VwGH 2005/08/0200

VwGH2005/08/020026.11.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der E in H, vertreten durch Mag. Norbert Hein, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Huemerstraße 1/Kaplanhofstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Oktober 2005, Zl. Ge- 600156/6-2005-Pö/Th, betreffend Haftung gemäß § 25a Abs. 7 BUAG (mitbeteiligte Partei: Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse in 1050 Wien, Kliebergasse 1a), zu Recht erkannt:

Normen

BUAG §25a Abs7;
BUAG §25a Abs7;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse stellte am 15. Jänner 2004 einen Rückstandsausweis über einen Betrag von EUR 3.776,72 samt 7 % Zinsen seit 26. November 2001 aus, für den die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der Z. GmbH gemäß § 25a Abs. 7 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) in Anspruch genommen wurde.

In dem gegen den Rückstandsausweis erhobenen Einspruch brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe in ihrer Funktion als Geschäftsführerin vom 14. November bis zum 13. Dezember 2001 keine Verfehlungen begangen. Das Unternehmen sei in dieser Zeit weder überschuldet noch illiquid gewesen und es seien vorher und nachher Zahlungen an die mitbeteiligte Partei geleistet worden. Für die Beitragszahlungen habe ein Einzugsauftrag existiert. Daher seien Zahlungsverpflichtungen nicht in Evidenz genommen worden. Die Geschäftsführung sei de facto von Herrn Christian Z. ausgeübt worden, der auch bei dem Bankkonto der Z. GmbH alleine zeichnungsberechtigt gewesen sei. Es habe eine ausdrückliche Weisung der Gesellschafter bestanden, dass von der Beschwerdeführerin keine Kontoverfügung durchgeführt werden dürfe. Das Aufforderungsschreiben iSd § 25 Abs. 1 BUAG der mitbeteiligten Partei vom 5. Dezember 2001 sei erst nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin eingetroffen, weshalb sie von diesem keine Kenntnis gehabt habe. Die vierzehntägige Zahlungsfrist sei frühestens mit 19. Dezember 2001 abgelaufen, als bereits Frau Z. Geschäftsführerin gewesen sei. Die mitbeteiligte Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse habe auf Grund der erteilten Einzugsermächtigung z.B. am 31. Dezember 2001 EUR 3.939,74, am 22. Jänner 2002 EUR 3.568,45, am 11. Februar 2002 EUR 2.002,95 und am 26. Februar 2002 EUR 4.633,80 eingezogen. Es sei ein Versäumnis der mitbeteiligten Partei, den von ihr nunmehr geforderten Betrag nicht eingezogen zu haben.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2004 wies die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Einspruch der Beschwerdeführerin als unbegründet ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin u.a. vor, die Einschränkung ihrer Bankvollmacht sei ihr ca. zwei bis drei Wochen nach ihrem Dienstantritt mitgeteilt und auch nach heftigen Diskussionen nicht zurückgenommen worden. Sie habe eine Bankvollmacht gehabt, aber da die Gesellschafter die Bankgeschäfte allein hätten führen wollen, habe sie die Konsequenz gezogen und ihr Mandat schon nach vier Wochen wieder zurückgelegt.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben. Auf die Zuschlagsverbindlichkeiten der Z. GmbH seien folgende Zahlungen geleistet worden:

Zeitraum:

Zuschlag in EUR

entrichtet in EUR

am

Jul. 01

2.002,95

2.002,95

11.02.2002

Sept. 01

4.013,52

0,00

 

Okt. 01

3.939,74

3.939,74

31.12.2001

Nov. 01

3.568,45

3.568,45

22.01.2002

Dez. 01

4.633,80

4.633,80

26.02.2002

Jän. 02

2.855,31

0,00

 

Feb. 02

2.666,16

0,00

 

Mär. 02

2.296,40

0,00

 
 

25.976,33

14.144,94

 

Mit dem Tag der Übernahme der Geschäftsführung durch die Beschwerdeführerin am 14. November 2001 seien Zuschläge für Juli 2001 in Höhe von EUR 2.002,95 fällig gewesen. Am 26. November 2001 seien EUR 4.013,52 an Zuschlägen für September 2001 fällig geworden. Die Beschwerdeführerin habe hierauf keine Zahlungen für die Z. GmbH geleistet.

Manuela Z., die am 13. Dezember 2001 die Geschäftsführung übernommen habe, habe in der Folge EUR 14.144,94 für die Z. GmbH beglichen. Die Z. GmbH habe zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung (dem Verwaltungsakt zufolge am 3. Juni 2002) die Zuschläge für September 2001 sowie für Jänner, Februar und März 2002 im Gesamtbetrag von EUR 11.831,39 zuzüglich Nebengebühren von EUR 87,78 und Zinsen von EUR 227,03 nicht entrichtet gehabt.

