundstückes 359, KG A., bis zur Grenze (Mitbeteiligte)/R. entsprechend dem derzeitigen Bachverlauf in der Natur festgelegt werden. Länge ca. 150 m.

...

Zu 1) Die Grenzregulierung des Grundstückes 1022 ist logisch und zweckmäßig, die Vermarkung und Grenzvermessung des Grundstückes könnte durch die Abteilung B/6 erfolgen.

Zur Grenzfestlegung ist allerdings noch die Zustimmung der Anrainer (Beschwerdeführer), L. und Republik Österreich erforderlich.

...

Frau (Mitbeteiligte) ist nicht bereit, diese Niederschrift sofort zu unterfertigen. Sie verlangt eine Abschrift, wird diese mit ihrer Mutter besprechen und anschließend unterfertigt dem Hr. Bürgermeister übermitteln."

Danach folgen fünf Unterschriften, unter anderem jene der Mitbeteiligten, und am Ende findet sich nachstehender, von den Beschwerdeführern unterfertigter Passus (mit anderem Schriftbild):

"Herr und Frau (Beschwerdeführer) erklären sich mit Pkt. 1 der Niederschrift vom 15. Juni 1993 vollinhaltlich einverstanden."

Mit der Berufung wurde auch ein darauf bezugnehmendes, mit "Vereinbarung" überschriebenes Schriftstück vom 30. Juni 1995 vorgelegt, nach dessen Inhalt die Mitbeteiligte am Gemeindeamt erschienen sei und erklärt habe, (u.a.) auf die Aus- bzw. Durchführung des in der Niederschrift vom 15. Juni 1993 geforderten Punktes 1) zu verzichten. Das - so ist daran anschließend auch festgehalten worden - bedeute, dass eine Vermarkung und Vermessung der östlichen Grundgrenze des Grundstückes 1022, KG K., seitens der Marktgemeinde K nicht zu veranlassen sei.

Am 11. April 1998 beantragte die Mitbeteiligte beim Bezirksgericht W, die von ihr als "unklar" angesehene Grenze zwischen ihrem Grundstück Nr. 1022 und den Grundstücken der Beschwerdeführer Nr. 360, 461 und 462 festzusetzen. Im Protokoll über die hierauf am 8. Mai 1998 vor Ort durchgeführte Verhandlung ist - soweit hier wesentlich - zunächst festgehalten, dass die Grundstücke Nr. 1022 einerseits und Nr. 461 und 360 andererseits in der Natur durch einen Bach getrennt seien und dass die jeweiligen Eigentümer ihre Grundstücke immer bis zum Bach bewirtschaftet hätten. Daran anschließend ist protokolliert, dass die Mitbeteiligte die Niederschrift vom 15. Jänner (richtig: Juni) 1993, deren Punkt 1 im Protokoll auch wiedergegeben wurde, vorgelegt habe. Diese Niederschrift - so der weitere Inhalt des Protokolls - trage die Unterschrift der Mitbeteiligten und beinhalte die unterfertigte Einverständniserklärung der Beschwerdeführer. Danach heißt es wörtlich:

"Unter Hinblick auf diese am 15. Juni 1993 getroffene einvernehmliche Grenzfestsetzung stellen die Parteien nochmals klar, dass die Grenze zwischen den Grundstücken 1022 KG K. einerseits und 461 und 360 KG A. andererseits derzeit im Verlauf des Baches verläuft."

Das Grenzfestsetzungsverfahren wurde danach (formlos) beendet, und zwar offenbar deshalb, weil davon ausgegangen wurde, der Grenzverlauf sei (doch) nicht strittig. Damit steht auch der Inhalt von in den Verwaltungsakten befindlichen Schreiben der Mitbeteiligten vom 11. Mai 1998 und vom 8. Dezember 1998 im Einklang, wonach der "Bachverlauf" nach wie vor die Grenze bilde. In diesem Sinne führten auch die Beschwerdeführer in ihrem Schreiben vom 12. April 2005 aus, der Richter habe nach Vorlage der Niederschrift vom 15. Juni 1993 erklärt, dass die Grenze dadurch ohnehin schon verglichen und festgelegt worden sei, ein weiteres Verfahren daher nicht nötig sei.

