VwGH 2006/05/0279

VwGH2006/05/027912.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des MS in A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 2. Oktober 2006, Zl. VwSen-210474/20/Kü/Hu, betreffend Übertretung der Oberösterreichischen Bauordnung (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §24 Abs1 Z1;
BauO OÖ 1994 §57 Abs1 Z2;
VStG §5 Abs2;
BauO OÖ 1994 §24 Abs1 Z1;
BauO OÖ 1994 §57 Abs1 Z2;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. September 2005 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er sei

"als Bauherr in bewilligungspflichtiger Weise vom bewilligten Bauvorhaben abgewichen (Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde R vom 11. 11. 2002, Bau 131/9-52-2002/Hu) - Beginn der Ausführung von vier Unterstellplätzen für PKWs und vier Abstellräumen auf den Grdst. Nr. 36/9 und 36/10, KG. O, am 30. 04. 2005 bis zumindest 21. 07. 2005 - ohne dass hiefür eine neue Baubewilligung erteilt worden wäre.

Im Konkreten wurden entsprechend der Niederschrift der Marktgemeinde R vom 08. 06. 2005 nachstehende Abweichungen vorgenommen:

Die Ausführung erfolgte nicht wie ursprünglich vorgesehen in Holzbauweise sondern in massiver Ziegelbauweise mit Massivdecke. Derzeit sind die Rohbaumaßnahmen unverputzt vorhanden. Die vorgesehene Dachkonstruktion besteht noch nicht. Nach Aussage der Eigentümer im Zuge der heutigen Überprüfung werden die Abstellräume nicht ausgeführt. Stattdessen werden zwischen den überdachten Autoabstellplätzen und dem Wohnhaus Stahltreppen zur Erreichbarkeit der Dachräume errichtet. Die massiven Deckenplatten zur Begehung des Dachraumes sind bereits vorhanden. Weiters werden diverse Änderungen (Reduzierung der Durchgangsbreite zum Hauptgebäude, damit Erweiterung der Stellplätze, Ausführung in Massivbauweise) vorgenommen. An der Ostseite erfolgte ein Anbau für einen Müllraum mit einem Grundrissausmaß von ca. 3,75 x 2,0 m. Der Durchgang zum Haus wurde von ursprünglich 4,5 m auf 2,5 m reduziert. Die Pultdachkonstruktion soll zur Straße hin bis zur Gesamtbreite von 5,0 m ohne einer Stützenreihe auskragend ausgeführt werden.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 57 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Z. 1 der O. ö. Bauordnung 1994, i.d.g.F."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 3.500,-

(Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) gemäß § 57 Abs. 2 leg. cit. verhängt.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid "insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag herabgesetzt" wurden. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei gemeinsam mit seiner Gattin Miteigentümer der im Spruch des Straferkenntnisses genannten Grundstücke. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde R vom 11. November 2002 sei dem Beschwerdeführer über dessen Antrag die Baubewilligung für den Neubau von vier Unterstellplätzen für PKWs samt vier Abstellräumen auf dem Grundstück Nr. 36/9, KG O, erteilt worden. Laut Baubeschreibung handle es sich bei dem bewilligten Neubau um ein Lagergebäude mit anschließenden PKW-Abstellplätzen in einem Grundrissausmaß von 27,90 x 5 m und einem überdachten Hauszugang. Das Bauwerk sei in Holzbauweise geplant gewesen, wobei die überdachten Autoabstellplätze nur an den Seiten zum Hauszugang mit einer brandhemmenden Verschalung geschlossen werden sollten. Der ausführende Baumeister habe dem Beschwerdeführer jedoch geraten, anstelle der Holzwände Ziegelmauern zu errichten, um so die Abstellplätze brandsicher zu gestalten. Von dieser Abänderungsabsicht habe er "die Gemeinde" mündlich informiert. Vom zuständigen Bauschverständigen habe der die Auskunft erhalten, dass die Ausführung in Massivbauweise keinen Nachteil darstelle, vielmehr aus Gründen des Brandschutzes zu befürworten wäre. Der Beschwerdeführer habe den Baubeginn der Baubehörde mit 30. April 2004 bekannt gegeben.

