VwGH 2004/13/0058

VwGH2004/13/00584.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der K in W, vertreten durch Petsch, Frosch & Klein, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 18. Dezember 2003, Zl. AO 235/2-WStL/03, betreffend Mutwillensstrafe gemäß § 112a BAO, zu Recht erkannt:

Normen

AuskunftspflichtG 1987;
BAO §112a;
AuskunftspflichtG 1987;
BAO §112a;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2002 stellte die Beschwerdeführerin beim Finanzamt den "Antrag auf Auskunft, wie die Abgabenbehörde den terminus technicus 'Geldfluß' definiert". Das Wort sei weder in einem Gesetz noch "im Brockhaus" zu finden.

Das Finanzamt reagierte auf diese Eingabe mit einem auf § 112a BAO gestützten Bescheid über die Festsetzung einer Mutwillensstrafe in der Höhe von EUR 300,--. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Begriff "Geldfluss" sei allgemein verständlich und auch gebräuchlich. Da die Beschwerdeführerin offenbar mutwillig die Tätigkeit der Abgabenbehörde in Anspruch nehme, sei "obige Mutwillensstrafe festzusetzen" gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2002 Berufung. Sie brachte vor, der Begriff "Geldfluss" sei weder allgemein verständlich noch gebräuchlich und ihre Frage habe sich außerdem - im Zusammenhang damit, dass das Finanzamt sie im Rahmen einer Steuerprüfung als Nichtunternehmerin eingestuft habe, indem es nur einen Geldfluss als Gegenleistung anerkennen wolle - auf die spezifisch fachliche Bedeutung des Begriffes bezogen.

Mit (nicht beschwerdegegenständlichem) Bescheid vom 5. Dezember 2003 wies die belangte Behörde die Berufung ab. Zugleich änderte sie den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass sie die Mutwillensstrafe auf das gesetzliche Höchstmaß von EUR 363,-- erhöhte. Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, es sei völlig unglaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin den Begriff, auf den sich ihr Auskunftsbegehren bezogen habe, nicht verstehe. Die Beschwerdeführerin und Livius P. überfluteten die Abgabenbehörden mit Eingaben, obwohl hiefür bereits Mutwillensstrafen verhängt worden seien. Die Mutwillensstrafe sei daher "im Höchstausmaß mit EUR 363,-- festzusetzen" gewesen.

Nach Zustellung dieser Entscheidung verhängte die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen, gesonderten Bescheid vom 18. Dezember 2003 über die Beschwerdeführerin eine weitere Mutwillensstrafe im Höchstausmaß von EUR 363,-- dafür, dass sie gegen die Verhängung der Mutwillensstrafe durch das Finanzamt Berufung erhoben hatte.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, das Finanzamt habe über die Beschwerdeführerin - "zwecks Abhaltens der Partei von sinn- und aussichtslosen Auskunfts- und Bescheidanträgen gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz" - schon wiederholt Mutwillensstrafen verhängt. Auch Berufungen könnten, wie die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gegenüber bereits bei früherer Gelegenheit zum Ausdruck gebracht habe, "den Tatbestand der offenbaren Mutwilligkeit erfüllen". Da "die bisher verhängten Mutwillensstrafen die Partei nicht davon abzuhalten vermochten, die Abgabenbehörden mit sinn- und aussichtslosen Auskunftsersuchen und Bescheidanträgen gemäß § 4 AuskG zu behelligen, zu denen beim unabhängigen Finanzsenat Devolutionsanträge sowie Berufungen eingebracht wurden," sei "zur Berufung vom 11. Dezember 2002 die Mutwillensstrafe im Höchstausmaß zu verhängen, auch wenn es die erste von einer Abgabenbehörde II. Instanz (zu ergänzen: über die Beschwerdeführerin) verhängte Mutwillensstrafe ist".

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in dem Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2002/13/0133, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, mit der Mutwilligkeit von der Beschwerdeführerin am 29. Jänner 2001, 12. Februar 2001 und 5. März 2001 an das Finanzamt gerichteter Auskunftsbegehren auseinander gesetzt und die Beschwerde gegen den zweitinstanzlichen Bescheid, mit dem wegen dieser Auskunftsbegehren verhängte Mutwillensstrafen bestätigt worden waren, unter Hinweis auf Vorjudikatur zu den Kriterien für die Verhängung von Mutwillensstrafen für solche Anbringen abgewiesen.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem mit dem erwähnten Erkenntnis entschiedenen aber dadurch, dass die Beschwerdeführerin die Behörde - anders als damals in Bezug auf alle drei Auskunftsbegehren - zum Zeitpunkt der Erlassung des die Mutwillensstrafe festsetzenden Bescheides noch nicht durch einen Antrag auf Bescheiderlassung gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz veranlasst hatte, das Auskunftsbegehren einer förmlichen Erledigung zuzuführen. Dieser Unterschied betrifft in erster Linie die Frage, ob dessen ungeachtet schon wegen des bloßen Auskunftsbegehrens eine Ordnungsstrafe in der vom Finanzamt festgesetzten Höhe zu verhängen sein konnte. In weiterer Folge wäre auf ihn aber auch bei der Prüfung der Frage, ob die Berufung gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe offenbar mutwillig war, Bedacht zu nehmen gewesen, was in den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid aber nicht zum Ausdruck kommt. Die belangte Behörde scheint ihre eigene Behelligung mit der Angelegenheit nicht anders verstanden zu haben, als wenn sich die Beschwerdeführerin nach einer - auf Grund eines von ihr gestellten Antrages auf Bescheiderlassung erfolgten - bescheidmäßigen Abweisung ihres Auskunftsbegehrens mit einer das Auskunftsbegehren selbst betreffenden Berufung an sie gewandt und das nach Ansicht der belangten Behörde offenbar mutwillige Auskunftsbegehren auf diese Weise weiterverfolgt hätte. Demgegenüber ist eine Berufung, die der Abwehr einer nicht ganz unerheblichen finanziellen Sanktion dient, auf ein ernst zu nehmendes Rechtsschutzziel gerichtet, das sich mit dem eines Auskunftsbegehrens der hier in Rede stehenden Art nicht vergleichen lässt. Dies hat die belangte Behörde verkannt, wenn sie die Berufung, deren Erhebung sie mit der angefochtenen Entscheidung ahndete, mit den "sinn- und aussichtslosen Auskunftsanträgen und Bescheidanträgen gemäß § 4 AuskG" in eine Reihe stellte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des Begehrens gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 4. Juni 2008

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