Normen
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Pakistan, reiste am 27. Februar 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 6. August 2002 brachte er vor, er habe in seiner Heimatstadt S für M, einen Abgeordneten der Pakistan Muslim League (PML-N), gearbeitet. Der Abgeordnete habe 1998 ein auf den Beschwerdeführer lautendes Scheinkonto für Gehaltszahlungen eröffnet, das Gehalt sei dem Beschwerdeführer jedoch weiterhin bar ausbezahlt worden und es seien stattdessen andere Geldbeträge auf dieses Konto eingezahlt worden. Am 16. Oktober 1999 sei M wegen Korruptionsverdachtes festgenommen worden, einige Tage später auch der Beschwerdeführer selbst.
Daraufhin sei er mehrere Monate in Haft gewesen und zum fraglichen Konto und den darauf befindlichen Geldbeträgen befragt worden. Er habe mehrmals ausgesagt, dass er mit dem Geld auf dem Konto nichts zu tun habe und sei schließlich gegen Leistung einer Kaution entlassen worden.
Da der Beschwerdeführer von einem Bekannten seines Vaters, dem Bürgermeister seines Heimatortes, gewarnt worden sei, gegen M auszusagen, weil er und seine Familie sonst Schwierigkeiten bekommen würden, habe er sich zur Flucht aus seinem Heimatland entschlossen. Er befürchte im Falle seiner Rückkehr, entweder von Mitgliedern der PML-N getötet zu werden oder wegen der ihm vorgeworfenen Korruption Schwierigkeiten mit dem Gericht zu bekommen.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 7. August 2002 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 idF vor der AsylG-Novelle 2003 (AsylG) ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan zulässig sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 22. August 2002 Berufung, in welcher er unter anderem ausführte, während seiner Haft mehrmals misshandelt worden zu sein. Dies habe er auch bei seiner Einvernahme am 6. August 2002 angegeben. Da der Dolmetscher jedoch seine Antworten offensichtlich nicht vollständig oder nicht richtig übersetzt habe, sei diese Tatsache weder im Protokoll noch im erstinstanzlichen Bescheid erwähnt worden. Aufgrund der guten Verbindungen seines ehemaligen Arbeitgebers M zur Militärpolizei habe er begründete Angst, dass die Militärpolizei ihn im Falle seiner Rückkehr wieder inhaftieren und misshandeln könnte.
Bei der Berufungsverhandlung am 31. März 2005 brachte der Beschwerdeführer vor, dass mittlerweile auch sein Vater aufgrund von Problemen mit der PML-N das Land verlassen habe. Im Übrigen präzisierte er sein Vorbringen dahin, seine Anhaltung habe sechs bis sieben Monate gedauert, er sei im Gefängnis mehrmals geschlagen worden und es sei gegen ihn ein Verfahren wegen Veruntreuung anhängig gewesen, als er Pakistan verlassen habe. Aus diesem Grund fürchte er bei seiner Rückkehr wieder verhaftet zu werden; sein Strafverfahren sei in seiner Abwesenheit nicht abgeschlossen worden. Weiters brachte er vor, er habe in Österreich an einer Demonstration vor der pakistanischen Botschaft in Wien teilgenommen und sei dabei fotografiert worden. Er habe versucht, von der Botschaft einen Reisepass ausgestellt zu bekommen, um seine Identität zu bestätigen, sei aber nicht erfolgreich gewesen; man habe ihn "weggeschickt".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland keine Verfolgungshandlungen wegen ungerechtfertigter Vorwürfe der Veruntreuung bzw. der Korruption zu befürchten habe und er auch im Falle einer Aussage gegen den früheren Abgeordneten M keine Verfolgungshandlungen von Seiten der PML-N befürchten müsse. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass M sich wieder auf freiem Fuße befinde und seine politische Tätigkeit weiterführe, weswegen es auszuschließen sei, dass der Beschwerdeführer, dem ja nur die Rolle eines "Werkzeuges" zugekommen sei, Ziel ungerechtfertigter Strafverfolgungshandlungen sein würde. Auch eine Bedrohung durch Mitglieder der PML-N oder eine Gefährdung wegen der Beteiligung an einer Demonstration vor der pakistanischen Botschaft sei auszuschließen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Wie in der Beschwerde zutreffend vorgebracht wird, kann allein aus der Tatsache, dass der frühere Vorgesetzte des Beschwerdeführers, M sich auf freiem Fuß befindet und das Strafverfahren gegen ihn eingestellt wurde, nicht zwingend geschlossen werden, dass auch der Beschwerdeführer keine Strafverfolgung mehr zu befürchten habe. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Flucht noch nicht eingestellt war, sondern der Beschwerdeführer gegen Leistung einer Kaution entlassen worden war und sich durch seine Flucht einer weiteren Verfolgung entzogen hat. Da die Annahme der belangten Behörde, aus der Einstellung des Verfahrens gegen M könne jedenfalls auch auf ein Unterbleiben einer Strafverfolgung des Beschwerdeführers geschlossen werden, nicht nachvollziehbar ist, fehlt es im angefochtenen Bescheid an einer schlüssigen Begründung für die Prognose, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit keiner Verfolgungshandlung zu rechnen habe (dazu, dass bei einer Enthaftung gegen Kaution in der Regel nicht anzunehmen ist, dass damit das Verfahren beendet ist, vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Mai 2004, 2002/20/0156).
Wäre aber eine Strafverfolgung des Beschwerdeführers wahrscheinlich, so hätte sich die belangte Behörde auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob diese auch auf einem politischen Motiv beruhen und ihr somit Asylrelevanz zukommen könnte.
Da der Beschwerdeführer im Verfahren mehrfach Misshandlungen während seiner Haft geschildert und die Angst geäußert hat, im Falle einer Inhaftierung neuerlich gefoltert zu werden, wären gegebenenfalls auch Feststellungen über die Situation in den pakistanischen Gefängnissen zu treffen und zu prüfen gewesen, inwiefern dem Beschwerdeführer für den Fall einer nochmaligen Inhaftierung eine unmenschliche Behandlung drohen könnte.
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 7. September 2007
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