Normen
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
ABGB §1332;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
Spruch:
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 erteilte die Bezirkshauptmannschaft P der G. GmbH die wasserrechtliche Bewilligung für die Erhöhung der Entnahmemenge von Grundwasser von 2,0 l/s auf neu 3,0 l/s und von 172,8 m3/d auf neu 260 m3/d aus dem Bohrbrunnen auf dem Grundstück Nr. 572, KG. M., zur Trink- und Nutzwasserversorgung ihres Fleischereibetriebes, ferner für die Änderung des Entnahmezweckes von Nutzwasser auf Trink- und Nutzwasser und schließlich die Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der dafür erforderlichen Anlagen.
Gegen diesen Bescheid hat die beschwerdeführende Partei berufen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. Februar 2008 wurde unter Spruchpunkt I die Berufung der beschwerdeführenden Partei mangels Parteistellung im vorliegenden wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zurückgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei im Wege ihres Rechtsvertreters am 28. Februar 2008 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 17. April 2008 (Postaufgabe am selben Tag) brachte die beschwerdeführende Partei einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist (prot. zu hg. Zl. 2008/07/0085) und eine Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 2008 (prot. zu hg. Zl. 2008/07/0086) ein.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird u. a. damit begründet, dass RA Dr. K. persönlich die Fristberechnung vorgenommen und an die Kanzleibedienstete S. R. die Anweisung gegeben habe, hinsichtlich einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ein "Fristaviso" auf den 27. März 2008 zu setzen und als Endfrist den 7. April 2008 einzutragen. In der Kanzlei sei es dabei seit Jahrzehnten Übung, den letzten Fristtag um drei Tage vorzusetzen und vierzehn Tage zuvor ein Fristenaviso vorzunehmen, um sicherzustellen, dass in fristenbehafteten Angelegenheiten, insbesondere in Angelegenheiten, in denen Rechtsmittel zu erheben seien, keine Verfristung erfolge. Dieses System habe sich bisher ausnahmslos bewährt.
S. R. habe entsprechend dieser Anweisung im Zimmer und in Gegenwart des RA Dr. K. handschriftlich auf dem Original des zugestellten Bescheides die Avisofrist 27. März 2008 und die Endfrist 7. April 2008 eingetragen und in der Folge im Sekretariat an ihrem Arbeitsplatz auch die entsprechende Fristvormerkung elektronisch erfassen wollen.
Aus nicht mehr geklärten Umständen sei die elektronische Fristenerfassung unterblieben oder nicht gespeichert oder zu einem späteren Zeitpunkt irrtümlich gelöscht worden. Jedenfalls sei in der Folge bis zum Ablauf der Beschwerdefrist im elektronischen Vormerk kein Hinweis auf die Avisofrist und auch auf die Endfrist zu finden, sodass der Akt nicht vorgelegt worden sei.
Erst als RA Dr. K. seitens der beschwerdeführenden Partei kontaktiert worden sei, welche habe wissen wollen, wie das weitere Verwaltungsverfahren in der gegenständlichen Angelegenheit ablaufen werde, habe sich RA Dr. K. den Akt vorlegen lassen und festgestellt, dass die Beschwerdefrist abgelaufen gewesen sei. Ferner sei festgestellt worden, dass kein Fristvermerk im elektronischen Vormerksystem aufscheine.
Die gegenständliche Fristversäumnis stelle in einer langjährigen Berufserfahrung sowohl seitens RA Dr. K. als auch seitens der Sekretärin S. R. den ersten Fall einer Fristversäumung dar. Die in der Kanzlei geübte doppelte Fristvormerkung, nämlich Aviso und vorgesetzter Endtermin, hätten bisher immer zu einer termingerechten Vorlage des Aktes geführt. S. R. sei eine verlässliche Sekretärin und mit Fristenvormerkungen laufend beauftragt, wobei es noch in keinem Fall zu einer fehlerhaften Eintragung gekommen oder die Eintragung gänzlich unterblieben sei.
1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Anwalt selbst verantwortlich. Der Rechtsanwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kanzleiangestellten gegebenen Aufsichtspflicht zu überwachen. Diese Überwachungspflicht trifft den Anwalt unabhängig davon, ob der Kalender "händisch" oder "EDVmäßig" geführt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0065).
Ein Rechtsanwalt verstößt gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumung auszuschließen geeignet sind. Ein Verschulden trifft ihn in einem solchen Fall nur dann nicht, wenn dargetan wird, dass die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des entsprechenden Kanzleiangestellten beruht (siehe die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I, 2. Auflage, S. 1582, E 207 zu § 71 AVG zitierte hg. Judikatur). Die entsprechenden Kontrollen, die durchzuführen sind, um Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen, haben nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch dort stattzufinden, wo sich Kanzleikräfte eines EDV-Systems bedienen, weil auch in diesem Bereich Fehlbedienungen der Kanzleiangestellten nicht ausgeschlossen sind (vgl. das vorzitierte hg Erkenntnis vom 27. April 2004 m.w.N.).
Von der Beschwerdeführerin wird nicht einmal eine stichprobenweise Überprüfung der Fristeintragungen in das EDV-System durch ihren Rechtsvertreter behauptet, weshalb nicht von einem wirksamen Kontrollsystem und daher auch nicht von einem minderen Grad des Versehens bei der offenbar im EDV-System nicht vorhanden gewesenen Fristeintragung ausgegangen werden kann. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG war daher dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.
2. Zur eingebrachten Beschwerde:
Wie die beschwerdeführende Partei selbst darlegt, erweist sich die erst mit Schriftsatz vom 17. April 2008 eingebrachte Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als verspätet, zumal dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht stattgegeben wurde (siehe oben). Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 29. Mai 2008
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