VwGH 2006/06/0321

VwGH2006/06/03218.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des Mag. GS, und 2. der BK, beide in J, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kaiser-Franz-Josef Kai 70, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Oktober 2006, Zl. FA13B-12.10-J-70/2006- 12, betreffend Untersagung eines angezeigten Bauvorhabens (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde J, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §72;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
BauG Stmk 1995 §72;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark je zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte mit Bescheid vom 21. September 2004 den Beschwerdeführern die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Carport und Einfriedung auf einem Grundstück in der mitbeteiligten Marktgemeinde. In Auflage 36 war betreffend die Lage des an der Grundgrenze zur öffentlichen Verkehrsfläche der S-Straße geplanten Einfahrtstores vorgesehen, dass dieses 5,00 m hinter der Straßenfluchtlinie anzuordnen und mittels einer schräg verlaufenden Einfriedung mit der übrigen Einfriedung zu verbinden sei. Mit Schreiben vom 23. September 2005 (eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 4. Oktober 2005) zeigten die Beschwerdeführer gemäß § 20 Z. 3 lit. c Stmk. BauG die Änderung der Einfriedung gegen die öffentliche Verkehrsfläche betreffend das Einfahrtstor an. Dieses Einfahrtstor ist an der Grundstücksgrenze zur öffentlichen Verkehrsfläche der S-Straße vorgesehen.

In dem in der Folge erstatteten Gutachten des Arch. Dipl. Ing. W.P.Z. vom 14. Oktober 2005 ist im Befund festgestellt, dass die Ausführung der Einfriedung bereits in der Baubewilligung vom 21. September 2004 abgehandelt worden und unter Erteilung von Auflagen, im Besonderen der Auflage 36, festgelegt worden sei. Die tatsächliche Ausführung sei abweichend von der genehmigten Ausführung und zwar so erfolgt, dass der unter Auflagenpunkt 36 geforderte Rücksprung von 5 m nicht hergestellt worden sei und das Tor entlang der südlichen Grundgrenze und der Straßengrundgrenze verlaufe. Weiters führte dieser Sachverständige aus, bei allen Bauvorhaben, die in den letzten Jahren in diesem Gebiet bewilligt worden seien, sei die Auflage für das Rückversetzen des Einfahrtstores von der Straßenfluchtlinie um 5 m Bestandteil der Baubewilligungen. Gemäß § 72 Stmk. BauG seien Zu- und Abfahrten zwischen Abstellplätzen und Straßen mit öffentlichem Verkehr so anzuordnen, dass die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht beeinträchtigt werde (Abs. 1). Wenn diese Zufahrt durch zeitweilig hindernde Anlagen, wie Tore etc., eingeschränkt werde und dadurch der öffentliche Verkehr behindert werden könnte, so sei ein Stauraum für mindestens ein wartendes Kraftfahrzeug vorzusehen (Abs. 2). Durch die rege Bautätigkeit in diesem Bereich sei sogar zukünftig mit einer noch größeren Frequenz der S-Straße zu rechnen, wodurch unbedingt auf eine weitgehend ungehinderte Benutzung der S-Straße zu achten sei. Einer Abänderung der Ausführung der Einfriedung gegenüber dem Auflagepunkt 36 des Bescheides vom 21. September 2004 im Bereich der Zufahrt zum Grundstück von der öffentlichen Verkehrsfläche (S-Straße) könne aus den im Befund festgestellten Gründen nicht zugestimmt werden.

Mit Bescheid vom 15. November 2005 untersagte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 33 Abs. 4 Stmk. BauG das angezeigte Bauvorhaben, da sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, dass das Vorhaben in einem offenkundigen Widerspruch zu sonstigen baurechtlichen Vorschriften stehe. In der Begründung wurde im Besonderen darauf hingewiesen, dass ein Ausnahmetatbestand gemäß § 72 Abs. 2 Stmk. BauG nicht angenommen werden könne, da die S-Straße zwei Fahrstreifen aufweise und gemäß § 24 Abs. 3 lit. d StVO ein Halten auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei blieben, verboten sei. Der Auflagepunkt 36 des Baubewilligungsbescheides vom 21. September 2004 werde dieser Bestimmung der StVO gerecht.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 20. März 2006 als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde führte insbesondere aus, dass die Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit auf Grund der Funksteuerung des Einfahrtstores nur für die Hausbewohner, nicht aber für Besucher, Lieferanten etc. anzunehmen sei. Im Übrigen hätten die Beschwerdeführer gegen die Auflage 36 des Baubewilligungsbescheides vom 21. September 2004 keine Einwendung erhoben. Dieser Bescheid sei rechtskräftig. Zum Wesen der Auflage werde darauf hingewiesen, dass nur unter "den Voraussetzungen" (gemeint offensichtlich: unter der Voraussetzung der Einhaltung der Auflage) eine Inanspruchnahme der Baubewilligung gedeckt sei.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aus den eingeholten Gutachten (das Gutachten der Baubezirksleitung G vom 7. Juli 2006 und der Fachabteilung 17B des Amtes der Stmk. Landesregierung vom 13. September 2006) ergebe sich, dass das angezeigte Bauvorhaben den Bestimmungen des Stmk. BauG (§ 72 Stmk. BauG) nicht entspreche (dies wurde näher ausgeführt). Es sei nicht beachtlich, ob eventuell bei anderen Grundstücken eine derartige Ausfahrt genehmigt worden sei.

Verfahrensgegenständlich sei lediglich das angezeigte Vorhaben. Das Vorhaben werde deswegen untersagt, da es gemäß § 72 Abs. 1 Stmk. BauG nicht den Anforderungen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entspreche.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Dieser Grundsatz kommt dann nicht zum Tragen, wenn eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - vorliegt bzw. eine Änderung jener Rechtvorschriften, wobei diesen Änderungen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1995, Zl. 94/10/0162). Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind auch dann wegen "res judicata" zurückzuweisen, wenn das Begehren nicht ausdrücklich dahin lautet (vgl. die in Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 1432, in

E. 163 zu § 68 AVG angeführte hg. Judikatur). Gegenstand der eingangs angeführten rechtskräftigen Baubewilligung vom 21. September 2004 war u.a. eine Einfriedung auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück entlang der Grundgrenze zu der öffentlichen Verkehrsfläche der S-Straße in der Höhe von ca. 1,0 m. Dazu ergingen projektändernde Auflagen 35 und 36 dieses Bescheides. Diese lauten:

"35. Die Einfriedung des Bauplatzes ist so vorzunehmen, dass das Orts- und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird. Die Einfriedung ist maximal 125 cm hoch, sowie licht- und luftdurchlässig auszuführen. Das Einfahrtstor sowie die Gehtüre müssen in das Grundstück des Bauwerbers aufschlagen.

36. Das Einfahrtstor ist 5,00 m hinter der Straßenfluchtlinie anzuordnen und mittels einer schräg verlaufenden Einfriedung mit der übrigen Einfriedung zu verbinden."

Das im Bauansuchen unmittelbar an der Grenze zur öffentlichen Verkehrsfläche hin, als Teil der Einfriedung vorgesehene Einfahrtstor wurde somit nicht bewilligt, vielmehr das Abrücken von 5 m hinter die Straßenfluchtlinie angeordnet. Eine auf ein bestimmtes Vorhaben bezogene Bewilligung bedeutet zwar nicht schon ganz allgemein einen bindenden Abspruch in der Richtung, dass die Voraussetzungen der Bewilligung anderer, vom bewilligten Vorhaben sich mehr oder weniger unterscheidender Vorhaben nicht vorlägen. Eine solche bindende Wirkung einer Bewilligung hinsichtlich einzelner zu einem Vorhaben gehörender Maßnahmen kommt jedoch insoweit in Betracht, als mit einer Bewilligung auch die der Rechtskraft fähige Entscheidung verbunden sein kann, dass hinsichtlich bestimmter zum eingereichten Projekt gehörender Maßnahmen die gesetzlichen Voraussetzungen einer Bewilligung nicht vorliegen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1995).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Bei den Auflagen gemäß Punkt 35 und 36 des seinerzeit bewilligten Projektes handelte es sich um sogenannte "projektsändernde Auflagen", die in untrennbarer Einheit mit den durch sie modifizierten Plänen und Beschreibungen den Gegenstand der Bewilligung darstellen. Das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben sieht nun wiederum ein Einfahrtstor entlang der Grundgrenze zur S-Straße vor. Die verfahrensgegenständliche Bauanzeige stellt somit die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache dar (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0033). Die vorliegende Bauanzeige wäre daher wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen, da sich die Sach- und Rechtslage nicht geändert hat. Dadurch, dass die Baubehörde das angezeigte Bauvorhaben untersagt und nicht zurückgewiesen hat, sind die Beschwerdeführer aber nicht in dem von ihnen allein geltend gemachten Recht auf Genehmigung des angezeigten Bauvorhabens verletzt.

Soweit sich die Beschwerde dagegen richtet, dass die verfahrensgegenständliche Berufungsentscheidung in nicht öffentlicher Sitzung des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde entschieden wurde und dies ihrer Ansicht § 59 Stmk. GemeindeO widerspricht, genügt es auf § 59 Abs. 3 Z. 2 Stmk. GemeindeO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 1/1999 zu verweisen, wonach alle Angelegenheiten, die sich auf den Gang oder die Erledigung eines Verwaltungsverfahrens beziehen, vom Gemeinderat in nicht öffentlicher Sitzung zu behandeln sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 8. Mai 2008

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