VwGH 2007/12/0076

VwGH2007/12/007613.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Nowakowski, Dr. Thoma und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des Dr. A in G, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. November 2006, Zl. A5-C1.50-22269/2004- 54 (6402), betreffend Gewährung einer "Personalzulage", zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art135 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art89 Abs1;
GO LT Stmk 1997 §3 Abs3;
LGBlG Stmk 1946 §2 Abs1 litb;
PersonalzulagenV Stmk 1972;
PersonalzulagenV Stmk 1976;
VerlautbarungsG Stmk 1976 §2 Abs1 litb;
B-VG Art135 Abs4;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art139 Abs6;
B-VG Art89 Abs1;
GO LT Stmk 1997 §3 Abs3;
LGBlG Stmk 1946 §2 Abs1 litb;
PersonalzulagenV Stmk 1972;
PersonalzulagenV Stmk 1976;
VerlautbarungsG Stmk 1976 §2 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in der Funktion des Landtagsdirektors in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark. Die genannte Funktion bekleidet der Beschwerdeführer seit 1. Jänner 1998.

Am 25. November 2002 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag "auf rückwirkende Gewährung einer Personalzulage im Ausmaß von einem Biennium per 01.01.2001". Dieser Antrag wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 2003 "mangels eines Rechtsanspruches zurückgewiesen".

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser beschloss aus Anlass der genannten Beschwerde die Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens in Ansehung des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juni 1972, GZ: LAD - Präs 1/220- 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 10. Mai 1976, GZ: LAD - Präs R 1/32 - 1976, betreffend: Sekretariate der Regierungsmitglieder, Zuerkennung von Vorrückungsbeträgen. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass er den in Rede stehenden Beschluss (welcher Sekretären der Verwendungsgruppe A, die im Büro eines Regierungsmitgliedes beschäftigt sind, unter näher genannten Voraussetzungen eine Personalzulage gewährte), insbesondere im Hinblick auf den für den Beschwerdeführer geltenden § 3 Abs. 3 der im gegenständlichen Zeitraum in Kraft gestandenen Geschäftsordnung des Steiermärkischen Landtages, LGBl. Nr. 71/1997 (im Folgenden: GeoLt), anzuwenden habe. In der Sache hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, dass der in Prüfung gezogene Beschluss an einem Kundmachungsmangel leide; er hätte als Rechtsverordnung der Steiermärkischen Landesregierung gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über das Landesgesetzblatt, LGBl. Nr. 1/1946, bzw. gemäß § 2 Abs. 1 lit. b des Verlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1976, im Landesgesetzblatt kundgemacht werden müssen, was jedoch offenbar unterblieben sei.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2006, V 103/05, wurde der in Prüfung gezogene Beschluss als gesetzwidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof erkannte, dass die dem Prüfungsbeschluss zu Grunde liegenden Bedenken gegen die gesetzeskonforme Kundmachung des in Rede stehenden Beschlusses zutreffend waren.

Mit Erkenntnis vom 17. März 2006, B 1121/03, wies der Verfassungsgerichtshof sodann die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 2003 ab. Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, die aufgehobene Bestimmung sei im Anlassfall nicht mehr anzuwenden. Die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen habe aber offenkundig nicht bewirkt, dass für die Zuerkennung der beantragten Personalzulage an den Beschwerdeführer nunmehr eine Rechtsgrundlage gegeben wäre.

Am 9. Juni 2006 stellte der Beschwerdeführer neuerdings einen Antrag auf rückwirkende Gewährung einer Personalzulage, welcher in einer Stellungnahme vom 16. November 2006 dahingehend präzisiert wurde, dass der nunmehr eingebrachte Antrag den Zeitraum vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2003 zum Gegenstand habe. Der Beschwerdeführer vertrat in diesem Antrag die Auffassung, seinem Antrag vom 25. November 2002 sei der Zeitraum vom 1. Jänner 1998 bis 31. Dezember 2000 zu Grunde gelegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. November 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Juni 2006 "mangels eines Rechtsanspruches zurückgewiesen".

Nach Schilderung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, der Antrag des Beschwerdeführers vom 25. November 2002 sei richtigerweise so zu verstehen gewesen, dass damit die Gewährung einer Personalzulage ab 1. Jänner 2001 begehrt worden sei. Richtig sei zwar, dass "Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung einer Personalzulage" eine zumindest dreijährige Tätigkeit als Sekretär eines Regierungsmitgliedes gewesen sei. Dies stelle zwar eine Anspruchsvoraussetzung dar, habe jedoch auf die Frage, ab welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer seinerzeit die Personalzulage begehrt habe, keinen Einfluss. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass der nunmehr geltend gemachte Antragszeitraum auch schon vom Antrag vom 25. November 2002 erfasst gewesen sei. Dies bedeute, dass über den nunmehr geltend gemachten Anspruch bereits mit Bescheid vom 3. Juli 2003 abgesprochen worden sei. Der hier strittige Anspruch falle daher unter die Anlassfallwirkung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses vom 10. März 2006, sodass es dem Antrag an der materiell-rechtlichen Grundlage fehle. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Er machte die Verletzung der verfassungsgesetzlich geschützten Rechte auf den gesetzlichen Richter und auf Nichteinbeziehung in die Anlassfallwirkung geltend. Zusammengefasst vertrat der Beschwerdeführer die Rechtsauffassung, das in seinem ursprünglichen Antrag vom 25. November 2002 verwendete Wort "per" sei gleichbedeutend mit "zum". Der Bescheid der belangten Behörde vom 3. Juli 2003 habe daher allenfalls über die begehrte Zulage für Jänner 2001, nicht aber für die übrigen, den Gegenstand seines Antrages vom 9. Juni 2006 bildenden Zeiträume, abgesprochen. Letztere seien auch nicht von der Anlassfallwirkung des verfassungsgerichtlichen Erkenntnisses vom 10. März 2006 betroffen.

Mit Beschluss vom 14. März 2007, B 49/07-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese über Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 17. April 2007, B 49/07-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf positive Sachentscheidung über einen vom ihm gestellten Antrag auf Personalzulage gemäß dem Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juni 1972 in der Fassung des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Mai (richtig wohl:) 1976 in Verbindung mit § 3 Abs. 3 GeoLt sowie in Verbindung mit den sonstigen Bestimmungen des Steiermärkischen Landesbeamten-Besoldungsrechtes, des AVG (insbesondere § 68) und des Art. 139 B-VG durch unrichtige Anwendung all dieser Normen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 3 Abs. 3 GeoLt idF LGBl. Nr. 71/1997, welcher im Zeitraum zwischen Jänner 2001 und Dezember 2003 in Kraft stand, lautete:

"(3) Die Bediensteten der Landtagsdirektion sind den Bediensteten der Regierungsbüros besoldungsmäßig gleichgestellt."

In ihrer Sitzung am 26. Juni 1972 fasste die Steiermärkische Landesregierung zu GZ LAD - Präs R 1/220 - 1972 den folgenden Beschluss:

"Mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1972 wird den Sekretären der Regierungsmitglieder der Verwendungsgruppe A, die länger als 5 Jahre in Verwendung bei einem Regierungsmitglied stehen, siehe Anlage (darin sind einzelne Beamte - offenbar jene, auf die die Regelung im Zeitpunkt ihrer Erlassung zutraf - namentlich bezeichnet), ab 1. Juli 1972 eine Personalzulage in der Höhe eines Vorrückungsbetrages auf die jeweils nächsthöhere Gehaltsstufe gewährt. Im Falle einer Beförderung ist die Zulage gleichfalls innerhalb der Beförderungsdienstklasse in Höhe des jeweiligen Vorrückungsbetrages auf die nächsthöhere Gehaltsstufe in Anschlag zu bringen.

Diese Personalzulage bildet einen Bestandteil des Bezuges und ist daher gleich wie der Bezug ruhegenussfähig und 14-mal im Jahr zu gewähren.

Ein weiterer Vorrückungsbetrag wird ORR. Dr. G G, ORR. Dr. D und ORR. Dr. G zuerkannt."

In der Sitzung am 10. Mai 1976 fasste die Steiermärkische Landesregierung zu GZ LAD - Präs R 1/32 - 1976 - in Abänderung des oben wiedergegebenen Beschlusses vom 26. Juni 1972 - den folgenden Beschluss:

"Den Sekretären der Verwendungsgruppe A, die im Büro eines

Regierungsmitgliedes beschäftigt sind, wird

a) nach einer 3-jährigen Sekretariatstätigkeit ein

Vorrückungsbetrag,

b) nach einer 6-jährigen Sekretariatstätigkeit ein

weiterer Vorrückungsbetrag und

c) nach einer 10-jährigen Tätigkeit als Sekretär ein

dritter Vorrückungsbetrag

auf die jeweils nächsthöhere Gehaltsstufe ihrer Dienstklasse

als Personalzulage gewährt.

Die bisher im Sinne des Beschlusses vom 26. Juni 1972 gewährten Vorrückungsbeträge sind in die neue Regelung, die mit dem auf die Beschlussfassung nächstfolgenden Monatsersten in Kraft tritt, einzurechnen.

Die übrigen Bestimmungen des Beschlusses vom 26. Juni 1972 bleiben unberührt."

Beide Beschlüsse wurden nicht im Landesgesetzblatt veröffentlicht. § 2 Abs. 1 lit. b des Gesetzes über das Landesgesetzblatt, LGBl. Nr. 1/1946, und § 2 Abs. 1 lit. b des Verlautbarungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1976, sehen vor, dass Rechtsverordnungen der Steiermärkischen Landesregierung - in Ermangelung anderer Anordnungen - im Landesgesetzblatt kundgemacht werden müssen.

Art. 89 Abs. 1 B-VG lautet:

"Artikel 89. (1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen, Kundmachungen über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, den Gerichten nicht zu."

Art. 139 Abs. 6 B-VG lautet (auszugsweise):

"(6) Ist eine Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass eine Verordnung gesetzwidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch die Verordnung weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. ..."

Der Beschwerdeführer hat mit seinem Antrag vom 9. Juni 2006 ausschließlich eine Personalzulage gemäß dem Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juni 1972 in der Fassung des Beschlusses vom 10. Mai (richtig offenbar:) 1976 i.V.m. § 3 Abs. 3 GeoLt begehrt. Andere denkbare Rechtsgrundlagen für die in Rede stehende "Personalzulage" sind nicht erkennbar.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. März 2006 ausgesprochen hat, wurde der in Rede stehende Beschluss in seiner Fassung vom 10. Mai 1976 nicht gehörig kundgemacht. Aus Art. 89 Abs. 1 B-VG ist zu entnehmen, dass die Gerichte, einschließlich des Verwaltungsgerichtshofes (siehe Art. 135 Abs. 4 B-VG), an nicht gehörig kundgemachte Verordnungen nicht gebunden sind (vgl. hiezu Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts10, Rz 603), und zwar unabhängig davon, ob diese vom Verfassungsgerichtshof aus diesem Grunde bereits aufgehoben wurden oder nicht.

Gegenteiliges ist - für vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Verordnungen - auch nicht aus dem im Beschwerdefall maßgebenden Art. 139 Abs. 6 zweiter Satz B-VG abzuleiten, heißt es doch dort, dass die aufgehobene Verordnung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden ist. Soweit sich der in Rede stehende Satz auf Gerichte bezieht, ist er daher dahingehend zu verstehen, dass Gerichte aufgehobene Verordnungen auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles dann anzuwenden haben, wenn sie sie - in Ermangelung einer Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof - auch zuvor anzuwenden gehabt hätten. Dies ist jedoch in Ansehung nicht gehörig kundgemachter Verordnungen - wie oben ausgeführt - nicht der Fall.

Daraus wiederum folgt, dass - unabhängig davon, ob der hier gegenständliche Antrag vom 9. Juni 2006 unter die Anlassfallwirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2006 fällt oder nicht - eine vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Rechtsgrundlage für die vom Beschwerdeführer beanspruchte Personalzulage nicht besteht (in diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass der Beschluss vom 26. Juni 1972 gleichfalls nicht gehörig kundgemacht wurde). Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem als Beschwerdepunkt ausdrücklich geltend gemachten Recht auf positive Sachentscheidung über seinen Antrag vom 9. Juni 2006 ist daher nicht erfolgt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde zeigt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 13. September 2007

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