Der Ansicht, dass die von Manuela Z. für die Z. GmbH für frühere (Juli 2001) und nachfolgende (Oktober, November und Dezember 2001) Zuschlagszeiträume geleisteten Zuschläge jeweils auf die ältesten offenen Zuschlagsverbindlichkeiten anzurechnen gewesen wären (was zu einer Tilgung der verfahrensgegenständlichen Zuschlagsschuld für September 2001 geführt hätte), stehe entgegen, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 25a Abs. 7 BUAG ihrem Wesen nach eine Verschuldenshaftung darstelle, sodass außerhalb des Verantwortungszeitraumes geleistete Zahlungen Dritter nur unter bestimmten, hier nicht gegebenen Voraussetzungen hätten berücksichtigt werden können.

Die Beschwerdeführerin habe lediglich darauf verwiesen, sie habe auf Grund der kurzen Zeitspanne ihrer Funktion und wegen ihrer eingeschränkten Ermächtigungen die Verpflichtungen eines Geschäftsführers nicht erfüllen können. Sie habe jedoch kein Vorbringen erstattet, wonach die Z. GmbH im fraglichen Zeitraum über keine Mittel verfügt hätte, sodass sie keinerlei Zahlungen hätte leisten können. Die objektive Rechtswidrigkeit ihres Handelns sei daher als erwiesen anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Auch die mitbeteiligte Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse hat in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25a Abs. 7 Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Zuschlagsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Zuschläge insoweit, als die Zuschläge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Die Haftung nach § 25a Abs. 7 BUAG setzt die Uneinbringlichkeit der Zuschläge, die Stellung des Haftenden als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung, deren Ursächlichkeit für die Uneinbringlichkeit der Zuschläge und einen Rechtswidrigkeitszusammenhang voraus (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2005, VwSlg. 16.532/A).

Strittig sind hier Pflichtverletzung und Verschulden.

2.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe die Geschäftsführertätigkeit für die Z. GmbH lediglich vom 14. November bis zum 13. Dezember 2001, also nur knapp einen Monat lang ausgeübt. Sie habe sich zu Beginn ihrer Geschäftsführertätigkeit vergewissert, dass für die mitbeteiligte Kasse eine Einzugsermächtigung für das Firmenkonto vorgelegen sei. Es könne ihr nicht als Verschulden zugerechnet werden, dass ein einziger Einziehungsauftrag, nämlich der für die Zuschlagszahlungen für September 2001, aus unerfindlichen Gründen nicht durchgeführt worden sei. Dies insbesondere auch deswegen, weil Christian Z. "de facto Geschäftsführer und allein für das Firmenkonto zeichnungsberechtigt war sowie erst nach Abschluss des Geschäftsführervertrages der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, dass sie keinerlei Kontoverfügungen treffen dürfe". Sie habe sich mit einer derartigen Beschränkung ihrer Vertretungsmöglichkeit niemals einverstanden erklärt, sondern im Gegenteil eben aus diesem Grund schon nach kurzer Zeit ihre Geschäftsführungstätigkeit wieder beendet. Auch daraus ergebe sich keine schuldhafte Verletzung der ihr auferlegten Pflichten. Überdies habe die Einzugsermächtigung bei der Zahlung der Zuschläge für die Monate Oktober bis Dezember 2001 anstandslos funktioniert. Wären diese Zahlungen auf die bereits früher fällig gewordene Zuschlagsschuld für September 2001 angerechnet worden, hätte sich keine Haftung der Beschwerdeführerin ergeben. Das Schreiben der mitbeteiligten Kasse vom 5. Dezember 2001 sei erst nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin eingelangt. Sie habe daher keine Möglichkeit gehabt, darauf zu reagieren und beispielsweise den ausständigen Betrag nachträglich zu entrichten.