Der Richter, der das erwähnte Gerichtsprotokoll diktiert hatte, erläuterte schon am 9. Dezember 2004 gegenüber der BH über deren Anfrage, dass mit der gewählten Formulierung gemeint gewesen sei, die Grenze verlaufe nach der im Jahr 1993 getroffenen Vereinbarung in der Mitte des Tbaches; sonst wäre eine andere

Diktion ("... der Bach gehört zu Grundstück ... bzw. fließt auf

Grundstück...") gewählt worden. Dass von einem nunmehr unstrittigen Grenzverlauf ausgegangen wurde, ergibt sich auch aus dem von den Beschwerdeführern im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten, in einem Besitzstörungsverfahren zwischen denselben Parteien ergangenen und von demselben Richter verfassten Endbeschluss vom 13. Mai 2005, in dem "zur Klarstellung und zur Vermeidung künftiger Verfahren zwischen den Streitteilen"

Folgendes ausgeführt wurde:

"Die Streitteile haben sich bereits zweimal (einmal vor der Gemeinde K, einmal vor dem BG W) darauf geeinigt, dass die Grenze zwischen ihren Liegenschaften im Lauf des Bachbettes verläuft. Diese von allen Grundstückseigentümern getroffene Vereinbarung ist wirksam. Aus der Tatsache, dass diese Vereinbarung bisher dem Vermessungsamt noch nicht mitgeteilt wurde und daher das Vermessungsamt noch nicht in die Lage gesetzt wurde, die dort aufliegenden Pläne abzuändern, ergibt sich für die Wirksamkeit der bereits getroffenen Vereinbarung überhaupt nichts."

Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestehen nach dem Inhalt der oben wiedergegebenen Aktenstücke keine Anhaltspunkte dafür, dass in einem gerichtlichen Verfahren über die Frage des richtigen Grenzverlaufs zwischen den Grundstücken der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligten in einer die Verwaltungsbehörden bindenden Form entschieden oder ein rechtswirksamer Vergleich geschlossen wurde. Die (Vor-)Frage betreffend den Verlauf der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 1022 und Nr. 360 in jenem Bereich, in dem das Abflussrohr verlegt ist, war daher von den Wasserrechtsbehörden nach § 38 Abs. 1 erster Satz AVG selbst zu klären.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl. etwa das Urteil vom 5. Juni 2008, 6 Ob 102/08f, mit Judikatur- und Literaturhinweisen) beurkundet die Grundbuchsmappe nicht die Grenze; sie ist nur ein Beweismittel wie jedes andere auch. Erst durch die Eintragung der Grundstücke im Grenzkataster wird die "Papiergrenze" verbindlich. Die Frage, wo die natürliche Grenze verläuft, ist eine Frage der Würdigung aller Beweise einschließlich der Kataster- und der Grundbuchsmappe sowie eine Frage der Feststellung von Tatsachen. Es besteht auch keine Beweislast für denjenigen, der einen von der Grundbuchsmappe abweichenden Grenzverlauf behauptet. In diesem Sinn führte der Oberste Gerichtshof auch in seinem Urteil vom 8. Juli 2008, 4 Ob 94/08i, unter Bezugnahme auf Vorjudikatur und weitere Kommentarstellen aus, nach § 8 Z 1 VermG erbringe der Grenzkataster den verbindlichen Nachweis für die darin enthaltenen Grundstücksgrenzen. Demgegenüber diene die Grundbuchsmappe lediglich zur "Veranschaulichung der Lage der Liegenschaften" (§ 3 Allgemeines Grundbuchsanlegungsgesetz). Die "Papiergrenze" (Mappengrenze) nehme nicht "am öffentlichen Glauben des Grundbuchs" teil. Die Grundbuchsmappe mache keinen Beweis über die Größe und die Grenzen der Grundstücke, wenn sie auch ein im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigendes Beweismittel ist. Die Behauptung eines bestimmten Grenzverlaufs könne aber nicht bereits durch Grundbuchsauszüge oder durch Mappenkopien verlässlich bewiesen werden. Bei nicht im Grenzkataster enthaltenen Grenzen sei daher vorrangig ihr in der Natur festzustellender Verlauf maßgeblich. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an den in der Einlage zusammengefassten Grundstücken bewirke daher grundsätzlich den Eigentumserwerb an den in der Mappe unter den betreffenden Bezeichnungen veranschaulichten Grundstücken in der Gestalt, in der sie sich tatsächlich befinden. Keinesfalls bewirke die Eintragung des Eigentums an bestimmten Parzellen, dass mehr als die durch die maßgeblichen Naturgrenzen umrissene Fläche oder ein jenseits dieser Grenze liegender Grund erworben worden wäre. Maßgeblich sei vielmehr nur der zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehende oder seither rechtswirksam in der Natur veränderte Grenzverlauf.

