VwGH 2007/05/0037

VwGH2007/05/003727.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Mag. U in Wien, vertreten durch Dr. Stephan Trautmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 27. November 2006, Zl. MA 64 - 8193/2006, betreffend Zwangsstrafe, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1091;
BauO Wr §129 Abs1;
BauRallg;
VVG §5 Abs1 impl;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;
ABGB §1091;
BauO Wr §129 Abs1;
BauRallg;
VVG §5 Abs1 impl;
VVG §5 Abs1;
VVG §5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. .73/1 Niederhofstraße 41 der Liegenschaft EZ 1409, KG Meidling.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 8. September 1972 wurde dem damaligen Eigentümer dieses Grundstückes gemäß § 71 der Bauordnung für Wien die Bewilligung zur Herstellung einer Hofüberdeckung an der linken und hinteren Grundgrenze erteilt. In diesem Zusammenhang wurde die Teilung der Einfahrt bewilligt und der linke Teil der Schaufläche und ein 1,50 m breiter Streifen als Hauseingang gewidmet. Unter Punkt 3. wurde vorgeschrieben:

"Gemäß § 89 Abs. 9 BO. darf der Hauseingang nicht für Lager oder Ausstellungszwecke verwendet werden. Ebenfalls ist der Stiegenhauszugang im Hofe freizuhalten."

Mit Mietvertrag vom 7. Mai 1984 bzw. 14. Mai 1984 hat die Firma Julius U., vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin Gertrude U., damals Ehegattin des Beschwerdeführers, und mit Zustimmung des Beschwerdeführers als Kommanditisten dieser Gesellschaft dem Thomas D. Räumlichkeiten des auf dem vorzitierten Grundstück des Beschwerdeführers errichteten Hauses Niederhofstraße 41 vermietet. Unter Punkt II. des Mietvertrages wurde festgehalten, dass das Mietrecht an den im Erdgeschoss befindlichen Flächen durch die im Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 8. September 1972 festgelegten Vorschreibungen gemäß Punkt 1 bis 3 dieses Bescheides eingeschränkt ist. Der Mieter erklärte, diesen Bescheid vollinhaltlich zur Kenntnis genommen zu haben und alle darin enthaltenen Bestimmungen pünktlich einzuhalten.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 29. Jänner 2003 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeit auf dem obzitierten Grundstück der Auftrag erteilt:

"1) Die widmungswidrige Verwendung des Hauseinganges als Geschäftslokal ist aufzulassen.

2) Die konsenslos hergestellte, hofseitige Außenwand des Flugdaches ist abzutragen und der konsensgemäße Zustand ist wieder herzustellen."

In der Begründung wurde ausgeführt, dass die mit Bescheid vom 8. September 1972 als Hauseingang und als Schaufläche gewidmete ehemalige Einfahrt als Geschäftslokal verwendet werde. Der im Punkt 1) des Auftrages bezeichnete Raum weise nach der Baubewilligung vom 8. September 1972 und dem dazugehörigen Bauplan die Widmung als Hauseingang auf. Die Benützung als Geschäftslokal sei daher bewilligungswidrig und müsse gemäß § 129 Abs. 1 Bauordnung für Wien aufgelassen werden, sofern nicht eine nachträgliche baubehördliche Bewilligung erwirkt werde.

Dieser Bauauftrag erwuchs in Rechtskraft.

