VwGH 2005/10/0091

VwGH2005/10/009129.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der S GmbH in R, vertreten durch Pistotnik Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 23. März 2005, Zl. 31.940/17-IV/10/04, betreffend Maßnahme nach Art. 9 Abs. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 , zu Recht erkannt:

Normen

31979L0117 Pflanzenschutzmittel-RL Verbot bestimmter Wirkstoffe Art2 Z6;
31979L0117 Pflanzenschutzmittel-RL Verbot bestimmter Wirkstoffe Art2;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art1;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art2;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art4;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art5;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art6;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art9 Abs9;
EURallg;
LMG 1975 §10 Abs4 idF 2004/I/126;
31979L0117 Pflanzenschutzmittel-RL Verbot bestimmter Wirkstoffe Art2 Z6;
31979L0117 Pflanzenschutzmittel-RL Verbot bestimmter Wirkstoffe Art2;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art1;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art2;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art4;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art5;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art6;
31991R2092 LebensmittelkennzeichnungsV ökologischer Landbau Art9 Abs9;
EURallg;
LMG 1975 §10 Abs4 idF 2004/I/126;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 8. März 2004 untersagte der Landeshauptmann von Niederösterreich der beschwerdeführenden Partei eine "mit dem Hinweis auf den ökologischen Landbau verbundene Vermarktung" des im Großen Silo Zelle 19 Lager Nr. 301 in R. gelagerten Weizens (Gesamtmenge 449.660 kg). Der in dieser Zelle gelagerte Weizen bzw. der aus diesem Bestand verkaufte Weizen oder daraus hergestellte Produkte dürften nur konventionell in Verkehr gebracht werden. Als Rechtsgrundlagen waren Art. 9 Abs. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (im Folgenden:

VO (EWG) 2092/91 angegeben. In der Begründung stützte sich der Landeshauptmann von Niederösterreich auf einen Kontrollbericht der Kontrollstelle SGS Austria Control-Co. GmbH (SGS) vom 9. Oktober 2003. Danach sei die Kontrollstelle SGS von der beschwerdeführenden Partei informiert worden, dass im Anlieferungsmuster für Bioweizen Lager Nr 301 Zelle 19 Großer Silo im Zuge der festgelegten Rückstandsuntersuchung Chlorpyrifos festgestellt worden sei. Bei den daraufhin veranlassten Untersuchungen zur Eruierung der Kontaminationsquelle sei das Einlagerungsmuster einer Lieferung des Lieferanten (Landwirtes) T., Lieferdatum 6. August 2003, Menge ca. 20.300 kg der Lagerstelle H. in K., untersucht worden. Das Analysenergebnis vom 22. September 2003 habe einen Rückstandswert von Chlorpyrifos in der Höhe von 0,089 mg pro kg ergeben. Dieser Weizen sei zuvor in der Lagerhalle M. in A. eingelagert gewesen, welche nicht der Biokontrolle unterstehe und bisher nur für konventionelles Getreide genützt worden sei. Die erwähnte Lieferung von 20.300 kg vom 6. August 2003 sei in der Lagerstelle H. in K. mit zwei anderen Chargen biologischen Weizens (22.920 und 7.220 kg) zu einer Gesamtmenge von 50.440 kg vermischt worden. Diese Menge sei am 29. August 2003 an die Mühle der beschwerdeführende Partei in R. geliefert worden. Dort sei die Lieferung mit anderen biologischen Weizenlieferungen im Großen Silo Zelle 19 Lager Nr. 301 in einer Gesamtmenge von 449.660 kg vermischt worden.

Die Abteilung Lebensmittelkontrolle habe ausgeführt, nach dem durch die Kontrollstelle SGS im Kontrollbericht vom 9. Oktober 2003 dargestellten Sachverhalt sei biologischer Weizen mit mit Chlorpyrifos kontaminiertem biologischem Weizen vermischt worden. Chlorpyrifos sei als Wirkstoff im Lagerschutzmittel Agritox enthalten.

Nach Wiedergabe der aus seiner Sicht einschlägigen Bestimmungen der VO (EWG) 2092/91 führte der Landeshauptmann von Niederösterreich aus, die Bezeichnung "Lagerschutzmittel" sei in der erwähnten EWG-Verordnung zwar nicht explizit angeführt. Pflanzenschutzmittel umfassten aber, sofern sie für die Indikation "Lagerraum bzw. Vorratsschutz" zugelassen seien und angewendet werden dürfen, im Zusammenhang mit der Definition von Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen auch Lagerschutzmittel (Vorratsschutzmittel). Sie unterlägen somit den Bestimmungen für Pflanzenschutzmittel der VO (EWG) 2092/91 , welche Bestimmungen auch auf das Lagern anwendbar seien. Chlorpyrifos stelle einen in der biologischen Landwirtschaft verbotenen Wirkstoff eines Lagerschutzmittels dar. Eine Vermischung von Erzeugnissen aus biologischer Landwirtschaft mit Erzeugnissen, die auf Grund von Grenzwertüberschreitungen nicht verkehrsfähig seien, führe zu einer Aberkennung des Status aus biologischer Landwirtschaft für das gesamte Erzeugnis.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung. Es treffe nicht zu, dass die Entwesung von leeren Lagerräumen, in welche Bio-Produkte eingelagert werden sollen, nur mit den Mitteln erfolgen dürfe, die in der Anlage II zur VVO (EWG) 2092/91 aufgeführt seien. Wenn von "Lagerschutz" die Rede sei, der bezüglich der Produkte aus biologischer Landwirtschaft nur mit den in Anhang II angeführten Mitteln erfolgen dürfen, so sei damit die Anwendung von Toxen auf das Ernteprodukt selbst gemeint. Die Entwesung leerer Lagerräume sei etwas ganz anderes. Es sei nicht richtig, dass die Präsenz von Chlorpyrifos in einem biologischen Produkt, das in einem Lager zwischengelagert worden sei, welches vor der Einlagerung mit Chlorpyrifos entwest worden sei, darauf hinweise, dass ein zur Verwendung zu diesem Zwecke nicht zugelassener Wirkstoff zur Anwendung gekommen sei. Es dürften alle Mittel, die zur Entwesung von leeren Lagerräumen geeignet und zugelassen seien, zum Einsatz kommen, auch wenn danach eine Einlagerung von Bio-Produkten erfolge.

Ergänzend zum Berufungsvorbringen brachte die beschwerdeführende Partei in einem Schriftsatz vom 29. November 2004 vor, es bestünden mittlerweile erhebliche Zweifel, ob die Analysenergebnisse der mit den Untersuchungen beauftragten Labors gestimmt hätten. Wie die beschwerdeführende Partei in Erfahrung gebracht hätte, habe es in der Vergangenheit mehrere Fälle gegeben, bei denen Unterschiede in den Analysenergebnissen zwischen verschiedenen Labors und auch in ein und demselben Labor aufgetreten seien. Man habe auch Zweifel, ob die Musternahme, die von den Lagerstellen im Zuge der Qualitätsbemusterung durchgeführt werde, repräsentativ sei. Diese Zweifel hätten die beschwerdeführende Partei veranlasst, die Kontrollstelle SGS damit zu beauftragen, eine "Gesamtbemusterung" des in Zelle 19 in R. lagernden gesperrten Bio-Weizens durchzuführen. Nach den Ergebnissen der durchgeführten analytischen Untersuchungen seien in dem angesprochenen Bio-Weizen laut vorgelegtem Analysenergebnis keine Rückstände an Schädlingsbekämpfungsmittel nachweisbar. Bei der durchgeführten Paralleluntersuchung in einem näher angegeben Labor seien 0,003 mg pro kg Chlorpyrifos festgestellt worden, wobei der "Vertrauensbereich" im Bereich der Bestimmungsgrenze (= 0,03 mg pro kg) laut Angabe des untersuchenden Labors bei plus/minus 60% liege. Die Ware erweise sich sohin als der VO (EWG) 2092/91 "voll inhaltlich entsprechend". Die beschwerdeführende Partei sei nicht der Auffassung, dass das Abkippen von Bio-Ware in einer Lagerhalle, welche nicht dem Kontrollverfahren unterstehe, einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht im Umgang mit Bio-Ware darstelle. Beigeschlossen war der Stellungnahme eine Erklärung des Landwirtes T., der zur Anlieferung von Bio-Weizen am 7. und 8. Juli 2003 angab, sein geerntetes Bio-Getreide werde normalerweise in der Bio-Lagerstelle M. übernommen und eingelagert. Im gegenständlichen Fall sei das Bio-Getreide auf Grund eines Weizenbrandbefalles nicht im Lagerbetrieb M. in W., sondern zur Sammelstelle in A. umgeleitet worden. Von diesem Umschlagplatz sollten die betroffenen Fuhren zur Getreidewaschung abtransportiert werden. Die Halle sei von den Traktorfahrern vor der Entladung kontrolliert worden. Die Lagerfläche sei "besenrein gereinigt worden und frei von sichtbaren Verunreinigungen" gewesen, auch sei "keinerlei Insekten- oder Nagerbefall sichtbar" gewesen. Die Halle sei leer gewesen. Daraus sei für den Landwirt T. ein "Fehlverhalten nicht erkennbar" gewesen.

