VwGH 2006/10/0055

VwGH2006/10/005521.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. F und der IK in Z, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55/1, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 16. Februar 2006, Zl. 21301-RI-684/14-2006, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
NatSchG Slbg 1993 §47 Abs1 litg;
NatSchG Slbg 1999 §48 Abs1 litg;
ROG Slbg 1992 §24 Abs8 lita;
ROG Slbg 1998 §24 Abs3;
ROG Slbg 1998 §24 Abs8;
AVG §13 Abs3;
NatSchG Slbg 1993 §47 Abs1 litg;
NatSchG Slbg 1999 §48 Abs1 litg;
ROG Slbg 1992 §24 Abs8 lita;
ROG Slbg 1998 §24 Abs3;
ROG Slbg 1998 §24 Abs8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 16. Februar 2006 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Gartenhauses sowie eines Pavillons auf GP Nr. 381/126, 479 sowie .675, KG E., innerhalb des Landschaftsschutzgebietes Zeller See in Stattgebung der Berufung des Naturschutzbeauftragten gemäß § 48 Abs. 1 lit. g Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg NSchG) iVm § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, in § 48 Abs. 1 lit. g Sbg NSchG werde dem raumordnungsrechtlichen Verfahren grundsätzliche Priorität eingeräumt. Ein naturschutzbehördliches Bauansuchen im Grünland könne erst dann gestellt werden, wenn die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben seien. Unbestritten sei, dass die Objekte, deren naturschutzrechtliche Bewilligung beantragt wird, Bauten im Sinne des Baupolizeigesetzes seien, deren Standort sich laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Zell am See im Grünland befinde.

Nun dürften gemäß § 24 Abs. 1 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 (Sbg ROG) Maßnahmen, die sich auf den Raum auswirken und die auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften einer Bewilligung bedürfen, nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung bewilligt werden. Insbesondere dürften Baubewilligungen nur innerhalb des Baulandes und entsprechend der festgelegten Widmung erteilt werden. Nach § 24 Abs. 3 Sbg ROG könnten jedoch die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1 für bestimmte Grundflächen auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegen stehe.

Da eine Bewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG im vorliegenden Fall nicht aktenkundig sei, habe die Berufungsbehörde eine Stellungnahme der für Raumordnungsangelegenheiten zuständigen Dienststelle des Landes eingeholt. Dieser Stellungnahme zufolge sei für den in Rede stehenden Bereich in der von der Stadtgemeinde Zell am See beschlossenen "Bebauungsstudie Seeufer Zell am See" der Bestand festgeschrieben und für den konkreten Planungsbereich ein Grünkeil vorgesehen. Grünkeile seien - so die Legende des Planoperates - möglichst naturnah zu gestalten und zu begrünen. Sämtliche zusätzliche Baumaßnahmen seien im gegenständlichen Planungsgebiet somit ausgeschlossen.

Einer weiteren Stellungnahme der Raumordnungsbehörde zufolge würden die von den beschwerdeführenden Parteien geplanten Bauvorhaben überdies im krassen Widerspruch zu den Vorgaben des von der Gemeindevertretung beschlossenen "Räumlichen Entwicklungskonzeptes" stehen. Hier sei nämlich festgeschrieben worden, dass der unmittelbare Seeuferbereich von Bebauung frei zu halten sei. Im Seeuferbereich bestehe lediglich die Möglichkeit der Durchführung von Kleinstbaumaßnahmen, wenn dies eine eindeutige Verbesserung hinsichtlich Ökologie, Landschaftsgestaltung oder Architektur bewirken könne. Eine Einzelbewilligung für die von den beschwerdeführenden Parteien beantragten Objekte sei daher ausgeschlossen.

Auch eine Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG im Sinne des Beschlusses der Gemeindevertretung (diese habe in ihrer Sitzung am 5. April 2005 beschlossen, den beantragten Maßnahmen zuzustimmen) würde den raumordnungsrechtlichen Bedingungen nicht entsprechen, weil die beantragten Bauten - wie dargelegt - im krassen Widerspruch zur erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht der Stadtgemeinde Zell am See stünden. Auch könnten nur Änderungen und Erweiterungen bestehender Bauten in den Genuss dieser Ausnahmebestimmung kommen, nicht jedoch vom Bestand getrennt errichtete Neubauten, wie dies bei den beantragten Objekten der Fall sei. Schließlich bestehe die Ausnahmeregelung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG für geringfügige bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit bestehenden Bauten nur dann, wenn diese für deren Nutzung erforderlich seien. Auch diese Voraussetzung treffe im vorliegenden Fall nicht zu, weil nicht zu begründen sei, warum für die ordnungsgemäße Nutzung des Bestandes (Wohnhaus, Garagen, Neubau mit Unterkellerung) die Neuerrichtung eines Gartenhauses bzw. eines Pavillons notwendig sein solle.

Da die beschwerdeführenden Parteien Nachweise betreffend die Erfüllung der raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen nach entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt und daher den diesbezüglichen Mangel des Antrages im Sinne des § 48 Abs. 1 lit. g Sbg NSchG nicht behoben hätten, sei das Bewilligungsansuchen zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 48 Abs. 1 lit. g Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg NSchG) ist in einem Ansuchen um Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung einer Anlage außerhalb des Baulandes, für die eine Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach dem Baupolizeigesetz 1997 besteht, eine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG, wenn eine solche erforderlich ist, anzuführen bzw. nachzuweisen.

Gemäß § 24 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 1998 (Sbg ROG) können die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes gemäß Abs. 1 (Bewilligungen, Genehmigungen udgl. dürfen nur in Übereinstimmung mit der Flächenwidmung erteilt werden) für bestimmte Grundflächen von der Gemeindevertretung auf Ansuchen des Grundeigentümers durch Bescheid ausgeschlossen und ein genau bezeichnetes Vorhaben raumordnungsmäßig bewilligt werden, wenn dieses dem räumlichen Entwicklungskonzept bzw. der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht nicht entgegensteht.

Gemäß § 24 Abs. 8 Sbg ROG werden im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Flächenwidmungsplanes oder seiner Änderungen bestehende, der festgelegten Nutzungsart oder Widmung nicht entsprechende Bauten und Betriebe durch diese Festlegungen nicht berührt, soweit für sie die allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen rechtskräftig erteilt sind. Änderungen und Erweiterungen solcher Bauten, Betriebe und betrieblichen Anlagen gegenüber dem Zeitpunkt der Festlegung der Nutzungsart oder Widmung sind jedoch nur zulässig, wenn hiefür eine behördliche Bewilligung nicht erforderlich ist oder soweit hiedurch Größe und Art der Bauten, Betriebe und betrieblichen Anlagen nicht in einer Weise verändert werden, die die erkennbare grundsätzliche Planungsabsicht und die festgelegte Nutzungsart oder Widmung, bei Betrieben und betrieblichen Anlagen die Nachbarschaft, wesentlich mehr als bisher beeinträchtigt. Das Gleiche gilt für Bauten, die auf Grund einer Bewilligung nach Abs. 3 errichtet worden sind. Unter den genannten Voraussetzungen sind auch geringfügige andere bauliche Maßnahmen im Zusammenhang mit derartigen Bauten, Betrieben und betrieblichen Anlagen, die für deren ordnungsgemäße Nutzung erforderlich sind, wie etwa die Errichtung einer mit dem Bau nicht verbundenen Kleingarage, zulässig (lit. a).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die von den beschwerdeführenden Parteien im Grünland beantragten Anlagen (Gartenhaus und Pavillon) bedürften einer Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG, weil die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG nicht erfüllt seien. Weder handle es sich um Änderungen bzw. Erweiterungen bestehender Anlagen, noch könne gesagt werden, dass die beantragten Bauten mit der erkennbaren grundsätzlichen Planungsabsicht im Einklang stünden. Vielmehr würden sie dieser krass widersprechen. Schließlich sei auch die Erforderlichkeit der beantragten Bauten zur Nutzung des Bestandes zu verneinen. Trotz Aufforderung hätten die beschwerdeführenden Parten jedoch eine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG nicht nachgewiesen. Ihr Genehmigungsansuchen sei daher zurückzuweisen gewesen.

Die beschwerdeführenden Parteien halten dagegen, § 48 Abs. 1 Sbg NSchG verlange nicht, dass dem Bewilligungsansuchen bestimmte Unterlagen angeschlossen werden müssten. Die Nichterfüllung der behördlichen Aufforderung, den Nachweis einer Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG vorzulegen, könne daher nicht als Mangel des Antrages angesehen werden, der die Behörde zur Zurückweisung ermächtige. Weiters sei für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG vorlägen, der Bürgermeister von Zell am See zuständig, der vor dem Hintergrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung diese Frage bejaht und mitgeteilt habe, dass keine Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG erforderlich sei. Der Naturschutzbehörde komme daher keine Kompetenz zu, das Erfordernis einer Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG zu beurteilen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur im Wesentlichen gleich lautenden Vorgängervorschrift des § 48 Abs. 1 lit. g Sbg NSchG ausgesprochen hat, ist ein Ansuchen um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zurückzuweisen, wenn die nach § 24 Abs. 3 Sbg ROG erforderliche Bewilligung nicht vorgelegt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1999, Zl. 96/10/0199, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Auffassung der Beschwerde, die trotz Aufforderung unterbliebene Vorlage des Nachweises der erforderlichen Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG ermächtige die Behörde nicht zur Zurückweisung des Bewilligungsantrages, ist daher unzutreffend.

