VwGH 2006/09/0216

VwGH2006/09/021622.2.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des D K in D, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. Oktober 2006, Zl. X-alt-1997/5362, 6490, 6491, betreffend Einwendungen gegen einen Exekutionstitel gemäß § 31 Abs. 3 VStG, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §60;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §59;
AVG §60;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die vom Beschwerdeführer angefochtene Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. Oktober 2006 hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"Sehr geehrter Herr Dr. X.!

Zu Ihrem Schreiben vom 12. September 2006 teilen wir Ihnen mit, dass es sich beim Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 25. August 2006 um keinen Bescheid handelt, Ihr Schreiben kann somit nicht als Berufung gewertet werden. Ein allfälliges Rechtsmittel wäre gegen die Bewilligung der Fahrnis- und Gehaltsexekution zu richten gewesen.

Zum Einwand, dass die Vollstreckungsverjährung bereits eingetreten sei und die Strafen gemäß § 31 Abs. 3 VStG nicht mehr vollstreckt werden dürfen, wollen wir wie folgt Stellung nehmen.

Sind gemäß § 31 Abs. 3 VStG seit dem in § 31 Abs. 2 VStG bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

Laut Gesetz ist es unerheblich, weshalb das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (Beschwerde oder nachträgliche Herabsetzung des Strafbetrages) anhängig war oder ist.

Somit verschiebt sich der Zeitpunkt der Verjährung um die Dauer, die das Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig war.

Bezüglich des Einwandes, dass gemäß § 14 Abs. 1 VStG Geldstrafen nur insoweit zwangsweise eingebracht werden dürfen, als dadurch der notwendige Unterhalt des Bestraften und derjenigen, zu deren Unterhalt ihn das Gesetz verpflichtet, nicht gefährdet wird, teilen wir Ihnen mit, dass der Gesetzgeber zum Schutz des Unterhaltes verschiedene Gesetze und Bestimmungen (zB: Existenzminimum) erlassen hat, welche im Exekutionsverfahren ebenfalls zur Anwendung kommen und beachtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Der Bezirkshauptmann

Im Auftrag

(unleserliche Unterschrift mit leserlicher Beifügung des Namens)".

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Vorab ist daher zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer vorgenommene Bewertung der Erledigung vom 4. Oktober 2006 als Bescheid zutrifft.

Der Beschwerdeführer weist zunächst zutreffend darauf hin, dass - unabhängig von der Frage, ob die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft vom 25. August 2006 einen Bescheid darstellt oder nicht - über die gegen diese Erledigung erhobene Berufung durch die Berufungsbehörde mittels Bescheid (allenfalls auch durch Zurückweisung der Berufung) zu entscheiden gewesen wäre.

Dem Beschwerdeführer kann aber nicht gefolgt werden, wenn er der oben wiedergegebenen Erledigung der belangten Behörde Bescheidcharakter zuspricht. Aus dem oben wiedergegebenen Wortlaut der angefochtenen Erledigung ist ersichtlich, dass diese nicht als Bescheid bezeichnet ist und auch sonst nicht die für Bescheide übliche Gliederung in Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung und - allfällige - sonstige Hinweise und Belehrungen aufweist.

Die Bestimmungen über Inhalt und Form eines Bescheides sind nicht für sich allein, sondern in ihrem Zusammenhang, insbesondere auch im Zusammenhang mit dem gesetzlich vorgesehenen Rechtsschutz innerhalb der Verwaltung und dem Rechtsschutz durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit auszulegen. Die Bezeichnung einer Erledigung als Bescheid und eines ihrer Teile als den den normativen Inhalt aufweisenden Spruch verfolgt den Zweck, dem Adressaten mit Klarheit Inhalt und Umfang der bindenden Erledigung vor Augen zu führen. Die damit angestrebte Rechtssicherheit kann nur erreicht werden, wenn die Bestimmungen über den Spruch des Bescheides in eindeutiger Form eingehalten und verwirklicht werden. Gerade dann, wenn eine behördliche Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter oder die Gliederung eines Bescheides in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung aufkommen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für die Frage der Einordnung essenziell (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2004, Zl. 2000/12/0311).

Das hier festgestellte Fehlen der Bezeichnung als Bescheid sowie einer Gliederung im oben dargelegten Sinne wäre für den Bescheidcharakter der Erledigung somit nur dann unerheblich, wenn sich aus einem erkennbaren "Spruch" eindeutig ergäbe, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hätte (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 93/17/0329). Bei Zweifeln über den Inhalt einer Erledigung kommt auch der sonstigen Form derselben entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2001/12/0206). Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A).

Im vorliegenden Fall deuten weder Aufbau noch Wortwahl der der Zitierung des bloßen Gesetzestextes folgenden Sätze der Erledigung auf eine normative Erledigung hin, wird doch - abgesehen von der Belehrung über die nach Ansicht der Behörde noch nicht eingetretene Vollstreckungsverjährung - lediglich darauf verwiesen, dass bei Vollzug der verhängten Strafe die gesetzlichen Vollstreckungshindernisse bzw. -beschränkungen berücksichtigt werden würden, was als programmatische Erklärung verstanden werden muss.

Es ist daher davon auszugehen, dass es sich bei diesen Teilen der Erledigung nur um Mitteilungen oder Belehrungen handeln sollte. Erweist sich solcherart aber die Normativität des Inhaltes der angefochtenen Erledigung als zweifelhaft, geben die fehlende Bescheidbezeichnung, die fehlende Gliederung und die Verwendung von Höflichkeitsfloskeln den Ausschlag gegen deren Deutung als Bescheid. Im Übrigen ist die vorliegende Erledigung nicht dem Beschwerdeführer gegenüber ergangen, weshalb er auch aus diesem Grund nicht in Rechten verletzt sein konnte.

Da der Beschwerde somit kein vom Beschwerdeführer nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof anfechtbarer Bescheid zu Grunde liegt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte