Normen
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §28 Abs1;
NAG 2005;
FrPolG 2005 §60 Abs1 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
FrPolG 2005 §66;
NAG 2005 §28 Abs1;
NAG 2005;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 9. Februar 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kroatischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 1, § 61, § 63 und § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 29. März 2004 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach § 127, § 129 Z. 2 und § 130 erster Fall StGB unter Anwendung des § 5 Z. 4 Jugendgerichtsgesetz (JGG) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden, weil er durch Öffnen einer Kassenlade in einem Lebensmittelmarkt mittels eines widerrechtlich erlangten Schlüssels gewerbsmäßig in mehreren Angriffen folgende Geldbeträge gestohlen habe:
Am 3. Oktober 2003 EUR 200,--, am 4. Oktober 2003 EUR 900,--, am 3. November 2003 EUR 100,--, am 4. November 2003 EUR 50,--, am 7. November 2003 EUR 20,-- sowie in der Zeit von 3. November bis 8. November 2003 in drei bis vier weiteren Angriffen insgesamt EUR 330,--. Anlässlich dieser Verurteilung sei Bewährungshilfe angeordnet worden.
Im Mai 2004 habe der Beschwerdeführer D. kennengelernt. Da beide beschäftigungslos gewesen seien, hätten sie beschlossen, sich durch Einbrüche Geld zu verschaffen. In der Zeit von Mai bis Juni 2004 hätten die beiden mehrere Einbruchsdiebstähle begangen. Sie seien ausgestattet mit Klebeband (um das Schuhprofil abzudecken und somit Spuren zu verhindern), Handschuhen und Einbruchswerkzeug losgezogen. D. habe die Einbruchswerkzeuge in einem Rucksack mit sich geführt. Der Beschwerdeführer habe in den meisten Fällen diverse Türen aufgebrochen, während D. vor allem Aufpasserdienste geleistet habe bzw. dem Beschwerdeführer das Werkzeug gereicht habe. Der Wert der Diebsbeute übersteige EUR 3.000,--, nicht aber EUR 50.000,--. Auf Grund dieser Straftaten sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach § 127, § 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1 und Z. 2 sowie § 130 vierter Fall StGB unter Anwendung des § 5 Z. 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, davon elf Monate unter bedingter Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden.
Mit Urteil vom 20. Oktober 2005 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 erster, zweiter und sechster Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer bedingt nachgesehenen Zusatz-Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt worden, weil er in der Zeit von Oktober 2003 bis Oktober 2004 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und an andere weitergegeben habe. Der Beschwerdeführer habe in zahlreichen Tathandlungen insgesamt zumindest 250 Gramm Cannabisharz bzw. Cannabiskraut und ein Gramm Kokain erworben und bis zum Eigenkonsum bzw. bis zur Weitergabe in Form gemeinsamer Konsumationen besessen.
Das den Verurteilungen zugrunde liegende Fehlverhalten zeige deutlich die negative Einstellung des Beschwerdeführers zur Rechtsordnung. Der Beschwerdeführer sei nicht gewillt, die Rechtsordnung in erforderlicher Weise zu achten. Sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Sicherheit (§ 60 Abs. 1 Z 1 FPG).
Aufgrund der Verurteilungen sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 vierter Fall FPG erfüllt.
Ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG sei gegeben. Dieser mache das Aufenthaltsverbot jedoch nicht unzulässig. Die sich im Gesamtfehlverhalten manifestierende Neigung des Beschwerdeführers, sich über maßgebliche Rechtsvorschriften hinwegzusetzen mache die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte anderer) dringend geboten.
Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet wögen schwer, jedoch im Hinblick auf die Neigung des Beschwerdeführers zu Straftaten höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbots, weshalb diese Maßnahme auch im Grund des § 66 Abs. 2 FPG zulässig sei. Der Beschwerdeführer lebe seit 1993, rechtmäßig seit 1995, in Österreich. (Nach dem Beschwerdevorbringen befindet sich der Beschwerdeführer erst seit 1995 im Bundesgebiet. Damit stimmt das bei den Verwaltungsakten erliegende Schreiben des Gendarmeriepostens Abtenau vom 8. August 1995 überein, wonach der Beschwerdeführer am 17. April 1995 mit seiner Tante per Autobus nach Österreich eingereist und seit dem im Bundesgebiet aufhältig ist.) Der Beschwerdeführer sei bei Verwandten im Bundesland Salzburg aufgewachsen. Er habe dort die Volks- und Hauptschule besucht und danach eine Lehre als Einzelhandelskaufmann begonnen, jedoch im zweiten Lehrjahr abgebrochen. Seit 3. Oktober 2005 wohne der Beschwerdeführer bei seiner Freundin, die von ihm schwanger sei, in Tirol. Von seinen Verwandten in Salzburg sei er "hinausgeworfen" worden. Seit 12. Dezember 2005 arbeite er als Hilfsarbeiter. Der Beschwerdeführer sei dementsprechend im Bundesgebiet integriert. Eine intensive familiäre Bindung bestehe zu der von ihm schwangeren Freundin. Die Integration des Beschwerdeführers werde in ihrer sozialen Komponente durch die schweren Straftaten beeinträchtigt. Diesen privaten und familiären Interessen stehe das große öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots gegenüber. Der Schutz des Eigentums und die Verhinderung der Suchtgiftkriminalität hätten großes öffentliches Gewicht.
