VwGH 2007/04/0205

VwGH2007/04/020512.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde der AO GmbH in W, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Am Getreidemarkt 1, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 24. September 2007, Zl. 611.077/0006-BKS/2007, betreffend Genehmigung der Änderung des Programmcharakters nach dem Privatradiogesetz, zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §28a Abs3 Z1;
PrivatradioG 2001 §28a Abs3 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der beschwerdeführenden Partei wurde mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 20. November 2002 nach dem Privatradiogesetz (PrR-G) die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogrammes erteilt. Mit Schreiben vom 19. Juni 2006 beantragte sie die Feststellung gemäß § 28a Abs. 2 PrR-G, ob die von ihr geplante, im Antrag näher dargestellte Programmänderung eine grundlegende Änderung im Sinne des Abs. 1 leg. cit darstelle und - für den Fall, dass dies bejaht werde - die Genehmigung der geplanten Programmänderung gemäß § 28a Abs. 3 PrR-G.

Nachdem die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 20. Dezember 2006 festgestellt hatte, dass es sich beim geplanten Programm um eine grundlegende Änderung handle, wies sie mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen (gleichfalls im Instanzenzug ergangenen) Bescheid vom 24. September 2007 den genannten Eventualantrag auf Genehmigung der geplanten Programmänderung ab, weil die beschwerdeführende Partei die Voraussetzung des § 28a Abs. 3 Z. 1 leg. cit. nicht erfülle.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die letztgenannte Bestimmung verlange, dass der Hörfunkveranstalter seinen Sendebetrieb seit mindestens zwei Jahren ausgeübt habe. Wie vor allem die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung ausführten, sei nicht irgendein Sendebetrieb während der letzten zwei Jahre, sondern nur der rechtmäßige, also der dem Zulassungsbescheid entsprechende, Sendebetrieb ausreichend. Diese Auslegung finde auch im Wortlaut der Bestimmung Deckung, weil § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G für die Genehmigung einer grundlegenden Änderung des Programmcharakters nicht bloß "einen" Sendebetrieb über zwei Jahre verlange, sondern voraussetze, dass der Hörfunkveranstalter "seinen" Sendebetrieb, also den ihm gegenüber durch den Zulassungsbescheid definierten Sendebetrieb ausgeübt habe. Maßgebend sei daher der sich aus dem Zulassungsbescheid und dem diesem zu Grunde gelegenen Antrag ergebende Sendebetrieb, den der Hörfunkveranstalter zunächst mindestens zwei Jahre lang ausüben müsse, bevor er gemäß § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G eine Genehmigung für die grundlegende Änderung des Programmcharakters erhalten könne. Das gegenteilige Auslegungsergebnis stünde mit dem dem PrR-G zu Grunde liegenden System des Auswahlverfahrens im Widerspruch, weil es, wie in den Gesetzesmaterialien ausgeführt, die Zulassungskriterien "ad absurdum" führen würde.

Dem Vorbringen in der Berufung, dass dieses Auslegungsergebnis die Rundfunkfreiheit gemäß Art. 10 EMRK einschränke, sei zu entgegnen, dass eine solche Einschränkung nicht erst aus § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G resultiere, sondern schon durch das in § 3 leg. cit. normierte Erfordernis der Zulassung und die hiefür maßgebenden Kriterien. Wenn aber die (nicht verfahrensgegenständliche) Zulassung zur Ausstrahlung eines Hörfunkprogrammes an bestimmte Auswahlkriterien gebunden sei, so sei es aus verfassungsrechtlicher Sicht geradezu geboten, auch die nachträgliche Genehmigung der grundlegenden Änderung des Programmcharakters, weil sie in die Zulassungsentscheidung eingreife, bestimmten Schranken zu unterwerfen. Eine solche sachlich gerechtfertigte Schranke sei es nach Auffassung der belangten Behörde, die Genehmigung der grundlegenden Änderung des Programmcharakters daran zu knüpfen, dass der Hörfunkveranstalter seinen Sendebetrieb in der Vergangenheit zumindest über zwei Jahre gemäß dem Zulassungsbescheid ausgeübt habe.

Was den konkreten Sendebetrieb der beschwerdeführenden Partei betrifft, so führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die Feststellungen im Erstbescheid aus, dass die beschwerdeführende Partei seit der Erlassung des Zulassungsbescheides und seit der Aufnahme ihres Sendebetriebes zumindest bis zum 10. April 2007 kein ihrem Zulassungsbescheid entsprechendes Hörfunkprogramm gesendet habe. Sie habe nämlich abweichend vom Zulassungsbescheid den Anteil der deutschsprachigen und volkstümlichen Schlager erheblich reduziert und dafür als Schwerpunkt aktuelle Hits, Soft-Pop und Oldies gesendet. Die Tatbestandsvoraussetzung des § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G sei daher nicht erfüllt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die beschwerdeführende Partei wendet sich in der Beschwerde ausschließlich gegen die im angefochtenen Bescheid dargelegte Interpretation des § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G. Diese Bestimmung habe nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei einen klaren und eindeutigen Wortlaut und sei daher einer Auslegung von vornherein nicht zugänglich. Gemäß dem Wortlaut des § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G komme es ausschließlich auf einen tatsächlichen Sendebetrieb in den letzten beiden Jahren an, und zwar unabhängig davon, ob dieser "rechtmäßig oder rechtswidrig, zulassungskonform oder die Zulassung überschreitend" erfolgt sei. Unbestritten bleibt in der Beschwerde, dass der Sendebetrieb der beschwerdeführenden Partei bis zum 10. April 2007 dem Zulassungsbescheid nicht entsprochen hat.

Die hier maßgebenden Bestimmungen des PrR-G lauten:

"1. Abschnitt

Allgemeines

§ 1. (1) ...

(3) Hörfunkveranstalter im Sinne dieses Bundesgesetzes bedürfen einer Zulassung.

...

2. Abschnitt

Zulassung

§ 3. (1) Eine Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms ist von der Regulierungsbehörde auf zehn Jahre zu erteilen. Sie ist bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erteilen.

(2) In der Zulassung sind die Programmgattung, das Programmschema und die Programmdauer zu genehmigen, das Versorgungsgebiet festzulegen und die Übertragungskapazitäten zuzuordnen. Die Regulierungsbehörde kann dabei die zur Sicherung der Einhaltung dieses Gesetzes notwendigen Auflagen vorschreiben.

...

Widerruf der Zulassung

§ 28. (1) Bei wiederholten oder schwer wiegenden Rechtsverletzungen durch den Hörfunkveranstalter oder wenn der Hörfunkveranstalter die in den §§ 7 bis 9 genannten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt oder der Anzeigepflicht gemäß § 22 Abs. 5 erster Satz nicht nachgekommen ist, hat die Regulierungsbehörde von Amts wegen das Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten.

(2) Das Verfahren zum Entzug der Zulassung ist weiters einzuleiten, wenn ein Veranstalter von Hörfunk den Charakter des von ihm im Antrag auf Zulassung dargestellten und in der Zulassung genehmigten Programms (§ 3 Abs. 2) wie insbesondere durch eine Änderung der Programmgattung oder eine wesentliche Änderung der Programmdauer grundlegend verändert hat, ohne dafür über eine Genehmigung durch die Regulierungsbehörde zu verfügen.

...

Änderung des Programmcharakters

§ 28a. (1) Eine grundlegende Änderung des Programmcharakters im Sinne des § 28 Abs. 2 liegt - unter Berücksichtigung des jeweiligen Zulassungsbescheides - insbesondere vor:

1. bei einer wesentlichen Änderung des Musikformats, wenn damit ein weitgehender Wechsel der Zielgruppe zu erwarten ist;

2. bei einer wesentlichen Änderung des Umfangs oder Inhalts des Wortanteils oder des Anteils eigengestalteter Beiträge, die zu einer inhaltlichen Neupositionierung des Programms führt;

3. bei einem Wechsel zwischen Sparten- und Vollprogramm oder zwischen verschiedenen Sparten;

4. bei einem Wechsel zwischen nichtkommerziellem und kommerziellem Programm.

(2) Auf Antrag des Hörfunkveranstalters hat die Regulierungsbehörde festzustellen, ob eine beabsichtigte Programmänderung eine grundlegende Änderung des Programmcharakters darstellt. Die Regulierungsbehörde hat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Einlangen des Antrags zu entscheiden.

(3) Eine grundlegende Änderung des Programmcharakters ist von der Regulierungsbehörde auf Antrag des Hörfunkveranstalters sowie nach Anhörung jener Hörfunkveranstalter, deren Programme im Versorgungsgebiet des Antragstellers terrestrisch empfangbar sind, zu genehmigen, wenn

1. der Hörfunkveranstalter seit mindestens zwei Jahren seinen Sendebetrieb ausgeübt hat und

2. durch die beabsichtigte Änderung keine schwer wiegenden nachteiligen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation, die Wirtschaftlichkeit bestehender Hörfunkveranstalter im Versorgungsgebiet sowie die Angebotsvielfalt für die Hörer zu erwarten sind.

Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, inwieweit sich für die Tätigkeit des Hörfunkveranstalters maßgebliche Umstände seit der Erteilung der Zulassung ohne dessen Zutun geändert haben."

Zunächst ist dem Beschwerdevorbringen zu entgegnen, dass der Gesetzeswortlaut des § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G nicht so eindeutig ist, dass er einer Auslegung nicht zugänglich wäre. So kann die Wortfolge "seinen Sendebetrieb", wie von der belangten Behörde aufgezeigt, vom Beschwerdeführer aber bestritten wird, dahin verstanden werden, dass es auf den dem Hörfunkveranstalter mit Zulassungsbescheid genehmigten ("seinen") Sendebetrieb ankommt, sodass - bei dieser Leseart - ein nicht dem Zulassungsbescheid entsprechender Sendebetrieb (ein solcher liegt gemäß dem auch für § 28a maßgebenden § 28 Abs. 2 PrR-G u.a. dann vor, wenn der Programmcharakter grundlegend verändert wurde) die Voraussetzung des § 28a Abs. 3 Z. 1 leg. cit. nicht erfüllen würde.

Zur Klärung der Frage, ob dieses Verständnis der letztzitierten Bestimmung geboten ist, hat die belangte Behörde zu Recht auf die Gesetzesmaterialien zurückgegriffen. Dieser Vorgangsweise steht im Übrigen das in der Beschwerde zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 2003, G 368/02, u.a., VfSlg. 16.852, nicht entgegen.

Diese Gesetzesmateralien (IA 430 GP XXII.) führen zu § 28a PrR-G wie folgt aus (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Als grundsätzliche Neuerung gegenüber der bisherigen Rechtslage soll mit dem Entwurf vorgesehen werden, dass Hörfunkveranstalter berechtigt sein sollen, auch grundlegende Änderungen ihres Programms vorzunehmen. Im Hinblick darauf, dass der Zulassungsantrag Grundlage der Entscheidung im Auswahlverfahren ist, kann eine unbeschränkte Änderung des Programms nicht zugelassen werden, würde doch in diesem Fall das Auswahlverfahren gemäß § 6 PrR-G überflüssig werden. Zu berücksichtigen sind bei Programmänderungen insbesondere die Interessen der Mitbewerber um die Zulassung, der weiteren im Verbreitungsgebiet am Markt aktiven privaten Hörfunkveranstalter, der Hörer sowie schließlich die öffentlichen Interessen, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens zu berücksichtigen waren (etwa die Medien- und Angebotsvielfalt). Der Entwurf sieht nun vor, dass erstmals nach Ablauf eines Zeitraums von zwei Jahren eine grundlegende Änderung des Programms möglich ist; diese Frist dient vor allem dazu, das Auswahlverfahren nicht ad absurdum zu führen. Der mit einem bestimmten Konzept erfolgreiche Zulassungswerber darf nicht bereits unmittelbar nach dem Obsiegen im Auswahlverfahren ein anderes Konzept umsetzen, sondern muss zunächst zumindest eine gewisse Zeitspanne hindurch das dem Zulassungsbescheid zu Grunde liegende Programm veranstaltet haben, um auch aussagekräftige Werte über die Akzeptanz durch das Publikum zu erlangen."

Aus diesen Gesetzesmaterialien ergibt sich unmissverständlich, dass der erfolgreiche Zulassungswerber zumindest zwei Jahre hindurch "das dem Zulassungsbescheid zu Grunde liegende Programm" veranstaltet haben muss, bevor er die Genehmigung für ein anderes Konzept erhalten kann. Dem in den Materialien zum Ausdruck gebrachten (und, wie erwähnt, im Gesetzeswortlaut Deckung findenden) Willen des Gesetzgebers ist, worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist, auch im gegenständlichen Fall Rechnung zu tragen. Für die in der Beschwerde ins Treffen geführte "Interpretationsmaxime nach dem geringsten Eingriff" bleibt hier somit kein Raum. Da die beschwerdeführende Partei unbestritten ließ, dass sie den Sendebetrieb in den letzten beiden Jahren (vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides) nicht dem Zulassungsbescheid entsprechend gestaltet hat, hat die belangte Behörde zutreffend das Fehlen der Voraussetzung des § 28a Abs. 3 Z. 1 PrR-G angenommen.

Nach dem Gesagten haftet dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, sodass die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

Wien, am 12. Dezember 2007

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