Normen
EheG §55;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
EheG §55;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den am 7. Juni 2004 gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines ghanesischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß "§§ 10 und 11a des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 i.d.F. BGBl. I Nr. 124/1998" (StbG) ab.
Begründend führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer habe seit 1. Juli 1999 seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen in Österreich. Seit 19. Juni 2002 sei er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet; seit 24. Februar 2003 sei das Ehepaar mit Hauptwohnsitz an der Adresse des Beschwerdeführers (in Linz) gemeldet.
Im Folgenden äußerte die belangte Behörde - unter Bezugnahme auf Widersprüche in den Angaben der Ehegatten anlässlich ihrer behördlichen Einvernahme am 11. Mai 2005 - Zweifel an einem "aufrechten Eheleben". So habe die Ehefrau beispielsweise nicht gewusst, ob der Beschwerdeführer Geschwister habe ("keine Ahnung"), wieviel Einkommen er erziele ("nicht einmal ungefähr") oder warum er aus seiner Heimat Ghana geflüchtet sei (der Beschwerdeführer hielt sich als Asylwerber in Österreich auf). Sie habe auch nicht sagen können, wie seine drei Kinder hießen und wie alt sie ungefähr seien. Umgekehrt habe der Beschwerdeführer etwa die aktuelle Wohnadresse seiner Ehefrau in London nicht nennen können.
In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, nach den Angaben der Ehegatten lebe die Ehefrau "hauptsächlich" in London und besuche etwa einmal im Monat ("wenn sie frei hat") den Beschwerdeführer in Österreich. Sie gehe in London zur Schule oder auf die Universität, lebe dort im Familienverband mit Mutter und/oder Cousin, suche aber eine eigene Wohnung. Ihr täglicher Lebensunterhalt werde von der Mutter bestritten. Der Beschwerdeführer unterstütze sie durch Bezahlung eines (Anmerkung: nicht näher präzisierten) Schulgeldes. Ausgehend davon sei die Bindung der Ehefrau des Beschwerdeführers an den Wohnsitz im Ausland "ungleich stärker" als an jenen in Österreich einzustufen, weil sie dort "familiäre, berufliche, finanzielle und gesellschaftliche Anknüpfungspunkte" besitze. Besonders die Suche nach einer eigenen Bleibe am angeblichen Studienort lasse auf einen dauernden Niederlassungswillen (im Ausland) schließen. Aus der vorliegenden Hauptwohnsitzmeldung in der Wohnung des Beschwerdeführers allein könne "insbesondere unter Berücksichtigung der äußerst widersprüchlichen Angaben der Ehegatten hinsichtlich der familiären Situation" noch nicht auf das gemäß § 11a StbG geforderte "Leben im gemeinsamen Haushalt" geschlossen werden. Vielmehr rechtfertigten die Aussagen der Ehegatten die Annahme, dass es sich um keine Ehe handle, die mit einem gemeinsamen Familienleben verbunden sei. Da auch die Voraussetzungen für eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z 1 oder Abs. 4 StbG nicht erfüllt seien und kein Rechtsanspruch auf Einbürgerung nach § 12 StbG vorliege, sei der Verleihungsantrag abzuweisen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Im Fall des Beschwerdeführers kommt auf Grund des bei Bescheiderlassung gegebenen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in Österreich in der Dauer von knapp unter sechs Jahren und einer Ehedauer von knapp unter drei Jahren nur die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 11a Abs. 1 Z 4 lit. a (2. Fall) StbG in Betracht.
Diese maßgebliche Bestimmung (in der hier noch anzuwendenden Fassung der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998, BGBl. I Nr. 124) lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,
2. die Ehe weder von Tisch und Bett noch sonst ohne Auflösung des Ehebandes gerichtlich geschieden ist,
3. er nicht infolge der Entziehung der Staatsbürgerschaft nach § 33 Fremder ist und
4. a) die Ehe seit mindestens einem Jahr aufrecht ist und er seinen Hauptwohnsitz seit mindestens vier Jahren ununterbrochen im Gebiet der Republik hat oder bei einer Ehedauer von mindestens zwei Jahren ein solcher Wohnsitz seit mindestens drei Jahren besteht ..."
Die belangte Behörde hat in ihrer Bescheidbegründung einen Rechtsanspruch des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft nach dieser Gesetzesstelle verneint, weil der Beschwerdeführer und seine (die österreichische Staatsbürgerschaft besitzende) Ehefrau nicht im gemeinsamen Haushalt leben und eine Ehe führen würden, die mit keinem gemeinsamen Familienleben verbunden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals des "gemeinsamen Haushaltes" der Ehegatten bereits in seinen Erkenntnissen vom 3. Mai 2000, Zl. 99/01/0407, und vom 30. August 2005, Zl. 2005/01/0113, Stellung genommen.