Unter Berücksichtigung der schwergewichtigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Aufenthalt im Bundesgebiet und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zur Tatzeit noch minderjährig gewesen sei, sei das Aufenthaltsverbot lediglich für die Dauer von fünf Jahren zu erlassen gewesen. Diese Dauer entspreche den für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Umständen.
Zum Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, wonach seit der letzten Straftat mehr als ein Jahr verstrichen wäre, in welchem Zeitraum er sein Leben geändert hätte, sei auszuführen, dass dieser Zeitraum zu kurz sei, um auf ein dauerhaftes Wohlverhalten schließen zu können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Aufgrund der unstrittig feststehenden rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum von Oktober 2003 bis November 2003 in acht bis neun Fällen mit einem widerrechtlich erlangten Schlüssel aus einer versperrten Kassenlade in einem Lebensmittelmarkt Bargeldbeträge in unterschiedlicher Höhe, insgesamt EUR 1.600,-- gestohlen. Dabei ging er in der Absicht vor, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (gewerbsmäßig gemäß § 70 StGB). Obwohl ihm durch die deswegen am 29. März 2004 erfolgte rechtskräftige Verurteilung die Folgen seines Handelns deutlich vor Augen geführt worden sind, hat er nur etwa zwei Monate danach weitere Einbruchsdiebstähle begangen. Er ist in arbeitsteiliger Weise gemeinsam mit einem Mittäter unter Verwendung von Einbruchswerkzeug und Material zur Vermeidung von Einbruchsspuren vorgegangen. Auch bei diesen (nach der Aktenlage insgesamt elf) Einbruchsdiebstählen ist er in der Absicht vorgegangen, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Aus diesem Fehlverhalten resultiert eine schwerwiegende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität. Eine weitere Gefährdung öffentlicher Interessen durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ergibt sich daraus, dass er von Oktober 2003 bis Oktober 2004 eine nicht unerhebliche Menge Suchtgift erworben, besessen und zum Teil an andere weitergegeben hat.
Der seit der letzten Straftat verstrichene Zeitraum von etwa einem Jahr und vier Monaten ist auch angesichts des vorgebrachten Umstandes, dass der Beschwerdeführer nunmehr in einer stabilen Beziehung lebt, zu kurz, um auf einen Wegfall oder auch nur eine erhebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit schließen zu können.
Aus diesen Gründen begegnet die Ansicht der belangten Behörde, die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, keinen Bedenken.
3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und Abs. 2 FPG hat die belangte Behörde die Dauer des inländischen Aufenthalts, den inländischen Schulbesuch, die begonnene Lehre und die Berufstätigkeit als Hilfsarbeiter seit 12. Dezember 2005, sohin seit zwei Monaten, berücksichtigt; ebenso die seit Oktober 2005 bestehende Lebensgemeinschaft mit einer von ihm schwangeren Frau. Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass die Integration des Beschwerdeführers in ihrer sozialen Komponente durch die Straftaten eine erhebliche Minderung erfährt. Den dennoch schwerwiegenden privaten und familiären Interessen am Verbleib im Bundesgebiet steht die aus einem weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers resultierende - oben 2. dargestellte - große Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere des gewichtigen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität, gegenüber. Unter gehöriger Abwägung all dieser Umstände kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und Freiheiten anderer, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser - für die Dauer von fünf Jahren erlassenen - Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg.cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
4. Gemäß § 28 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, kann bei Unzulässigkeit der Erlassung eines Aufenthalsverbots oder einer Ausweisung im Grund des § 66 FPG in bestimmten Fällen das Ende des bisher unbefristeten Niederlasssungsrechts des Fremden festgestellt und von Amts wegen eine befristete Niederlassungsbewilligung erteilt werden.
Diese von der Beschwerde ins Treffen geführte Bestimmung des NAG bietet jedoch keine Handhabe dafür, von der Verhängung eines - wie vorliegend - im Grund des § 66 Abs. 1 und 2 FPG zulässigen Aufenthaltsverbots Abstand zu nehmen.
5. § 56 FPG steht der Erlassung des Aufenthaltsverbots schon deswegen nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer auf die in Abs. 2 Z 1 dieser Bestimmung umschriebene Weise verurteilt worden ist und sein weiterer Aufenthalt deshalb - wie oben 2. dargestellt und von der Beschwerde letztlich zugestanden - eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde.
6. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. März 2007
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