Anlässlich einer Überprüfung durch die Baubehörde am 8. Juni 2005 sei vom Bausachverständigen Folgendes niederschriftlich festgehalten worden:

"Beim Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass die Baumaßnahmen derzeit ausgeführt werden, aber noch nicht fertig gestellt sind. Die Ausführung erfolgte nicht wie ursprünglich vorgesehen in Holzbauweise, sondern in massiver Ziegelbauweise mit Massivdecke. Derzeit sind die Rohbaumaßnahmen unverputzt vorhanden. Die vorgesehene Dachkonstruktion besteht noch nicht. Nach Aussage der Eigentümer im Zuge der heutigen Überprüfung werden die Abstellräume nicht ausgeführt. Statt dessen werden zwischen den überdachten Autoabstellplätzen und dem Wohnhaus Stahltreppen zur Erreichbarkeit der Dachräume errichtet. Die massiven Deckenplatten zur Begehung des Dachraumes sind bereits vorhanden. Weiters werden diverse Änderungen (Reduzierung der Durchgangsbreite zum Hauptgebäude, damit Erweiterung der Stellplätze, Ausführung in Massivbauweise) vorgenommen. An der Ostseite erfolgt ein Anbau für einen Müllraum mit einem Grundrissausmaß von ca. 3,75 x 2,0 m. Der Durchgang zum Haus wurde von ursprünglich 4,5 m auf 2,5 m reduziert."

Der Sachverständige habe in seinem Gutachten ausgeführt, dass die vorgenommenen Änderungen zweifelsfrei von Einfluss auf die tragenden Bauteile und geeignet seien, das Orts- und Landschaftsbild zu stören.

Auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse habe der Bürgermeister der Marktgemeinde R mit Bescheid vom 14. Juli 2005 dem Beschwerdeführer gemäß § 41 Oberösterreichische Bauordnung 1994 die Fortsetzung der Bauarbeiten bis zum rechtskräftigen Vorliegen einer entsprechenden Baubewilligung untersagt. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 49 Oberösterreichische Bauordnung 1994 weiters aufgetragen, hinsichtlich der konsenslos vorgenommenen baulichen Anlagen binnen einer Frist von sechs Wochen um nachträgliche Baubewilligung einzukommen oder innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten die bewilligungslos errichteten baulichen Anlagen zu beseitigen. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers sei mit Bescheid des Gemeinderates der Markgemeinde R vom 14. Juli 2005 keine Folge gegeben worden. Auch seine Vorstellung sei erfolglos geblieben (Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Mai 2006).

Bei einem Lokalaugenschein am 15. September 2005 sei von der Baubehörde festgestellt worden, dass die Bauarbeiten weitergeführt worden seien. Auf Grund weiterer Aufmauerungen sei nunmehr zu erkennen, dass ein Pultdach mit einem First an der Hausseite geplant sei. Die Übermauerung an der Hausseite betrage 3 m, an der Straßenseite 1,5 m. Die Giebelwände seien entsprechend der Dachschräge errichtet worden. Auch bei den baubehördlichen Überprüfungen am 4. und 7. Oktober 2005 sei festgestellt worden, dass am Bauvorhaben weiter gearbeitet worden sei. Der Bausachverständige habe hiezu festgehalten, dass es sich bei dem errichteten Gebäude um ein völlig anderes handle als bei dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde R vom 11. November 2002 bewilligten Bau. Die laut Plan vorgesehene Gebäudehöhe betrage 4,39 m, tatsächlich weise das Gebäude ohne Dachkonstruktion eine Höhe von etwa 6,20 m auf. Mit der Mauerbank, den Sparren, der Lattung und der Eindeckung werde die Gesamthöhe des Bauwerks ca. 6,5 m betragen.

Erst auf Grund der Entscheidung der Vorstellungsbehörde habe der Beschwerdeführer unter Anschluss von Austauschplänen am 26. Juni 2006 bei der Baubehörde um die Erteilung der Baubewilligung für die Abänderungen angesucht.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 30. April bis 21. Juli 2005 in Abweichung von der bestehenden Baubewilligung bewilligungspflichtige bauliche Maßnahmen ohne Vorliegen einer entsprechenden Baubewilligung vorgenommen habe. Mit seinem Vorbringen, er habe erstmals im September 2004 die Baubehörde über Abänderungen informiert und er sei nicht aufgeklärt worden, dass er um Änderungsbewilligung ansuchen müsse, könne sich der Beschwerdeführer nicht exkulpieren. Der Beschwerdeführer habe die Baubehörde nicht darüber informiert, dass er die Abstellplätze komplett geändert ausführen wolle, insbesondere hinsichtlich der Ausmaße des ausgeführten Bauwerks. Vielmehr habe er anlässlich einer Bauanzeige über die Errichtung eines Geräteschuppens am 30. September 2004 der Baubehörde bekannt gegeben, dass sich bei den Gesamtabmessungen des für die Unterstellplätze vorgesehenen Projektes keine nennenswerten Änderungen ergäben. Im Untersagungsbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde R vom 14. Juli 2005 sei der Beschwerdeführer bereits aufgefordert worden, hinsichtlich der festgestellten Abänderungen vom Baubewilligungsbescheid um nachträgliche Baubewilligung einzukommen. Über die rechtlichen Folgen der gänzlich abgeänderten Ausführung des Bauvorhabens habe sich der Beschwerdeführer nicht informiert.