Mit Bescheid vom 23. März 2005 wies die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid.

In der Begründung übernahm die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zunächst die Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde und führte aus, auf Grund des durch die Kontrollstelle SGS im Kontrollbericht dargestellten Sachverhaltes sei biologischer Weizen mit mit Chlorpyrifos kontaminiertem biologischen Weizen vermischt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen aus, gemäß § 10 Abs. 4 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) in Verbindung mit Art. 9 Abs. 9 lit. a der VO (EWG) 2092/91 müsse der Landeshauptmann bei Feststellung einer Unregelmäßigkeit hinsichtlich der Durchführung der Art. 5 und 6 bzw. der Maßnahmen des Anhanges III der Verordnung 2092/91 die Hinweise auf den ökologischen Landbau nach Art. 2 von der gesamten von der Unregelmäßigkeit betroffenen Partie oder Erzeugung entfernen lassen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der VO (EWG) 2092/91 seien bei der Erzeugung der Produkte des Art. 1 Abs. 1a als Pflanzenschutzmittel nur Erzeugnisse zu verwenden, die sich aus Stoffen zusammensetzen, welche in Anhang I erwähnt oder in Anhang II verzeichnet seien. In Anhang III "Allgemeine Vorschriften" Punkt 8., werde betreffend "Lagerung von Erzeugnissen" angeführt, dass Bereiche, in denen Erzeugnisse gelagert werden, so zu bewirtschaften seien, dass die gelagerten Partien identifiziert werden können und jede Vermischung mit oder Verunreinigung durch Erzeugnisse und/oder Stoffe, die die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen, vermieden werde. Im Rahmen des Pflanzenschutzes sei Vorratsschutz, darunter auch der Lagerschutz, eine Bezeichnung für alle Maßnahmen zur Eindämmung von Verlusten an Lebens- und Futtermittelvorräten sowie an Saatgut. Vorratsschutz finde sowohl in leeren Lagern und Transportmitteln als auch bei eingelagerten Gütern statt. Pflanzenschutzmittel, die zum Zweck des Vorratsschutzes zur Behandlung von leeren Lagerräumen als auch von Erzeugnissen im Lager zugelassen seien, unterlägen für diese Anwendung als Pflanzenschutzmittel den Bedingungen der VO (EWG) 2092/91 bei Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen. Das im Beschwerdefall angewendete Mittel, das als Ursache für die Verunreinigung nicht abgestritten werde, sei ein registriertes und zugelassenes Pflanzenschutzmittel, darunter auch mit dem Anwendungsbereich "Vorratsschutz" in leeren Lagerräumen. Der Argumentation in der Berufung könne für den nachgewiesenen Wirkstoff nicht gefolgt werden. Allgemein sei es durchaus möglich, dass ein Wirkstoff, der im Lagerschutz angewendet werde, nicht als Pflanzenschutzmittel zu werten sei. Hier würden durch die VO (EWG) 2092/91 in Anhang III, Allgemeine Vorschriften Punkt 8., die Anforderungen zur Lagerung von Erzeugnissen festgelegt. Demnach seien Bereiche, in denen Erzeugnisse gelagert werden, so zu bewirtschaften, dass die gelagerten Partien identifiziert werden können und jede Vermischung mit oder Verunreinigung durch Erzeugnisse und/oder Stoffe, die die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen, vermieden werde. Vermeidbare Verunreinigungen