VwGH 2004/21/0288

VwGH2004/21/028824.10.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der G, vertreten durch Dr. Rainer Mutenthaler, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs, Herrengasse 23, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6. Oktober 2004, Zl. Fr 2316/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrPolG 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z6;
FrG 1997 §36 Abs2 Z9;
FrPolG 2005;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z 6 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Sie ging dabei davon aus, dass die Beschwerdeführerin am 8. September 2000 einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet habe und von diesem mit Beschluss vom 9. Juni 2004 einvernehmlich geschieden worden sei. Diese Ehe sei zwar nicht von vornherein als "Scheinehe" angelegt worden, weil zumindest zu Beginn der Ehe die Führung eines gemeinsamen Familienlebens beabsichtigt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe jedoch zumindest bei der Beantragung einer weiteren Niederlassungsbewilligung am 15. Oktober 2002 unrichtige Angaben über ihre Familienverhältnisse gemacht, um sich durch das Vortäuschen eines gemeinsamen Familienlebens mit einem österreichischen Staatsangehörigen den Verbleib und die rechtmäßige Beschäftigung in Österreich zu sichern. Dieses Verhalten stelle - so die belangte Behörde weiter - den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 6 FrG dar und es sei die in § 36 Abs. 1 FrG normierte Annahme gerechtfertigt, dass der weitere Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Mit dem Aufenthaltsverbot sei zwar ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden, die Maßnahme sei dennoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung dringend geboten und es wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 36 FrG lautet auszugsweise:

"Aufenthaltsverbot

§ 36. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt

  1. 1. die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
  2. 2. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1....

...

6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 31 Abs. 1 und 3 zu verschaffen;

...

9. eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.

..."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Bereich des Fremdengesetzes 1997 - anderes gilt für das Fremdenpolizeigesetz 2005 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0139) - in ständiger Rechtsprechung dargelegt, dass eine rechtsmissbräuchliche Eheschließung nur unter den in § 36 Abs. 2 Z 9 FrG genannten Voraussetzungen die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen könne; die Unterstellung eines derartigen Täuschungsverhaltens unter den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 6 FrG komme nicht in Betracht und es dürfe das Aufenthaltsverbot in diesen Fällen auch nicht auf den Grundtatbestand des § 36 Abs. 1 FrG gestützt werden; ein solches Verhalten könne lediglich eine Ausweisung nach sich ziehen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 2006/21/0139 unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 8. November 2001, Zl. 2000/21/0030, und vom 28. Februar 2002, Zl. 99/21/0255). Konnte nun im Geltungsbereich des Fremdengesetzes 1997 eine rechtsmissbräuchliche Eheschließung (ohne Vermögensvorteil) nicht unter § 36 Abs. 2 Z 6 FrG subsumiert werden, so muss dies umso mehr für Fälle wie den vorliegenden gelten, in dem die Eheschließung selbst nicht als rechtsmissbräuchlich festgestellt wurde, sondern (lediglich) das spätere Berufen auf eine bestehende aber nicht mehr "gelebte" Ehe.

Da der angefochtene Bescheid somit eine inhaltliche Rechtswidrigkeit aufweist, war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 24. Oktober 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte