VwGH 2007/14/0048

VwGH2007/14/004828.11.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der G AG in W, vertreten durch Dr. Huber Treuhand Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KEG in 5020 Salzburg, Fürstenallee 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 1. Juni 2004, Zl. RV/3074-W/02, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1999, zu Recht erkannt:

Normen

DBAbk Schweiz 1975 Art23;
DBAbk Schweiz 1975 Art24;
DBAbk Schweiz 1975 Art7;
EStG 1988 §102 Abs2 Z2;
DBAbk Schweiz 1975 Art23;
DBAbk Schweiz 1975 Art24;
DBAbk Schweiz 1975 Art7;
EStG 1988 §102 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach den Feststellungen der belangten Behörde handelt es sich bei der beschwerdeführenden Partei um eine in der Schweiz (Kanton Bern) ansässige Aktiengesellschaft, die seit dem Jahre 1994 in Österreich eine Zweigniederlassung unterhält. Diese Zweigniederlassung befand sich bis zum Jahre 2000 in Salzburg und wurde dann nach Wien verlegt.

Bis einschließlich 1998 erzielte die Zweigniederlassung jeweils Verluste. In der Körperschaftsteuererklärung für das verfahrensgegenständliche Jahr 1999 wurden erstmals positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb (und zwar in der Höhe von S 284.172,--) angegeben, gleichzeitig aber der Verlustabzug aus den vorangegangenen Jahren in der Höhe von insgesamt über 9,4 Mio. S begehrt.

Zur Klärung der Frage des Vorliegens einer "Doppelverlustverwertung" forderte die Abgabenbehörde erster Instanz die beschwerdeführende Partei auf, die schweizerischen Steuererklärungen und Steuerbescheide vorzulegen, was die beschwerdeführende Partei betreffend die Steuererklärungen der Jahre 1995 bis 1998 sowie die Steuerbescheide der Jahre 1996 bis 1999 auch tat.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 setzte die Abgabenbehörde erster Instanz die Körperschaftsteuer für das Jahr 1999 mit S 96.118,-- fest. Den Schweizer Steuererklärungen und Steuerbescheiden sei zu entnehmen, dass eine Hinzurechnung der negativen österreichischen Betriebsstätteneinkünfte nicht erfolgt sei. Somit ergebe sich, dass die österreichischen (negativen) Betriebsstättenergebnisse bis 1998 gar nicht aus der jeweiligen Schweizer Besteuerungsgrundlage herausgenommen und daher bereits in voller Höhe in der Schweiz verwertet worden seien, weshalb ein Verlustabzug in Österreich für die Folgejahre (konkret 1999) nicht zur Verfügung stehe. Eine nochmalige Verwertung dieser Verluste in Österreich (im Zuge eines Verlustabzuges) sei "somit unzulässig".

Die beschwerdeführende Partei erhob dagegen Berufung.

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung wies die belangte Behörde über Vorlageantrag der beschwerdeführenden Partei die Berufung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Körperschaftsteuer für das Jahr 1999 EUR 6.985,17 (S 96.118,--) betrage.

Rechtlich führte die belangte Behörde u.a. aus, da die beschwerdeführende Partei in der Schweiz unbeschränkt und in Österreich mit ihrer Zweigniederlassung beschränkt steuerpflichtig sei, seien die Bestimmungen des Abkommens vom 30. Jänner 1974 zwischen der Republik Österreich und der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern und von Einkommen und von Vermögen, BGBl. Nr. 64/1975 (in der Folge: DBA-Schweiz), zu beachten.

Was den von der beschwerdeführenden Partei begehrten Verlustabzug betreffe, sei ihr insofern Recht zu geben, als der Artikel 24 DBA-Schweiz die Gleichbehandlung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen verlange. Auf Grund des Betriebsstättendiskriminierungsverbotes des Artikel 24 Abs. 2 leg. cit. dürfe die österreichische Betriebsstätte eines ausländischen Unternehmens nicht schlechter gestellt werden als ein österreichisches Unternehmen. Da österreichische Unternehmen berechtigt seien, die in den österreichischen Betriebsstätten entstandenen Verluste auf Einkünfte späterer Jahre vorzutragen, soweit im Verlustentstehungsjahr (bzw. in den Folgejahren) eine Verrechnung mit positiven in- oder ausländischen Einkünften nicht möglich gewesen sei, müsse dieses Recht grundsätzlich auch dem ausländischen Unternehmen zustehen. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 102 Abs. 2 Z. 2 EStG 1988 könne demnach nicht zur Anwendung kommen. Nach einem Teil des näher genannten Schrifttums bleibe die Möglichkeit des Verlustabzuges in Österreich von einer Verlustverrechnungsmöglichkeit im Wohnsitzstaat unberührt, weshalb das Betriebsstättendiskriminierungsverbot auch einer mehrfachen Berücksichtigung von Verlusten nicht entgegenstehe.

Diese von der beschwerdeführenden Partei in der Berufung vorgebrachte Auffassung werde jedoch von der belangten Behörde nicht geteilt. Ausländische Unternehmen könnten unter Berufung auf das Betriebsstättendiskriminierungsverbot einen Verlustabzug nur unter den gleichen Bedingungen wie die österreichischen Unternehmen in Anspruch nehmen. Es dürfe insbesondere zu keiner Doppelverlustverwertung kommen. Sowohl bei inländischen wie auch bei ausländischen Unternehmen werde demnach vorrangig ein Verlustausgleich mit den übrigen in- und ausländischen Einkünften stattfinden müssen. In den Abkommen, die zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung die Befreiungsmethode anwenden, sei deshalb vom ausländischen Unternehmer eine Erklärung abzuverlangen, dass er den in Österreich erlittenen Verlust bei der Besteuerung in seinem Ansässigkeitsstaat nicht verwertet habe. Das Betriebsstättendiskriminierungsverbot dürfe nie dazu führen, dass es eine Diskriminierung österreichischer Unternehmer zur Folge habe.