Die in Rede stehenden Grundstücke sind unbestritten nicht im Grenzkataster erfasst. Es kommt daher für die Frage des richtigen Grenzverlaufs nach der dargestellten Rechtsprechung vorrangig auf die tatsächlichen Verhältnisse, somit auf den in der Natur festzustellenden Verlauf der Grenze an und nicht auf die Übertragung der aus den Mappenplänen ersichtlichen Grenzen in die Natur. Demnach wäre von den Wasserrechtsbehörden zunächst zu prüfen gewesen, ob der Tbach in seinem aktuell gegebenen Verlauf in der Natur die Grenze zwischen den erwähnten Grundstücken gebildet hatte.

Derartige Ermittlungen hat die belangte Behörde (wie auch schon die Erstbehörde) - ausgehend von einer anderen Rechtsansicht - trotz ausreichender Anhaltspunkte in diese Richtung unterlassen. Die Beschwerdeführer haben nämlich bereits im Verwaltungsverfahren (vgl. das offenbar in Reaktion auf den erstinstanzlichen Bescheid von ihnen selbst verfasste Schreiben vom 12. April 2005) vorgebracht, sie seien "seit 1960", somit zu einer Zeit, in der die Mitbeteiligte noch nicht Eigentümerin des Nachbargrundstückes gewesen sei, "Besitzer" des Wasserrechtes und für den "vorherigen" Eigentümer des Nachbargrundstückes sei auch der Bach die gemeinsame Grenze gewesen. Dies sei "von jeher" unbestritten gewesen. Ihrer Ansicht nach sei somit die Grenze von Natur aus durch den Bach gegeben. Auch in dem der BH am 2. August 2004 zur Kenntnis gebrachten Schreiben ihres Rechtsanwaltes hatten die Beschwerdeführer gegenüber der Mitbeteiligten darauf hingewiesen, dass sich ihre Liegenschaft bereits seit 1920 im Eigentum ihrer Familie befinde und dass diese und sämtliche Anrainer davon ausgegangen seien, der Tbach bilde die Grenze zwischen ihren Liegenschaften. In diesem Sinn war - wie erwähnt - auch im Protokoll über die Gerichtsverhandlung vom 8. Mai 1998 festgehalten worden, dass die Grundstücke Nr. 1022 einerseits und Nr. 461 und 360 andererseits in der Natur durch einen Bach getrennt seien und dass die jeweiligen Eigentümer ihre Grundstücke immer bis zum Bach bewirtschaftet hätten. Dem entsprechend machten die Beschwerdeführer auch in der Beschwerde geltend, der Tbach bilde seit mehr als 100 Jahren die Grundstücksgrenze.

Vor diesem Hintergrund wird in der Beschwerde im Ergebnis zu Recht ein auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhender Feststellungsmangel aufgezeigt, weil die belangte Behörde die nach der erwähnten Rechtsprechung primär gebotene Ermittlung des in der Natur bestehenden Grenzverlaufs nicht vorgenommen, sondern diesbezüglich die "Mappengrenzen" und den darauf basierenden Plan des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Februar 2005 als allein maßgeblich angesehen hat. Damit belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts.

