VwGH 2006/15/0253

VwGH2006/15/025318.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des R W in V, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Dr. Gernot Murko und Mag. Christian Bauer, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 12. Juni 2006, RV/0349-K/05, betreffend Wiederaufnahme (Einkommensteuer 1998) sowie Einkommensteuer 1998, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §23 Z3;
EStG 1988 §24;
EStG 1988 §28;
EStG 1988 §23 Z3;
EStG 1988 §24;
EStG 1988 §28;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erhielt im Jahr 1977 von seinem Vater dessen in K angesiedelten Drogerie- und Parfümeriebetrieb (mit einer weiteren Betriebsstätte in F). Zunächst führte der Beschwerdeführer den Betrieb selber.

Am 27. Mai 1988 schloss der Beschwerdeführer über diesen Betrieb einen Unternehmenspachtvertrag mit dem Drogisten GW. Im Bestandvertrag hielten die Vertragsparteien ua. fest, dass der Pächter verpflichtet sei, in den übernommenen Räumlichkeiten das gepachtete Unternehmen weiterzuführen.

In einer mit 31. Mai 1988 datierten Eingabe teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, er habe die Drogerie verpachtet. Dass diese Verpachtung eine Betriebsaufgabe darstellen würde, ergibt sich aus der Eingabe nicht.

Mit Schreiben vom 25. Mai 1998 teilte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter dem Finanzamt mit, er habe seinen in Bestand gegebenen Drogeriebetrieb (Standorte in K und F) mit 1. Jänner 1997 aufgegeben, "da seitens des Abgabepflichtigen nicht mehr die Absicht bestehe, einen dieser Betriebe selbst zu führen." Nach den Berechnungen des steuerlichen Vertreters betrage der Aufgabegewinn - unter Berücksichtigung von Alter und Wert der Einrichtungsgegenstände - Null S.

Die Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers für die Ausübung des Drogeriegewerbes hat in Bezug auf die Betriebsstätte in K mit 30. Juni 1998, in Bezug auf die Betriebsstätte in F bereits mit 17. September 1988 geendet. Das Pachtverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und GW ist im August 1998 einvernehmlich aufgelöst worden. Im Februar 1999 hat der Beschwerdeführer auf sein Mietrecht an der Liegenschaft in K gegen Entgeltszahlung durch den Liegenschaftseigentümer HS (2 Mio S plus USt) verzichtet.

Im Jahr 2003 führte das Finanzamt eine abgabenbehördliche Prüfung durch. Der Bericht vom 8. Oktober 2003 über das Ergebnis der abgabenbehördlichen Prüfung enthält einen Aktenvermerk der Prüfer zur Frage der Aufgabe des Drogeriebetriebes in K. In diesem Bericht wird u.a. ausgeführt, dass die Gewerbeberechtigung für die Drogerie in K am 30. Juni 1998 geendet habe, die Verpachtung der Drogerie im August 1998 beendet worden sei und es in der Folge zu einer Vereinbarung mit dem Hauseigentümer über die Ablöse des Mietrechts am Geschäftslokal in K gekommen sei.

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2003 nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Einkommensteuer 1997 wieder auf und erließ einen Einkommensteuerbescheid, in welchem der für die Aufgabe des Mietrechtes erhaltene Betrag als Aufgabegewinn in Ansatz gebracht wurde.

Mit Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 5. Jänner 2005 wurde der Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid Folge gegeben, weil objektive Gründe dafür, dass gerade im Jahr 1997 die Betriebsaufgabe erfolgt sei, nicht vorlägen.

Bereits mit Vorhalt vom 29. Dezember 2004 hatte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mitgeteilt, es vertrete nunmehr die Auffassung, dass die Betriebsaufgabe erst im Jahre 1998 stattgefunden habe. Für eine derartige Annahme sprächen einerseits die in diesem Jahr erfolgte Konzessionszurücklegung, andererseits die tatsächliche Beendigung des Pachtverhältnisses mit GW. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum damit begonnen, in Vertragsverhandlungen mit dem Hauseigentümer HS hinsichtlich einer Aufgabe der Mietrechte einzutreten.

In der Folge nahm das Finanzamt mit Bescheid vom 22. September 2005 das (bisher mit Einkommensteuerbescheid vom 2. November 1999 abgeschlossene) Einkommensteuerverfahren 1998 - unter Hinweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung - wieder auf und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in welchem der Aufgabegewinn (gemeiner Wert des Mietrechtes abzüglich des Freibetrages von 100.000 S) in Ansatz gebracht wurde.

Der Beschwerdeführer brachte sowohl gegen den Wiederaufnahmebescheid als auch gegen den Einkommensteuerbescheid 1998 Berufung ein.

Hinsichtlich der Wiederaufnahme brachte der Beschwerdeführer vor, er habe dem Finanzamt die Betriebsaufgabe mit Schreiben vom 25. Mai 1998 mitgeteilt. In der Folge seien keine Tatsachen neu hervorgekommen, welche eine nunmehrige Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden.

Hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides wurde vorgebracht, eine Betriebsaufgabe liege nur dann vor, wenn sich der Betriebsinhaber im Rahmen eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorganges aller Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens begebe oder diese in sein Privatvermögen überführe. Die Betriebsaufgabe beginne mit objektiv erkennbaren, unmittelbar der Betriebsaufgabe dienenden Handlungen. Die Ankündigung, den Betrieb aufgeben zu wollen, löse indessen als Vorbereitungshandlung ebenso wenig eine Betriebsaufgabe aus, wie die bloße Mitteilung an die Abgabenbehörde, den Betrieb aufgegeben zu haben. Daher komme der Mitteilung vom 25. Mai 1998 lediglich deklarativer Charakter zu.

Die Gewerbeberechtigung für den Drogeriebetrieb in K habe der Beschwerdeführer ausschließlich deshalb aufrechterhalten, da er beabsichtigt habe, im Ort X eine Apotheke und gemeinsam damit eine Drogerie zu eröffnen. Die Aufrechthaltung der Konzession für K habe letztlich dazu geführt, dass die Gewerbeberechtigung für X mit dem Hinweis, dass es sich hier um eine weitere Betriebsstätte des Standortes K handle, sofort erteilt worden sei. Allein aus diesem Grunde sei damals über Empfehlung der Bezirkshauptmannschaft der Umweg über eine Aufrechterhaltung der Konzession und Gründung einer weiteren Betriebsstätte gewählt worden. Faktisch sei damit - aus gewerberechtlicher Sicht - der Betrieb der Drogerie von K nach X verlegt worden.

Das Pachtverhältnis mit Herrn GW sei im Jahre 1998 über dessen Ersuchen aufgelöst worden. GW habe dies damit begründet, dass er auf Grund der wirtschaftlichen Entwicklung des Drogeriegewerbes mit ständig rückläufigen Umsätzen und Erträgnissen habe rechnen müssen.

Die Drogerie in K habe der Beschwerdeführer bis zum 30. April 1988 selber betrieben. Auf Grund seiner beruflichen Ausbildung als Pharmazeut sei es stets sein Berufsziel gewesen, eine Apotheke zu führen. Er habe bereits Mitte der Siebziger Jahre um eine Apothekenkonzession für den Standort X angesucht. Erst im Jahre 1988 sei ihm die Konzession für die Führung einer Apotheke in X erteilt worden. Als unmittelbare Konsequenz dieser beruflichen Neuorientierung habe er die Drogerie verpachtet. Es spreche eine Vielzahl von Indizien dafür, dass die Betriebsaufgabe bereits mit dem Beginn der Verpachtung erfolgt sei. Konkret führt der Beschwerdeführer nachstehende Indizien ins Treffen:

"Pachtdauer:

Gemäß Punkt 4 des Pachtvertrages beginnt das Pachtverhältnis mit 6. Juni 1988 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Gemäß Punkt 4.3 hat sich der Pächter darüber hinaus noch verpflichtet, das Pachtverhältnis nicht vor dem 31. Dezember 2003 (nach 15 Jahren) aufzukündigen.

Zurücklegung der Gewerbeberechtigungen:

Gemäß Punkt 2 - Pachtgegenstand - wurde unter 2.4 vereinbart, dass der Verpächter seine beiden Konzessionen für K und F jeweils zu Gunsten des Pächters bei der Bezirkshauptmannschaft K zurücklegt.

Warenlager:

Das gesamte Warenlager wurde vom Pächter in Form einer Pauschalablöse mitübernommen und auf eigene Rechnung in der Folge weiter veräußert.

Dienstverhältnisse:

In Punkt 9 des Vertrages betreffend Dienstverhältnisse der Beschäftigten wurde vereinbart, dass der Pächter mit Zustimmung der jeweiligen Dienstnehmer die bestehenden Dienstverhältnisse fortsetzen kann, der Verpächter sich lediglich verpflichtet hat (Punkt 9.3 des Vertrages) sämtliche Abfertigungsansprüche, die bis zum Beginn des Pachtverhältnisses beim Verpächter entstanden sind, von diesem im Fall des Entstehens des Abfertigungsanspruches zu leisten. Weiters wurde vereinbart, dass der Pächter jederzeit berechtigt ist, die Dienstverhältnisse aufzukündigen bzw. bei Vorliegen von Entlassungsgründen diese sofort aufzulösen.

Weitergabe des Pachtobjektes:

Gemäß Punkt 12 - Weitergabe des Pachtobjektes - wurde vereinbart, dass der Verpächter ausdrücklich zustimmt, mit einer Weiterverpachtung, Vergesellschaftung oder sonstigen Weitergabe des Pachtgegenstandes einverstanden zu sein, sofern alle Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag mit überbunden werden."

Nach Ansicht des Beschwerdeführers stehe sohin fest, dass er nicht die Absicht gehabt habe, die in Bestand gegebenen Drogeriebetriebe jemals wieder auf eigene Gefahr und Rechnung zu führen. Daher habe die Betriebsaufgabe bereits im April 1988 stattgefunden. Diesen Umstand habe das Finanzamt bloß nicht erkannt. Die mit dem Gebäudeeigentümer HS abgeschlossene Vereinbarung über die Ablöse des Mietrechtes sei sohin als nicht steuerpflichtige Veräußerung zu werten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Das Finanzamt habe die Wiederaufnahme insbesondere auf die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung für die Drogerie in K zum 30. Juni 1998, die Auflösung des Pachtverhältnisses im August 1998 und den Eintritt in Vertragsverhandlungen mit dem Hauseigentümer hinsichtlich Aufgabe der Mietrechte gestützt. Diese Umstände stellten Tatsachen dar, die im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides (2. November 1999) existent gewesen seien, dem Finanzamt jedoch erst später zur Kenntnis gelangt seien, und zwar im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung im August 2003. Die Entscheidungswesentlichkeit dieser neu hervorgekommenen Tatsachen zur Herbeiführung eines anders lautenden Bescheidspruches sei gegeben.

Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 25. Mai 1998 stehe der Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1998 nicht entgegen. Mit der Eingabe sei bekannt gegeben worden, dass der Beschwerdeführer seit dem 1. Jänner 1997 nicht mehr die Absicht habe, die in Bestand gegebene Drogerie weiterzuführen. Die bloße Absichtserklärung eines Steuerpflichtigen, den Betrieb aufgeben zu wollen, bewirke aber ebenso wenig eine Betriebsaufgabe wie die Mitteilung an die Abgabenbehörde, den Betrieb aufgegeben zu haben. Die Betriebsaufgabe beginne mit objektiv erkennbaren, unmittelbar der Betriebsaufgabe dienenden Handlungen. Die Wiederaufnahme hinsichtlich Einkommensteuer 1998 sei daher zu Recht verfügt worden.

