VwGH 2005/07/0003

VwGH2005/07/000325.1.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde der C-GmbH in P, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner, Dr. Klaus Holter, Dr. Stefan Holter, Mag. Mario Schmieder und Mag. Jörg Asanger, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Rossmarkt 21, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. März 2004, Zl. Wa-600696/33-2004-Kes/Br, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §16;
AVG §19;
AVG §39 Abs2;
AVG §55;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
WRG 1959 §101a idF 2002/I/065;
WRG 1959 §101a Z5 idF 2002/I/065;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §145 Abs8 idF 2002/I/065;
AVG §16;
AVG §19;
AVG §39 Abs2;
AVG §55;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
WRG 1959 §101a idF 2002/I/065;
WRG 1959 §101a Z5 idF 2002/I/065;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §145 Abs8 idF 2002/I/065;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: LH) vom 18. August 1993 wurde der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Einbindung der betrieblichen Abwässer nach entsprechender Vorreinigung in die systematische Ortskanalisation P und in weiterer Folge in die Anlage des RHV (Reinhaltungsverbandes) U sowie für die Errichtung und den Betrieb der hiezu dienenden Anlagen und Anlageteile für die Dauer bis 31. Juli 2009 erteilt.

Da der Bezirkshauptmannschaft F (im Folgenden: BH) als Wasserrechtsbehörde bekannt geworden war, dass bei der Abwasservorreinigungsanlage des Schlachtbetriebes der beschwerdeführenden Partei eine nicht dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 18. August 1993 entsprechende bauliche Maßnahme durchgeführt worden sei, erteilte sie der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 28. Februar 2002 gemäß § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959 den wasserpolizeilichen Auftrag, den im "Schachtbetrieb" beim Pumpenschacht der Abwasserpumpe der betrieblichen Abwasserreinigungsanlage errichteten "Notüberlauf", durch welchen unter Umgehung sämtlicher Vorreinigungsmaßnahmen betriebliche Abwässer direkt in die Ortskanalisation der Marktgemeinde P eingeleitet würden, zu entfernen und die Öffnung im Pumpenschacht dauernd zu verschließen sowie die Durchführung dieser Maßnahmen der BH unverzüglich nach erfolgter Erledigung mitzuteilen.

Mit Schreiben vom 4. März 2002 brachte die BH der beschwerdeführenden Partei (u.a.) zur Kenntnis, dass mit der WRG-Novelle 1997 eine Neuregelung der Indirekteinleiterbestimmungen erfolgt sei, die von der beschwerdeführenden Partei getätigte Einleitung betrieblicher Abwässer in die genannte Ortskanalisation nach wie vor bewilligungspflichtig sei, die mit Bescheid des LH vom 18. August 1993 erteilte Bewilligung daher weiterhin zu beachten sei und laut Berechnungsübersicht des Amtssachverständigen für Abwassertechnik vom 28. Februar 2002 zwar weiterhin eine Bewilligungspflicht bestehe, die Indirekteinleitung jedoch vorerst für die Dauer der bestehenden Bewilligung (bis 31. Juli 2009) nicht neuerlich einem Bewilligungsverfahren zu unterziehen sei. Die Ausnahme von der Bewilligungspflicht gelte nur solange, als die Einleitung projektsgemäß und den Bescheidvorlagen entsprechend vorgenommen werde, und es sei daher besonders darauf zu achten, dass sämtliche Auflagen des genannten Bewilligungsbescheides nach wie vor genau eingehalten würden. Ein nicht bewilligungskonformer Betrieb der Abwasservorreinigungsanlage bzw. der Indirekteinleitung würde ein neues Bewilligungsverfahren nach sich ziehen, und es seien die in den Bewilligungsbescheiden enthaltenen Verpflichtungen zu Überprüfungen und Befundvorlagen auch weiterhin noch wahrzunehmen.

In der Folge kam es zur Überprüfung der Erfüllung des mit Bescheid der BH vom 28. Februar 2002 erteilten wasserpolizeilichen Auftrages (vgl. etwa die Aktenvermerke vom 21. März 2002 und 5. April 2002 und das Schreiben der beschwerdeführenden Partei an die BH vom 22. Mai 2002).

In einem Schreiben der Abteilung Wasserwirtschaft-Gewässerschutz des Amtes der Oö Landesregierung vom 13. Jänner 2003 heißt es, es sei nach anonymen Anzeigen am 8. Jänner 2003 ein Lokalaugenschein am Betriebsgelände der beschwerdeführenden Partei durchgeführt worden, wobei keine negativen Auffälligkeiten (Gewässerverunreinigung etc.) hätten festgestellt werden können. Eine Überprüfung der täglich abgeleiteten Abwassermenge sei jedoch nicht möglich gewesen, weil die laut der wasserrechtlichen Bewilligung (vom 18. April 1993) geforderten täglichen Ablesungen der Abwassermengenmessung nicht erfolgt seien. Da feststehe, dass der gegenständliche Schlachtbetrieb seine Produktion (Schlachtzahlen) erheblich erhöht habe, sei davon auszugehen, dass höchstwahrscheinlich auch die abgeleiteten Schmutzfrachten (BSB5 und CSB) maßgeblich angestiegen seien. Inwieweit die betrieblich vorhandenen Vorreinigungsanlagen (Kapazität) noch ausreichend dimensioniert seien bzw. der vorhandene Konsens wesentlich überschritten werde, könne derzeit (ohne aufwändige Messungen) nicht beurteilt werden. Dieser Sachverhalt (Mängel und Nichteinhaltung von Bescheidauflagen) sei der BH mittels eigenen Schreibens mitgeteilt worden.

Mit Schreiben vom 29. Jänner 2003 trug die BH der beschwerdeführenden Partei unter Hinweis auf im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 18. August 1993 enthaltene Nebenbestimmungen auf, das Wartungsbuch mit den täglich eingetragenen Abwassermengen, Messstreifen der registrierenden Mengenmessung, Aufzeichnungen über Messungen des CSB-Gehaltes und Gutachten über die Einhaltung der im Bescheid vorgeschriebenen Grenzwerte vorzulegen. In der Folge wurde über Auftrag der BH im Rahmen der Gewässeraufsicht (§ 130 WRG 1959) eine Überprüfung der Abwasservorreinigungsanlage der beschwerdeführenden Partei durchgeführt.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2003 übermittelte die Abteilung Wasserwirtschaft-Gewässerschutz des Amtes der Oö Landesregierung an die BH das Überprüfungsergebnis zur Kenntnisnahme und weiteren Veranlassung mit dem Bemerken, dass entweder Maßnahmen zur Einhaltung des Konsenses (Ausbau bzw. Adaptierung der vorhandenen Vorreinigung) zu treffen seien oder um eine entsprechende Abänderung der wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen sei.

Mit Bescheid vom 10. Juni 2003 erteilte die BH der beschwerdeführenden Partei gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 iVm § 2 Abs. 2, § 3 Z. 2 und § 7 Abs. 3 der Indirekteinleiterverordnung, BGBl. II Nr. 222/1998 (IEV), den Auftrag, bei der BH unter Vorlage entsprechender Projektsunterlagen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Einleitung (Indirekteinleitung) der im Schlachtbetrieb anfallenden betrieblichen und vorgereinigten Abwässer in die systematische Ortskanalisation der Stadtgemeinde P sowie für die Errichtung und den Betrieb der dazu dienenden Anlagen bis spätestens 10. August 2003 zu beantragen. In der Begründung ihres Bescheides führte die BH dazu (u.a.) aus, von der Wasserrechtsbehörde sei im Ermittlungsverfahren festgestellt worden, dass permanent Überschreitungen der mit Bescheid vom 18. August 1993 genehmigten bzw. festgelegten Ableitungswerte sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verzeichnen seien. So sei im Zeitraum von Mitte Jänner bis Mitte März 2003 die bewilligte Abwassermenge aus dem Ablauf der Flotation (Vorreinigungsanlage) von 70 m3 pro Tag beinahe täglich überschritten und als Höchstwert sogar eine Menge von 152 m3 in den firmeneigenen Aufzeichnungen registriert worden. Auch von der Abteilung Wasserwirtschaft-Gewässerschutz des Amtes der Oö Landesregierung seien über Auftrag der BH in der Zeit vom 5. März 2003 bis 18. April 2003 im Betrieb der beschwerdeführenden Partei Abwassermessungen durchgeführt worden. Damit sei eindeutig nachvollziehbar, dass der Betrieb der Abwasserreinigungsanlage bzw. die Indirekteinleitung der vorgereinigten betrieblichen Abwässer in die Ortskanalisation nicht mehr nach Maßgabe der vom LH erteilten Bewilligung erfolge. Auf Grund dieser vorgenommenen Neuerungen sei § 7 Abs. 3 IEV nicht mehr anzuwenden und ein neuerliches wasserrechtliches Genehmigungsverfahren durchzuführen.