Im konkreten Fall habe die beschwerdeführende Partei in der österreichischen Betriebsstätte in den Jahren 1994 bis 1998 insgesamt einen Verlust von S 9,426.473,-- erlitten. Von der beschwerdeführenden Partei werde nicht bestritten, dass trotz der Regelungen des DBA-Schweiz dieser Verlust in der Schweiz mit den dortigen Gewinnen im Rahmen des Verlustausgleiches verrechnet worden sei. Dieser Verlustausgleich beruhe auf der dortigen gesetzlichen Grundlage des Artikel 52 des Schweizerischen Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG). Danach könne nämlich ein schweizerisches Unternehmen Verluste aus einer ausländischen Betriebsstätte mit inländischen Gewinnen verrechnen, soweit die Verluste im Betriebsstättenstaat nicht bereits berücksichtigt worden seien. Aus den vorgelegten schweizerischen Steuerbescheiden ergebe sich weiters, dass trotz des vorgenommenen Verlustausgleiches entsprechend hohe Gewinne erzielt worden seien. Für die Jahre 1996 bis 1998 habe sich diesbezüglich eine Steuerbelastung (Staats- und Gemeindesteuer) von insgesamt über SFR 300.000,-- ergeben.

Auf Grund der unbestrittenen Tatsache, dass die in der österreichischen Betriebsstätte erlittenen Verluste in der Schweiz berücksichtigt worden seien, vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass trotz des Betriebsstättendiskriminierungsverbotes unter dem Gesichtspunkt des Doppelverwertungsverbotes für das Jahr 1999 kein Verlustabzug zulässig sei.

Die beschwerdeführende Partei habe sich im Berufungsverfahren auf den Umstand gestützt, dass der österreichische Betriebsstättengewinn des Jahres 1999 in der Schweiz nicht ausgeschieden und somit versteuert worden sei. Aus Artikel 7 DBA-Schweiz folge jedoch, dass das Besteuerungsrecht bezüglich der österreichischen Betriebsstätte Österreich zustehe; dass die Schweiz den österreichischen Betriebsstättengewinn des Jahres 1999 ebenfalls besteuert habe, könne nichts am vorrangigen Besteuerungsrecht Österreichs ändern.

Eine schweizerische "Nachversteuerung" sei auf Grund des eindeutigen Wortlautes des Artikel 52 DBG dahin zu verstehen, dass (zuvor) im Betriebsstättenstaat (hier Österreich) ein Verlustvortrag verrechnet worden sein müsse. Da dies aber erst im gegenständlichen Berufungsverfahren zu entscheiden sei, könne diese Besteuerung des österreichischen Betriebsstättengewinnes 1999 in der Schweiz nicht als "Nachversteuerung" im Sinne dieser schweizerischen Bestimmung angesehen werden. Weiters sei diese "Nachversteuerung" eingeschränkt auf einen "Beobachtungszeitraum" von nur sieben Jahren. Die beschwerdeführende Partei müsse in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass sie als beschränkt Steuerpflichtige bzw. als "Steuerausländerin" insofern dem österreichischen Recht unterworfen sei. Weil Österreich bloß der Quellenstaat der Einkünfte sei, müsse es demnach Sache des ausländischen Heimatstaates sein, sich um die Beseitigung einer eventuellen internationalen Doppelbesteuerung (bzw. unter Umständen auch einer Doppelverlustverwertung) zu sorgen.

Soweit die beschwerdeführende Partei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 2001, Zl. 99/14/0217, hinweise, könne dies nichts ändern. Für den gegenständlichen Fall von Bedeutung sei nämlich die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes zur Problematik der mehrfachen Verlustverwertung. Er habe dabei ausgeführt, dass vom Zweck des DBA und der offenkundigen Absicht der Vertragsparteien desselben, die Schaffung ungerechtfertigter Vorteile für grenzüberschreitende im Vergleich zu rein innerstaatlichen Sachverhalten nicht gedeckt sei. Der Verwaltungsgerichtshof sei demnach von einem Verlustabzug im (ausländischen) Betriebsstättenstaat nach dessen innerstaatlichem Recht ausgegangen und habe daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass Österreich als Ansässigkeitsstaat dafür zu sorgen habe, dass keine doppelte Verlustverwertung stattfände. Im zu entscheidenden Fall sei jedoch gerade die Frage strittig, ob in Österreich als Betriebsstättenstaat nach österreichischem Recht ein Verlustabzug zustehe, weshalb aus diesem Erkenntnis für die beschwerdeführende Partei nichts gewonnen werden könne.

Die belangte Behörde schließe sich demnach der Rechtsansicht des Finanzamtes an, wonach durch die in der Schweiz in den Jahren 1994 bis 1998 vorgenommene Berücksichtigung der österreichischen Betriebsstättenverluste im Rahmen eines Verlustausgleiches im Jahre 1999 in Österreich eine nochmalige Verlustverwertung im Rahmen eines Verlustabzuges nicht in Betracht komme.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei (nur) Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt, ihn aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 18 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 201/1996 lautet:

"Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur

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