führten daher auch in diesem Fall zu einem Vermarktungsverbot sowohl der betroffenen Partie als auch der mit dieser Partie vermischten Partien und der daraus hergestellten Erzeugnisse als Erzeugnis aus biologischer Landwirtschaft. Es sei zu keinem Zeitpunkt abgestritten worden, dass die erste Kontamination mit dem Wirkstoff Chlorpyrifos vermeidbar gewesen wäre. Die Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Partei, wonach das Abkippen von Bio-Ware in einer Lagerhalle, welche nicht dem Kontrollverfahren unterstehe, keinen Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten im Umgang mit Bio-Ware darstelle, sowie die Auffassung, dass ein Umschlag von Bio-Ware an einem Platz/an einer Stelle (Zwischensammlung) es nicht erforderlich mache, diese Umschlagstelle nach den derzeit gültigen Rechtsvorschriften von einer Bio-Kontrollstelle vorher bewerten und freigeben zu lassen, könne nicht gefolgt werden. Wenn Lagern mit einer Aufbereitungshandlung gemäß Art. 4 Z. 3 der VO (EWG) 2092/91 verbunden sei, dann unterliege es jedenfalls der Verordnung und damit der Kontrolle. Selbst wenn zum damaligen Zeitpunkt diese Art der Lagerung (Zwischensammlung) als eigenes Unternehmen nicht der Kontrolle zu unterstellen gewesen wäre, so sei dennoch davon auszugehen, dass alle über das Getreide verfügungsberechtigten beteiligten Unternehmen, die zum Zeitpunkt des Lagervorganges in der Lagerhalle in A. über das Getreide verfügen konnten und insbesondere den Lagervorgang bestimmt hätten, Unternehmen seien, die der Bio-Kontrolle unterstanden und daher die Regeln der VO (EWG) 2092/91 einzuhalten gehabt hätten, insbesondere Punkt 8. des Anhangs III, "Allgemeine Kontrollvorschriften". Eine Kontamination in der im Erstbefund vorgestellten Höhe stelle somit jedenfalls eine vermeidbare Verunreinigung dar, wenn eine Lagerhalle verwendet werde, in der kurz vorher nachweislich eine Anwendung des verbotenen Lagerschutzmittels erfolgt sei. Die Aussage des Landwirts T. stehe dem nicht entgegen, weil sie nur besage, dass er bzw. seine Traktorfahrer das in ihrem Rahmen Mögliche getan hätten. Die gesamte Lieferung aus der Lagerhalle in A. weise somit eine vermeidbare Kontamination auf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1.1. Die Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (VO (EWG) 2092/91 ) lautet (auszugsweise):

"Anwendungsbereich

Artikel 1

(1) Diese Verordnung gilt für folgende Erzeugnisse, sofern sie als Erzeugnisse aus ökologischem Landbau gekennzeichnet sind oder gekennzeichnet werden sollen:

a) nicht verarbeitete pflanzliche Agrarerzeugnisse; außerdem Tiere und nicht verarbeitete tierische Agrarerzeugnisse, soweit die diesbezüglichen grundsätzlichen Erzeugungsvorschriften und besondere Kontrollbestimmungen in die Anhänge I und III aufgenommen sind;

b) für den menschlichen Verzehr bestimmte, verarbeitete pflanzliche und tierische Agrarerzeugnisse, die im Wesentlichen aus einer oder mehreren Zutaten pflanzlichen und/oder tierischen Ursprungs bestehen;

c) nicht unter Buchstabe a) erfasste Futtermittel, Mischfuttermittel und Futtermittel-Ausgangserzeugnisse ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Absatz 3 genannten Verordnung.