Als mildernd wertete die belangte Behörde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers sowie den Umstand, dass er zumindest über die Bauausführung in Massivbauweise entsprechende Erkundigungen eingeholt habe. Ausgehend von einem Nettoeinkommen von monatlich EUR 800,- und den Familienverhältnissen (Sorgepflichten für Gattin und drei Kinder) erachtete die belangte Behörde die festgesetzte Strafe sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen für gerechtfertigt. Die im Verhältnis zur Geldstrafe weitreichendere Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe begründete die belangte Behörde mit dem Erfordernis des Ausgleiches des Missverhältnisses zwischen ursprünglich verhängter Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 57 Abs. 1 Z. 2 Oberösterreichische Bauordnung 1994, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Oö. Bauordnungs-Novelle 2006 Oö. Bauordnungs-Novelle 2006, LGBl. Nr. 96/2006 (vgl. die Übergangsbestimmung Artikel II Abs. 2 dieses Landesgesetzes; in der Folge: BO), begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat oder ohne rechtskräftige Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abweicht oder abgewichen ist.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis 36.000 Euro, in den Fällen des Abs. 1 Z. 2, 3, 7 und 14 mit Geldstrafen von 1.450 Euro bis 36.000 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. bedarf - soweit die §§ 25 und 26 nicht anderes bestimmen - der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden einer Baubewilligung.

Ausgehend von den in der Beschwerde nicht bekämpften Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgenommenen, im Spruch des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16. September 2006 beschriebenen, von der erteilten Baubewilligung abweichenden Bauausführungen zutreffend als bewilligungspflichtige Maßnahmen im Sinne des § 24 Abs. 1 Z. 1 BO beurteilt.

Der Beschwerdeführer zieht auch nicht in Zweifel, dass diese von ihm als Bauherr vorgenommenen Bauausführungen in bewilligungspflichtiger Weise von der erteilten Baubewilligung abweichen; er bestreitet jedoch die Vorwerfbarkeit seines Verhaltens, weil er auf Grund der Vorgangsweise der Baubehörde im Zusammenhang mit seiner Rechtsunkenntnis als Laie davon ausgehen habe können, dass keine bewilligungspflichtige Abweichung von der Baubewilligung vorliege. Mangels Verschuldens hätte er nicht bestraft werden dürfen.

Ist die Auflösung eines Normwerkes durch einen juristischen Laien mit Schwierigkeiten verbunden, ist es seine Sache, sich bei der zuständigen Behörde über den Inhalt dieser Normwerke zu informieren. Auch die irrige Gesetzesauslegung ist ein Rechtsirrtum, der den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass die irrige Gesetzesauslegung unverschuldet war und er daher das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Die bloße Argumentation im Verwaltungsstrafverfahren mit einer - allenfalls sogar plausiblen - Rechtsauffassung allein vermag ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht auszuschließen. Um mangelndes Verschulden annehmen zu können, wäre der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang verpflichtet gewesen, Erkundigungen einzuholen, ob die von ihm zum vorliegenden Fragenkreis vertretene Rechtsansicht zutrifft (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/0107, m.w.N.). Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte die Baubehörde "über die vorgenommenen Änderungen vollinhaltlich informiert", ist weder durch den Akteninhalt gedeckt noch vermag der Beschwerdeführer zu begründen, worauf sich diese Behauptung zu stützten vermag. Die Mitteilung an die Baubehörde, von der Baubewilligung abzuweichen, reicht für die Annahme eines fehlenden Verschuldens nicht aus.

Gegen die von der belangten Behörde festgesetzte Strafhöhe bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die belangte Behörde hat die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers berücksichtigt. Im Hinblick auf die Ermittlungsergebnisse im Verwaltungsstrafverfahren gab es für die belangte Behörde keine Anhaltspunkte für die Berücksichtigung weitere Milderungsgründe. Die belangte Behörde hat auch den gesetzlich normierten Strafrahmen und die Einkommens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers hinreichend berücksichtigt.

Der Beschwerdeführer zeigt mit der unbegründeten Behauptung, das erstinstanzliche Verfahren sei äußerst mangelhaft geführt worden, die Grundsätze des Parteiengehörs, die Gewährung angemessener Stellungnahmefristen sei missachtet worden und es lägen Begründungsmängel vor, die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht auf.

Die Beschwerde war daher aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Oktober 2007

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