Grundsätzlich sei eine Betriebsaufgabe durch Verpachtung nur dann anzunehmen, wenn auf Grund objektiver Kriterien mit hoher Wahrscheinlichkeit feststehe, dass der Steuerpflichtige den Betrieb niemals mehr auf eigene Rechnung führen werde.

Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 31. Mai 1988 (verfasst durch seinen steuerlichen Vertreter) laute:

"Mein oa. Klient wird mit Stichtag 1.6.1988 seine Drogerie in (…) an Herrn WG, (…), verpachten. Ab diesem Zeitpunkt werden daher unter der St.Nr. (…) keine Lohnsteuer, kein Dienstgeberbeitrag, kein DZ und keine Alkoholsteuer mehr abgeführt werden. Ich teile Ihnen dies mit, damit in Zukunft Mahnungen über die oben angegebenen Abgabenarten unterbleiben.

(Der Beschwerdeführer) betreibt zusammen mit Frau Mag. PK im Rahmen einer offenen Handelsgesellschaft die Stadtapotheke (X). Betriebsaufnahme ist voraussichtlich im Juli 1988."

Aus den Bilanzakten der Zeiträume 1988 bis 1992 ergebe sich, dass die Einkünfte aus der Verpachtung der Drogerie stets als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt worden seien. Die Aktenteile betreffend die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1996 könne das Finanzamt nicht mehr vorlegen.

Dem Berufungsvorbringen, wonach eine Betriebsaufgabe bereits im Jahre 1988, und zwar anlässlich der Verpachtung der beiden Drogeriebetriebe, stattgefunden habe, könne sich die belangte Behörde nicht anschließen.

Die Eingabe vom 31. Mai 1988 lasse lediglich erkennen, dass der Beschwerdeführer seinen Drogeriebetrieb fortan nicht mehr selbst führe, sondern in Bestand gegeben habe. In keiner Weise lasse sich aus dieser Mitteilung erschließen, dass der Beschwerdeführer diesen Betrieb nicht wieder auf eigene Gefahr und Rechnung führen werde. Dagegen sprächen zudem die folgenden objektiven Kriterien:

Prinzipiell gelte, dass eine Betriebsverpachtung nicht als Betriebsaufgabe zu werten sei. Der Beschwerdeführer habe das Finanzamt über Jahre hinweg im Glauben gelassen, dass die Verpachtung keineswegs endgültig sei. Nach außen hin habe er stets kundgetan, dass eine Betriebsaufgabe nicht vorliege. Es wäre seine Sache gewesen, nach außen darzutun, wenn eine Wiederaufnahme der in Bestand gegebenen Drogerie nicht geplant gewesen wäre. Statt dessen habe der Beschwerdeführer erst unmittelbar vor Beendigung des Pachtverhältnisses im August 1998 (mit Eingabe vom 25. Mai 1998) dem Finanzamt mitgeteilt, dass er die Drogerie (in K und F) "per 1. Jänner 1997 aufgegeben habe, da nunmehr nicht mehr die Absicht bestehe, einen dieser Betriebe wieder selbst zu führen".

In der Eingabe vom 25. Mai 1998 habe der Beschwerdeführer noch von einer Betriebsaufgabe im Jahre 1997 gesprochen. Erst im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer seine Argumentation geändert.

Die objektiven Indizien sprächen aber für eine Betriebsaufgabe im Jahr 1998.