Nach mehrfacher Androhung und Anordnung einer Zwangsstrafe hat der Magistrat der Stadt Wien, MA 6, mit Bescheid vom 17. August 2006 wegen Nichterfüllung des Punktes 1) des Bauauftrages vom 29. Jänner 2003 eine Zwangsstrafe in der Höhe von EUR 350,-- gemäß § 5 VVG angeordnet und gleichzeitig eine weitere Zwangsstrafe von EUR 720,-- für den Fall angedroht, dass für die Erbringung der Leistung die neu festgesetzte Frist bis 19. September 2006 ergebnislos verstreichen sollte.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 12. Oktober 2006 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 6, vom 27. Oktober 2006 wurde wegen Nichterfüllung des Punktes 1) des Bauauftrages vom 29. Jänner 2003 die angedrohte Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG verhängt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass unter Vorlage geänderter Pläne, die einen Rettungsweg über das Nachbargrundstück vorsähen, ein Bauansuchen am 19. September 2006 eingereicht worden sei. Mit der Ausschreibung einer Bauverhandlung sei in Kürze zu rechnen. Es könne daher bei Bewilligung des Bauansuchens der Zustand, dass die Hauseinfahrt als Geschäftslokal Verwendung finde, bleiben. Der Mieter der im 1. und 2. Stock befindlichen Räumlichkeiten und des Geschäftslokals verwende den Hausflur als Verkaufsraum und könne Tag und Nacht über das Geschäftslokal ins Freie gelangen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass der Beschwerdeführer durch sein Berufungsvorbringen nicht dartun habe können, wirksame Maßnahmen zur Erfüllung seiner Verpflichtung gesetzt zu haben. Eine wirksame Maßnahme, um die konsenswidrige Nutzung zu unterbinden, wäre die Einbringung einer auf den verwaltungsbehördlichen Auftrag gestützten Unterlassungsklage gewesen. Das Vorbringen interner zivilrechtlicher Probleme mit Mietern sowie der Verweis auf laufende Änderungen der örtlichen Situation reichten nicht aus, um die tatsächliche Undurchführbarkeit der Leistung durch den Beschwerdeführer nachzuweisen. Die Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung stehe der Vollstreckung eines Auftrages, die konsenswidrige Nutzung eines Gebäudes (oder auch nur von Teilen desselben) zu unterlassen, nicht entgegen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und führt aus, dass während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung ein Beseitigungsauftrag nicht vollstreckt werden dürfe. Die Untersagung der Verwendung des Hauseinganges als Geschäftslokal sei dem Beschwerdeführer nicht möglich, weil er dadurch in Rechte des Mieters und des Untermieters eingreifen würde und Selbsthilfe durch Abriss dem Gesetz widerspräche. Die Gerichte würden einem Kündigungsprozess vermutlich nicht stattgeben; ein solcher Prozess sei auch nicht angestrengt worden. Auch einer vorübergehenden Untersagung dieser Verwendung würde in einem Gerichtsverfahren kein Erfolg beschieden sein; im Übrigen würde sich dieses Verfahren über einen langen Zeitraum hinziehen. Ein Eingriff durch Selbsthilfe würde den Beschwerdeführer gegenüber Mieter und Untermieter schadenersatzpflichtig machen; dies würde seinen wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Im Rahmen der ihn treffenden Schadensminderungspflichten habe er alles getan, um die derzeit widmungswidrige Verwendung der Hauseinfahrt zu legalisieren; er habe auch ein entsprechendes Bauansuchen bei der örtlich zuständigen Baupolizei der MA 37 eingebracht. Die Verzögerung der Baubewilligung sei nicht dem Beschwerdeführer vorzuwerfen. Nunmehr sei eine Lösung gefunden worden, mit der sämtliche beteiligte Magistratsabteilungen einverstanden seien, sodass mit der Baubewilligung und der Widmung der Hauseinfahrt als Geschäftslokal zu rechnen sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VVG) wird die Verpflichtung zu einer Duldung oder Unterlassung oder zu einer Handlung, die sich wegen ihrer eigentümlichen Beschaffenheit nicht durch einen Dritten bewerkstelligen lässt, dadurch vollstreckt, dass der Verpflichtete von der Vollstreckungsbehörde durch Geldstrafen oder durch Haft zur Erfüllung seiner Pflicht angehalten wird.

Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat die Vollstreckung mit der Androhung des für den Fall des Zuwiderhandelns oder der Säumnis zur Anwendung kommenden Nachteils zu beginnen. Das angedrohte Zwangsmittel ist beim ersten Zuwiderhandeln oder nach fruchtlosem Ablauf der für die Vornahme der Handlung gesetzten Frist sofort zu vollziehen. Gleichzeitig ist für den Fall der Wiederholung oder des weiteren Verzuges ein stets schärferes Zwangsmittel anzudrohen. Ein angedrohtes Zwangsmittel ist nicht mehr zu vollziehen, sobald der Verpflichtung entsprochen ist.

Gemäß § 10 Abs. 2 VVG kann die Berufung gegen eine nach diesem Bundesgesetz erlassene Vollstreckungsverfügung nur ergriffen werden, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

    Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung nur ein Vorbringen dahingehend erstattet, dass die Vollstreckung unzulässig sei.

    Bei dem im Beschwerdefall in Vollstreckung gezogenen Bauauftrag handelt es sich um den Auftrag zur Unterlassung einer widmungswidrigen Verwendung eines Gebäudes. Zutreffend haben daher die Vollstreckungsbehörden die Androhung und Anordnung von Zwangsstrafen gemäß § 5 VVG als dem Gesetz entsprechendes Zwangsmittel angewendet.

    Der Beschwerdeführer weist zwar zutreffend darauf hin, dass eine Zwangsstrafe nicht verhängt werden darf, wenn die Leistung von der Partei aus tatsächlichen Gründen nicht erbracht werden kann. Es obliegt jedoch dem Verpflichteten, die tatsächliche Undurchführbarkeit einer Leistung darzutun, um die Verhängung einer Zwangsstrafe zu verhindern (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0270). Ob in Erfüllung eines baupolizeilichen Auftrages in Bestandrechte eingegriffen wird, ist aber baurechtlich irrelevant. Der Eigentümer der vom Bauauftrag erfassten baulichen Anlage muss allenfalls die Durchführbarkeit der entsprechenden Maßnahmen gerichtlich durchsetzen (vgl. Moritz, BauO für Wien2, Seite 343).

    Im Beschwerdefall ist die tatsächliche Undurchführbarkeit der dem Beschwerdeführer aufgetragenen Leistung nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hat keine wirksamen Maßnahmen gegen die der Baubewilligung widersprechende Verwendung des Hauseinganges (durch seinen Mieter bzw. den Untermieter) seines Gebäudes gesetzt. Eine wirksame Maßnahme, um die konsenswidrige Nutzung zu unterbinden, wäre die Einbringung einer Unterlassungsklage und die zielgerichtete Fortsetzung des Gerichtsverfahrens gegen den Mieter gewesen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/06/0170). Der bloße Hinweis des Beschwerdeführers auf das Bestehen eines Mietverhältnisses ist jedenfalls nicht geeignet, die tatsächliche Undurchführbarkeit der Leistung darzutun (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1991, Zl. 91/06/0035). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch darauf hingewiesen, dass die allfällige Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung der Vollstreckung eines Auftrages, die konsenswidrige Nutzung eines Gebäudes zu unterlassen, nicht entgegen steht.

    Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 27. Mai 2008

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