VwGH 2005/21/0062

VwGH2005/21/006228.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 21. Dezember 2004, Zl. Senat-FR-04- 3065, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §34b;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §69 Abs2;
FrG 1997 §69 Abs4;
FrG 1997 §73 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997 §34b;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §69 Abs2;
FrG 1997 §69 Abs4;
FrG 1997 §73 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. August 2004 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Gmünd gegen den Beschwerdeführer, einen mongolischen Staatsangehörigen, gemäß § 61 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG die Schubhaft "zur Sicherung der Zurückschiebung bzw. Abschiebung". Sie verwies darauf, dass der Beschwerdeführer am 7. August 2004 nach einem unbefugten Grenzübertritt von Tschechien nach Österreich angehalten worden sei; die Verhängung der Schubhaft sei deshalb erforderlich, weil erfahrungsgemäß Fremde, gegen die ein fremdenpolizeiliches Verfahren anhängig sei, trachteten, sich diesem Verfahren zu entziehen. Mit selbem Datum erließ sie gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 7 ein befristetes Aufenthaltsverbot.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Dezember 2004 wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde gemäß § 73 FrG als unbegründet ab.

Dies begründete sie einleitend damit, dass die Bezirkshauptmannschaft Gmünd umgehend einen Rückübernahmeantrag an die Tschechische Republik gestellt und auch letztlich eine positive Rückübernahmeerklärung erwirkt habe. Mittlerweile habe der Beschwerdeführer jedoch einen Asylantrag aus der Schubhaft heraus gestellt. Das Asylverfahren sei in erster Instanz negativ beschieden worden; die dagegen eingebrachte Berufung sei anhängig.

Nach Zitierung des § 34b Asylgesetz 1997 - AsylG führte die belangte Behörde weiters aus, dass "im Hinblick auf die in § 61

(1) FrG 1997 bzw. § 34b Asylgesetz umschriebenen Schubhaftzwecke im Zeitpunkt der Haftverhängung durch die Behörde nicht abschließend zu beurteilen ist, ob die im Gesetz durch die Haft zu sichernden Maßnahmen wie Aufenthaltsverbot, Ausweisung oder Abschiebung auch tatsächlich erlassen oder verhängt werden". Es genüge vielmehr, wenn die Behörde Grund zur Annahme haben könne, dass diese Maßnahmen möglich sein werden. Im vorliegenden Fall hindere die vorläufige Aufenthaltsberechtigung keineswegs die weitere Anhaltung des Fremden in Schubhaft bis zur gesetzlichen Höchstdauer, zumal ein negativ beschiedener Ausgang des Asylverfahrens nicht ausgeschlossen werden könne. Weiters bestehe eine realistische Möglichkeit einer Außerlandesschaffung in Vollziehung des erlassenen Aufenthaltsverbotes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen hat:

Der angefochtene Bescheid leidet in mehrfacher Hinsicht an inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Vorerst weist die Beschwerde zutreffend darauf hin, dass die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 73 Abs. 4 FrG nicht spruchgemäß festgestellt hat, ob zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Nach dem Beschwerdevorbringen wurde der Beschwerdeführer erst Anfang des Jahres 2005 aus der Schubhaft entlassen. Die belangte Behörde stellte auch nicht fest, dass er zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung schon entlassen gewesen wäre. Es ist lediglich aus den Entscheidungsgründen ihre Ansicht erschließbar, dass die Schubhaft fortgesetzt werden dürfe.

Weiters lässt der angefochtene Bescheid nicht erkennen, auf welche Bestimmung die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu begründen versucht. Während die Behörde erster Instanz die Anordnung der Schubhaft mit § 61 Abs. 1 FrG begründete, zitiert die belangte Behörde auch den Inhalt des § 34b AsylG und verweist allgemein auf die "in § 61 (1) FrG 1997 bzw. § 34b Asylgesetz" umschriebenen Schubhaftzwecke, ohne jedoch auszudrücken, auf welche Bestimmung gestützt ihrer Ansicht nach die Schubhaft rechtmäßig angeordnet und fortgesetzt worden wäre bzw. fortgesetzt werden dürfte.

Der angefochtene Bescheid lässt auch jede Auseinandersetzung mit der Bestimmung des § 21 Abs. 1 AsylG vermissen, die vorliegend anzuwenden wäre, stellte doch der Beschwerdeführer nach den behördlichen Feststellungen aus der Schubhaft heraus einen Asylantrag.

Sollte die belangte Behörde der Ansicht gewesen sein, dass demnach die Fortsetzung der Schubhaft mit § 61 Abs. 1 FrG begründet werden könnte, so wäre § 69 Abs. 2 FrG zu beachten, demzufolge die Schubhaft außer in den Fällen des Abs. 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern dürfe. Diese Frist war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides längst überschritten. Ob einer der Tatbestände des § 69 Abs. 4 FrG vorliegt, hat die belangte Behörde in keiner Weise geprüft. Bemerkt sei, dass nach dem Akteninhalt eine Rückübernahmeerklärung seitens der Tschechischen Republik ausgestellt wurde und die Abschiebung des Beschwerdeführers in der Folge wegen dessen - von der belangten Behörde festgestellten - vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung nicht zulässig war.

Letztlich hat sich die belangte Behörde auch nicht inhaltlich mit der Erforderlichkeit einer Schubhaft befasst, sondern lediglich auf einen nach den "derzeitigen Verfahrensständen" begründeten Verdacht, dass der Beschwerdeführer untertauchen werde, verwiesen.

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. Februar 2008

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