Der 1945 geborene Beschwerdeführer sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Pachtverhältnisses im 43. Lebensjahr gestanden. Wegen des beidseitig abgegebenen Kündigungsverzichts auf die Dauer von jeweils 15 Jahren wäre der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der frühestmöglichen ordentlichen Vertragsauflösung 58 Jahre alt gewesen. Dass aufgrund dieses Alters die Wiederaufnahme des Drogeriebetriebes mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei, sei nicht zu erkennen, zumal dieses Lebensalter den Bezug einer Alterspension noch nicht zulasse. Dazu komme, dass nach Punkt 4 des Unternehmenspachtvertrages die Kündigungsverzichtsfrist lediglich 10 Jahre betragen würde, wenn der Beschwerdeführer (auch) in K eine Apothekenkonzession verliehen erhalten hätte.

Aus Punkt 8 des Unternehmenspachtvertrages treffe den Pächter eine Betriebsführungsverpflichtung, was eindeutig gegen eine im Jahre 1988 erfolgte Betriebsaufgabe spreche. Die unter Punkt 9 des Vertrages vereinbarte Übernahme der Beschäftigten beider Betriebsstätten durch den Pächter könne nicht als Hinweis für eine im Jahre 1988 erfolgte Aufgabe gewertet werden

In Punkt 2 des Vertrages sei vereinbart worden, dass der Beschwerdeführer seine Gewerbeberechtigungen betreffend das Drogistengewerbe und das Handelsgewerbe zugunsten des Pächters zurücklege. Das tatsächlich eingetretene Geschehen zeige allerdings, dass er seine Konzession für den Drogeriebetrieb in K -

entgegen der vertraglichen Abmachung - nicht zurückgelegt habe.

In einem an die Gewerbebehörde gerichteten Schreiben vom 17. Juni 1998 führe der Beschwerdeführer aus: "Ich lege meine Konzession zum Betrieb des Drogistengewerbes (K) mit 30. Juni 1998 zurück." In der Eingabe an die Gewerbebehörde vom 14. April 1999 erkläre der Beschwerdeführer, dass er um Löschung der Gewerbeberechtigung für das Handelsgewerbe ansuche, da das "Gewerbe am Standort (K) seit 1. September 1998 nicht mehr ausgeübt werde".

Der Beschwerdeführer habe sohin nach außen hin klargestellt, dass er seit dem 30. Juni bzw. 1. September 1998 das Drogisten- und das Handelsgewerbe in K nicht mehr betreibe.

Der Beschwerdeführer wende ein, die beiden Gewerbeberechtigungen für den Standort K seien aufrechterhalten worden, um die Eröffnung der Apotheke in X samt angeschlossenem Drogeriebetrieb vornehmen zu können. Gerade der Umstand, dass der Beschwerdeführer in X seit 1988 neben seiner Apotheke auch eine Drogerie betreibe, habe bis 1998 nicht ausgeschlossen, dass er im Falle der Verleihung einer Apothekenkonzession für den Standort K den dortigen Drogeriebetrieb weiterführe.

Aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse ergebe sich die Betriebsaufgabe im Jahre 1998. In diesem Jahr sei der Pachtvertrag einvernehmlich aufgelöst worden. Der Beschwerdeführer habe nach Auflösung des Bestandverhältnisses keine Anstalten gesetzt, den Betrieb wieder auf eigene Gefahr und Rechnung zu führen, sondern habe die Konzessionen per 30. Juni bzw. 1. September 1998 aufgegeben. Somit sei - objektiv - nach Auflösung des Pachtverhältnisses und "Rückgabe" der genannten Bewilligungen festgestanden, dass der Beschwerdeführer den Drogeriebetrieb in K aufgebe. Die "Rückgabe" des Mietrechtes an den Hauseigentümer unterstreiche diese Ansicht, zumal dieser Vorgang in ummittelbarem zeitlichen Konnex zur Betriebsaufgabe stehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2008, 2008/15/0088, unter Bezugnahme auf Vorjudikatur ausgesprochen hat, führt die Verpachtung eines Betriebes in der Regel noch nicht zur Betriebsaufgabe, es sei denn, der Betriebsinhaber hätte die Absicht, den Betrieb nach Ablauf des Pachtvertrages nicht mehr weiterzuführen, und hat diese Absicht nach außen zu erkennen gegeben.

