Spruch:
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
(Vorgeschichte:)
Der in Niederösterreich wohnhafte Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. G. mit Kanzleisitz in Wien, beantragte am 11. Juli 2005 die Gewährung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen einen am 20. Mai 2005 von der belangten Behörde erlassenen Bescheid, betreffend die Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten. Der Beschwerdeführer ersuchte, Rechtsanwalt Dr. H. G. möge zu seinem Verfahrenshelfer bestellt werden, dieser habe sich hiezu bereit erklärt.
Mit Beschluss vom 22. August 2005, Zl. VH 2005/06/0016, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof die Verfahrenshilfe in vollem Umfang; darin wurde der Hinweis aufgenommen, es möge Rechtsanwalt Dr. H. G. bestellt werden. Mit Bescheid der niederösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 26. August 2005 wurde die Beschwerdevertreterin zur Verfahrenshelferin bestellt.
Der Beschwerdeführer erhob, vertreten durch RA Dr. H. G., am 14. Oktober 2005 Beschwerde gegen den Bescheid der belangte Behörde vom 20. Mai 2005 und führte darin aus, es möge die Verfahrenshilfe hinsichtlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes für erloschen erklärt werden.
(Nunmehriger Beschwerdefall:)
Mit Schreiben vom 28. März 2007 beantragte der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. G., Verfahrenshilfe für eine Beschwerde gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid. Er beantragte wiederum, es möge RA Dr. H. G. zum Verfahrenshelfer bestellt werden.
Mit Beschluss vom 3. April 2007, Zl. VH 2007/05/0012, bewilligte der Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe in vollem Umfang; darin war der Hinweis auf den Antrag des Beschwerdeführers enthalten, es möge Rechtsanwalt Dr. H. G. bestellt werden. Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich bestellte mit Bescheid vom 24. April 2007 die Beschwerdevertreterin zur Verfahrenshelferin. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 2007 sowie der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich wurde der Beschwerdevertreterin am 10. Mai 2007 zugestellt.
Am 11. April 2008 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist zur Erstattung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. Februar 2007 ein; gleichzeitig wurde die Beschwerde nachgeholt.
In seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führte der Beschwerdeführer aus, mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. August 2005 sei die Beschwerdevertreterin zur Verfahrenshelferin für die Beschwerde gegen Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Mai 2005 bestellt worden. Rechtsanwalt Dr. H. G. habe die rechtsfreundliche Vertretung für die Einbringung dieser Beschwerde übernommen, wovon er die Beschwerdevertreterin verständigt habe. Der Akt sei als enderledigt abgelegt worden.
Am 28. März 2008 habe sich Rechtsanwalt Dr. H. G., als Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, bei der Beschwerdevertreterin nach dem Stand des Verfahrens zur Zl. VH 2007/05/0012 erkundigt; diese habe angegeben, sie sei über eine neuerliche Bestellung als Verfahrenshelfer nicht informiert worden.
Nach Vorlage des bereits archivierten Aktes habe sich folgender Sachverhalt herausgestellt: die für Posteingang und Fristenwahrung verantwortliche Kanzleiangestellte habe zwar den Eingang des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 2007 am 10. Mai 2007 in das Posteingangsbuch der Kanzlei eingetragen, sei jedoch davon ausgegangen, es handle sich um den enderledigten Akt, welcher neuerlich abzulegen und zu archivieren sei, zumal im Beschluss die Rechtsvertretung Dr. H. G. angeführt worden sei. Die Kanzleiangestellte mutmaßte, dass Rechtsanwalt Dr. H. G. ausschließlich zuständig sei. Aus diesem Grund habe die Beschwerdevertreterin vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 2007 keine Kenntnis erlangt.
