Normen
FrG 1997 §56 Abs1 Z2;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs5 idF 2002/I/126;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
FrG 1997 §56 Abs1 Z2;
FrG 1997 §61 Abs1;
FrG 1997 §66 Abs5 idF 2002/I/126;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Wien erließ mit Bescheid vom 12. März 2002 gegen den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot. Mit Bescheid vom 5. Februar 2004 ordnete sie gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FrG die Schubhaft (der Sache nach) zur Sicherung der Abschiebung an. In der Begründung verwies sie auf das rechtskräftige und durchsetzbare Aufenthaltsverbot sowie darauf, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen sei.
Der Beschwerdeführer wurde am 7. Mai 2004 an seiner Wohnadresse angetroffen und festgenommen; die Schubhaft wurde bis 16. Mai 2004 aufrecht erhalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18. Mai 2004 wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde als unbegründet ab und stellte fest, dass die für die Festhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen bis zu seiner Freilassung vorgelegen seien. Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer mit einem bis 31. Juli 2001 gültigen Touristenvisum von Italien kommend eingereist sei. Er sei nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes schon vom 6. März bis 14. März 2002 in Schubhaft genommen worden und nach seiner Entlassung nicht aus dem Bundesgebiet ausgereist. Er habe seine Haftunfähigkeit durch einen Hungerstreik herbeigeführt. Am 4. November 2002 habe er eine österreichische Staatsangehörige geheiratet. Sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck Familiengemeinschaft mit einer Österreicherin sei mit Bescheid vom 11. Mai 2004 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe keine Sorgepflichten; seine Ehefrau arbeite in Wien und komme für seinen Lebensunterhalt auf. Ein Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei rechtskräftig abgewiesen worden.
Auf Grund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers sei - so die belangte Behörde weiter - davon auszugehen, dass der Zweck der Schubhaft durch die Anwendung gelinderer Mittel nicht erreicht werden könne. Auch das Beschwerdevorbringen zeige eindeutig und unmissverständlich den Willen des Beschwerdeführers, in Österreich zu verbleiben. Es könne ihm daher nicht zugetraut werden, dass er der ihn aus dem Aufenthaltsverbot treffenden Ausreiseverpflichtung freiwillig Folge leisten werde. Auch der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr in Familiengemeinschaft mit einer Österreicherin befinde, gebe keinen Grund zur Annahme, dass im vorliegenden Fall gelindere Mittel im Sinn des § 66 FrG ausreichten. Im Gegenteil könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer danach trachten werde, den Aufenthalt im Bundesgebiet zwecks näherem Kontakt zu seiner Ehefrau aufrecht zu erhalten, und zu diesem Zweck versuchen werde, sich der Abschiebung zu entziehen. Auch sein gesamtes bisheriges Verhalten gebe Grund zu dieser Annahme, zumal der Beschwerdeführer beinahe zwei Jahre seine Verpflichtung zur Ausreise missachtet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:
§ 61 Abs. 1 FrG ermöglicht die Festnahme und Anhaltung (Schubhaft) von Fremden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Der durch die FrG-Novelle 2002 (BGBl. I Nr. 126) mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2003 dem bisherigen § 66 FrG neu angefügte Abs. 5 schließlich ordnet an, dass die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder Durchbeförderung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegensteht. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann dem Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 24 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 8. September 2005, Zl. 2005/21/0301, und vom heutigen Tag zur Zl. 2004/21/0150), dass die fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen könne und das Sicherungserfordernis des § 61 Abs. 1 FrG in weiteren Umständen begründet sein müsse, wofür etwa eine mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht käme. Nur bei einer derartigen - oder vergleichbaren - Konstellation könne die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig angesehen werden.
Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet, am gemeinsamen Wohnsitz auch gemeldet und wurde im Übrigen auch dort festgenommen. Davon ausgehend ist jedoch kein Verhalten des Beschwerdeführers zu erkennen, das den von der belangten Behörde getroffenen Schluss zuließe, es bestehe die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers. Im Übrigen rechtfertigt die Notwendigkeit von Maßnahmen gegenüber dem abzuschiebenden Fremden für eine erfolgreiche Durchführung einer Abschiebung nicht (präventiv) die Verhängung von Schubhaft (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag zur Zl. 2004/21/0150, auf dessen Begründung insoweit gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Die belangte Behörde hat daher mit ihrer Beurteilung, dass die Anordnung und Aufrechterhaltung der Schubhaft gerechtfertigt sei, die Rechtslage verkannt. Demnach war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das in dieser Verordnung nicht Deckung findende Kostenmehrbegehren war abzuweisen; die Umsatzsteuer ist im Pauschalbetrag bereits enthalten.
Wien, am 26. September 2007
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