VwGH 2005/18/0211

VwGH2005/18/02112.12.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des B T in L, geboren am 5. Februar 1967, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Fromherz, Mag. Dr. Bernhard Glawitsch und Mag. Ulrike Neumüller-Keintzel, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. Mai 2005, Zl. St 119/05, betreffend Ausweisung nach § 34 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §10;
FrG 1997 §16 Abs3 Z1;
FrG 1997 §23 Abs4;
FrG 1997 §23 Abs6a;
FrG 1997 §34 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §10;
FrG 1997 §16 Abs3 Z1;
FrG 1997 §23 Abs4;
FrG 1997 §23 Abs6a;
FrG 1997 §34 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 2. Mai 2005 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzigowina, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 iVm § 8 Abs. 4 und § 37 des Fremdengesetzes 1997 -

FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei laut den Feststellungen der Bundespolizeidirektion Linz im erstinstanzlichen Bescheid vom 6. April 2005 am 27. Juli 2001 mit einem Visum C in Österreich eingereist und habe am 5. September 2001 mit der österreichischen Staatsbürgerin W. die Ehe geschlossen. Auf Grund dieser Ehe sei ihm am 17. September 2001 eine bis 17. September 2002 gültige Niederlassungsbewilligung erteilt worden. Eine weitere Niederlassungsbewilligung sei ihm am 30. Juli 2002 mit Gültigkeit bis 30. Juli 2003 und am 26. Mai 2003 mit Gültigkeit bis 26. Mai 2004 erteilt worden. Auf Grund seines Antrages vom 9. März 2004 sei ihm am 10. März 2004 ein Niederlassungsnachweis erteilt worden.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 28. Mai 2004 sei die Ehe geschieden worden. Aus diesem Beschluss gehe hervor, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben gewesen sei.

Anlässlich einer Befragung am 2. September 2004 habe W. u.a. angegeben, sie hätte den Verdacht gehabt, dass der Beschwerdeführer eine Freundin hätte, was sich dann auch bestätigt hätte. Vor der Scheidung hätte bereits seit einem Jahr kein gemeinsamer Wohnsitz mehr bestanden.

Bei ihrer Vernehmung am 6. Dezember 2004 habe W. angegeben, dass der Beschwerdeführer schon nach einem Jahr die Scheidung hätte haben wollen, weil er sich während der Ehe mit einer Bosnierin verlobt hätte und alle zwei Wochen zu ihr nach Bosnien gefahren wäre. W. habe dabei wiederholt, dass der Beschwerdeführer und sie bereits ein Jahr vor der Scheidung voneinander getrennt gelebt hätten.

Es sei daher davon auszugehen, dass er am 9. März 2004 bei der Erstbehörde einen Antrag auf Erteilung eines Niederlassungsnachweises eingebracht habe, der ihm auch erteilt worden sei, obwohl er zu diesem Zeitpunkt ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt habe und ihm dies auch bewusst gewesen sei.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter begründend aus, dass die Feststellung im genannten Scheidungsbeschluss, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben gewesen und die Ehe nach Meinung des Beschwerdeführers zerrüttet wäre, durch die Aussagen der W. vom 2. September 2004 und vom 6. Dezember 2004 untermauert worden seien. Im Hinblick darauf, dass auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 9. März 2004 unter Berufung auf die genannte Ehe am 10. März 2004 ein Niederlassungsnachweis erteilt worden sei, die eheliche Lebensgemeinschaft jedoch seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben gewesen sei und somit ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht mehr geführt worden sei, sei der Tatbestand des § 34 Abs. 1 Z. 3 FrG erfüllt.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich gemeinsam mit seinem Vater lebe, werde dadurch relativiert, dass er bereits erwachsen sei. Im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet und die Tatsache, dass er am österreichischen Arbeitsmarkt integriert sei, werde durch die Ausweisung in sein Privatleben eingegriffen. Da er sich jedoch entgegen § 8 Abs. 4 FrG auf die Erteilung bzw. Beibehaltung eines Aufenthaltstitels auf eine Ehe berufen habe, ein gemeinsames Familienleben jedoch im Sinn des Art. 8 EMRK nicht (mehr) geführt habe, sei diese Maßnahme zur Erreichung von in Art. 8 EMRK genannten Zielen, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung oder eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten. Im Hinblick auf dieses eminente öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung wesentlich schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, weshalb die Erlassung der Ausweisung trotz seines mehrjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet dringend geboten und gemäß § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei.