Unzutreffend ist auch die Auffassung der Beschwerde, die Naturschutzbehörde sei zur Beurteilung, ob eine Einzelbewilligung im Sinne des § 24 Abs. 3 Sbg ROG erforderlich sei, nicht zuständig. Vielmehr obliegt es der Naturschutzbehörde im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Zurückweisungsgrundes (in Form eines Antragsmangels) zu prüfen, ob die erwähnte Einzelbewilligung "erforderlich" ist; dies ist an Hand der raumordnungsrechtlichen Regelungen zu untersuchen (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1999).

Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten das Erfordernis einer Einzelbewilligung gemäß § 24 Abs. 3 Sbg ROG mit dem Hinweis auf eine Mitteilung des Bürgermeisters von Zell am See, wonach die geplanten baulichen Maßnahmen nach den Bestimmungen des § 24 Abs. 8 Sbg ROG genehmigt werden können und die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung vom 5. April 2005 beschlossen habe, diesen Maßnahmen zuzustimmen: Es sei also erklärter politischer Wille der Stadtgemeinde Zell am See, den beschwerdeführenden Parteien dieses Vorhaben zu ermöglichen.

Weder in der Mitteilung des Bürgermeisters von Zell am See noch im Beschluss der Gemeindevertretung, den baulichen Maßnahmen der beschwerdeführenden Parteien "zuzustimmen", ist jedoch ein die Naturschutzbehörde bindender Abspruch des Inhaltes zu erblicken, es sei für die erwähnten Vorhaben eine Einzelbewilligung im Sinn des § 24 Abs. 3 Sbg ROG nicht erforderlich, weil die Ausnahmeregelung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG zutreffe. Nach dem Inhalt der zuletzt erwähnten Vorschrift wäre diese Auffassung allerdings zutreffend, wenn es sich im Gegenstande um geringfügige bauliche Maßnahmen gehandelt hätte, die für die ordnungsgemäße Nutzung des Bestandes erforderlich wären. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die belangte Behörde mit näherer Begründung verneint. Dem ist die Beschwerde nicht entgegen getreten. Die beschwerdeführenden Parteien haben insbesondere nicht aufgezeigt, dass konkrete Umstände vorlägen, die dafür sprächen, dass die beantragten Bauten für die ordnungsgemäße Nutzung des Bestandes im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde erforderlich seien. Die Auffassung, es liege kein Fall der Ausnahmeregelung des § 24 Abs. 8 Sbg ROG vor, ist daher schon aus diesem Grund nicht als rechtswidrig zu beanstanden.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen schließlich vor, es könne höchstens in Ansehung des Pavillons vom Vorliegen von Einwendungen des Naturschutzbeauftragten ausgegangen werden, die diesem Parteistellung und Rechtsmittellegitimation gewährleiste. Die belangte Behörde hätte daher die Berufung des Naturschutzbeauftragten zurückweisen müssen.

Die beschwerdeführenden Parteien übersehen bei diesem Vorbringen, dass der Naturschutzbeauftragte gemäß § 54 Abs. 4 Sbg NSchG in Verfahren, in denen er nicht zur Erstattung eines Gutachtens herangezogen worden ist - dies trifft im vorliegenden Fall unbestrittenermaßen zu - entsprechend seiner Stellungnahme Berufung gegen den (erstbehördlichen) Bescheid erheben kann.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Naturschutzbeauftragte zum Vorhaben der beschwerdeführenden Parteien, ein Gartenhaus und einen Pavillon zu errichten, mehrmals, insbesondere am 22. Februar 2005 und am 22. März 2005 Stellung genommen und in seiner Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid die seines Erachtens unterbliebene Auseinandersetzung mit den von ihm erstatteten Stellungnahmen gerügt. Auf Grund dieser Berufung war die belangte Behörde daher ermächtigt, in der Sache zu entscheiden und demgemäß auch Mängel des das Verfahren einleitenden Antrages aufzugreifen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Juni 2007

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