Zur Frage, ob der Grenzverlauf - wie die Beschwerdeführer auch behaupten - jedenfalls nachträglich rechtswirksam durch Vereinbarung in der Mitte des Tbaches festgelegt worden sei, ist noch darauf hinzuweisen, dass es dazu einer eingehenden Auseinandersetzung mit den oben wiedergegebenen Erklärungen der Parteien und mit dem darauf bezugnehmenden Akteninhalt bedurft hätte. Dem wird die nur ganz allgemein gehaltene Begründung - "die in der Berufung angeführten 'Vereinbarungen' beziehen sich auf geplante Lösungen für eine einvernehmliche Festlegung der Grenzen bzw. stellen Erklärungen im Grenzfeststellungsverfahren dar, wurden jedoch bisher nicht umgesetzt, zum Teil widerrufen und sind nicht geeignet, die Zustimmung zur Inanspruchnahme von Grundeigentum gemäß § 12 des Wasserrechtsgesetzes zu ersetzen" - keineswegs gerecht. Sie trifft zwar - wie zur Vollständigkeit anzumerken ist - auf die in der Berufung auch ins Treffen geführte Niederschrift des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Dezember 1998 betreffend die beabsichtigten Grenzänderungen laut Teilungsplan des Dipl. Ing. G. zu. In Bezug auf den Inhalt der Niederschrift vom 15. Juni 1993 (samt Zustimmungserklärung der Beschwerdeführer) in Verbindung mit deren einvernehmlicher Deutung im Gerichtsprotokoll vom 8. Mai 1998 als (früher) "getroffene einvernehmliche Grenzfestsetzung" ist die wiedergegebene Begründung der belangten Behörde in dieser Form aber nicht nachvollziehbar. Soweit sich diese Begründungspassage auf die Erklärung der Mitbeteiligten vom 30. Juni 1995 beziehen sollte, wäre aber bei Beurteilung ihrer Wirksamkeit zu beachten gewesen, dass dieser erst zwei Jahre später abgegebene "Verzicht" nur gegenüber der Marktgemeinde K erklärt wurde und sich seinem Wortlaut nach lediglich auf die Durchführung der Vermessung und Vermarkung bezieht. Außerdem sind die Beschwerdeführer und die Mitbeteiligte in Übereinstimmung mit der Auffassung des Richters jedenfalls noch in der Gerichtsverhandlung am 8. Mai 1998 nach dem Inhalt des darüber aufgenommenen Protokolls weiter von der Wirksamkeit der sich aus der Niederschrift vom 15. Juni 1993 ergebenden Festsetzung des Grenzverlaufs (zumindest für jenen Bereich, in dem ihre Grundstücke unmittelbar nebeneinander liegen) ausgegangen, wäre doch sonst nicht ausdrücklich festgehalten worden, dass die Parteien im Hinblick auf die damals "getroffene einvernehmliche Grenzfestsetzung" nochmals klarstellen, die Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 1022 einerseits und Nr. 461 und 360 andererseits verlaufe "im Verlauf des Baches", und es wäre andernfalls das gerichtliche Grenzfestsetzungsverfahren wohl auch nicht wieder (formlos) beendet worden.

Die belangte Behörde hätte sich daher vor dem Hintergrund des Vorbringens der Beschwerdeführer zum Bestehen einer Vereinbarung über den Grenzverlauf mit dem Wortlaut der erwähnten Schriftstücke und mit der von den Parteien jeweils verfolgten Absicht argumentativ auseinander setzen müssen und sie nicht von vornherein und ohne näher Begründung als nicht wirksame Erklärungen einstufen dürfen. Soweit mit den Ausführungen in der Gegenschrift versucht wird, derartige Überlegungen nachzutragen, ist das nicht geeignet, den aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmangel zu beseitigen. Trotzdem ist dazu anzumerken, dass bei einer einvernehmlichen Grenzfestsetzung die Tatsache, dass sie auf den Verhältnissen in der Natur beruht und Abweichungen von den Mappenplänen vorsieht, nicht gegen ihr Vorliegen spricht. Gleiches gilt auch für (versuchte) nachträgliche Abänderungen durch neue Vereinbarungen, die für sich genommen noch nicht den Schluss zulassen, es sei davor noch keine wirksame Vereinbarung über den Grenzverlauf getroffen worden.

Der angefochtene Bescheid war jedoch schon wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Mai 2009

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