Von der Ermessenbestimmung des § 34 Abs. 1 FrG sei Gebrauch zu machen gewesen, weil bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 10 FrG doch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. eines geordneten Fremdenwesens einhergehe.

Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweise, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 6a FrG zu erfüllen, sei ihm zu entgegnen, dass er einen diesbezüglichen Antrag beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz bislang nicht eingebracht habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 3 FrG können Fremde, die sich auf Grund eines Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Aufenthaltstitel einem Fremden erteilt wurde, weil er sich auf eine Ehe berufen hat, obwohl er ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt hat.

Gemäß § 8 Abs. 4 leg. cit. dürfen sich Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht führen, für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen.

2.1. Die Beschwerde bringt vor, dass die Ehe des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Erteilung des Niederlassungsnachweises noch nicht so zerrüttet gewesen sei, um davon auszugehen, dass die eheliche Gemeinschaft nicht mehr hergestellt werden könnte. So habe er immer noch gehofft, dass seine zum damaligen Zeitpunkt zeitweise von ihm getrennt lebende Frau zu ihm zurückkehren und die eheliche Gemeinschaft wieder aufnehmen würde. Zu diesen Fragen hätte die belangte Behörde ein Beweisverfahren durchführen und den Beweisanträgen des Beschwerdeführers, ihn und seine Ehegattin persönlich zu vernehmen, folgen müssen, sodass ein Feststellungs- und Verfahrensmangel gegeben sei. Wäre deren Vernehmung durchgeführt worden, hätte sich ergeben, dass eine Auflösung der ehelichen Gemeinschaft im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Erteilung des Niederlassungsnachweises nicht vorgelegen sei. Wenn sich die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung auf seine Angaben im Scheidungsverfahren stütze, wonach im Zeitpunkt der Scheidung die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben gewesen sei, so könne dies die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht tragen, weil er seit Beginn des fremdenpolizeilichen Verfahrens ausgeführt habe, dass es sich dabei lediglich um eine Prozessbehauptung (im Scheidungsverfahren) gehandelt habe und tatsächlich die eheliche Gemeinschaft im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht so zerrüttet gewesen sei, dass sie aus seiner Sicht nicht mehr hätte aufgenommen werden können.

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die belangte Behörde folgte im angefochtenen Bescheid den Angaben der früheren Ehegattin des Beschwerdeführers, denen zufolge dieser die Scheidung gewünscht habe sowie bereits ein Jahr vor der Ehescheidung (am 28. Mai 2004) die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden habe und sie keinen gemeinsamen Wohnsitz mehr gehabt hätten. In ihrer Beweiswürdigung stützte sich die belangte Behörde nicht nur auf die Angaben der früheren Ehegattin des Beschwerdeführers bei deren Vernehmung (im Rechtshilfeweg) durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 2. September 2004 und 6. Dezember 2004, sondern auch darauf, dass der Beschwerdeführer im Scheidungsverfahren vor dem Bezirksgericht Linz-Land zugestanden hatte, dass im Zeitpunkt der Scheidung die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben und die Ehe seiner Meinung nach zerrüttet gewesen sei (vgl. in diesem Zusammenhang § 55 a Ehegesetz). Mit ihrem Vorbringen, dass es sich bei den genannten Angaben im Scheidungsverfahren "lediglich" um eine - offensichtlich gemeint:

wahrheitswidrige - Prozessbehauptung gehandelt habe, gelingt es der Beschwerde nicht, die Unschlüssigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Beweiswürdigung darzulegen. Wenn die belangte Behörde daher dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, dass er - abweichend von seinen Angaben im Scheidungsverfahren - die Ehe (in Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Erteilung des Niederlassungsnachweises am 9. März 2004) für noch nicht endgültig zerrüttet gehalten habe, nicht gefolgt ist, so begegnet diese Beweiswürdigung im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrollbefugnis (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken. Entgegen der Beschwerdeansicht war die belangte Behörde nicht verpflichtet, die frühere Ehegattin des Beschwerdeführers und ihn persönlich zu vernehmen, war diese doch - wie dargestellt - im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens bereits zweimal vernommen worden und hatte der Beschwerdeführer sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in seiner Berufung zu dem gegen ihn erhobenen Täuschungsvorwurf Stellung genommen. Auch begründete die Abstandnahme von einer unmittelbaren Vernehmung des Beschwerdeführers und seiner geschiedenen Ehegattin durch die belangte Behörde - entgegen der Beschwerdeansicht - deshalb keinen Verfahrensmangel, weil ein subjektives Recht, von der Behörde mündlich gehört zu werden, nicht besteht (vgl. aus der hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2005/18/0684, mwN).

2.3. Auf dem Boden des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes begegnet somit die Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 34 Abs. 1 Z. 3 FrG erfüllt seien, keinem Einwand.

3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid weiters unter dem Blickwinkel des der belangten Behörde zukommenden Ermessens und bringt vor, diese hätte im Rahmen ihrer Ermessensübung berücksichtigen müssen, dass nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 6a FrG im Fall der Scheidung der Ehe ein Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung (für jeglichen Aufenthaltszweck) gestellt werden könne, wobei diese erst nach der Ehescheidung beantragt werden könne. Er sei gewillt, den "rechtmäßigen Zustand" wiederherzustellen. Dies zeige sich darin, dass er in seiner ersten Stellungnahme an die Erstbehörde (mit Schriftsatz vom 14. März 2005) einen Antrag auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 6a FrG gestellt habe, welchen Antrag die Erstbehörde an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz hätte weiterleiten müssen, und es hätte vor Erlassung des Ausweisungsbescheides auf diesen Antrag Bedacht genommen werden müssen.

3.2. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg.

3.2.1. § 34 Abs. 1 FrG räumt der Behörde insofern Ermessen ein, als von der Erlassung einer Ausweisung trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen abgesehen werden kann. Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG hat die Behörde von dem besagten Ermessen "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch zu machen. Sie hat hiebei in Erwägung zu ziehen, ob und zutreffendenfalls welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung gegen die Erlassung einer Ausweisung sprechen, und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des FrG leiten zu lassen. Es könnten etwa - anders als bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 FrG - öffentliche Interessen zu Gunsten eines Fremden berücksichtigt werden und diese bei entsprechendem Gewicht eine Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen der Ermessensentscheidung rechtfertigen. Aber auch persönliche, schon im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 37 FrG zu berücksichtigende Interessen sind bei der Handhabung des Ermessens nach § 34 Abs. 1 leg. cit. dann zu beachten, wenn dies erforderlich ist, um den besonderen im Einzelfall gegebenen Umständen gerecht zu werden. Die Behörde hat den für ihre Ermessensentscheidung maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessenübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (vgl. in diesem Zusammenhang aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom 18. Mai 2006, Zlen. 2006/18/0034 bis 0036, mwN).

3.2.2. § 23 Abs. 1 (erster Satz), Abs. 4 und Abs. 6a, § 24 Abs. 2 und § 49 FrG (in der hier maßgeblichen Fassung der FrG-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 126) lauten:

"§ 23. (1) Fremden, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihrer Niederlassungsbewilligung auf Dauer niedergelassen bleiben, ist - sofern die Voraussetzungen des 2. Abschnittes weiterhin gesichert scheinen - auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung mit demselben Zweckumfang zu erteilen.

(...)

(...)

(4) Sofern nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Niederlassungsnachweises vorliegen, sind die weiteren Niederlassungsbewilligungen mit einer Gültigkeitsdauer von höchstens zwei Jahren zu erteilen. Dies gilt nicht bei Fremden, die nach dem 1. Jänner 2003 zuwandern und zur Erfüllung der Integrationsvereinbarung verpflichtet sind. Diesen Fremden ist eine weitere Niederlassungsbewilligung mit einer Gültigkeitsdauer von höchstens einem Jahr so lange zu erteilen, bis sie den Nachweis der Erfüllung der Integrationsvereinbarung erbracht haben.

(...)