...

Artikel 2

Im Sinne dieser Verordnung gilt eine Erzeugnis als aus ökologischem Landbau stammend gekennzeichnet, wenn in der Etikettierung, der Werbung oder den Geschäftspapieren das Erzeugnis, seine Bestandteile oder die Futtermittel-Ausgangserzeugnisse mit Bezeichnungen versehen werden, die dem Käufer den Eindruck vermitteln, dass das Erzeugnis, seine Bestandteile oder die Futtermittel-Ausgangserzeugnisse nach den in Art. 6 genannten Produktionsregeln gewonnen wurden. ....

...

Begriffsbestimmungen

Artikel 4

Im Sinne dieser Verordnung bedeutet:

...

2. 'Erzeugung': im landwirtschaftlichen Betrieb durchgeführte Arbeitsgänge zur Erzeugung, Verpackung und ersten Kennzeichnung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dieses Betriebs als Erzeugnisse des ökologischen Landbaues/der biologischen Landwirtschaft.

3. 'Aufbereitung': Arbeitsgänge zur Haltbarmachung und/oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse (einschließlich Schlachten und Zerlegen bei tierischen Erzeugnissen) sowie Verpackung und/oder Veränderung der Form des Hinweises auf den ökologischen Landbau bei der Etikettierung frischer, haltbar gemachter und/oder verarbeiteter Erzeugnisse.

4. 'Vermarktung': Vorrätig halten bzw. Feilhalten zum Verkauf, Verkauf, Ausliefern oder jedes andere Inverkehrbringen.

5. 'Unternehmen': Natürliche oder juristische Personen, die Erzeugnisse des Artikels 1 gewerbsmäßig erzeugen, aufbereiten oder aus Drittländern einführen bzw. diese Erzeugnisse vermarkten.

...

7. 'Pflanzenschutzmittel': Erzeugnisse gemäß Artikel 2 Nummer 1 der Richtline 79/117/EWG des Rates vom 21. Dezember 1978 über das Verbot des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, zuletzt geändert durch die Richtlinie 89/365/EWG .

...

Etikettierung

Artikel 5

(1) In der Kennzeichnung oder Werbung für ein Erzeugnis des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe a) darf nur dann auf den ökologischen Landbau Bezug genommen werden, wenn

a) sich die Kennzeichnung eindeutig auf die landwirtschaftliche Erzeugung bezieht;

b) das Erzeugnis gemäß den Vorschriften des Artikels 6 erzeugt oder aus einem Drittland im Rahmen der Regelung des Artikels 11 eingeführt wurde;

c) es von einem Unternehmen erzeugt oder eingeführt wurde, für das die Kontrollmaßnahmen der Artikel 8 und 9 gelten;

...

(3) In der Kennzeichnung und Werbung für ein Erzeugnis des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b) darf in der Verkehrsbezeichnung auf den ökologischen Landbau/die biologische Landwirtschaft nur Bezug genommen werden, wenn

...

d) das Erzeugnis oder seine Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs gemäß Buchstabe a) keinerlei Behandlung unterzogen wurden, bei denen andere als in Anhang VI Teil B aufgeführte Stoffe Verwendung finden;

...

(5a) In der Kennzeichnung und Werbung für ein Erzeugnis des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b) darf unbeschadet des Absatzes 3 auf den ökologischen Landbau/die biologische Landwirtschaft nur Bezug genommen werden, wenn

...

e) das Erzeugnis oder seine Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs gemäß Buchstabe a) keinerlei Behandlungen unterzogen wurden, bei denen andere als in Anhang VI Teil B aufgeführte Stoffe Verwendung finden;

...

