VwGH 2005/04/0171

VwGH2005/04/017127.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des

1. C, 2. F, 3. I, alle in I, alle vertreten durch Prochaska & Partner Rechtsanwälte GmbH in 6020 Innsbruck, Anichstr. 24, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 1. April 2005, Zl. uvs-2005/22/0286-5, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung (mitbeteiligte Partei: E in I, vertreten durch Dr. Matthias Lüth und Mag. Michael Mikuz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 16), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §12;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §14 Abs1 lith;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §15 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §12;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §14 Abs1 lith;
Geschäftsverteilung UVS Tir 2005 §15 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. April 2005 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck betreffend gewerbebehördliche Genehmigung nach § 359b Abs. 1 GewO 1994 für die Errichtung und den Betrieb eines mobilen Schankwagens an einem näher genannten Standort als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung ging die belangte Behörde zunächst auf die von den Beschwerdeführern im Verfahren vor der belangten Behörde geäußerten Bedenken im Hinblick auf die Unbefangenheit des erkennenden Mitgliedes der belangten Behörde ein und führte dazu (zusammengefasst) aus, konkrete Umstände, die zumindest einen gewissen Anschein einer Voreingenommenheit begründen könnten, lägen nicht vor und hätten von den Beschwerdeführern auch nicht aufgezeigt werden können. In der Sache selbst führte die belangte Behörde aus, in den Berufungen und auch anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hätten die Beschwerdeführer keine Umstände aufwerfen können, die der Durchführung eines vereinfachten Verfahrens entgegenstünden. Die diesbezüglichen Berufungen seien daher als unbegründet abzuweisen. Soweit diverse materielle Rechtspositionen geltend gemacht würden, seien die Berufungen diesbezüglich als unzulässig anzusehen. Die Beschwerdeführer hätten auch kein Antragsrecht auf Vorschreibung diverser Aufträge. Die Erstbehörde habe zu Recht ein Verfahren nach § 359b GewO 1994 durchgeführt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 6. Juni 2005, B 531/05-3, die Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In ihrer ergänzten Beschwerde machten die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde und Erstattung von Gegenschriften sowohl durch die belangte Behörde als auch die mitbeteiligte Partei erwogen:

Die Beschwerdeführer wiederholen ihr bereits im Verfahren vor der belangten Behörde erstattetes Vorbringen zur Befangenheit des erkennenden Mitgliedes der belangten Behörde und machen weiters geltend, dass der Erstbeschwerdeführer auch Mitglied der belangten Behörde und Vorsitzender jener Kammer sei, in der das erkennende Mitglied die Funktion des Berichterstatters habe. Der Erstbeschwerdeführer sei der Schwiegersohn der Drittbeschwerdeführerin und der Schwager des Zweitbeschwerdeführers, was dem erkennenden Mitglied der belangten Behörde gleichfalls bekannt sei.

Mit diesen Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

Nach § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG haben sich Verwaltungsorgane der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Die im Boten für Tirol (herausgegeben und versendet am 2. Februar 2005, Nr. 179) erfolgte Verlautbarung der geänderten Geschäftsverteilung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol für das Jahr 2005 ist beim Verwaltungsgerichtshof notorisch. Nach § 12 dieser Geschäftsverteilung sind sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch das erkennende Mitglied der belangten Behörde in der Gruppe Anlagenrecht tätig, nach § 14 Abs. 1 lit. h) ist einerseits der Erstbeschwerdeführer Vorsitzender der Kammer 14, in der das erkennende Mitglied die Funktion eines Berichterstatters hat und andererseits das erkennende Mitglied Vorsitzender der Kammer 15, in der der Erstbeschwerdeführer die Funktion eines Berichterstatters hat. Diese berufliche Verflechtung ist geeignet, Zweifel an der Unbefangenheit des erkennenden Mitgliedes in seiner Funktion als Entscheidungsträger aufkommen zu lassen. Dass dieser dennoch ungeachtet die vorliegende Entscheidung getroffen (und nicht von der in § 15 Abs. 3 der Geschäftsverteilung vorgesehenen Möglichkeit, den Geschäftsfall nach Mitteilung seiner Befangenheit neu zuweisen zu lassen, Gebrauch gemacht hat), stellt daher einen Verstoß gegen § 7 AVG dar (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 23. September 2004, Zl. 2004/07/0075).

Damit hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. Mai 2009

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