Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. April 2008 wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als Arbeitgeberin zu verantworten, dass sie 1) die ungarische Staatsangehörige HB in der Zeit vom 14. Juni 2006 bis 9. Juli 2006 und 2) die ungarische Staatsangehörige IN am 9. Juli 2006 im Table Dance Lokal T beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils drei Tagen) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, es stehe auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest,
"dass zum Kontrollzeitpunkt am 09. 07. 2006 sowohl die ungarische Staatsangehörige HB als auch die ungarische Staatsangehörige IN als Tänzerinnen im Table-Dance-Lokal T angetroffen wurden. Bei beiden Tänzerinnen handelt es sich um ungarische Staatsangehörige. Sie sind aufgrund eines Vertrages mit der Agentur C im Lokal der Berufungswerberin als Table-Tänzerinnen tätig, wobei dieser Vertrag die Tänzerinnen als selbstständig ausweist."
Weitere Feststellungen zum Sachverhalt finden sich nicht. Bloß inmitten der rechtlichen Beurteilung findet sich ein Satz, der erahnen lassen könnte, dass die belangte Behörde als Sachverhaltselement auch "von der Beistellung der Wohnmöglichkeit" ausgeht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als diesem nicht entnommen werden kann, welche Sachverhaltselemente die belangte Behörde über die bloße Tatsache, dass die ungarischen Staatsbürgerinnen im gegenständlichen Tabel-Dance-Lokel "angetroffen" worden seien, hinaus ihrer rechtlichen Beurteilung, dass eine (unselbständige) Beschäftigung der beiden Ungarinnen vorgelegen sei, zu Grunde gelegt hat, zumal sie sogar ausführt, der "Vertrag" (dessen Inhalt in der Begründung nicht aufscheint) weise die Tänzerinnen als "selbständig" aus.
Denn wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).
Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).
Um eine rechtliche Beurteilung unter Berücksichtigung der genannten Rechtsprechung vornehmen zu können, ist der Sachverhalt konkret zu erheben und festzustellen. An dieser Verpflichtung der Behörde hat auch das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, auf das sich die belangte Behörde im Wesentlichen stützt, nichts geändert. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis eine aus den in dem dort bekämpften Bescheid enthaltenen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde abgeleitete "planmäßige Eingliederung der betreffenden Tänzerin" in die vom dortigen Beschwerdeführer zu verantwortende "Betriebsorganisation" als unselbständige Tätigkeit eingestuft.
Insofern die belangte Behörde Sachverhaltselemente in ihrer Gegenschrift ausführt, ist sie daran zu erinnern, dass Begründungselemente nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Gegenschrift nicht nachgetragen werden können (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, Zl. 2007/04/0115).
Da somit Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2008
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