Normen
AsylG 2005 §28 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §28 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein weißrussischer Staatsbürger, gelangte am 11. März 2007 von der Tschechischen Republik kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich. Nachdem der Beschwerdeführer nach dem Grenzübertritt aufgegriffen und festgenommen worden war, stellte er bei der anschließenden Befragung einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz.
Mit dem dann gemäß § 57 Abs. 1 AVG erlassenen Bescheid vom 11. März 2007 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Gmünd gemäß "§§ 76 Abs. 1, 2, 76 Abs. 3, 113 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG)" die Schubhaft "zur Sicherung des Verfahrens:
Zurückschiebung/Abschiebung (Dublinbezug)" an.
Das Asylverfahren des Beschwerdeführers wurde im Zuge seiner Vernehmung durch das Bundesasylamt am 10. Mai 2007 zugelassen. Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen einer Niederschrift am 14. Mai 2007 aber mitgeteilt, dass die Schubhaft trotz Erteilung der Aufenthaltsberechtigungskarte "im Hinblick auf § 22 Abs. 3 Asylgesetz" aufrecht erhalten werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 25. Mai 2007 wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (die belangte Behörde) die am 18. Mai 2007 eingebrachte Schubhaftbeschwerde gemäß § 83 FPG als unbegründet ab. Die belangte Behörde ging sachverhaltsmäßig davon aus, dass der Beschwerdeführer, dessen Identität "nicht final verifiziert" sei, über das Gebiet Polens und Tschechiens nach Österreich gelangt sei, ohne dort einen Asylantrag gestellt zu haben. Daraus folgerte die belangte Behörde einerseits, dass der in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sein werde. Es sei zu erwarten, dass die Entscheidung im Asylverfahren "innerhalb der dreimonatige Frist" (gemeint: nach § 22 Abs. 3 AsylG 2005) ergehen werde, weshalb "von dieser Seite" einer Anhaltung in Schubhaft nichts entgegenstehe. Andererseits nahm die belangte Behörde an, dass es dem Beschwerdeführer darauf ankomme, in Österreich Aufenthalt zu nehmen. Da er jedoch in keiner Weise beruflich oder sozial im Inland verankert sei, erscheine die Befürchtung gerechtfertigt, er werde bei Belassung auf freiem Fuß im Bundesgebiet untertauchen und sich dem behördlichen Zugriff entziehen.
Es seien daher weder die Anordnung noch der Vollzug der Schubhaft "mit Rechtswidrigkeit belastet". Da die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft noch andauere, stelle die belangte Behörde gemäß § 83 Abs. 4 FPG auch fest, dass im Zeitpunkt der Entscheidung "aufgrund des im Rahmen des Beschwerdeverfahrens als erwiesen festgestellten Sachverhaltes" die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlägen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der belangten Behörde ist zunächst vorzuwerfen, dass die nur in der Begründung des angefochtenen Bescheides vorgenommene Feststellung gemäß § 83 Abs. 4 FPG zum Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung im Spruch zum Ausdruck zu bringen gewesen wäre. Dabei wäre mit entsprechender Begründung auch eindeutig klarzustellen gewesen, auf welchen Schubhaftgrund diese Annahme gestützt und welcher gesetzliche Tatbestand für verwirklicht angesehen wurde (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/21/0512, und vom 7. Februar 2008, Zl. 2007/21/0446). Diese Kritik gilt sinngemäß aber auch für den Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd, wiewohl sich aus dem dort genannten Sicherungszweck betreffend ein Verfahren mit "Dublinbezug" erkennen lässt, dass offenbar das Vorliegen des Schubhaftgrundes des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG angenommen wurde.
Die belangte Behörde hat jedoch vor allem - wie auch schon die Bezirkshauptmannschaft Gmünd - bei Heranziehung bzw. Prüfung dieses Schubhaftgrundes nicht ausreichend berücksichtigt, dass ungeachtet eines "Dublinbezugs" eine Schubhaftnahme nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn besondere Umstände vorliegen, die in diesem (frühen) Stadium des Asylverfahrens ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen. Demzufolge hat sie den angenommenen Sicherungsbedarf im Wesentlichen nur - unter mangelnder Bedachtnahme auf den Anspruch eines Asylwerbers auf Grundversorgung - mit der mangelnden beruflichen und sozialen Verankerung des Beschwerdeführers begründet. Dabei handelt es sich bei einem soeben erst eingereisten Asylwerber aber um keine tragfähigen Aspekte, was auch in der Beschwerde zutreffend aufgezeigt wird (vgl. zum Ganzen ausführlich das Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043, und zu einem insoweit ähnlich begründeten Bescheid der belangten Behörde das schon erwähnte Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2007/21/0512). Auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Im Übrigen weist die Beschwerde auch zu Recht darauf hin, dass die Zulassung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers (vgl. § 28 Abs. 1 AsylG 2005) die Beendigung der Schubhaft hätte zur Folge haben müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0261, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 24. Oktober 2007, Zl. 2006/21/0267; zuletzt das Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2006/21/0363).
Da die belangte Behörde nach dem Gesagten die Rechtslage verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 28. Mai 2008
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