Erzeugungsvorschriften

Artikel 6

(1) Ökologischer Landbau schließt ein, dass bei der Erzeugung der Produkte des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe a), ausgenommen Saatgut und vegetatives Vermehrungsmaterial,

...

b) als Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Bodenverbesserer, Futtermittel, Futtermittel-Ausgangserzeugnisse, Mischfuttermittel, Futtermittel-Zusatzstoffe, Stoffe für die Tierernährung gemäß der Richtlinie 82/471/EWG , Mittel zur Reinigung und Desinfektion von Stallungen und Haltungseinrichtungen, Mittel zur Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten in den Stallungen und Haltungseinrichtungen oder zu anderen Zwecken, die in Anhang II für bestimmte Stoffe aufgeführt sind, nur Erzeugnisse verwendet werden dürfen, die sich aus Stoffen zusammensetzen, welche in Anhang I erwähnt oder in Anhang II verzeichnet sind. Sie dürfen nur entsprechend den besonderen Bestimmungen der Anhänge I und II und nur insoweit verwendet werden, als die entsprechende Verwendung in der Landwirtschaft allgemein in dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften oder den einzelstaatlichen Vorschriften im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht zugelassen sind;

...

Kontrollsystem

...

Artikel 9

...

(9) Die Kontrollbehörde und die Kontrollstellen nach Abs. 1 müssen

a) bei Feststellung einer Unregelmäßigkeit hinsichtlich der Durchführung der Artikel 5 und 6, der Bestimmungen der Artikel 3 und 4 der Verordnung (EG) Nummer 223/2003 der Kommission vom 5. Februar 2003 zur Festlegung von Etikettierungsvorschriften für Futtermittel, Mischfuttermittel und Futtermittel-Ausgangserzeugnisse aus ökologischem Landbau oder der Maßnahmen des Anhangs III die Hinweise auf den ökologischen Landbau nach

Artikel 2 von der gesamten von der Unregelmäßigkeit betroffenen Partie oder Erzeugung entfernen lassen;

b) bei Feststellung eines offenkundigen Verstoßes oder eines Verstoßes mit Langzeitwirkung dem betreffenden Unternehmen die mit Hinweisen auf den ökologischen Landbau verbundene Vermarktung von Erzeugnissen für die Dauer einer mit der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats zur vereinbarenden Frist untersagen.

...

Anhang III

Mindestkontrollanforderungen und im Rahmen des Kontrollverfahrens gemäß Artikel 8 und 9 vorgesehene Vorkehrungen.

Allgemeine Vorschriften

...

8. Lagerung von Erzeugnissen

Bereiche, in denen Erzeugnisse gelagert werden, sind so zu bewirtschaften, dass die gelagerten Partien identifiziert werden können und jede Vermischung mit oder Verunreinigung durch Erzeugnisse und/oder Stoffe, die die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen, vermieden wird.

..."

1.2. Die Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1978 über das Verbot des in Verkehrbringens und der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die bestimmte Wirkstoffe enthalten, 79/117/EWG, lautet (auszugsweise):

"Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie sind:

1. Pflanzenschutzmittel

Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten und die dazu bestimmt sind,

1.1. Schadorganismen von Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse(n) zu bekämpfen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen, soweit diese Stoffe oder Zubereitungen nicht in den nachstehenden Vorschriften definiert werden;

...

6. Pflanzenerzeugnisse

Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs, unverarbeitet oder durch einfache Verfahren, wie Mahlen, Trocknen oder Pressen bearbeitet, soweit sie nicht Pflanzen im Sinne von Nummer 5 sind;

..."

1.3. Das LMG 1975 in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 126/2004 lautet (auszugsweise):

"§ 10.

...

