VwGH 2005/18/0505

VwGH2005/18/05056.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des JK in W, (geboren 1962), vertreten durch Dr. Wilhelm Schlein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 5/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Jänner 2005, Zl. SD 1704/04, betreffend Versagung eines Fremdenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

FlKonv Art28;
FrG 1993 §55;
FrG 1997 §76 Abs1;
FrG 1997 §81 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §85 Abs1;
VwRallg;
FlKonv Art28;
FrG 1993 §55;
FrG 1997 §76 Abs1;
FrG 1997 §81 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §85 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. Jänner 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen der russischen Föderation, vom 4. Oktober 2004 auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 76 Abs. 1 iVm § 81 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Gemäß § 76 Abs. 1 FrG könnten Fremdenpässe, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen sei, für Angehörige einer der in den Z 1 bis 5 normierten Personengruppen ausgestellt werden. Ungeachtet der Frage, ob der Beschwerdeführer einer dieser Personengruppen angehöre, müsse ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für den antragstellenden Fremden bestehen. Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses eröffne die Republik Österreich dem Inhaber die Möglichkeit zu Reisen und übernehme damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsangehörigen einzunehmende Haltung erfordere die Anwendung eines restriktiven Maßstabes.

Aus der Aktenlage sei vorliegend ein derartiges positives Interesse der Republik Österreich jedoch nicht erkennbar. Vielmehr sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer sowohl am 17. Juli 2003 als auch am 23. Oktober 2003 jeweils wegen gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer keinesfalls geringen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei. Aus dem gegenständlichen Berufungsvorbringen gehe auch nicht hervor, worin dieses Interesse Österreichs gelegen sein solle. Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer zur Regelung seiner privaten Angelegenheiten eines Identitätsnachweises bedürfe, stelle ein solches öffentliches Interesse nicht dar. Zum Identitätsnachweis stehe es dem Beschwerdeführer offen, einen Lichtbildausweis für Fremde zu beantragen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die mit "Ausstellung von Fremdenpässen" überschriebene Bestimmung des § 76 Abs. 1 FrG hat folgenden Wortlaut:

"§ 76. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die zum unbefristeten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines unbefristeten Aufenthaltstitels gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt."

Vorrangige, für die Verwirklichung jedes einzelnen der in den Z. 1 bis 5 umschriebenen Tatbestände wesentliche Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses ist somit, dass dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist.

1.2. § 81 Abs. 1 FrG hat in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden und daher im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 34/2000 folgenden Wortlaut:

"Versagung eines Fremdenpasses

§ 81. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches, die Änderung eines Fremdenpasses und die Miteintragung von Kindern ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen gerichtlich strafbarer Handlungen im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde."

2. Wie der Verwaltungsgerichtshof - unter Zugrundelegung der Gesetzesmaterialien zu § 55 des Fremdengesetzes aus 1992 (RV 692 BlgNR 18. GP, 55: "Zu den §§ 55 bis 61"), die wegen der insoweit unveränderten Rechtslage auch zur Auslegung des § 76 FrG herangezogen werden können - bereits wiederholt ausführte (vgl. etwa das Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2001/18/0148, mwH), kommt es für die Ausstellung eines Fremdenpasses nicht bloß darauf an, dass die Ausstellung im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu Reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab.

Die belangte Behörde hat die Versagung des Fremdenpasses maßgeblich darauf gestützt, dass vorliegend das für die Ausstellung eines Fremdenpasses primär erforderliche öffentliche Interesse der Republik Österreich iSd § 76 Abs. 1 (Einleitungssatz) FrG nicht erkennbar sei. Damit geht das Vorbringen fehl, die belangte Behörde habe die Versagung lediglich unter Berufung auf die beiden im angefochtenen Bescheid genannten rechtskräftigen Verurteilungen verneint.

Entgegen der Beschwerde lässt sich auch dem der Berufung beigelegten Sozialbericht der Haftentlassenenhilfe vom 26. November 2004 - wonach der Beschwerdeführer seit seiner Entlassung am 16. April 2004 nach vollständiger Verbüßung einer Haftstrafe einen ordentlichen Lebenswandel führe, sich nichts zu Schulden habe kommen lassen und es ihm durch sein enormes Engagement gelungen sei, sich in die Gesellschaft einzufügen und sein Leben in den Griff zu bekommen - ein solches positives Interesse der Republik nicht entnehmen. Das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage sei, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatlandes zu beschaffen, beschreibt ebenfalls kein solches positives Interesse der Republik. Wenn der Beschwerdeführer auf seine asylrechtliche Aufenthaltsberechtigung hinweist und ferner meint, es sei ihm ohne Ausstellung eines Identitätsdokumentes nicht möglich, eine legale Arbeit aufzunehmen, so ist er auf die Möglichkeit zu verweisen, einen Lichtbildausweis für Fremde zu beantragen, dient doch dieser Lichtbildausweis nach § 85 Abs. 1 FrG der Legitimation des Fremden und der Bescheinigung seiner Aufenthaltsberechtigung. Mit seinem Verweis auf Art. 28 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die im Jahr 1997 erlassene Regelung des § 76 FrG gegenüber dem besagten auf Gesetzesstufe stehenden Art. 28 die lex posterior darstellt und demgegenüber nach dem Grundsatz "lex posterior derogat legi priori" nicht zurücktritt, sondern ihr vielmehr der Vorrang zukommt. Dass im Beschwerdefall (wie der Beschwerdeführer meint) ein Versagungsgrund für einen Fremdenpass iSd § 81 FrG nicht gegeben sei, vermag an der vorstehenden Beurteilung nichts zu ändern.

Vor diesem Hintergrund ist es der Beschwerde nicht gelungen aufzuzeigen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses im Interesse der Republik Österreich gelegen und damit die vorrangige Voraussetzung für die Verwirklichung der Tatbestände nach § 76 Abs. 1 Z. 1 bis 5 FrG erfüllt sei.

3. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 6. September 2007

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