2.2. Dem ist zu entgegnen, dass der Umstand, auf Grund von rechtlichen oder faktischen Einschränkungen daran gehindert gewesen zu sein, der aus § 25a Abs. 7 BUAG abzuleitenden Gleichbehandlungspflicht nachzukommen, die Beschwerdeführerin nicht von vornherein exkulpieren könnte. Sie wäre im Falle der Behinderung ihrer Vertretungsfunktion vielmehr verpflichtet gewesen, sofort entweder im Rechtsweg die Möglichkeit der unbehinderten Ausübung ihrer Funktion zu erzwingen oder ihre Funktion niederzulegen und als Geschäftsführerin auszuscheiden. Bleibt die Geschäftsführerin aber weiterhin tätig, obwohl sie sich in ihrer Pflichterfüllung behindert sieht, verletzt sie (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Entrichtung der die Gesellschaft treffenden Zuschläge. Das bedeutet nicht, dass es im Falle der beschriebenen Behinderungen bei der Ausübung der Geschäftsführerfunktion zu den (zuschlagsrechtlichen) Pflichten des Vertreters des Zahlungsschuldners zählte, die Vertreterstellung durch Rücktritt zur Aufhebung zu bringen. Gemeint ist vielmehr, dass es der Vertreter in der Hand hat bzw. dass es seine Sache ist, im Rechtsweg die Ausübung seiner Rechte zu erzwingen oder die Geschäftsführungsbefugnis zurückzulegen und dass er es sich als Verschulden anrechnen lassen muss, sich in dieser Weise an der Erfüllung der Aufgaben behindern zu lassen. Da die Beschwerdeführerin unstreitig erst am 13. Dezember 2001 als Geschäftsführerin ausgeschieden ist und im Übrigen auch nicht vorgebracht hat, vor diesem Zeitpunkt Schritte unternommen zu haben, die ihr eine ungehinderte Ausübung der Geschäftsführertätigkeit ermöglicht hätten, kann das behauptete Verbot, über das Konto der Z. GmbH zu verfügen, zu keiner Einschränkung ihrer Haftung führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl. 99/08/0120).

Auch das Vorbringen, der Einziehungsauftrag für die Zuschlagszahlungen an die mitbeteiligte Partei für September 2001 wäre aus unerfindlichen Gründen nicht durchgeführt worden, vermag die Beschwerdeführerin nicht zu entschuldigen, weil sie die Vornahme der Zuschlagszahlungen kontrollieren und bei der Nichtdurchführung eines Einziehungsauftrages dafür hätte Sorge tragen müssen, dass die betreffende Zahlung unverzüglich nachgeholt bzw. die Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern sichergestellt wird.

Schließlich ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung, dass die Z. GmbH nach dem 13. Dezember 2001 Zuschlagszahlungen für die Monate Oktober bis Dezember 2001 geleistet habe. Die im Zeitraum vom 31. Dezember 2001 bis zum 26. Februar 2002 vorgenommenen Zahlungen waren (durch den Einziehungsauftrag) unstreitig für die Tilgung der genannten Zuschlagsverpflichtungen gewidmet, weshalb die Zahlungen nicht (analog zu §§ 1415 und 1416 ABGB) auf die ältesten offenen Zuschlagsforderungen angerechnet werden können. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Z. GmbH gegen die mitbeteiligte Kasse im Rahmen des Einziehungsauftrags bzw. die Beschwerdeführerin gegen Dritte einen privatrechtlichen Anspruch darauf hatte, dass die späteren Zahlungen der Z. GmbH der Begleichung der jeweils ältesten Zuschlagsforderungen gewidmet werden.

3. Auch die übrigen Voraussetzungen für eine Haftung der Beschwerdeführerin liegen vor:

Die Haftung des Geschäftsführers nach § 25a Abs. 7 BUAG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Zuschlägen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Zuschläge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse Sorge trägt. Der für die Verhältnisrechnungen zur Ermittlung der Haftungssumme maßgebliche Beurteilungszeitraum erstreckt sich in der Regel von der Fälligkeit der ältesten zum Zeitpunkt des Wegfalls der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers (ganz oder teilweise) offen gebliebenen Zuschlagsschuldigkeit bis zum genannten Wegfall. Die Beschwerdeführerin wäre dann exkulpiert, wenn sie in Bezug auf die Z. GmbH nachweist, entweder über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet oder zwar über Mittel verfügt, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit den anderen Gläubigern die Zuschlagsschuldigkeiten entweder gar nicht oder nur zum Teil und in nicht geringerem Ausmaß als die Forderungen anderer Gläubiger beglichen zu haben (vgl. nochmals das Erkenntnis VwSlg. 16.532/A).

Ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde trifft denjenigen, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt - über die ihn stets allgemein treffende Behauptungslast im Verwaltungsverfahren hinaus -, die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm deren Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden darf, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren weder behauptet, die Z. GmbH habe keine Zahlungen geleistet, noch behauptet, bei den Zahlungen der Z. GmbH seien die anderen Gläubiger gleich behandelt worden wie die mitbeteiligte Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse. Die belangte Behörde war daher zur Annahme berechtigt, dass die Beschwerdeführerin ihrer Pflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Konsequenterweise haftet sie daher für die (von der Haftung betroffenen) Zuschlagsschuldigkeiten zur Gänze (vgl. wiederum das Erkenntnis VwSlg. 16.532/A).

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 26. November 2008

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte