VwGH 2007/18/0283

VwGH2007/18/028325.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des O A in G, geboren 1978, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. März 2007, Zl. 147.265/2- III/4/07, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs2;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2;
VwRallg;
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs2;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs1;
NAG 2005 §21 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 26. März 2007 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 15. März 2004 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe am 6. Juni 2002 einen Asylantrag gestellt, über welchen am 10. Juni 2003 rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Der Beschwerdeführer halte sich nach wie vor im Bundesgebiet auf und sei seit 7. Juni 2002 polizeilich gemeldet. Am 28. Jänner 2004 sei seine Adoption durch eine österreichische Staatsangehörige gerichtlich bewilligt worden. In der Folge habe er am 15. März 2004 den gegenständlichen Antrag eingebracht. Nach der damaligen Rechtslage, sei der Beschwerdeführer zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen, diese Rechtslage habe sich allerdings mit Inkrafttreten des NAG geändert. Da der Beschwerdeführer noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen sei und es sich bei seinem Antrag daher um einen Erstantrag handle, wäre der Beschwerdeführer gemäß § 21 Abs. 1 NAG verpflichtet gewesen, den Antrag bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen und die Entscheidung im Ausland abzuwarten.

Eine Überprüfung des Vorliegens von humanitären Gründen für eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung sei durchgeführt worden. Derartige humanitäre Gründe seien jedoch nicht zum Vorschein gekommen. Bei diesem Ergebnis sei eine Abwägung der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht erforderlich.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Da der Beschwerdeführer unstrittig noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt hat, kann die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass es sich beim gegenständlichen Antrag vom 15. März 2004 um einen Erstantrag handle, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Nach dem Grundsatz des § 14 Abs. 2 erster Satz des im Zeitpunkt der Antragstellung in Kraft stehenden Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, waren Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Verwandte von Österreichern in absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus sofern ihnen Unterhalt gewährt wird, genossen jedoch gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 Z. 2 FrG Niederlassungsfreiheit und waren zur Inlandsantragstellung (und damit zum Abwarten des Verfahrens im Inland) berechtigt. Der Beschwerdeführer wäre daher unter der Voraussetzung, dass ihm von seiner österreichischen Adoptivmutter Unterhalt gewährt wird, zur Inlandsantragstellung und zum Abwarten des Verfahrensausgangs im Inland berechtigt gewesen. Zur Unterhaltsgewährung durch die Adoptivmutter finden sich weder Feststellungen im angefochtenen Bescheid noch Behauptungen in der Beschwerde, sodass die Richtigkeit der behördlichen Ansicht, der Beschwerdeführer sei unter der Geltung des - mit 31. Dezember 2006 außer Kraft getretenen - FrG zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen, vom Verwaltungsgerichtshof nicht überprüft werden kann.

2.1. Dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil die belangte Behörde gemäß § 81 Abs. 1 des mit 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG das zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen hatte.

Gemäß § 21 Abs. 1 NAG sind Erstanträge im Ausland einzubringen und das Verfahren hierüber im Ausland abzuwarten.

Gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. sind ( Z. 1) Familienangehörige von Österreichern, EWR-Bürgern und Schweizer Bürgern, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt, nach rechtmäßiger Einreise und während ihres rechtmäßigen Aufenthalts sowie (Z. 2) Fremde, die bisher rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen waren, auch wenn sie zu dieser Niederlassung keine Bewilligung oder Dokumentation nach diesem Bundesgesetz benötigt haben, abweichend von Abs. 1 zur Antragstellung im Inland berechtigt.

2.2. § 21 Abs. 2 Z. 1 NAG kommt schon deshalb nicht zum Tragen, weil der bereits volljährige Beschwerdeführer nicht als Familienangehöriger seiner österreichischen Adoptivmutter im Sinn von § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG anzusehen ist.

2.3. Für die folgenden Überlegungen geht der Verwaltungsgerichtshof zu Gunsten des Beschwerdeführers davon aus, dass dieser von seiner Adoptivmutter Unterhalt bezieht.

Unter dieser Voraussetzung war der Beschwerdeführer - wie dargestellt - bis zum Außerkrafttreten des FrG am 31. Dezember 2005 zur Inlandsantragstellung und zum Abwarten des Verfahrens im Inland berechtigt. Er bedurfte jedoch für die Rechtmäßigkeit seiner Niederlassung einer Niederlassungsbewilligung, die ihm gemäß § 47 Abs. 2 FrG unter der Voraussetzung auszustellen war, dass sein Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2003, Zl. 2002/18/0302). Da dem Beschwerdeführer eine solche Bewilligung nicht ausgestellt worden ist, war er auf Grundlage des FrG nicht rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen.

Anhaltspunkte dafür, dass die österreichische Adoptivmutter ihr gemeinschaftsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, ergeben sich weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid. Aus diesem Grund kommt dem Beschwerdeführer weder unmittelbar aus gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2007/18/0209), noch nach § 54 Abs. 1 iVm § 52 NAG ein Niederlassungsrecht zu.

Somit kommt auch die Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 2 Z. 2 NAG nicht zum Tragen.

2.4. Der Beschwerdeführer war daher gemäß § 21 Abs. 1 NAG verpflichtet, den Ausgang des Verfahrens vom Ausland aus abzuwarten.

Der von der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt des Willkürverbots und des Grundsatzes der Vorhersehbarkeit von Rechtshandlungen des Staates ins Treffen geführte Umstand, dass das Verfahren so lange gedauert hat, kann an der gesetzlichen Verpflichtung zum Abwarten des Verfahrensausgangs vom Ausland aus nichts ändern. Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieser Regelung vergleiche das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2007/18/0015, und den dort zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes.

3. Das Recht, den Antrag vom Inland aus zu stellen - und die Entscheidung hierüber im Inland abzuwarten - käme daher nur gemäß § 74 NAG bei amtswegiger Zulassung aus humanitären Gründen in Betracht. Diese Bestimmung räumt dem Fremden jedoch kein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153). Da eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung unstrittig nicht erfolgte, steht der Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung seit dem Inkrafttreten des NAG mit 1. Jänner 2006 der Grundsatz der Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. entgegen.

4. Die Ansicht der belangten Behörde, dass bei Abweisung eines Antrages wegen Inlandsantragstellung keine Abwägung der persönlichen Interessen des Fremden mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen stattzufinden hat, ist unbedenklich (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 2006/18/0153).

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. September 2007

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