VwGH 2006/10/0039

VwGH2006/10/003921.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des FF in S, vertreten durch Dr. Christian Függer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Josefstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 2006, Zl. N- 105529/7-2006-Pin/Gre, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs5;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs5;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. Jänner 2006 wurde dem Beschwerdeführer der naturschutzbehördliche Auftrag erteilt, den - durch Errichtung eines Holzobjektes mit Pultdach im Ausmaß von 1,20 m x 1,20 m x 2 m auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG U - gesetzten widerrechtlichen Eingriff in das Landschaftsbild innerhalb der 500 m Seeuferschutzzone des Attersees binnen festgesetzter Frist zu entfernen. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es sei bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) vom 22. Jänner 1990 der Antrag des Beschwerdeführers, festzustellen, dass durch die Errichtung einer Umkleide- bzw. Badehütte auf dem erwähnten Grundstück solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt würden, abgewiesen worden.

Im August 2004 sei vom Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz festgestellt worden, dass auf dem erwähnten Grundstück das spruchgemäß beschriebene Holzobjekt ohne Vorliegen einer "positiven Feststellung" errichtet worden sei. Mit Bescheid der BH vom 17. November 2004 sei daher (u.a.) dem Beschwerdeführer die Entfernung dieses Objekts aufgetragen worden.

Im Jänner 2005 habe eine Überprüfung durch den Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ergeben, dass das Objekt auf dem Grundstück "umgelegt" und die Dachkonstruktion demontiert worden sei. Eine gänzliche Entfernung des Objektes habe nicht stattgefunden.

Eine weitere Überprüfung durch den Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz im August 2005 habe ergeben, dass die Hütte wiederum aufgestellt worden sei.

Die Landschaft, zu der das erwähnte Grundstück gehöre, präsentiere sich auf einer Länge von 200 m als nur mäßig überformter Ufersaum, der sich zwischen der Attersee Bundesstraße und dem Attersee befinde und eine Breite von ca. 10 m aufweise. Das ursprünglich landwirtschaftlich genutzte Areal sei in den letzten Jahren von den Grundeigentümern parzelliert und die so entstandenen Kleinstparzellen als Badeflächen verkauft worden. Als "Rechtsbestand" seien lediglich drei Bauobjekte (eine Badehütte, ein landwirtschaftliches Nebengebäude und eine Bootshütte) anzusehen; die restlichen Baukörper seien konsenslos errichtet worden. Neben der teils natürlich erhaltenen und dicht bestockten, teils hart gesicherten Uferlinie und der Seefläche seien der überwiegend schmale Grünstreifen mit standortgerechter Gehölzkulisse sowie riemenförmige, mittels Holz-, Jäger- und Maschendrahtzäunen eingefriedete Badeflächen anzutreffen. Daneben werde das Bild der Landschaft durch ausgedehnte Mischwaldbestände, landwirtschaftliche Grünflächen sowie Obstbaumwiesen mit vereinzelt eingestreuter Wohnhausbebauung bestimmt, die auf Grund ihrer gliedernden und strukturierenden Wirkung wesentlich zur Atmosphäre der Landschaft beitrügen. Im der weitgehend naturnah erhalten gebliebenen Landschaft bewirke die Badehütte des Beschwerdeführers eine Intensivierung der sichtbaren Erholungsinfrastruktur und eine Verringerung des naturnahen Seeufers. Sie bewirke vor dem Hintergrund der dominanten kultur- und naturräumlichen Gestaltungselemente (Wasserfläche, Uferbegleitgehölz, Obstbäume etc.) eine erhebliche Beeinträchtigung der Landschaft, weil diese damit "Schrebergartencharakter" annehme. Es handle sich daher um einen Eingriff im Sinne des § 9 Oö NSchG 2001, der geeignet sei, das Landschaftsbild maßgeblich zu verändern. Da eine Feststellung im Sinne dieser Bestimmung nicht vorliege, handle es sich um einen verbotenen Eingriff, sodass spruchgemäß die Entfernung zu verfügen gewesen sei.

Zwar sei mit Bescheid vom 17. November 2004 die Entfernung der Hütte bereits einmal verfügt worden. Allerdings sei die Hütte daraufhin demontiert und neuerlich errichtet worden, sodass nicht von einem unverändert andauernden Bestand gesprochen werden könne. Die Rechtskraft des Bescheides vom 17. November 2004 stehe der Erlassung des nunmehrigen Entfernungsauftrages daher nicht entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö NSchG 2001) ist jeder Eingriff

  1. 1. in das Landschaftsbild und
  2. 2. im Grünland (§ 3 Z. 6) in den Naturhaushalt

    an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

    Unter einem "Eingriff in das Landschaftsbild" ist gemäß § 3 Z. 2 Oö NSchG 2001 eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer zu verstehen, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert.

    Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt, kann die Behörde gemäß § 58 Abs. 1 Oö NSchG 2001 - unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 - demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

    Gemäß § 58 Abs. 5 Oö NSchG 2001 ist Abs. 1 sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder den Naturhaushalt gemäß § 9 anzuwenden.

    Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf sachverständiger Basis gewonnene Auffassung zu Grunde, die vom Beschwerdeführer ohne Vorliegen einer behördlichen Feststellung im Sinne des § 9 Abs. 1 Oö NSchG 2001 im 500 m-Uferschutzbereich des Attersees errichtete Badehütte stelle einen verbotenen Eingriff in das Landschaftsbild dar, weil der - näher beschriebene - weitgehend naturnah erhalten gebliebene Landschaftsbereich dadurch "Schrebergartencharakter" annehme. Es seien daher die Voraussetzungen für einen Entfernungsauftrag gemäß § 58 Abs. 1 und Abs. 5 Oö NSchG 2001 erfüllt.

    Der Beschwerdeführer, der sich seinem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Unterbleiben des Entfernungsauftrages verletzt erachtet, bringt im Wesentlichen vor, es sei ihm bereits mit Bescheid der BH vom 17. November 2004 die Entfernung des Objekts aufgetragen worden. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen; weder die Sach- noch die Rechtslage habe sich seither verändert. Die Hütte sei keineswegs demontiert, sondern nur "umgelegt" und dabei das Pultdach abgetrennt worden, anschließend sei sie wieder aufgestellt worden. Der Erlassung des nunmehrigen neuerlichen Entfernungsauftrages stehe daher entschiedene Sache entgegen. Im Übrigen verbiete das Oö NSchG 2001 nicht jede Veränderung der Natur, sondern nur eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes. Die Maßgeblichkeit des Eingriffs werde jedoch bestritten, weil die Badehütte nicht im Geringsten geeignet sei, auf Grund ihres optischen Eindrucks eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes nach sich zu ziehen.

    Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

    Was zunächst die Frage betrifft, ob die belangte Behörde durch den rechtskräftigen Entfernungsauftrag vom 17. November 2004 gehindert war, die Entfernung der Badehütte neuerlich aufzutragen, kann es auf sich beruhen, ob dem Auftrag vom 17. November 2004 entsprochen und anschließend die Hütte neuerlich errichtet wurde, oder ob dieser Auftrag - wie die Beschwerde behauptet - unbefolgt geblieben ist. Durch den Entfernungsauftrag vom 17. November 2004 wurden nämlich keine Rechte des Beschwerdeführers begründet, sondern diesem (lediglich) die Verpflichtung auferlegt, die Badehütte zu entfernen. An dieser Verpflichtung hat der angefochtene Bescheid nichts geändert; bloß die ursprünglich festgesetzte Leistungsfrist wurde durch die Neufestsetzung verlängert. Angesichts der unbestrittener Maßen bereits bestehenden Entfernungsverpflichtung konnte der Beschwerdeführer daher durch den Umstand, dass ihm die Entfernung durch den angefochtenen Bescheid aufgetragen wurde, keinesfalls in Rechten verletzt werden.

    Was jedoch die Qualifikation der vom Beschwerdeführer unbestrittenermaßen errichteten Badehütte als "Eingriff" im Sinn des § 9 Abs. 1 Z. 1 Oö NSchG 2001 anlangt, ist der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch selbst in der vorliegenden Beschwerde den - nicht unschlüssigen - sachverständigen Darlegungen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Vielmehr hat er sich darauf beschränkt, die von der Behörde angenommene optische Wirkung der Badehütte zu bestreiten. Mit diesem Vorbringen zeigt er jedoch eine Mangelhaftigkeit in den Sachverhaltsgrundlagen des angefochtenen Bescheides nicht auf.

    Soweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, es sei die Zeugeneinvernahme seiner Gattin und seines Sohnes ebenso unterblieben wie der von ihm beantragte Lokalaugenschein, hat er nicht auch dargelegt, zu welchem im Ergebnis anders lautenden Bescheid im Sinn des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel gelangt wäre.

    Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 21. Juni 2007

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