Die sonst zuverlässige Kanzleiangestellte habe aus einem Missverständnis der Beschwerdevertreterin den Posteingang nicht vorgelegt. Das aus diesem Grund nicht fristgerechte Erstatten der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stelle für den Beschwerdeführer ein nicht vorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar, nach ständiger Rechtsprechung sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu genehmigen, wenn durch einen Fehler eines Angestellten eine Frist versäumt werde und es sich um einen minderen Grad des Versehens handle; dieses liege bei Fehlern vor, welche gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterlaufen würden. Dem Beschwerdeführer entstünde durch die nicht fristgerechte Überreichung der Beschwerde ein Rechtsnachteil, der in einem krassen Missverhältnis zu dem der Kanzleikraft unterlaufenen Versehen stehe.
Mit eidesstattlicher Erklärung vom 26. Mai 2008 bestätigte die Kanzleiangestellte der Beschwerdevertreterin die in der Beschwerde vorgebrachten Feststellungen. Ohne mit der Beschwerdevertreterin Rücksprache gehalten zu haben, sei sie irrtümlich davon ausgegangen, dass dieser Beschluss dem bereits enderledigten Akt zuzuordnen sei.
Gemäß § 46 VwGG ist auf Antrag der Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt ein Verschulden von Kanzleibediensteten eines Rechtsanwaltes für diesen und damit für die von ihm vertretene Partei nur dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber dem Kanzleiangestellten nachgekommen ist. Der Rechtsanwalt muss den Kanzleibetrieb so organisieren, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Prozesshandlungen sichergestellt ist. Dabei ist durch entsprechende Kontrollen vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Die Überwachungspflicht in Bezug auf die richtige Vormerkung von Fristen ist auch dann gegeben, wenn die mit der Führung des Fristvormerks betraute Kanzleibedienstete überdurchschnittlich qualifiziert und verlässlich ist, und es auch nach langjähriger einschlägiger Tätigkeit bisher nicht zu Fehlleistungen bzw. Beanstandungen gekommen sein soll. Art und Intensität der vom Rechtsanwalt insoweit ausgeübten Kontrolle sind im Wiedereinsetzungsantrag darzutun (vgl. zuletzt den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2007, Zl. 2007/08/0246, mwN). Liegen Organisationsmängel vor, wodurch die Erreichung des Zieles, Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen, nicht gewährleistet ist, ist das Kontrollsystem in diesem Sinne unzureichend oder hat der Antragsteller das Bestehen einer solchen Aufsichtspflicht überhaupt nicht erkannt, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens gesprochen werden (hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1993, Zl. 92/15/0100).
Ein Verschulden trifft den Rechtsanwalt in einem solchen Fall nur dann nicht, wenn dargetan wird, dass die Fristversäumung auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten des entsprechenden Kanzleiangestellten beruht (hg. Erkenntnis vom 27. April 2004, Zl. 2003/05/0065, mwN).
Im Wiedereinsetzungsantrag werden lediglich die Gründe dargetan, die die Kanzleikraft zur Archivierung des neuen Poststückes veranlassten. Aus dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ergibt sich nicht, welches (wirksame) Kontrollsystem in der Kanzlei der Beschwerdevertreterin eingerichtet ist, um "Missverständnisse" und daraus resultierende Fristversäumungen wie im vorliegenden Fall zu unterbinden. Es wird nicht einmal die generelle Weisung behauptet, dass die Kanzleiangestellte jedes Poststück vorlegen muss; daher finden sich auch keine Ausführungen darüber, wie eine solche Anordnung, bestünde sie, kontrolliert wird. Mangels entsprechender Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag liegt somit kein Hinweis darauf vor, dass die Beschwerdevertreterin ein (wirksames) Kontrollsystem für die Vorlage von Poststücken und damit für die Einhaltung von Fristen eingerichtet hätte. Der Antrag war daher mangels Nachweises, dass die Versäumung der Frist auf einem bloß minderen Grad des Versehens beruht, abzuweisen.
Die Beschwerdefrist begann daher am 10. Mai 2007 zu laufen. Da sich die am 11. April 2008 zur Post gegebene Beschwerde als verspätet erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juni 2008
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