Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich des Verfahrensganges wird auf die nähere Darstellung des Sachverhalts im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/17/0170, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid vom 28. April 2005, mit welchem die belangte Behörde eine Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Begründung zurückgewiesen hatte, dass ihm die mit Vorstellung bekämpfte Erledigung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 14. Oktober 2004 nicht wirksam zugestellt worden sei, aufgehoben.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid vom 22. Juni 2005 schrieb der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer Kanalanschluss-Ergänzungsgebühr von EUR 1.486,48 (einschließlich 10 % USt.) vor und führte dabei begründend aus, das Grundstück des Beschwerdeführers sei 1988 an den öffentlichen Kanal der mitbeteiligten Marktgemeinde angeschlossen worden. Es sei dafür auch eine Anschlussgebühr von S 21.000,-- entrichtet worden. Mit Bescheid vom 14. März 1988 sei dem Beschwerdeführer die Baubewilligung zum Neubau eines Wohnhauses auf demselben Grundstück erteilt worden. Die Anzeige der Vollendung der Bauarbeiten sei erst am 15. April 2003 beim Gemeindeamt eingelangt. Aus den meldepolizeilichen Unterlagen ergebe sich aber, dass das betreffende Gebäude seit 5. Dezember 1989 dauernd bewohnt und benutzt werde. Daher sei mit dem Inkrafttreten der Verordnung vom 23. September 1996, mit welcher hinsichtlich der Verwirklichung des Abgabentatbestandes erstmals auch auf die Benützung des Gebäudes abgestellt werde, die Abgabe vorzuschreiben gewesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, die Ansicht des Beschwerdeführers, der Abgabenanspruch sei bereits am 5. Dezember 1989 entstanden, sei unzutreffend. Bis zum Inkrafttreten des § 6 Abs. 2 der Kanalgebührenordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde idF vom 23. September 1996 am 1. Jänner 1997 sei die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalanschlussgebühr (ausschließlich) mit dem Einlangen der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten entstanden. Diese Anzeige sei beim Gemeindeamt am 20. Mai 2003 eingegangen. Unbestritten sei, dass das gegenständliche Gebäude am 1. Jänner 1997 benutzt worden sei. Die Voraussetzungen für das Entstehen des Abgabenanspruches seien somit am 1. Jänner 1997 erfüllt. Ein rückwirkendes Inkrafttreten dieser Bestimmung sei nicht vorgesehen. Die Verjährungsfrist habe daher am 1. Jänner 1998 zu laufen begonnen und sei mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 15. September 1999 unterbrochen worden. Es sei daher nicht ersichtlich, dass der Abgabenvorschreibung Verjährung entgegen gestanden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Gemeinden werden gemäß § 1 Abs. 1 Oö Interessentenbeiträge-Gesetz, LGBl. Nr. 28/1958, ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung von Grundstückseigentümern und Anrainern den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage (Kanal-Anschlussgebühr) zu erheben. Die näheren Bestimmungen hat nach § 2 leg. cit. die Gemeindevertretung in einer Beitragsordnung zu regeln, die gleichzeitig mit dem Beschluss gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zu erlassen ist.
Nach § 1 der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. September 1996, mit der eine Kanalgebührenordnung für die mitbeteiligte Gemeinde erlassen wurde (im Folgenden: Kanalgebührenordnung 1996), wird für den Anschluss von Grundstücken an die gemeinnützige öffentliche Kanalversorgungsanlage eine Kanalleitungsanschlussgebühr erhoben.
Nach § 2 Abs. 4 leg. cit. ist bei nachträglichen Abänderungen der angeschlossenen Grundstücke eine ergänzende Kanalleitungsanschlussgebühr zu entrichten.
Die Verpflichtung zur Entrichtung einer ergänzenden Kanalleitungsanschlussgebühr entsteht nach § 6 Abs. 2 leg. cit. mit dem Einlangen der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten bei der Gemeinde. Diese Anzeige hat der Grundstückseigentümer binnen zwei Wochen nach Vollendung der Bauarbeiten zu erstatten. Wird das Gebäude bzw. der vom Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau betroffene Gebäudeteil bereits vor der Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten benützt, kann die Gemeinde die ergänzende Kanalanschlussgebühr ab dem Zeitpunkt der Benützung vorschreiben.
Die Kanalgebührenordnung 1996 ist nach deren § 8 mit 1. Jänner 1997 anzuwenden. § 6 Abs. 2 der zu diesem Zeitpunkt außer Kraft getretenen Kanalgebührenordnung vom 19. Juni 1981 hatte vorgesehen, dass ausschließlich das Einlangen die Anzeige über die Vollendung der Bauarbeiten die Verpflichtung zur Entrichtung der ergänzenden Kanalanschlussgebühr begründet.
Der Beschwerdeführer vertritt - wie auch in seiner zur hg. Zl. 2006/17/0059 protokollierten Beschwerde betreffend die Vorschreibung der Wasseranschluss-Ergänzungsgebühr - die Auffassung, der Abgabenvorschreibung stehe der Umstand der Verjährung der Abgabenschuld entgegen. Der Beschwerdefall gleicht somit sowohl hinsichtlich des rechtserheblichen Sachverhaltes als auch hinsichtlich der strittigen Rechtslage dem mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/17/0059, entschiedenen Beschwerdefall. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG).
Allerdings erweist sich der angefochtene Bescheid aus einem anderen Grunde als rechtswidrig:
Mit dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/17/0170, wurde die dort angefochtene Vorstellungsentscheidung vom 28. April 2005 als rechtswidrig aufgehoben. Nach § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat (ex tunc-Wirkung). Das bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2002/05/1505, mwN).
Für den Beschwerdefall bedeutet der Wegfall des Zurückweisungsbescheides der belangten Behörde vom 28. April 2005, dass der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde bei seiner Berufungsentscheidung vom 22. Juni 2005 nicht ohne weiteres davon hätte ausgehen dürfen, dass die (mit Vorstellung bekämpfte) Berufungsentscheidung vom 14. Oktober 2004 gegenüber dem Beschwerdeführer keine Rechtswirkungen entfaltet hat. Die belangte Behörde hätte im angefochtenen Bescheid somit die Frage des Vorliegens einer res iudicata zu prüfen gehabt. Da sich die belangte Behörde nicht mit dieser Frage auseinander gesetzt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 4. Juli 2008
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)