In der erstgenannten Entscheidung hielt er dem Beschwerdeführer, der unstrittig von seiner Ehegattin getrennt lebte, sich aber auf die zulässige gesonderte Wohnsitznahme gemäß § 92 Abs. 2 ABGB berufen hatte, entgegen, dass sich die Verleihungsbehörde bei ihrer Entscheidung über den öffentlichrechtlichen Anspruch grundsätzlich nicht auf zivilrechtliche Bestimmungen, sondern auf jene im StbG zu stützen habe. Überdies finde sich in § 92 Abs. 2 ABGB keine Definition des Begriffes "gemeinsamer Haushalt", der im entschiedenen Fall abschließend auch verneint wurde.
Im obgenannten Erkenntnis vom 30. August 2005 führte der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst aus, dass es dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des der Staatsbürgerschaftsgesetznovelle 1998 insgesamt zu Grunde liegenden Gedankens, die Integration des Einbürgerungswerbers in den Vordergrund zu stellen, im Zusammenhang mit § 11a Abs. 1 StbG darum gegangen sei, an den integrationsverstärkenden Charakter eines "intakten Ehelebens" mit einem österreichischen Staatsbürger anzuknüpfen. Fallbezogen bejahte er den "gemeinsamen Haushalt" im Sinne des § 11a Abs. 1 Z 1 StbG bei Ehegatten, die sich lediglich an den Wochenenden am gemeinsamen Hauptwohnsitz aufhielten und während der Woche berufsbedingt getrennt waren ("Pendlerehe"). Dieser Sachverhalt lässt sich mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichen, weil die Kontakte des Beschwerdeführers zu seiner Ehefrau deutlich geringer sind als jene, die im Vorerkenntnis zu beurteilen waren.
Es ist daher zu prüfen, ob auch die im gegenständlichen Fall sehr eingeschränkten Kontakte ausreichen, um als "Leben im gemeinsamen Haushalt" anerkannt werden zu können.
Nach dem allgemeinen juristischen Verständnis setzt der gemeinsame Haushalt das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus. Kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung sind für die Annahme eines Lebens im gemeinsamen Haushalt nicht schädlich. Diese (allgemeinen) Überlegungen lassen sich auch auf den Bereich des Staatsbürgerschaftsrechtes übertragen.
In dem bereits zitierten Erkenntnis vom 30. August 2005 hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt, dass es sich anbiete, "das Tatbestandselement 'Leben im gemeinsamen Haushalt' etwa im Sinn der 'häuslichen Gemeinschaft' des § 55 EheG zu verstehen". Im Folgenden hat er sich fallbezogen an der diesbezüglichen Rechtsprechung der Zivilgerichte orientiert. Gleichwohl ist festzuhalten, dass eine solche Auslegung nur dort Platz greifen kann, wo sie den Grundgedanken des Staatsbürgerschaftsrechts nicht widerspricht. Danach soll die Ehe mit einem österreichischen Ehepartner dort zu einer privilegierten Einbürgerung führen, wo ihr tatsächlich ein integrationsverstärkender Charakter zukommt. Davon kann - nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes - aber grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Verleihungswerber - ungeachtet der oben erwähnten Ausnahmefälle - mit dem die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Ehegatten tatsächlich im gemeinsamen Haushalt lebt. Unter diesem Blickwinkel lässt sich die Judikatur zu § 55 EheG, die auch bei längerfristiger räumlicher Trennung und entsprechend eingeschränkter oder unterbrochener Wirtschaftsgemeinschaft der Ehegatten eine häusliche Gemeinschaft annimmt, solange ein "einvernehmlicher Ehewille" besteht (vgl. dazu etwa Schimann, ABGB2, § 55 EheG Rz 7ff mit Hinweisen auf die Rechtsprechung), auf das Staatsbürgerschaftsrecht nicht generell übertragen.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer seine (österreichische) Ehefrau im Juni 2002 geheiratet und es sind die Ehegatten seit 24. Februar 2003 an einer gemeinsamen Wohnadresse gemeldet. Dennoch kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau anlässlich ihrer Einvernahmen am 11. Mai 2005 das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 11a Abs. 1 Z 1 StbG ("Leben im gemeinsamen Haushalt") unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsgrundsätze verneint hat.
Der Beschwerde ist zwar zuzugestehen, dass die Feststellungen im angefochtenen Bescheid wenig systematisch und unzusammenhängend erfolgt sind. Allerdings lässt sich der Entscheidung gerade noch mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen, dass die belangte Behörde ein "aufrechtes Eheleben" (gemeint offenkundig: das "Leben im gemeinsamen Haushalt") trotz der von ihr offensichtlich nicht in Zweifel gezogenen gelegentlichen Besuche der Ehefrau beim Beschwerdeführer verneint hat.
Dem vermag die Beschwerde im Ergebnis nichts Stichhältiges entgegenzusetzen. Die räumliche Trennung und die von den Ehegatten praktizierte (weitgehend getrennte) Lebensführung, die seltenen Besuche der Ehefrau des Beschwerdeführers in Österreich und das Desinteresse der Ehepartner an den persönlichen Verhältnissen des jeweils anderen lassen den Schluss der Behörde, dass ein "Leben im gemeinsamen Haushalt" gemäß § 11a Abs. 1 Z 1 StbG im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, nicht als unrichtig erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 6. Mai 2008
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