Die beschwerdeführende Partei erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Der LH führte weitere Ermittlungen durch.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des LH vom 26. März 2004 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG diese Berufung abgewiesen und aus Anlass der Berufung der wasserpolizeiliche Auftrag der BH vom 10. Juni 2003 wie folgt abgeändert:

"Der (beschwerdeführenden Partei) wird aufgetragen, bis 31. Juli 2004 bei der Bezirkshauptmannschaft F um die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Einleitung der im Schlachtbetrieb (...) anfallenden betrieblichen Abwässer nach entsprechender Vorreinigung in die systematische Ortskanalisation der Stadtgemeinde P unter Vorlage der von einem Fachkundigen erstellten Unterlagen (dreifach) anzusuchen oder bis zu diesem Zeitpunkt die betriebliche Abwassereinleitung in die systematische Ortskanalisation auf Dauer unter Stilllegung der dazu dienenden technischen Vorrichtungen einzustellen."

Begründend führte die belangte Behörde nach Hinweis auf § 2 Abs. 2 und § 7 Abs. 3 IEV aus, dass die betriebliche Abwassereinleitung mit Bescheid des LH vom 18. August 1993 bis Inkrafttreten dieser Verordnung wasserrechtlich bewilligt gewesen sei und die BH davon ausgehe, dass bei der Abwassereinleitung die maximal zulässigen Tagesfrachten der Parameter "Gesamt-Chlor" und "Gesamt-Kohlenwasserstoffe" über den Schwellenwerten gemäß § 3 IEV lägen und daher die betriebliche Abwassereinleitung unter die wasserrechtliche Bewilligungspflicht falle.

Dieser Auffassung sei von der beschwerdeführenden Partei nur hinsichtlich des Vorkommens von aktivem Chlor widersprochen worden. Als Beweis dafür, dass zur innerbetrieblichen Reinigung keine aktivchlorhältigen Reinigungsmittel zum Einsatz kämen, sei von ihr der betriebliche Reinigungsplan samt Sicherheitsdatenblättern dem LH vorgelegt worden. Eine Durchsicht ergebe, dass laut diesen Unterlagen tatsächlich bei der betrieblichen Eigenreinigung keine chlorhältigen Reinigungsmittel zum Einsatz gelangten. Erfahrungsgemäß sei es jedoch bei Betrieben dieser Branche und Größenordnung aus hygienischen Gründen unerlässlich, in regelmäßigen Abständen Aktivchlor zur Desinfektion zum Einsatz zu bringen. Es sei daher anzunehmen, dass eine derartige hygienische Betriebsreinigung fallweise durch Fremdunternehmen durchgeführt werde und auf diese Weise der Parameter AOX in höheren Konzentrationen im Abwasser zeitweise enthalten sei.

In der AEV Fleischwirtschaft, BGBl. II Nr. 12/1999, sei für den Parameter AOX ein Grenzwert von 1,0 mg/l festgelegt, was bei der maximalen Tageswassermenge von 70 m3/d eine Tagesfracht von 70 g/d ergebe. Damit liege der Frachtwert für AOX für die Einleitung in die Kanalisation und in weiterer Folge in die Kläranlage des Reinhaltungsverbandes U über dem Schwellenwert für AOX von 18 g/d.

Es sei deshalb davon auszugehen, dass der Schwellenwert für Gesamt-Chlor bzw. AOX zumindest zeitweise überschritten werde.

Doch unabhängig von der dargestellten Schwellenwertüberschreitung bei Gesamt-Chlor bzw. AOX sei eine Überschreitung der maximal zulässigen Tagesfrachten beim Parameter Gesamt-Kohlenwasserstoffe gegeben. Dies sei von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten worden. Die von ihr ausgeübte Einleitung betrieblicher Abwässer in die öffentliche Kanalisation sei daher grundsätzlich wasserrechtlich bewilligungspflichtig.

Maßgeblich dafür, ob nun im Fall einer bewilligungspflichtigen Indirekteinleitung die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 IEV zur Anwendung komme, sei, ob es sich um eine Abwassereinleitung in die öffentliche Kanalisation handle, bei der die seinerzeitige wasserrechtliche Bewilligung eingehalten werde.

Das Ermittlungsverfahren der BH habe ergeben, dass es zu permanenten Überschreitungen der seinerzeit mit wasserrechtlicher Bewilligung festgesetzten Ableitungswerte sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht gekommen sei. Somit stehe fest, dass es sich um eine wasserrechtlich bewilligungspflichtige und nicht unter die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 IEV fallende Indirekteinleitung betrieblicher Abwässer handle.

Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

Soweit eine wasserrechtliche Bewilligung der Abwassereinleitung vertretbar erscheine, sei dem Verpflichteten gemäß § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Wahlmöglichkeit einzuräumen, entweder innerhalb angemessener Frist nachträglich um wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen oder den bewilligungspflichtigen, jedoch nicht bewilligten Zustand zu beenden. Der wasserpolizeiliche Auftrag der BH, in welchem diese Wahlmöglichkeit nicht berücksichtigt worden sei, sei daher im Sinn der angeführten Gesetzesbestimmung abzuändern gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 29. November 2004, B 603/04).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Rahmen der Bezeichnung der Beschwerdepunkte führte sie (u.a.) aus, der angefochtene Bescheid verletze sie in ihrem Recht auf Entscheidung durch die zuständige Berufungsbehörde, nämlich durch den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, insbesondere gemäß § 101a Z. 4 WRG 1959, und in ihrem Recht auf Nichterteilung eines wasserrechtlichen Auftrages nach § 138 leg. cit. Zur Frage der Unzuständigkeit des LH brachte die Beschwerde im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem gegenständlichen Schlachtbetrieb um eine gewerberechtliche Betriebsanlage im Sinn des § 74 GewO (1994) handle und "gemäß § 101 und Zif. 4 WRG" über Berufungen gegen Bescheide, die über eine Wassereinleitung in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b WRG) absprächen, die mit der Errichtung, dem Betrieb oder der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage verbunden sei, der unabhängige Verwaltungssenat entscheide. Die Übergangsregelung des § 145 Abs. 8 WRG 1959 spiele keine Rolle, weil das gegenständliche Verfahren von der BH von Amts wegen erst im Jänner 2003 eingeleitet worden sei.

Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, wurde das WRG 1959 (u.a.) durch Einfügung des § 101a und des § 145 Abs. 8 geändert.

§ 101a Z. 5 WRG 1959 lautet:

"§ 101a. Über Berufungen gegen Bescheide, die über nachstehende mit der Errichtung, dem Betrieb oder der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) verbundene Tatbestände absprechen, entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat:

(...)

5. Abwassereinleitungen in wasserrechtlich bewilligte Kanalisationsanlagen (§ 32b).

(...)"

Nach § 145 Abs. 8 WRG 1959 ist die vorgenannte Bestimmung mit 1. August 2002 in Kraft getreten und sind die zu diesem Zeitpunkt anhängigen Verfahren nach der vorher geltenden Rechtslage weiterzuführen.

Die Anlage der beschwerdeführenden Partei, die einen Schlachtbetrieb führt, aus dem die in die Ortskanalisation eingeleiteten Abwässer stammen, ist gewerbebehördlich genehmigt (vgl. etwa den gewerbebehördlichen Bescheid der BH vom 30. April 1998, der im Nachhang zu den Verwaltungsakten vorgelegt wurde).

Der beschwerdeführenden Partei wurde mit dem angefochtenen Bescheid der wasserpolizeiliche Auftrag von Amts wegen (§ 138 Abs. 2 WRG 1959) erteilt.

Das Verwaltungsverfahren wird bei der Behörde durch seine Einleitung anhängig. Für die amtswegige Einleitung ist kein bestimmter Verfahrensakt vorgeschrieben. Dies kann vorerst in bloß interner Form - etwa durch Aufnahme eines Aktenvermerkes, durch ein an eine andere Behörde gerichtetes Ersuchen um Beweisaufnahme oder um Aktenübersendung - geschehen. Nach außen wird die Tatsache der amtswegigen Einleitung eines Verwaltungsverfahrens etwa durch eine Ladung oder durch eine Aufforderung zur Stellungnahme bekannt, womit gleichzeitig das Ermittlungsverfahren beginnt (vgl. dazu etwa Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 261).

Sofern die Tatsache der amtswegigen Einleitung des Verwaltungsverfahrens nach außen hin nicht bekannt gegeben worden ist, bedarf es somit jedenfalls eines von der Behörde intern eindeutig gesetzten Verwaltungshandelns, aus dem sich klar die Einleitung eines bestimmten Verfahrens ergibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2000, Zl. 98/05/0216, mwN).

Den vorgelegten Verwaltungsakten kann nicht entnommen werden, dass die BH schon vor dem 1. August 2002 gegen die beschwerdeführende Partei das Verfahren zur Prüfung der Voraussetzungen für den gegenständlichen wasserpolizeilichen Auftrag eingeleitet hat.

In ihrem Schreiben an die beschwerdeführende Partei vom 4. März 2002 wies die BH darauf hin, dass die Indirekteinleitung der gefährlichen Abwasserinhaltsstoffe "Ges. Kohlenwasserstoffe und Gesamt-Chlor" (ebenfalls) bis 31. Juli 2009 zulässig sei und die Ausnahme von der Bewilligungspflicht nur solange gelte, als die Einleitung projektsgemäß und den Bescheidauflagen entsprechend vorgenommen werde. Es sei daher besonders darauf zu achten, dass sämtliche Auflagen des Bewilligungsbescheides vom 18. August 1993 nach wie vor genau eingehalten würden. Abweichungen vom Bewilligungsinhalt würden die sofortige Bewilligungspflicht nach der IEV bewirken, was bedeute, dass ein nicht bewilligungskonformer Betrieb der Abwasservorreinigungsanlage bzw. der Indirekteinleitung ein neues Bewilligungsverfahren nach sich ziehen würde. Die in den Bewilligungsbescheiden enthaltenen Verpflichtungen zu Überprüfungen und Befundvorlagen seien auch weiterhin noch wahrzunehmen.

Aus diesem Schreiben ergibt sich jedoch nicht die Einleitung eines Verfahrens nach § 138 Abs. 2 WRG 1959.

Die weiteren Aktenvermerke der BH vom 21. März 2002 und 5. April 2002 beziehen sich auf die Überprüfung der Erfüllung des mit Bescheid der BH vom 28. Februar 2002 erteilten wasserpolizeilichen Auftrages (Entfernen eines errichteten "Notüberlaufes" und dauerhaftes Verschließen einer Öffnung im Pumpenschacht).

Der LH traf im angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit seinen Ausführungen, dass das Ermittlungsverfahren der BH permanente Überschreitungen der festgesetzten Ableitungswerte ergeben habe, keine weiteren Feststellungen zu den Zeitpunkten der Ermittlungen oder zum Zeitpunkt der Einleitung des diesbezüglichen Verfahrens nach § 138 Abs. 2 leg. cit. Im erstinstanzlichen Bescheid führte die BH zu ihrem Ermittlungsverfahren betreffend die Überschreitungen der Ableitungswerte aus, dass im Zeitraum von Mitte Jänner bis Mitte März 2003 die bewilligte Abwassermenge aus dem Ablauf der Flotation (Vorreinigungsanlage) von 70 m3 pro Tag beinahe täglich überschritten worden sei und über Auftrag der BH in der Zeit vom 5. März 2003 bis 18. April 2003 im Betrieb der beschwerdeführenden Partei Abwassermessungen durchgeführt worden seien, wobei ebenfalls sowohl quantitative als auch qualitative Überschreitungen registriert worden seien.

Auch aus diesen Ausführungen der BH kann nicht abgeleitet werden, dass das gegenständliche Verfahren nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 bereits vor dem 1. August 2002 eingeleitet worden sei.

Zu bemerken ist auch, dass der LH in seiner im Beschwerdeverfahren erstatteten Gegenschrift vom 15. April 2005 auf das Beschwerdevorbringen der Unzuständigkeit des LH nicht eingegangen ist.

Es ist somit davon auszugehen, dass das Verfahren zur Erteilung des gegenständlichen wasserpolizeilichen Auftrages am 1. August 2002, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 101a WRG 1959, bei der BH noch nicht anhängig gewesen ist, sodass gemäß § 101a Z. 5 iVm § 145 Abs. 8 leg. cit. über die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung der unabhängige Verwaltungssenat hätte entscheiden müssen.

Schon im Hinblick darauf erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig und war dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Jänner 2007

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