VwGH 2007/21/0266

VwGH2007/21/026619.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Wolfgang Seifert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 1, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Belgrad vom 15. Juni 2007, Zl. E-12562/3/07, betreffend Versagung eines Visums, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §11 Abs2;
FrPolG 2005 §11 Abs6;
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
FrPolG 2005 §11 Abs2;
FrPolG 2005 §11 Abs6;
FrPolG 2005 §21 Abs1 Z2;
FrPolG 2005 §21 Abs5 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am 20. März 2007 bei der Österreichischen Botschaft Belgrad den Antrag, ihm ein Schengen-Visum zur Einreise nach Österreich (beabsichtigte Aufenthaltsdauer: vier Monate) auszustellen. Er sei arbeitslos und wolle seine österreichische Ehefrau X (die er am 18. März 2007 geheiratet hatte) besuchen. X, deren Anwesenheit bei der Antragstellung vermerkt wurde, hatte sich mit Erklärung vom 15. März 2007 verpflichtet, für den Unterhalt und die Unterkunft des von ihr eingeladenen Beschwerdeführers aufzukommen. Sie verpflichtete sich weiters, der Republik Österreich, den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Rechtsträgern alle Kosten, die ihnen im Zusammenhang mit der Einreise, dem Aufenthalt - auch wenn dieser aus welchen Gründen immer über den Zeitraum der Einladung hinausgehe - und der Ausreise sowie allfälliger fremdenpolizeilicher Maßnahmen entstehen, binnen 14 Tagen ab Zahlungsaufforderung bei sonstiger gerichtlicher Geltendmachung zu bezahlen.

Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer dazu am 16. April 2007 mit, keine weiteren Dokumente mehr zu benötigen. Eine (aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtliche) Prüfung habe jedoch ergeben, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden könne. Es bestehe nämlich Grund zur Annahme, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnte (§ 21 Abs. 5 Z. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), weil der Verdacht der Scheinehe vorliege.

Eine über Ersuchen der belangten Behörde für den 28. März 2007 anberaumte Einvernahme der X durch die Bundespolizeidirektion Wien (kurz: BPD) konnte nicht erfolgen, weil X dem Termin ferngeblieben war. Mit Schreiben vom 19. April (an die BPD), vom 2. Mai (an den Bundesminister für Inneres) und vom 10. Mai 2007 (an die belangte Behörde) entschuldigte sich X damit, dass sie damals den Beschwerdeführer, ihren Ehemann, in Serbien besucht hatte. Eine von ihr angeregte Befragung zu einem anderen Termin unterblieb jedoch, wozu ihr die BPD am 23. April 2007 mitteilte, für die "Erledigung der Einladungsüberprüfung" sei ihr lediglich eine Frist von 14 Tagen eingeräumt worden.

Mit Eingabe vom 15. Mai 2007 richtete der Beschwerdeführer eine "Klage auf Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Visums" an die belangte Behörde. Darin legte er näher dar, dass er mit X, die ihn mehrmals in Serbien besucht und noch ihr Auto bei ihm gelassen habe, damit er hiermit nach Erteilung eines Visums in das österreichisches Bundesgebiet einreisen könne, eine richtige Ehe und keine Scheinehe führe.

Ungeachtet dieser Stellungnahme wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag auf Erteilung des begehrten Visums unter Verwendung eines formularmäßigen Vordrucks ab. Dabei wurde durch Ankreuzen des dafür vorgesehenen Feldes zum Ausdruck gebracht, dass die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, sodass öffentliche Interessen der Erteilung des Visums entgegenstünden (§ 21 Abs. 5 Z. 4 FPG).

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wie dargestellt, hat die belangte Behörde ihre Entscheidung nur mit dem Hinweis auf § 21 Abs. 5 Z. 4 FPG begründet. Das allein stellt freilich vor dem Hintergrund der besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden noch keinen Begründungsmangel dar, genügt es demnach doch (vgl. § 11 Abs. 2 iVm Abs. 6 letzter Satz FPG), dass der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt zumindest im Akt nachvollziehbar ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0104).

Davon kann im Beschwerdefall aber nicht die Rede sein. Ein Aufenthalt der X in Belgrad - bei der verfahrensgegenständlichen Antragstellung vom 20. März 2007 - wurde von der belangten Behörde ausdrücklich beurkundet. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer geltend gemacht, X habe ihn in den folgenden Wochen in Serbien besucht. Für das - hierdurch nicht indizierte - Vorliegen einer Scheinehe sind dagegen keinerlei tauglichen Anhaltspunkte aktenkundig geworden, zumal X zu diesem Thema - wie sich aus dem dargestellten Verwaltungsgeschehen ergibt - ohne ausreichende Begründung nicht einmal befragt worden war. Die dazu von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift - ohne inhaltliche Begründung - vertretene Ansicht, die Einvernahme der Einladerin X sei "aus eigenem Verschulden" unterblieben, steht mit dem eben wiedergegebenen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten nicht im Einklang.

Weiters argumentiert die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift damit, auch die Wiederausreise des (arbeitslosen) Beschwerdeführers aus Österreich erscheine nicht gesichert. Damit spricht sie allerdings nicht den im angefochtenen Bescheid zur Abweisung des Antrages herangezogenen Tatbestand des § 21 Abs. 5 Z. 4 FPG, sondern den Versagungsgrund nach § 21 Abs. 1 Z. 2 FPG an. Dies scheitert jedoch bereits daran, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu diesem Versagungsgrund nicht einmal Parteiengehör eingeräumt hat (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Oktober 2007, Zl. 2007/21/0216).

Den erwähnten Mindestanforderungen an ein Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden nach § 11 FPG wurde demnach im vorliegenden Beschwerdefall nicht entsprochen, sodass der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 19. Juni 2008

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