(6a) Eine weitere Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck ist Fremden, die bereits über einen Aufenthaltstitel verfügen, auf Antrag zu erteilen, die auf Dauer niedergelassen bleiben, bisher Ehegatte oder Kind eines österreichischen Staatsbürgers oder EWR-Staatsbürgers (begünstigter Drittstaatsangehöriger) waren, und diese Begünstigteneigenschaft auf Grund von Tod, Scheidung, Erreichung des 21. Lebensjahres und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verloren haben. Abs. 4 gilt.

(...)"

"§ 24. (...)

(2) Liegen die Voraussetzungen zur Erteilung eines Niederlassungsnachweises nicht vor, ist eine weitere Niederlassungsbewilligung (§ 23 Abs. 4) zu erteilen, wenn die sonstigen Voraussetzungen zur Erteilung dieser Bewilligung vorliegen.

(...)"

"§ 49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. Die Gültigkeitsdauer der ihnen die beiden ersten Male erteilten Niederlassungsbewilligung beträgt jeweils ein Jahr.

(2) Der Niederlassungsnachweis ist solchen Drittstaatsangehörigen auf Antrag zu erteilen, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 8 Abs. 1) gegeben sind und die Fremden

1. seit mindestens zwei Jahren mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sind und mit diesem im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt leben;

2. minderjährige Kinder eines österreichischen Staatsbürgers sind und mit diesem im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt leben."

3.2.3. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung, von der Erlassung der Ausweisung nicht im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens Abstand zu nehmen, damit, dass "bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 10 FrG doch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. eines geordneten Fremdenwesens einhergeht". Soweit der Beschwerdeführer darauf hinweise, die Voraussetzungen des § 23 Abs. 6a FrG zu erfüllen, sei ihm zu entgegnen, dass er einen entsprechenden Antrag beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz bislang nicht eingebracht habe.

Dazu ist auszuführen, dass nach Ausweis der Verwaltungsakten der am 28. Mai 2004 von seiner österreichischen Ehegattin geschiedene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. März 2005 bei der Erstbehörde (u.a.) die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck nach § 23 Abs. 6a FrG beantragt und die "Abtretung des Aktes" an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz beantragt hat. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer einen § 23 Abs. 6a FrG entsprechenden Antrag beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz bislang nicht eingebracht habe, ist zwar - entgegen der Beschwerdeansicht - insoweit nicht aktenwidrig, als dieser Antrag bei der Erstbehörde gestellt wurde. Die Fremdenpolizeibehörde wäre jedoch gemäß § 6 Abs. 1 AVG verpflichtet gewesen, entweder diesen Antrag ohne unnötigen Aufschub an die zuständige Niederlassungsbehörde (vgl. dazu insbesondere § 89 FrG) weiterzuleiten oder den Beschwerdeführer an diese zu weisen. Sowohl bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides als auch bei Erlassung des angefochtenen Bescheides lag jedenfalls ein offener Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung nach § 23 Abs. 6a FrG vor und war dies der Erstbehörde bzw. der belangten Behörde auch bekannt.

3.2.4. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid nicht damit befasst, ob der - im Zeitpunkt seines Antrages vom 14. März 2005 auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung auf Grund des Niederlassungsnachweises rechtmäßig in Österreich aufhältige und von einer österreichischen Staatsbürgerin geschiedene - Beschwerdeführer auf Grund dieses Antrages gemäß § 23 Abs. 4 und Abs. 6a FrG einen Anspruch auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung habe. Würde diese dem Beschwerdeführer von der Niederlassungsbehörde erteilt werden, so würde (nach der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Rechtslage) der dem Beschwerdeführer erteilte Niederlassungsnachweis insoweit gegenstandslos (vgl. § 16 Abs. 3 Z. 1 FrG).

4. Die oben (II. 3.2.3.) wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde stellen keine ausreichende Begründung für ihre Ermessensentscheidung dar. Die belangte Behörde hätte sich damit auseinander zu setzen gehabt, ob der Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 14. März 2005 einen Anspruch auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 4 und 6a FrG habe, und diesen Aspekt in ihre Ermessensentscheidung miteinbeziehen müssen. Der bloße Hinweis, dass "bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 10 FrG doch eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. eines geordneten Fremdenwesens einhergeht", reicht für die Nachprüfbarkeit des vorliegenden Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz nicht aus, weshalb ein wesentlicher Begründungsmangel vorliegt.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Dezember 2008

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