VwGH 2005/11/0144

VwGH2005/11/014419.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Vereins "G" in Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Stock-im Eisen-Platz 3, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 28. Juni 2005, Zl. MA 15-II-H/8/571/1999, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Bewilligung der Errichtung einer Krankenanstalt, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Bewilligung der Errichtung einer Privatkrankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für Untersuchungen zur Bestimmung von Knochenmarkspendern. Im Zuge des daran anschließenden Ermittlungsverfahrens holte die belangte Behörde unter anderem ein Amtssachverständigengutachten (vom 28. Jänner 2005) ein. Darin wird unter anderem - zusammenfassend - festgestellt, dass die vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen herausgegebenen "Richtlinien zur Transplantation von Stammzellen", in deren Wirkungsbereich die Tätigkeit der in Rede stehenden Einrichtung falle, eine unabdingbare wesentliche Grundlage des qualitätsgesicherten Arbeitens auf diesem Fachgebiet der Medizin seien. Diese Richtlinien dürften daher ohne eine ausführliche, nachvollziehbare und schlüssige Begründung nicht ignoriert werden. Nach den "vorliegenden Informationen" verfüge die in Rede stehende Einrichtung weder über eine "EFI-Akkreditierung", wobei diese bis zum letzten Zeitpunkt auch nicht begonnen worden sei, noch über eine solche "bei der EBMT" (bei diesen Institutionen handelt es sich offensichtlich um private Organisationen mit Sitz in Frankreich und den Niederlanden, die ihre qualitätssichernde Tätigkeit europaweit entfalten). Abgesehen von diesen Akkreditierungen sei das gegenständliche Gewebetypisierungslabor auch nicht in den vom Bundesministerium herausgegebenen "Richtlinien zur Transplantation von Stammzellen" Teil 1 unter der Liste der anerkannten HLA-Labors angeführt. Die EFI-Akkreditierung stelle aus amtsärztlicher Sicht neben den anderen in den Richtlinien geforderten Kriterien eine unabdingbare Bedingung für die Erteilung einer Errichtungsbewilligung für die gegenständliche Krankenanstalt mit dem Leistungsangebot "Gewebetypisierung" im Zusammenhang mit der Stammzellentransplantation dar.

Die belangte Behörde richtete daraufhin das mit 30. Mai 2005 datierte Schreiben an die beschwerdeführende Partei, in der sie dieser gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Nachreichung des Nachweises der Erwirkung der EFI-Akkreditierung bis spätestens eine Woche nach Einlangen dieses Schreibens auftrug und festhielt, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist das Ansuchen um Erteilung der Errichtungsbewilligung zurückgewiesen werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 13 Abs. 3 AVG mit der wesentlichen Begründung zurück, die beschwerdeführende Partei sei dem besagten Aufforderungsschreiben, den Nachweis der Erwirkung einer EFI-Akkreditierung vorzulegen, nicht nachgekommen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 13 Abs. 3 AVG hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 13. ...

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. ..."

Die beschwerdeführende Partei macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe ein medizinisches Amtssachverständigengutachten eingeholt, mit welchem der Bedarf an der Errichtung der "beantragten Krankenanstalt" bejaht worden sei. Die im Rahmen der Augenscheinverhandlung beanstandeten Mängel seien behoben worden. Wenn die belangte Behörde in Anlehnung an die Stellungnahme der medizinischen Amtssachverständigen für den Betrieb der Krankenanstalt eine EFI-Akkreditierung für erforderlich halte, hätte sie allenfalls diesen Umstand "als Nebenbestimmung zum Errichtungsbewilligungsbescheid vorzuschreiben" gehabt. Der Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG sei jedoch verfehlt gewesen und die Zurückweisung des Antrages wegen dessen Mangelhaftigkeit rechtswidrig.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei im Ergebnis im Recht.

Im Hinblick darauf, dass die angefochtene Entscheidung eine auf § 13 Abs. 3 AVG gestützte Zurückweisung des Antrages zum Gegenstand hat, ist hier lediglich zu prüfen, ob die Entscheidung der genannten Bestimmung entspricht, also ob die sachliche Behandlung des Antrags mangels Befolgung des Verbesserungsauftrages vom 30. (31.) Mai 2005 zu Recht verweigert wurde (vgl. die in Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, in E 169 ff zu § 13 AVG angeführte Rechtsprechung).

Die belangte Behörde hat die sachliche Behandlung des Antrags der beschwerdeführenden Partei unterlassen und lediglich angeführt, dass (als Ergebnis des amtsärztlichen Sachverständigengutachtens) für eine Bewilligung des Antrages eine "EFI-Akkreditierung" erforderlich sei. Da diese nach einem Auftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht vorgelegt worden sei, sei der Antrag mangelhaft und daher zurückzuweisen. Die belangte Behörde hat damit jedoch die Rechtslage verkannt.

Schon nach dem Wortlaut der von der belangten Behörde herangezogenen Norm des § 13 Abs. 3 AVG ist klar, dass eine auf sie gestützte Zurückweisung nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage kommt, die mit Mängeln behaftet sind. Ein Mangel kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG idF. vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, auch im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, deren Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt. Existiert eine derartige ausdrückliche gesetzliche Anordnung jedoch nicht, dann kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, deren die Behörde bedarf, allenfalls bei der Sachentscheidung Berücksichtigung finden. In einem solchen Fall liegt aber kein "Mangel" im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor, weshalb auch die Zurückweisung des Antrages infolge Nichterfüllung eines allfälligen Verbesserungsauftrages nicht in Frage kommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2006, Zl. 2006/12/0089, mit weiteren Nachweisen).

Dass bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung die besagte "EFI-Akkreditierung" hätte vorliegen müssen und damit der Antrag selbst ohne Anschluss derselben mangelhaft gewesen wäre, ergibt sich weder aus einer von der belangten Behörde genannten noch sonst ersichtlichen gesetzlichen Bestimmung. Auch das von der belangten Behörde genannte Sachverständigengutachten bildet dafür keine Grundlage, wird doch darin ausdrücklich angeführt, dass die besagte Akkreditierung "eine unabdingbare Bedingung für die Erteilung der Errichtungsbewilligung" darstelle.

Da die belangte Behörde somit die Rechtslage verkannt und deshalb der beschwerdeführenden Partei eine Sachentscheidung verwehrt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 19. Juni 2007

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