Die Mitteilung des Steuerpflichtigen an das Finanzamt, dass er den Betrieb aufgegeben habe, bewirkt zwar nicht für sich eine Betriebsaufgabe, ihr kommt aber Bedeutung für die Frage zu, ob die Absicht des Steuerpflichtigen nach außen zu erkennen gegeben worden ist. Ob die Absicht des Steuerpflichtigen zur Betriebsaufgabe nach außen hin erkennbar geworden ist, ist allerdings auch nach anderen objektiven Umständen zu prüfen (vgl das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, 97/15/0134). Letztlich muss das Gesamtbild der Verhältnisse für diese Absicht des Verpächters sprechen (vgl nochmals das hg Erkenntnis vom 25. Juni 2008, 2008/15/0088).

Im Rahmen des Gesamtbildes der Verhältnisse mit zu berücksichtigende Indizien für das Vorliegen einer Betriebsaufgabe können ua das Zurücklegen der Gewerbeberechtigung, ein hohes Alter des Verpächters sowie die Veräußerung statt Verpachtung der Geschäftseinrichtung an den Pächter sein (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Oktober 2006, 2002/13/0217).

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer erstmals in seiner Eingabe vom 25. Mai 1998 von einer Betriebsaufgabe gesprochen. Hiezu sind im Jahr 1998 weitere Umstände getreten, sodass der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegen getreten werden kann, wenn sie auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse die Aufgabe des Drogeriebetriebes für das Jahr 1998 angenommen hat. Diese weiteren Umstände sind die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung im Jahr 1998 und die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach der Beendigung des Pachtverhältnisses im August 1998 den Drogeriebetrieb nicht selbst fortgeführt, sondern Verhandlungen mit dem Eigentümer des Hauses, in welchem die Drogerie in gemieteten Räumen geführt worden war, über die Modalitäten des Verzichts auf das Mietrecht aufgenommen hat.

Das zentrale Beschwerdevorbringen besteht darin, dass die Betriebsaufgabe bereits im Jahr 1988 mit Abschluss des Pachtvertrages erfolgt sei.

Der Beschwerdeführer verweist zunächst darauf, dass er beim Abschluss des Pachtvertrages im 43. Lebensjahr und nach Ablauf einer zunächst vorgesehenen 15jährigen Vertragsdauer (im Jahr 2003) im 59. Lebensjahr gestanden sei. Der Verwaltungsgerichtshof sieht es nicht als unschlüssig an, dass die belangte Behörde aus diesem Umstand nicht abgeleitet hat, es sei von vornherein festgestanden, dass der Beschwerdeführer die Drogerie nicht mehr selber führen werde. Daran ändert nichts, dass der Pächter, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, bloß für den Zeitraum von 10 Jahren (und nicht wie von der belangten Behörde angenommen für den Zeitraum von 15 Jahren) auf die Kündigung verzichtet hat. Aus dem langjährigen Kündigungsverzicht erklärt sich auch, dass der Beschwerdeführer dem Pächter das Warenlager verkauft hat.

Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, die Betriebsfortführungsverpflichtung sei nur aus mietrechtlichen Gründen in den Pachtvertrag aufgenommen worden. Auch damit zeigt er kein Indiz für eine Betriebsaufgabe im Jahr 1988 auf. Ein derartiges Indiz ist auch nicht darin gelegen, dass dem Pächter im Pachtvertrag erlaubt worden ist, die eingeführte Bezeichnung der Drogerie weiterzuführen und das Pachtobjekt unter Überbindung sämtlicher Pflichten aus dem Vertrag weiterzuverpachten. Es ist auch nicht ungewöhnlich oder ein Anzeichen einer Betriebsaufgabe, dass der Pächter den bisher im Betrieb des Verpächters beschäftigten Dienstnehmern die Weiterbeschäftigung als Dienstnehmer anbietet, Aufwendungen für Abfertigungsansprüche für Zeiträume vor Abschluss des Pachtvertrages aber noch der Verpächter zu tragen hat.

Im Pachtvertrag ist festgehalten, dass der Verpächter die Konzessionen zu Gunsten des Pächters zurücklegt. Ob diese Vereinbarung ein Indiz für eine Betriebsaufgabe darstellt, kann dahingestellt bleiben, ist diese Vertragsbestimmung doch hinsichtlich der Drogerie in K nicht durchgeführt worden und hat diese Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers erst im Jahr 1998 ihr Ende genommen.

Es mag sein, dass der Beschwerdeführer den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in den Ort X verlegt und die Führung der Apotheke in diesem Ort seine volle Arbeitskraft in Anspruch genommen hat. Wenn aber die belangte Behörde aus diesem Umstand nicht auf eine Betriebsaufgabe im Jahr 1988 geschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Gemäß § 303 Abs 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Bescheid des Finanzamtes vom 22. September 2005 betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1998 verweist in seiner Begründung auf den über die abgabenbehördliche Prüfung erstellten Prüfungsbericht. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich aus diesem Verweis mit hinreichender Deutlichkeit, welche Umstände das Finanzamt für die Wiederaufnahme herangezogen hat.

Zum Schreiben des Beschwerdeführers, mit dem er dem Finanzamt die Betriebsaufgabe mitgeteilt hat, sind als neu hervorgekommene Tatsachen die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung und die Beendigung des Pachtverhältnisses samt dem Eintritt in Vertragsverhandlungen mit dem Hauseigentümer hinsichtlich Aufgabe der Mietrechte (an Stelle einer Weiterführung des Drogeriebetriebes) hinzugetreten.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die genannten Umstände "neu hervorgekommene" Tatsachen darstellen. Er bestreitet allerdings, dass die neu hervorgekommenen Umstände für die Betriebsaufgabe im Jahr 1998 sprechen.

Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass erst die genannten neu hervorgekommenen Umstände (in Verbindung insbesondere mit dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 25. Mai 1998) zur Annahme einer Betriebsaufgabe im Jahr 1998 führen, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Wenn der Beschwerdeführer hinsichtlich der zum 30. Juni 1998 zurückgelegten Gewerbeberechtigung für die Drogeriebetriebsstätte in K einwendet, er habe die Gewerbeberechtigung nur aufrecht erhalten, um am Standort X zusammen mit der Apotheke eine Drogerie zu betreiben, ist darauf zu antworten, dass auch unter diesen Umständen die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung im Jahr 1998 ein Indiz für die Betriebsaufgabe darstellt. Dass der Beschwerdeführer nach der Beendigung des Pachtverhältnisses Mitte des Jahres 1998 die Drogerie nicht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung fortgeführt hat, sondern alsbald mit Verhandlungen über die Ablöse des Mietrechtes für das Geschäftslokal begonnen hat, konnte die belangte Behörde - im Rahmen des Gesamtbildes - als untrügliches Zeichen für die Aufgabe des Drogeriebetriebes werten.

Mit Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 5. Jänner 2005 ist der Bescheid des Finanzamtes betreffend Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 1997 mit der Begründung aufgehoben worden, dass das Finanzamt die vorerwähnten Umstände zu Unrecht als Indizien für eine im Jahr 1997 eingetretene Betriebsaufgabe gewertet habe. Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht es den Wirkungen der Rechtskraft jener Berufungsentscheidung nicht entgegen, dass diese Umstände in der Folge vom Finanzamt und von der belangten Behörde als objektive Gründe für eine im Jahr 1998 eingetretene Betriebsaufgabe angesehen worden sind.

Die Beschwerde vermag sohin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 18. November 2008

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