(4) Bei nachstehendem unmittelbar anwendbarem Recht der Europäischen Gemeinschaft sind Genehmigungs-, Zulassungs-, Untersagungs- und Anmeldeverfahren vom Landeshauptmann durchzuführen:

- Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. Nr. L 198 vom 22.7.1991) samt Änderungsverordnungen und Durchführungsvorschriften.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. § 10 Abs. 4 LMG 1975 verpflichtet den Landeshauptmann in Verbindung mit Art. 9 Abs. 9 der VO (EWG) 2092/91 einerseits, "bei

Feststellung einer Unregelmäßigkeit hinsichtlich ... der Maßnahmen

des Anhangs III die Hinweise auf den ökologischen Landbau nach

Artikel 2 von der gesamten von der Unregelmäßigkeit betroffenen Partie oder Erzeugung entfernen "zu lassen (so lit. a), andererseits "bei Feststellung eines offenkundigen Verstoßes oder eines Verstoßes mit Langzeitwirkung dem betreffenden Unternehmen die mit Hinweisen auf den ökologischen Landbau verbundene Vermarktung von Erzeugnissen für die Dauer einer mit der zuständigen Behörde des Mitgliedstaates zu vereinbarenden Frist" zu untersagen (so lit. b).

Die Anwendung des Art. 9 Abs. 9 der VO (EWG) 2092/91 setzt keine gesundheitlichen Bedenken gegen die betroffenen Erzeugnisse voraus, sondern dient dem Schutz der Erwartung der Konsumenten, dass als "biologisch" bezeichnete Erzeugnisse nur in einer bestimmten, der Verordnung entsprechenden Weise hergestellt und behandelt wurden (vgl. ua. den sechsten Erwägungsgrund der VO (EWG) 2092/91 ).

Der angefochtene Bescheid, der den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich bestätigte, ist bei verständiger Würdigung nicht als auf Art. 9 Abs. 9 lit. b der VO (EWG) 2092/91 gestützt zu verstehen, sondern als auf lit. a. Es soll nicht der beschwerdeführenden Partei als Unternehmen schlechthin für eine bestimmte Zeitdauer die mit Hinweisen auf den ökologischen Landbau verbundene Vermarktung von Erzeugnissen untersagt werden, sondern - bezogen auf eine bestimmte, eindeutig umschriebene Partie Weizen - deren Kennzeichnung als aus ökologischen Landbau stammend verhindert werden.

2.2. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf die Annahme, im Lager der Firma M. in A. sei es zu einer Kontamination des vom Landwirt T. gelieferten Bio-Weizens mit Chlorpyrifos gekommen, nachdem zuvor eine Behandlung des (leeren) Lagerraumes mit einem Chlorpyrifos enthaltenden Pflanzenschutzmittel stattgefunden habe. Die Lagerstelle in A. sei für die Übernahme von Bio-Getreide nicht zertifiziert gewesen.

Letzteres bleibt in der Beschwerde unbestritten. Soweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde sei auf das ergänzende Berufungsvorbringen der beschwerdeführenden Partei nicht eingegangen, zeigt sie eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. In ihrer Stellungnahme vom 3. Dezember 2004 wurden von der beschwerdeführenden Partei nämlich keine auf Untersuchungsergebnisse gestützten Angaben dazu erstattet, dass eine Kontamination des vom Landwirt T angelieferten Bio-Weizens. im Lager A. mit Chlorpyrifos nicht stattgefunden hätte. Solches geht auch aus den vorgelegten Untersuchungsergebnissen, die sich nicht auf die vom Landwirt T. gelieferte Menge Bio-Weizen beziehen, nicht hervor.

Der Verwaltungsgerichtshof legt daher die nicht zu beanstandenden Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde seinen weiteren Überlegungen zugrunde.

2.3. In rechtlicher Sicht geht die belangte Behörde davon aus, dass die Kontamination des vom Landwirt T. angelieferten und im Lager in A. zwischengelagerten Bio-Weizens mit Chlorpyrifos zeige, dass der Bereich, in dem der Weizen gelagert wurde, entgegen Anhang III, "Allgemeine Vorschriften" Punkt 8. der VO (EWG) 2092/91 nicht so bewirtschaftet wurde, dass "jede Vermischung mit oder Verunreinigung durch Erzeugnisse und/oder Stoffe, die die Anforderungen dieser Verordnung nicht erfüllen, vermieden wird".

Mit dieser Einschätzung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen übereinstimmend davon an, dass Chlorpyrifos kein nach der VO (EWG) 2092/91 erlaubter Pflanzenschutzmittelwirkstoff ist.

Die Beschwerde versucht jedoch zu zeigen, dass die Verwendung von Agritox, welches unstrittig Chlorpyrifos enthält, als bloßes "Vorratsschutzmittel" zur "Entwesung" eines Lagerraumes nicht von der VO (EWG) 2092/91 geregelt sei. Diese Argumentation verhilft der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg.

Art. 4 Z. 7 der VO (EWG) 2092/91 definiert "Pflanzenschutzmittel" als "Erzeugnisse gemäß Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie 79/117/EWG ...". Nach Art. 2 Z. 1 der verwiesenen Richtlinie sind Pflanzenschutzmittel Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten und die dazu bestimmt sind, "Schadorganismen von Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse(n) zu bekämpfen oder ihrer Einwirkung vorzubeugen..." (1.1.).

Die in Art. 2 Z. 6 der Richtlinie enthaltene Definition von Pflanzenerzeugnissen ("Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs, unverarbeitet oder durch einfache Verfahren, wie Mahlen, Trocknen oder Pressen bearbeitet, ...") lässt in Verbindung mit der Definition von Pflanzenschutzmitteln klar erkennen, dass auch der Schutz von bereits geerntetem (gedroschenem) Getreide durch Pflanzenschutzmittel erfasst ist. Auch der von der Beschwerde so bezeichnete "Vorratsschutz" stellt, wenn dem Befall von Schadorganismen von Pflanzenerzeugnissen bekämpft (oder ihrer Einwirkung vorgebeugt werden soll) die Anwendung eines Pflanzenschutzmittels im Sinne der Richtlinie - und damit auch der VO (EWG) 2092/91 - dar. Für das von der Beschwerde intendierte Auslegungsergebnis, wonach nur die Behandlung des gelagerten Bio-Weizens, nicht aber die Einlagerung des Bio-Weizens in einem mit Chlorpyrifos zuvor behandelten Lagerraum den Einsatz eines nach der VO (EWG) 2092/91 unzulässigen Pflanzenschutzmittels darstellte, gibt es hingegen keinen Anhaltspunkt.

Die Auffassung der belangten Behörde, der Lagerraum in A. sei nicht so bewirtschaftet worden, dass jede Vermischung mit oder Verunreinigung durch Erzeugnisse und/oder Stoffe, die die Anforderungen der VO (EWG) 2092/91 nicht erfüllen, vermieden wurde, ist somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Es ist folglich auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde das Vorliegen einer Unregelmäßigkeit "hinsichtlich der Maßnahmen des Anhangs III" im Sinne des Art. 9 Abs. 9 lit. a der VO (EWG) 2092/91 bejahte.

Dass der vom Landwirt T. angelieferte und im Lager in A. zwischengelagerte (kontaminierte) Bio-Weizen anschließend in mehreren Schritten mit weiteren Weizenmengen vermischt wurde, ist unstrittig. Die belangte Behörde hat daher auch zu Recht den angefochtenen Bescheid auf die gesamte von der Unregelmäßigkeit betroffene Weizenmenge, die eindeutig umschrieben war, bezogen.

Auf das Ausmaß der Chlorpyrifos-Konzentration in der Gesamtmenge kommt es entgegen dem Beschwerdevorbringen dabei nicht an. Die von der belangten Behörde ergriffene Maßnahme dient nicht der Abwehr von Gesundheitsgefahren, sondern dem Schutz des Vertrauens der Konsumenten in die Geschlossenheit des ökologischen Produktionsprozesses. Käme es nur auf die Konzentration in der Gesamtmenge an, ließe sich jede unterlaufene unzulässige Kontamination durch entsprechende nachträgliche Vermischung so weit reduzieren, dass eine Kennzeichnung unter Hinweis auf ökologischen Landbau zulässig bliebe. Eine solche Auslegung kann nicht ernsthaft vertreten werden.

2.4. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. April 2009

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